Betreff
Einziehung eines Teilstückes eines Stichweges zur Rheiner Straße -Einleitung des Verfahrens-
Vorlage
430/13
Aktenzeichen
I-5.72-ke
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Die Stadt Rheine beabsichtigt, ein Teilstück eines Stichweges zur Rheiner Straße, im anliegenden Lageplan gelblich dargestellt, Gemarkung Mesum, Flur 2, Flurstück 131 tlw. einzuziehen, weil überwiegende Gründe des öffentlichen Wohles für die Einziehung vorliegen.

 

Das Einziehungsverfahren gemäß § 7 Straßen- und Wegegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (StrWG NW wird hiermit eingeleitet.

 


Begründung:

 

Das dem Weg gegenüberliegende Autohaus ist Eigentümer der beidseits der einzuziehenden Wegefläche angrenzenden Grundstücke. Das Autohaus möchte weiter expandieren und möchte auf den vorgenannten Grundstücken eine Servicehalle für eine dazu gewonnene Automarke und eine Auktionshalle errichten. Die Mindestgrößen für die Service- und Auktionshalle sind vorgeschrieben, so dass dieses Vorhaben nur unter Einbeziehung des einzuziehenden Teilstückes des Stichweges möglich ist.

 

Der Weg ist in der Zusammenlegungssache von Mesum Nr. 266 im Jahr 1913 entstanden. Im dazu gehörigen Rezess ist der Weg als öffentlicher Weg im Sinne von § 6 Straßen- und Wegegesetz des Landes NRW (StrWG NRW) zur Erschließung der angrenzenden landwirtschaftlichen Grundstücke gewidmet worden. Eine teilweise Veräußerung des Weges setzt demnach ein förmliches Einziehungsverfahren gemäß § 7 StrWG NRW voraus.

 

Gemäß § 7 Absatz 2 StrWG NRW ist eine Einziehung begründet, wenn der aufzugebende Weg jegliche Verkehrsbedeutung verloren hat oder Gründe des öffentlichen Wohles für die Einziehung vorliegen.

 

Das Autohaus Brüggemann fungiert seit Jahrzehnten am Standort in Mesum in sogenannter Vollhändlerschaft (Service- und Vertriebsvertrag) für verschiedene Fabrikate wie Nissan, Kia, Chevrolet und seit Neuestem für die Fiat Group (Fiat Pkw, Fiat Nutzfahrzeuge, Alfa Romeo, Lancia und Jeep). Ergänzt wird das Portfolio um den Servicevertrag Ford.

 

Diese Verträge beinhalten eine klare Vorgabe an einzuhaltende Standards, die von den Händlern umzusetzen sind, um die damit verbundenen, variablen Margenbestandteile beanspruchen zu dürfen.

 

Im Bereich Service werden Standards der Hersteller hier beispielhaft aufgeführt:

 

Ø  Größe und Ausstattung der Kundenbegegnungszonen

Ø  Größe und Ausstattung der sog. Direktannahme im Werkstattbereich

Ø  Größe und Ausstattung der einzelnen Serviceplätze im Werkstattbereich

Ø  Trennung der einzelnen Fahrzeugherstellern bei Merkmarkenbetrieben

Ø  Signalisation

Ø  Corporate Identity der diversen Hersteller für Mitarbeiter und Architektur

Ø  Ersatzteillager

Ø  Spezialwerkzeug

Ø  Schulung der Mitarbeiter im Bereich Service – Schulungsstandards;

Ø  WBT (Web Based Training) – Implementierung eines Schulungszentrums für Mitarbeiter

Ø  Abbildung der sog. Servicekernprozesse : z.B.: Auftragsannahme, Übergabe nach

Ø  Reparatur, Verkauf Zubehör, Begegnungsqualität

 

In regelmäßigen Abständen (unterjährig) werden diese Standards durch sogenannte Audits geprüft und zeitlich vorgegebene Umsetzungsmaßnahmen festgelegt. In der Spitze führen nicht umgesetzte Maßnahmen zum Verlust des Händlervertrages und damit die Existenzgrundlage vieler Häuser.

 

Da die Gesamtsituation im Kfz-Handel seit Jahren als angespannt bezeichnet werden muss, ist es für die Händler von maßgeblicher Bedeutung, dass die Gestaltung der Prozesse in Verbindung mit den Standardanforderungen optimiert werden, um überhaupt effizient und wirtschaftlich arbeiten zu können.

 

Eine wesentliche Anforderung im Rahmen der Standards stellt die räumliche Anordnung der Prozesse dar. Service und Vertrieb sind hier ineinander verzahnt. Eine räumliche Trennung wird, wenn überhaupt, nur zeitlich befristet geduldet.

 

Die aktuelle, bauliche Situation genügt diesbezüglich in keiner Weise mehr den Anforderungen der Hersteller. Spätestens mit der Übernahme des Portfolios der Fiat Group wurde ein Neubau, der die Anforderungen aller Fabrikate auch für die nächsten Jahre sicherstellt, unumgänglich. Diese Investition stellt gleichfalls eine Sicherung der vorhandenen wie weiterer Arbeitsplätze dar.

