Betreff
Projekt "Mitgliedschaft im Riga-Komitee"
Vorlage
107/14
Aktenzeichen
FB 2.10-wi
Art
Beschlussvorlage

Verfahrensvorschlag:

 

Der Jugendhilfeausschuss nimmt die Ausführungen zum Projekt „Mitgliedschaft im Riga-Komitee“ zur Kenntnis.

 

 


Begründung:

 

2012 erhielt die Stadt Rheine das Zertifikat „Rheine ohne Rassismus – Rheine mit Courage“. Eine aus der Stadtschülervertretung gegründete Projektgruppe hat im Rahmen dieser Auszeichnung eine Antidiskriminierungsagenda erarbeitet, die im Dezember 2012 von allen Ratsmitgliedern unterzeichnet wurde. Die Agenda for­dert eine kontinuierliche Form der weiterführenden Arbeit im Bereich Diskrimi-nierung und Rassismus. Im Herbst 2013 hat sich, nachdem viele Mitglieder der Gründungsgruppe aufgrund schulischer (Studium) und beruflicher Veränderun-gen die intensive Zusammenarbeit aufgeben mussten, eine neue Gruppe „Rheine ohne Rassismus – Rheine mit Courage“ gegründet. Die Mitglieder dieser Gruppe haben sich Ende November 2013 entschlossen, den Antrag, Mitglied im Riga-Komitee“ zu werden, an den Rat der Stadt Rheine zu stellen.

 

Mit dem Beitritt im Deutschen Riga-Komitee setzt die Stadt Rheine ein wichtiges Zeichen für die Bildungsarbeit im Bereich Gedenken und Erinnern zur Förderung der Demokratie, Toleranz und Zivilcourage und dies vor allem bei jungen Men-schen. Auch wird dadurch nachhaltig im Sinne der Antidiskriminierungsagenda das Projekt „Rheine ohne Rassismus – Rheine mit Courage“ fortgeführt.

 

Geschichtlicher Hintergrund zum Riga-Komitee:

 

Am 23. Mai 2000 gründeten die Städte Berlin, Bielefeld, Dortmund, Düsseldorf, Hamburg, Hannover, Kassel, Köln, Leipzig, Münster, Nürnberg, Osnabrück und Stuttgart sowie der Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge e. V. das Deutsche Riga-Komitee. In den Jahren 1941/42 wurden deutsche, österreichische und tschechische Juden aus dem ehemaligen Deutschen Reich, insgesamt mehr als 25.000 Menschen, in das Ghetto von Riga deportiert und dort oder in den Wäl-dern von Biķernieki, teilweise auch in den Wäldern von Rumbula, ermordet.

 

Aufgabe des Riga-Komitees ist es, an diese Schicksale zu erinnern. Der Zentralrat der Juden in Deutschland, die Stadtverwaltung Riga sowie die in Wien 1993 ge-gründete „Initiative Riga“ unterstützen das Projekt. Der Volksbund errichtete in Zusammenarbeit mit seiner lettischen Partnerorganisation, dem Brüderfriedhöfe-komitee und der Stadtverwaltung Riga den Opfern eine würdige Gräber- und Gedenkstätte. Bereits am 30. November 2001 konnten die wieder hergerichteten Massengräber im Wald von Biķernieki in Riga offiziell der Öffentlichkeit übergeben werden. Mit der Pflege der Anlage durch lettische und deutsche Jugendliche wird ein lebendiges Band der Erinnerung und der Begegnung zwischen Riga und den deutschen Städten geknüpft, von denen damals die Sammeltransporte ausgin-gen.

 

In einem zweiten Schritt erschien 2003 das „Buch der Erinnerung“. Das 2-bän-dige Werk führt die vollständigen Deportationslisten auf und schildert den Lei-densweg dieser Menschen. Es enthält über 31.300 Namen und Lebensdaten. Die Veröffentlichung der Namen und Lebensdaten in diesem Buch war zugleich auch der Abschluss der Anstrengung, den zahllosen Opfern des Rigaer Ghettos ihre Menschenwürde zurückzugeben.

