Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der Haupt- u.
Finanzausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt Rheine zu beschließen, aus Gründen
der Haushaltskonsolidierung keine Aufgaben der Überwachung des fließenden
Straßenverkehrs wahrzunehmen.
Gleichzeitig
empfiehlt der Haupt- u. Finanzhausschuss dem Rat der Stadt Rheine zu
beschließen, dass die Verwaltung beauftragt wird, unter Berücksichtigung der
konkreten Unfall- u. Gefahrensituation im Gebiet der Stadt Rheine bis zum
31.12.2013 die Notwendigkeit von Maßnahmen der Überwachung des fließenden
Verkehrs aus Gründen der Verkehrssicherheit zu untersuchen und die
voraussichtlichen finanziellen Auswirkungen darzustellen.
Begründung:
Mit der Auflösung
der Strategie- u. Finanzkommission sollen die noch nicht abschließend behandelten
Themen zu Konsolidierungsvorschlägen aus Bürgeranregungen sowie mögliche
Handlungsansätze für Konsolidierungsmaßnahmen in den jeweiligen Fachausschüssen
vorberaten und zur endgültigen Entscheidung in den Rat der Stadt Rheine
eingebracht werden.
Mit lfd. Nr.
1.12 der Liste 1 der Handlungsansätze zur Haushaltskonsolidierung ist die Verwaltung
beauftragt worden, zu untersuchen, ob im Rahmen einer „Sicherheitsoffensive im
Straßenverkehr“ bezogen auf die Überwachung des fließenden Verkehrs im Rahmen
von Geschwindigkeitsüberwachung oder aber der Überwachung von
Lichtzeichenanlagen ein Beitrag zur Haushaltskonsolidierung erzielt werden
kann.
Auch die
Kreispolizeibehörde hat mit Schreiben vom 04.10.2011 zum Thema Verkehrssicherheit
mitgeteilt, dass nach dortiger Auffassung grundsätzlicher Bedarf zur Überwachung
des fließenden Straßenverkehrs durch die Stadt Rheine gesehen wird. Das
Schreiben wird nachfolgend auszugsweise dargestellt:
„…Im Kreis Steinfurt verzeichnen wir pro Jahr ca. 10.000
Verkehrsunfälle…Etwa 2000 der Gesamtunfälle und ca. 300 der Unfälle mit
schwerwiegenden Folgen ereignen sich in Rheine. Ca. 10 % der Unfälle sind
allein auf die Ursache Geschwindigkeit zurückzuführen. Bei vielen weiteren
Unfällen ist überhöhte Geschwindigkeit… mit ursächlich.
Wir wollen das Geschwindigkeitsniveau senken. Dies kann
nach unserer Auffassung nur durch eine Erhöhung des Kontrolldrucks in der
Fläche erreicht werden. Die Polizei allein kann diesen Druck nicht dauerhaft
gewährleisten. Der Kreis könnte mit seinen Radaranlagen mehr Messstellen in
Rheine bedienen, muss dann aber andere Städte und Gemeinden vernachlässigen...
Wir bitten Sie daher zu prüfen, ob die Stadt Rheine sich in der Lage sieht, mit
eigenen Mitteln Geschwindigkeitsüberwachung durchzuführen..“
Rechtliche Bewertung – Zuständigkeit
Eine grds.
Zuständigkeit für die Überwachung der Einhaltung zulässiger Höchstgeschwindigkeiten
und der Befolgung von Lichtzeichenanlagen im Straßenverkehr an Gefahrenstellen
ist für die Stadt Rheine gemäß § 48 Abs. 2 des Ordnungsbehördengesetzes (OBG
NW) gegeben.
Weiteres regeln
die Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des § 48 OBG NW, die nachfolgend
auszugsweise aufgeführt werden:
Maßnahmen zur Geschwindigkeitsüberwachung dienen der
Verkehrssicherheit; sie sollen insbesondere zur Verhütung von
Straßenverkehrsunfällen beitragen. Um dies zu erreichen und um den gelegentlich
in der Öffentlichkeit geäußerten Vermutungen über die Aufbesserung kommunaler
Kassen entgegenzuwirken, gilt für die Überwachung der angeordneten
Geschwindigkeit Folgendes:
Neben der Polizei sind nach § 48 Abs. 2 OBG auch die
Kreisordnungsbehörden und die Großen kreisangehörigen Städte für die
Überwachung der Einhaltung zulässiger Höchstgeschwindigkeiten und der Befolgung
von Lichtzeichenanlagen zuständig. Ihre Zuständigkeit erstreckt sich - anders
als die der Polizei - nur auf die Überwachung an Gefahrenstellen.
