Betreff
Antrag auf Ausnahme von der Baumschutzsatzung für die Entfernung von zwei Linden auf dem Grundstück Marktstraße 24
Vorlage
313/12
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Bauausschuss beschließt, dem Antrag auf Ausnahme von der Baumschutzsatzung der Stadt Rheine vom 21.09.2012 für die Entfernung von zwei Linden auf dem Grundstück Marktstraße 24 nur teilweise statt zu geben.

1.      Eine Fällgenehmigung soll erteilt werden für eine vor drei Jahren gekappte Linde mit einem Stammumfang von ca. 150 cm. Diese Linde kann bei Umsetzung des auf dem direkt angrenzenden Grundstück Marktstraße 20 vorgesehenen Neubau eines viergeschossigen Wohn- und Geschäftshauses nicht erhalten werden, da der Baukörper zu nah an den Baum heran reichen wird.

2.      Für die etwa 3-4 m weiter nördlich der gekappten „Kopf-Linde“ stehende, großkronige Linde mit einem Stammumfang von ca. 170 cm wird die beantragte Fällgenehmigung abgelehnt. Dieser Baum ist weiterhin zu erhalten. Um Beeinträchtigungen der umliegenden Gebäude und Freiflächen durch Lichtentzug, Laubfall oder andere Emissionen der Linde zu vermindern, soll  eine fachgerechte Kroneneinkürzung im Fein- und Schwachastbereich entsprechend konkreter Vorgaben und Auflagen genehmigt werden. 

 


Begründung:

 

Die o.g. Thematik war bereits Gegenstand der Beratungen in der letzten Bauausschusssitzung.

In dieser Sitzung wurde über die Erweiterung der Tagesordnung abgestimmt.

In der Gemeindeordnung NRW § 48(1) letzter Satz heißt es:

„Die Tagesordnung kann in der Sitzung durch Beschluss des Rates erweitert werden, wenn es sich um Angelegenheiten handelt, die keinen Aufschub dulden oder die von äußerster Dringlichkeit sind.“

Im Nachgang hat die SPD-Fraktion das Vorliegen dieser Voraussetzung in Zweifel gezogen.

Um absolut rechtssicher zu handeln und dem geäußerten politischen Wunsch nachzukommen, soll eine erneute Beschlussfassung aufgrund dieser Beratungsvorlage in der heutigen öffentlichen Bauausschusssitzung erfolgen.

Die Eigentümer des Grundstückes Marktstraße 24 haben im Zusammenhang mit dem auf dem benachbarten Grundstück Marktstraße 20 anstehenden Abriss und der anschließenden Neubebauung eines Wohn- und Geschäftshauses am 21. September 2012 einen Antrag auf Ausnahme von der Baumschutzsatzung für die Entfernung von 2 geschützten Lindenbäumen gestellt. Beide Bäume befinden sich an der östlichen Grundstücksgrenze, in Nähe des benachbarten Bauvorhabens.

Die Antragsteller erneuern Ihr bereits in 2009 vorgebrachtes Begehren einer Fällgenehmigung, da sie nunmehr, aufgrund der auf dem Nachbargrundstück anstehenden Räumungs- und Abrissarbeiten, eine günstige Gelegenheit sehen, die Fällarbeiten ohne größere Komplikationen und Beeinträchtigungen der angrenzenden Grundstücke und Gebäude vornehmen lassen zu können. Im Übrigen verweisen Sie auf die in Ihrem Antrag aus 2009 bereits vorgebrachten Gründe.

Die vor drei Jahren vorgebrachten Gründe waren aus Sicht der Verwaltung nicht hinreichend belegt und nicht ausreichend, um Fällgenehmigungen zu erteilen. Insbesondere die angeführten Einwirkungen der Bäume auf die im Grenzverlauf vorhandene Gartenmauer, waren nicht zu belegen. Da diese Mauer als insgesamt stark baufällig und abgängig zu beurteilen ist und sicher davon auszugehen ist, dass sie im Zuge der anstehenden baulichen Veränderungen auf dem Grundstück Marktstraße 20 beseitigt werden muss, ist diese Argumentationslinie aktuell auch nicht mehr aufrecht zu erhalten. 

Um die heute gegebene Situation zu beurteilen, fand am 2. Oktober 2012 ein Ortstermin statt, bei der die beiden in Rede stehenden Bäume und die räumlichen Gegebenheiten in Augenschein genommen wurden. Hierbei wurden auch die zu erwartenden Veränderungen bei Umsetzung des geplanten Bauvorhabens auf dem angrenzenden Grundstück in die Betrachtung einbezogen. Die Eigentümer haben dabei nochmals die aus Ihrer Sicht von den beiden Linden ausgehenden Belastungen für die Unterhaltung Ihrer Immobilie und die Beeinträchtigungen Ihres vermieteten Wohn-, Praxis- und Geschäftsgebäudes durch den Lichtentzug hingewiesen. Aus Sicht der Antragsteller würde die Ihnen bereits in 2009 genehmigte, fachgerechte Einkürzung der großkronigen Linde um ca. 20-30 % die Beeinträchtigungen nicht hinreichend und dauerhaft lösen und für sie unzumutbare Pflegeaufwendungen für künftig wiederkehrende Schnittmaßnahmen verursachen.