 

Heute zählt das Komitee 43 Städte zu seinen Mitgliedern.

 

Finanzieller Beitrag für das Riga-Komitee/Gedenkstätte Riga/Biķernieki

 

Alle Komiteemitglieder verpflichten sich mit dem Beitritt, für Erhalt und Pflege der Gedenkstätte in Riga-Biķernieki einen finanziellen Beitrag von mindestens 2.000,00 € zu leisten.

 

Leistungen für Mitgliedschaft im Riga-Komitee

 

Alle Komiteemitglieder erhalten auf der Gedenkstätte Riga-Biķernieki einen mit dem Namen der Stadt versehenen Gedenkstein sowie bei einem gemeinsamen abgestimmten offiziellen Termin eine Mitgliedsurkunde – vorab vom Präsidenten unterzeichnet – durch Vertretung an das Stadtoberhaupt überreicht.

 

Die Mitgliedsstädte erhalten unaufgefordert Einladungen zu Symposien des Deut­schen Riga-Komitees sowie Hinweise auf neue Materialien zum Thema.

 

Weitere Mitgliedsstädte im Riga-Komitee:

 

Bocholt, Kiel, Lübeck, Wien, Bremen, Steinfurt, Warendorf, Paderborn, Dresden, Billerbeck, Vreden, Coesfeld, Bochum, Gelsenkirchen, Magdeburg, Recklinghau-sen, Gütersloh, Haltern am See, Marl, Viersen, Herford, Moers, Marburg, Bünde, Stadtlohn

 

Bezug zu Rheine

 

In der 22. Ausgabe der Reihe Rheine – gestern – heute – morgen – 3/88 ist das Buch „Gertrud Althoff: Geschichte der Juden – von den Anfängen bis zu ihrer Vernichtung.“ erschienen. In diesem Buch ist unter dem Kapitel „Der Untergang der jüdischen Gemeinde Rheine“ eine Auflistung der Namen aller jüdischen Bür­ger(innen) um 1930 zusammengestellt, in der die Namen, Geburtsorte, Berufe, Adressen in Rheine und der Verbleib aufgeführt sind. Aus dieser Liste geht her-vor, dass 20 jüdische Bürger(innen) aus Rheine im Alter von 12 bis 63 Jahren am 10./11. Dezember 1941 und im Januar 1942 nach Riga deportiert und dort umge­bracht bzw. von Riga in andere Konzentrationslager weitertransportiert und dort getötet wurden. Nur 3 jüdische Bürger aus Rheine überlebten die De-portation in Riga. Über 25.000 deutsche, österreichische und tschechische jü-dische Männer, Frauen und Kinder wurden in den Jahren 1941/42 nach Riga, in das von deutschen Truppen besetzte Lettland, deportiert und in ihrer überwie-genden Zahl im Wald von Biķernieki erschossen.

 

Aus Westfalen, wo in 2 Transporten aus Münster, Osnabrück, Bielefeld und Dort­mund etwa 2.000 jüdische Menschen nach Riga deportiert wurden, sind viele Städte, wie oben angegeben, Mitglied im deutschen Riga-Komitee.

 