 

Eng verbunden mit dem neuen Kundendienstzentrum ist das neue Auktionszentrum. Die durch die Verwendungsentscheidung aussortierten Gebrauchtfahrzeuge werden bis dato, aus den oben schon beschriebenen Platzproblemen, auf einem angemieteten Gelände vermarktet. Da diese Fahrzeuge weitestgehend technische Probleme aufweisen, ist die technische Unterstützung im Zuge der Vermarktung unerlässlich. Heute werden die problembehafteten Fahrzeuge mehrmals zwischen den Geländen hin und her gefahren, damit sie wieder instand gesetzt werden. Dies bedeutet mehr Verkehr durch den Ortskern. Erschwerend kommt hinzu, dass der Pachtvertrag ausläuft und nicht verlängert wird, da eine andere Nutzung vorgesehen ist.

 

Mit dem Konzept des Neubaus von Kundendienstzentrum und Auktionshalle auf einem Gelände werden jetzt Ressourcen geschaffen, die die innerbetrieblichen Abläufe enorm optimieren und gleichzeitig Planungssicherheit gegenüber den Herstellern schafft und die technische Unterstützung für den Auktionsbereich aus einer Hand sicherstellt, ohne die Fahrzeuge unnötig und mehrfach durch den Ort zu bewegen.

 

Zur Sicherstellung dieser von den Herstellern geforderten Standards / Herstellervorgaben und zur Darstellung der geführten Vertriebs- und Serviceprozesse an diesem Standort ist der Neubau des Service-Centers mit anliegendem Auktionshaus als zwingend angezeigt anzusehen.

 

Ohne diese Investition und die räumliche Nutzung der Flächen am Standort Mesum ist die Vertragserfüllung zu den diversen Herstellern und die Wirtschaftlichkeit des Gesamtbetriebes Autohaus Brüggemann nicht mehr gewährleistet. In den jetzigen Räumlichkeiten ist eine vertragsrelevante und ordnungsgemäße Umsetzung der Standards nicht möglich und auszuschließen.

 

Eine Umlagerung der o.g. Wirtschafteinheiten an einen anderen Standort ist aus prozesstechnischen und wirtschaftlichen Gründen nicht angezeigt und somit auch nicht möglich. Hinzu kommt noch, dass die Hersteller eine weitergehende räumliche Trennung von Service und Vertrieb nicht akzeptieren würden und schon jetzt nur eine Übergangslösung (Duldung bis Ende 2014) angeboten haben, die auf keinen Fall verlängert werden kann.

 

Daher sind in der heutigen Zeit die Sicherung eines wirtschaftlichen Standortes, der Erhalt und die Neuschaffung von Arbeitskräften nicht nur ein privater wirtschaftlicher, sondern auch ein öffentlicher Belang von erheblichem Gewicht. Durch die Neuansiedlung der Automarke FIAT mit seiner gesamten Produktpalette, der Schaffung eines Servicecenters sowie einer Auktionshalle werden bis zu 20 neue Arbeitsstellen geschaffen.

 

Daher ist die Sicherung und Neuschaffung von Arbeitsplätzen sowie die Sicherung des Wirtschaftsstandortes als öffentlicher Belang mit erheblichem Gewicht zu verstehen und rechtfertigt demnach auch ein beabsichtigtes Einziehungsverfahren.

 

Da aber der aufzugebende Weg noch eine Verkehrsbedeutung besitzt, soll die Erschließungsfunktion auf einem auf dem Grundstück des Autohauses neu geschaffenen öffentlichen Ersatzweg, im beiliegenden Lageplan in rot dargestellt, übertragen werden. Dieser ist mit der gleichen Breite wie die aufzugebende Wegeflächen zu bemessen. Die Radien und die Aufweitungen sind für ein Bemessungsfahrzeug „Lieferwagen“ gerechnet, so dass der Ersatzweg die Verkehrsfunktion der einzuziehenden Wegefläche übernehmen kann.

 

Die Träger öffentlicher Belange (Ver- und Entsorgungsunternehmen) sind mit Schreiben vom 24. September 2013 gebeten worden, mit der Bitte, zu dieser beabsichtigten Einziehung Stellung zu beziehen. Sollten hier Bedenken vorgetragen werden, werden diese in der Sitzung vorgebracht.

 

Bevor jedoch der Beschluss zur Einziehung gefasst wird, ist insbesondere den Anliegern und anderen Sondernutzungsberechtigten die Gelegenheit des Einspruchs zu gewähren. Die Absicht der Einziehung ist daher 3 Monate vorher in der Gemeinde bekannt zu geben, um den Berechtigten Gelegenheit zur Einwendung zu bieten.

 

Das erforderliche Einziehungsverfahren ist einzuleiten, damit die beabsichtigte Planung realisiert werden kann.

 

 


Anlagen:

 

Lageplan