Zur Sicherung und Umsetzung einer das gesamte Kreisgebiet
umfassenden Verkehrskonzeption erstreckt sich die Zuständigkeit der
Kreisordnungsbehörden auch auf das Gebiet der Großen kreisangehörigen Städte;
die Einrichtung von Messstellen ist mit den Ordnungsbehörden der Großen
kreisangehörigen Städte zuvor abzustimmen.
Gefahrenstellen sind Unfallhäufungsstellen und solche
Streckenabschnitte, auf denen eine erhöhte Unfallgefahr angenommen werden muss.
Letzteres ist z.B. der Fall, wenn sich in unmittelbarer Nähe Schulen,
Spielplätze, Seniorenheime oder andere Objekte für ähnlich schutzbedürftige
Personen befinden.
Die Messstellen sowie Zeitpunkt und Dauer der Überwachung
sind im Benehmen mit der zuständigen Kreispolizeibehörde festzulegen.
Die kommunalen Bußgeldstellen wickeln das gesamte
Verfahren in eigener Verantwortung nach den Vorschriften des Gesetzes über
Ordnungswidrigkeiten ab. Die zuständigen Bußgeldstellen haben die personellen
und organisatorischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der gesamte
Verwaltungsaufwand - einschließlich der erforderlichen
Fahrerermittlung - mit eigenen Kräften bewältigt werden kann. Geldbußen,
die durch rechtskräftige Bescheide einer Bußgeldstelle festgesetzt sind,
fließen in die Kasse der Körperschaft, der die Bußgeldstelle angehört. Das gilt
entsprechend für Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten, sowie für
Verwarnungsgelder.
Diese
Aussagen machen deutlich, dass es unzulässig erscheint, vorrangig aus
Haushaltskonsolidierungsaspekten die Aufgabe der Überwachung des fließenden
Verkehrs zu betrachten.
Grundsätzlich
sind Maßnahmen der Überwachung des fließenden Straßenverkehrs sinnvoll. Dies
wird neben den oben dargestellten Unfallzahlen der Kreispolizeibehörde durch
folgende Kernaussagen deutlich, die Ergebnisse entsprechender Untersuchungen
sind:
¡ Die Reduktion der
Durchschnittsgeschwindigkeit um 1 km/h senkt die Umfallgefahr um 12 %
¡ Bei Unfällen mit 50 Km/h haben 60 %
der Passanten eine Überlebenschance
¡ Bei Unfällen mit 70 Km/h sinkt die
Überlebenschance auf 5 %
Im Gebiet der
Stadt Rheine gibt es zurzeit ausweislich der Statistiken keine Unfallhäufungsschwerpunkte.
Messungen wären jedoch zulässig an Streckenabschnitten mit anzunehmender
erhöhter Unfallgefahr wie oben dargestellt.
Im Übrigen ist aufgrund des hohen
täglichen Verkehrs grundsätzlich eine Überwachung auf dem „innerstädtischen
Ring“ zulässig. Die rechtlichen
Voraussetzungen für die Übernahme der Aufgaben der Geschwindigkeitsüberwachung
bzw. Lichtzeichenanlagenüberwachung liegen damit vor.
Im Weiteren
erfolgt die Untersuchung zunächst nur am Beispiel der Geschwindigkeitsüberwachung,
da ausgerichtet am Ziel der Erhöhung der Verkehrssicherheit ausweislich der Erkenntnisse
der Kreispolizeibehörde überhöhte Geschwindigkeit häufig als Unfallursache zu
verzeichnen ist.
Bei der
Überwachung der Geschwindigkeit gibt es grds. zwei Möglichkeit, die stationäre
sowie die mobile Überwachung.
A.
Mobile Überwachung
Das System
der mobilen Überwachung durch einen mit entsprechender Technik ausgestatteten
PKW bietet eine hohe Flexibilität und somit ein Handeln aufgrund akuter
Beschwerdelagen. Es hat größere Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit, da
Gewöhnungseffekte nicht so stark zutage treten wir bei fest installierten
stationären Systemen. Allerdings ist ein mobiles Überwachungssystem sehr
personalintensiv, da sowohl Verwaltungs- als auch Außendienstpersonal
vorzusehen ist.
II. Ertragsprognose
Um eine
Abschätzung der zu erwartenden Investitionen, des zusätzlichen
Personalaufwandes sowie der laufenden Aufwendungen bzw. Erträge zu erhalten,
wurden andere große kreisangehörige Städte befragt, die die Überwachung des
fließenden Verkehrs durchführen.