Die Antragsteller boten ihrerseits geeignete Ersatzanpflanzungen mit schmalkronig wachsenden Laubbäumen an, wenn die beiden Linden entfernt werden dürften. Diese Bäume würden auch in einer wirkungsvollen Pflanzgröße gepflanzt werden, so dass aus Sicht der Antragsteller eine Grünkulisse wieder hergestellt würde, die langfristig auch bei den engen Platzverhältnissen Bestand haben könnte und keine erheblichen Beeinträchtigungen verursachen würde.

Aus Sicht der Verwaltung ist die beantragte Fällgenehmigung, in Anbetracht der auf dem Nachbargrundstück anstehenden Neubebauung, für die am nächsten zu dem Neubau stehende Linde zu erteilen. Diese Linde steht derzeit in einem Abstand von ca. 5,40 m zu dem abzureißenden Gebäude Marktstraße 20. Der Neubau soll den alten Baukörper um etwa 3 m weiter Richtung der rückwärtigen Gartenfläche überschreiten und damit die im Bebauungsplan Nr. 10 d „Westliche Innenstadt“ festgesetzte Baugrenze voll ausnutzen. Dann würde mit der Nordwestecke des Neubaus ein Abstand von lediglich noch 2,40 m zum Stamm der Linde entstehen. Obwohl die Krone dieser Linde vor drei Jahren, ohne Einholung der hierfür erforderlichen Genehmigung, vollständig gekappt wurde, würde die Kronentraufe diese „Kopfbaumes“ bereits heute bis an die Fassade des geplanten Neubaus heran reichen. Zudem wird es bei der Herstellung der Fundamente für das geplante, viergeschossige Gebäude sicher auch zu erheblichen Wurzelverlusten und ‑beschädigungen kommen.

Die zweite Linde, mit einem Stammumfang von ca. 170 cm, befindet sich etwa 3‑4 m weiter nördlich der vorstehend genannten „Kopflinde“. Dieser großkronig entwickelte, etwa 25 m hohe Baum, stellt aus Sicht der Verwaltung insbesondere für die südlich liegende Bebauung an der Marktstraße keine erhebliche Beeinträchtigung dar (keine direkte Beschattung und Abstand der Kronentraufe ca. 5-10 m zu den Gebäuden Marktstraße 20 und 24). Bewohner (teilweise auch Eigentümer) der unmittelbar westlich liegenden Wohn- und Geschäftshäuser Poststraße 20 und 22, deren Balkone von Teilen der Baumkrone der großkronigen Linde direkt überragt werden, fordern eine Erhaltung der beiden Linden, da diese Baumkulisse der einzige, wirkungsvolle Grünbestand im näheren Umfeld und für die Wohnqualität der Häuser von elementarer Bedeutung ist. Zudem haben diese Anlieger auch auf die hohe Bedeutung der Bäume als Habitat oder wichtiges Lebensraumelement für teilweise gefährdete oder streng geschützte Tierarten sowie die wichtigen klimatischen Funktionen dieser Großbäume in der ansonsten weitgehend dicht bebauten Innenstadtlage hingewiesen.  

Aus Sicht der Verwaltung ist die Entfernung der vor einigen Jahren gekappten Linde in Anbetracht der räumlichen Gegebenheiten, der anstehenden baulichen Veränderungen und der Eingriffe in den Wurzel- und Kronenraum nicht vermeidbar. Auch eine Ersatzanpflanzung an gleicher Stelle oder auf dem selben Grundstück ist auf der kleinen, überwiegend befestigten Freifläche hinter dem Gebäude Marktstraße 24 kaum möglich. Dem Antragsteller soll daher eingeräumt werden, die erforderliche Ersatzanpflanzung auf einem anderen Grundstück im Geltungsbereich der Baumschutzsatzung der Stadt Rheine umzusetzen oder alternativ eine entsprechende Ausgleichszahlung an die Stadt Rheine zu leisten.

Für die zu erhaltende Linde soll die Genehmigung für eine fachgerechte Einkürzung gemäß der aktuellen „ZTV-Baumpflege“ erteilt werden. Die hierfür zu erbringenden Aufwendungen und die Folgekosten für ggf. in einem Zeitrahmen von ca. 5-8 Jahren notwendige erneute Rück- oder Pflegeschnitte, sind objektiv als zumutbar zu beurteilen.

Mit dem Erhalt der großkronigen Linde und der Erhaltung der zwei großkronigen Bäume im nordwestlichen Eckbereich des benachbarten Grundstückes Marktstraße 20, können die bedeutenden Einzelbäume auch bei Umsetzung der baulichen Veränderungen in diesem Bereich weiterhin erhalten werden und wesentliche ökologische und gestalterische Funktionen auch künftig noch erfüllt werden.

 


Anlagen:

 

Anlage 1: Antragsschreiben vom 21.09.2012 und 12.11.2009

 

Anlage 2: Lageplan Baumbestand Marktstraße 24 und 20

 

Anlage 3: Foto der beiden Linden vom 02.10.2012