Die Projektgruppe „Rheine ohne Rassismus – Rheine mit Courage“ will das Geden­ken und Erinnern bei jungen Menschen wachhalten und dabei das Einzelschicksal in den Vordergrund stellen. Im Stadtarchiv Rheine kann über die Einzelschicksale der jüdischen Familien in Rheine, die nach Riga deportiert wurden, geforscht wer-den, um sich eingehend mit der Geschichte ehemaliger Bürger der Heimatstadt auseinanderzusetzen. Mit einer Gedenkstättenfahrt nach Riga sollen verschiede-ne Orte aufgesucht werden, die mit der Geschichte der lettischen Juden und der Deportation und Ermordung der deutschen Juden zu tun haben. Bei der Gedenk-stätte für die Opfer des Nationalsozialismus im Wald von Biķernieki können die jungen Menschen auf dem zentralen Gedenkplatz die Einweihung des Gedenk-steines der Stadt Rheine vorbereiten. Dies kann in Form eines Jugendworkcamps in Riga durchgeführt werden. Neben der Archivarbeit über die jüdischen Familien aus Rheine in der Gedenkstätte ist auch ein Austausch mit lettischen jungen Menschen vorgesehen. Die Organisation der Gedenkstättenfahrt/des Jugend-workcamps in Riga wird in Kooperation mit Mitarbeiter(inne)n des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge abgestimmt.

 

Konzeptplanung der Projektgruppe

 

Die Projektgruppe „Riga – Die Deportation deutscher Juden nach Riga, ihre Er-mordung und das Gedenken daran“ besteht aus Mitgliedern der Initiativgruppe Rheine ohne Rassismus und der Stadtschülervertretung Rheine. Unterstützt wird die Gruppe vom Stadtjugendring e. V. Rheine und dem Jugendamt der Stadt Rheine.

 

Ø     Die Projektgruppe soll sich in den kommenden Monaten (Zeitraum Februar bis Juni 2014) mit der Geschichte der jüdischen Menschen aus Rheine, die nach Riga deportiert wurden, auseinandersetzen. Dies wird durch Archiv-arbeit im Stadtarchiv Rheine und über weitere Quellen geschehen.

 

Ø     Mitglieder der Projektgruppe (Expertengruppe von ca. 4 Personen) werden voraussichtlich an einem „Jugendworkcamp“ des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfür-sorge vom 22. Juli bis 6. August 2014 in Riga teilnehmen. Sie werden die Ergebnisse dieses Bildungsangebotes dokumentieren und später in Rheine der Öffentlichkeit präsentieren.

 

Ø     Eine weitere Aktion zum Gedenken, Erinnern und Handeln soll am 11. De-zember oder 13. Dezember 2014 geplant werden, denn am 11. Dezember 1941 wurden die jüdischen Familien aus Rheine nach Münster zur Depor-tation abgeholt. Am 13. Dezember 1941 fand der Transport von Münster über Osnabrück und Bielefeld nach Riga statt. Über 1.000 jüdische Men-schen aus Westfalen wurden an diesem Tag deportiert.

 

        Die aktive Archivarbeit über die jüdischen Familien aus Rheine, die Depor-tation nach Riga und die Dokumentation des „Jugendworkcamps“ in Riga sollen der Öffentlichkeit präsentiert werden.

 

        Die Ausstellung „Biķernieki – Wald der Toten“ des Deutschen Riga-Komitees könnte in Rheine vorgestellt werden.

 

Ø     Zum Gedenktag 27. Januar – Befreiung des Konzentrationslagers Ausch-witz – könnte am 27. Januar 2015 die Mitgliedschaft im Deutschen Riga-Komitee feierlich begangen werden.

 

Ø     In den Sommerferien 2015 könnte im Rahmen einer Bildungsfahrt/Gedenk-stättenfahrt der Gedenkstein der Stadt Rheine in Riga in der Gedenkstätte Riega-Biķernieki eingeweiht werden. Mit dieser Einweihung soll der Beitritt im Deutschen Riga-Komitee untermauert werden.

 

 

Zeitplanung

 

1.     Informationen an

        Ø   den Integrationsrat am 25. Februar 2014

        Ø   den Sozialausschuss am 2. April 2014

 

2.     Entwicklung eines Konzeptes bis 31. Oktober 2014

 

3.     Evtl. Beschlussfassung im Rat am 16. Dezember 2014

 

 

Finanzierung

 

Die Projektentwicklung erfordert keine zusätzlichen finanziellen Ressourcen.