Stadt |
Einwohner |
Fallzahlen/Jahr |
Erträge/Jahr |
Durchschn. Ertrag
2010/ Fall |
A. |
73.400 |
2008
= 5997 2010
= 7324 |
2008
= 126.000 2010
= 166.000 |
22,67
EUR |
B. |
78.000 |
2008
= 10.413 2010
= 7.553 |
2008
= 251.000 2010
= 168.000 |
22,24
EUR |
C. |
63.100 |
2008
= 12.400 2010
= 7.500 |
2008
= 295.000 2010
=190.000 |
25,33
EUR |
D.
|
88.300 |
2008
= 15.579 2010
= 17215 |
2008
= 344.000 2010
= 392.000 |
22,77
EUR |
E. |
75.700 |
2008
= 13.988 2010
= 11.287 |
2008
= 351.000 2010
= 298.000 |
26,40
EUR |
Auffällig
ist, dass immerhin bei drei von 5 Städten deutlich sinkende Fallzahlen über den
Zeitraum von drei Jahren festzustellen sind. Dies muss somit bei der
perspektivischen Betrachtung einkalkuliert werden. Das Bußgeld je Fall liegt
bei durchschnittlich ca. 23,50 Euro. Unter Berücksichtigung entstandener
Gesamtaufwendungen (einschl. der Overheadkosten) hat nur eine Gemeinde ein
positives Ergebnis für den städtischen Haushalt erwirtschaften können.
Aufgrund
dieser Erkenntnisse wurde die Stadt D. aufgrund der auffällig hohen Überwachungsdichte
um nähere Informationen gebeten. Dort ergab sich folgende statistische
Verteilung der Bußgeldhöhen:
Übertretung
in km/h bis |
Anzahl Fälle |
Anteil an Gesamtfallzahl
|
Ertrag (Sollbetrag) |
Anteil am Volumen |
10 |
10842 |
62,98 % |
173.327 |
44,14 % |
15 |
4665 |
27,10 % |
122.550 |
31.21 % |
20 |
1292 |
7,51 % |
48.489 |
12,35 % |
25 |
302 |
1,75 % |
31.081 |
7,92 % |
Über 25 |
114 |
0,66 % |
17.188 |
4,38 % |
Summe |
17.215 |
|
392.635 |
|
Ca. 75 % des
Einnahmevolumens werden damit aus 90 % aller Fälle erwirtschaftet. Zu beachten
bei der Betrachtung der Erträge ist zudem die Tatsache, dass nach Erfahrungen der
Städte ca. 5 % endgültig nicht beitreibbar sind. Dies muss entsprechend
berücksichtigt werden. Es wird daher ein (bereinigter) Ertrag von 22,00 Euro je
Fall angesetzt.
Nach den
Aussagen der angesprochenen Firmen und den Erfahrungen der anderen Kommunen ist
im Durchschnitt je Einsatztag mit ca. 25 zu ahndenden Verstößen bei Überwachung
einer Fahrtrichtung zu rechnen. Ausgehend von 220 Einsatztagen darf daher eine
Fallzahl von ca. 5.500 zugrunde gelegt werden. Höhere Fallzahlen – wie zum Teil
bei den o.g. Kommunen – sind nur bei weiterem Personaleinsatz, sehr hoher
Überwachungsdichte und damit höherer Technikauslastung zu erreichen. Somit ist
mit jährlichen Erträgen von ca. 120.000
Euro zu rechnen.
Die
Ermittlung dieser Zahl geht der Einfachheit halber von einem problemlosen Start
aus. Erfahrungsgemäß ist jedoch nach Ausbildung der Beschäftigten im Rahmen der
Schulung zu Messbeamten mit einiger Einarbeitungszeit im neuen Aufgabengebiet
zu rechnen ist. Es wird im Übrigen darauf hingewiesen, dass nach einer „Eingewöhnungszeit“
die Fallzahlen ggf. sinken, weil die Verkehrsteilnehmer durch die enge
Kontrolle die Geschwindigkeit anpassen. Dieser aus Verkehrssicherheitsgründen
gewünschte Effekt mindert die Erträge.
Aufwendungen:
a) Abschreibungen
Die für einen
mit Technik ausgestatteten PKW erforderlichen Investitionskosten betragen ca.
100.000 Euro. Die jährlichen Abschreibungen betragen bei fünfjähriger
Nutzungsdauer ca. 20.000 Euro.
b) Personalaufwand
Eine mobile
Geschwindigkeitsüberwachung setzt voraus, dass zu „Messbeamten“ ausgebildete Personen
die Überwachung durchführen.
Für eine Personalstelle
der Entgeltgruppe 6 TVöD sind insgesamt jährlich ca. 60.000 Euro anzusetzen
(KGST-Kosten eines Arbeitsplatzes, hier: Nicht-Büroarbeitsplatz).
Im Übrigen
ist nach den Erfahrungen anderer Kommunen für die in Rede stehende erwartete
Fallzahl von ca. 11.000 mit weiterem Personalaufwand von ca. 0,5 Stellen gem.
Entgeltgruppe 8 TVöD zu rechnen für die Abarbeitung von Bußgeldverfahren,
Einspruchsverfahren, Halterermittlungen etc. Hierfür sind nochmals ca. 38.000
Euro anzusetzen.
Weiterer
erheblicher Personalaufwand wird sich im Bereich der Geschäftsbuchhaltung, der
Zahlungsabwicklung und Vollstreckung ergeben. Hierfür ist ein Aufwand von
weiteren 20.000 Euro anzusetzen.
c) Sonstiger Aufwand
Weiterer
Aufwand entsteht z.B. durch die regelmäßige Eichung, Reparaturen am Fahrzeug, Unterhaltungskosten
des Fahrzeuges, Abschreibungen für das Straßenverkehrsmodul der Ordnungswidrigkeiten-Software
etc. Hierfür werden mangels vorliegender Zahlen jährlich 5.000 Euro angesetzt.
Der
Gesamtaufwand beträgt damit jährlich ca. 153.000
Euro. Ein Konsolidierungsbeitrag wäre nach alledem nicht zu erzielen.
B. Stationäre
Überwachung
Denkbar wäre
auch eine stationäre Überwachung an einigen Stellen im Stadtgebiet Rheine, z.B.
auf dem innerstädtischen Ring. Dabei ist zu beachten, dass im unmittelbaren örtlichen
Umfeld mehr Verkehrssicherheit erzielt werden kann, da die Geschwindigkeit
reduziert wird. Allerdings ist auch ein Gewöhnungseffekt zu erwarten. Zudem
dürften die fest installierten Anlagen in Rheine und Umgebung schnell bekannt
sein, da in Rheine aufgrund von Untersuchungen ganz überwiegend sogenannter
Ziel- u. Quellverkehr erfolgt. Der Anteil ortsfremder Personen ist relativ
gering. Das System bietet keine Flexibilität, ist jedoch weniger
personalintensiv als ein mobiles System, da die Messung vollautomatisch
vorgenommen wird.
Erträge
Bei einem
300-Tage-Betrieb z.B. einer Anlage auf dem innerstädt. Ring darf von
Ca. 5.000
Fällen im Jahr mit sinkender Tendenz ausgegangen werden. Die Erträge würden
sich demnach auf 110.000 Euro
belaufen.
Aufwendungen
Dienstleistungen
(Leasing, Installation, Wartung, Betrieb) 36.000
Euro
Personalaufwand
(Verwaltungsstelle) 38.000
Euro
Buchhaltung: 20.000
Euro
Sonstiges
(Software) 5.000
Euro
Gesamt: 99.000
Euro
Allenfalls
ein geringer Konsolidierungseffekt von wenigen Tausend Euro wäre zu erwarten.
Dem gegenüber steht jedoch ein erhebliches Risiko, dass wegen des auftretenden
Gewöhnungseffektes die Fallzahlen sinken. Zudem ist der Beitrag zur Erhöhung
der Verkehrssicherheit relativ gering.
Es wird daher
vorgeschlagen, dass ausschließlich aus Gründen der Haushaltskonsolidierung
Maßnahmen der Überwachung des fließenden Verkehrs nicht erfolgen sollten.
Vielmehr sollte überlegt werden, im Bereich des fließenden Verkehrs solche
Maßnahmen vorzusehen, die den größtmöglichen Effekt zur Erhöhung der
Verkehrssicherheit bei einer angemessenen Inanspruchnahme öffentlicher Mittel
vorsehen. Dies ist nur möglich, wenn intensivere Untersuchungen der
spezifischen Verkehrssituation und Unfallhäufigkeiten in der Stadt erfolgen.
Diese Untersuchungen sind zeitintensiv. Die Verwaltung sollte dementsprechend
beauftragt werden und bis zum 31.12.2013 de Haupt- u. Finanzausschuss einen
entsprechenden Bericht vorlegen.
Anlagen:
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