Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der Jugendhilfeausschuss
nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.
Begründung:
Die Kindertagespflege ist in
den §§ 22- 24 des SGB VIII – „Grundsätze
der Förderung; Förderung in Kindertagespflege und Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen
und Kindertagespflege“ – gesetzlich
geregelt.
Daraus ergeben sich u. a. für
die Kindertagespflege unterschiedliche Förderungs- und Betreuungsansprüche für
Kinder und deren Eltern je nach Alter des Kindes.
Die Stadt Rheine hat dazu in
der Jugendhilfeausschusssitzung vom 11.04.2013 Richtlinien für die
Kindertagespflege in Rheine mit Wirkung zum 01.08.2013 neu verabschiedet. Mit
den neuen Richtlinien sollte nach einer Abstimmung mit den anderen Jugendämtern
im Kreis Steinfurt der gesetzlichen Veränderung insbesondere des
Rechtsanspruches für Kinder unter 3 Jahren zum 01.08.2013 Rechnung getragen
werden.
Im vergangenen Jahr gab es im
Zuge der Verabschiedung der neuen Richtlinien unterschiedliche Meinungen zur
Praktikabilität der neuen Richtlinien und auch vereinzelt kritische Äußerungen
seitens der Eltern. Es wurde daraufhin die Vereinbarung zur Evaluierung der
Richtlinien getroffen. Da nun die Richtlinien erst seit 7 Monaten in Kraft
sind, erfolgt zum jetzigen Zeitpunkt eine Bestandsaufnahme der Entwicklung in
der Kindertagespflege in Rheine, eine Zusammenstellung bestehender
Diskussionspunkte und ein Ausblick auf die Planungen der notwendigen weiteren
Schritte für eine umfängliche Evaluation.
Entwicklung in der Kindertagespflege
Die Entwicklung in der
Kindertagespflege in Rheine stellt sich zum aktuellen Zeitpunkt wie folgt dar.
Mit Stand 18.02.2014 erhalten
248 Kinder das Angebot der Kindertagespflege. ► 164 Kinder davon sind unter 3 Jahren,
► 20 Kinder zwischen 3 und 4 Jahren,
► 64 Kinder über 4 Jahre alt.
174 Kinder erhalten ausschließlich das
Angebot der Kindertagespflege.
26 Kinder erhalten Tagespflege als
Ergänzungsangebot zur Tageseinrichtung.
Für 48 Kinder stellt die Tagespflege ein
Ergänzungsangebot zur Schule. bzw. Schulbetreuung dar, incl. der 3 Kinder, die eine ergänzende Betreuung in
den Ferienzeiten erhalten haben.
Als struktureller Rahmen
stehen in der Kindertagespflege aktuell insgesamt
319 Tagespflegeplätze zur
Verfügung. Davon werden 252 Plätze für
Kinder unter 3 Jahren und 67 Plätze für Kinder über 3 Jahren angeboten.
Zur Qualifizierung von
Tagespflegepersonen werden bislang jährlich zwei Kurse angeboten, die im
Wechsel von den beiden Bildungsträgern Familienbildungsstätte und dem Jugend-
und Familiendienst angeboten und durchgeführt werden.
Mit der Durchführung der
Fachberatung und weiterer Tätigkeiten in der Kindertagespflege ist der
Caritasverband Rheine als nach den Richtlinien beauftragter Träger betraut.
Diese Aufgaben werden aktuell von 3 pädagogischen Fachkräften wahrgenommen.
Für die Erteilung und
Überprüfung von Pflegeerlaubnissen in der Kindertagespflege hält die Verwaltung
eine pädagogische Fachkraft in Teilzeit vor. Auch die grundsätzlichen Themen,
sowie die verwaltungsrechtlichen Aufgaben werden von Fachkräften des FB 2
wahrgenommen.
Diskussionspunkte in der
Tagespflege
Aus den Erfahrungen der
ersten 7 Monaten in der Anwendung der neuen Richtlinien und aus den ersten
kritischen Äußerungen einzelner Beteiligter sind nun im Folgenden einige
Diskussionspunkte zusammengestellt, die aufgetaucht sind und denen bei einer
Weiterentwicklung der Richtlinien zur Tagespflege in Rheine Beachtung geschenkt
werden sollte.
1.
Regelungen zur
Eingewöhnung
Nach
den alten Richtlinien war für die Eingewöhnungszeit bei einer neuen Tagespflege
ein Zeitkontingent von 10 Stunden zur Verfügung gestellt worden. Dazu hatte es
in der Vergangenheit kritischen Äußerungen gegeben. Mit Einführung der neuen
Richtlinien wurde das Zeitkontingent für die Eingewöhnung auf 20 Stunden
erhöht, was bislang positiv bewertet worden ist.
2.
Bedarf an
Tagespflege für Eltern, die noch die Schule besuchen
Im
Gegensatz zu den alten Richtlinien, die insbesondere die konkreten Anwesenheitszeiten
der Schülerin in der Schule als Bedarf berücksichtigten, wird nach den neuen
Richtlinien ein Schulbesuch auch als Grundlage für einen ganztägigen
Betreuungsbedarf gewertet. Die Rückmeldungen sind positiv, auch wenn die
Möglichkeiten in der Mehrheit der Fälle von den jungen Eltern nicht
ausgeschöpft werden.
3.
Bedarf an
Tagespflege für Eltern, die an einer Schule unterrichten
In
der Vergangenheit waren für die Eltern, die als Lehrkräfte an Schulen
unterrichten, die Regelungen nicht einheitlich und in Einzelfällen aufwendig.
Nach
den neuen Richtlinien orientiert sich der Tagespflegebedarf an dem Prozentsatz
der Unterrichtstätigkeit von Lehrkräften. Wird eine Unterrichtstätigkeit im
Umfang von 100% nachgewiesen, wird von
einem Betreuungsbedarf von 41 Stunden (Beamte), zuzüglich Fahrt- und
Übergabezeiten ausgegangen. Eine Unterrichtstätigkeit im Umfang von 50% führt
zu einem Bedarf von 20,5 Stunden zuzgl. Fahrt- und Übergabezeiten. Diese neue Regelung
wird überwiegend positiv bewertet.
4.
Einschränkung der
freien Wählbarkeit des Betreuungsumfanges der Tagespflege
Mit
der Einführung der neuen Richtlinien war auch eine neue Leistungstabelle für
die Tagespflege entwickelt worden. Diese regelt in Schritten von 5 Stunden die
laufende Geldleistung für die Tagespflegekräfte. Im Vorfeld der Verabschiedung
der neuen Richtlinien hatten einige Eltern erwartet oder gehofft, dass ihnen
nun eine freie „Buchung“ der Betreuungszeiten in 5-Stunden-Schritten möglich
sei, und ein Nachweis der Betreuungsbedarfe entfallen würde. Da weiterhin vom
Jugendamt und von den Fachkräften des beauftragten Trägers Nachweise zur
Ermittlung der Bedarfs an Tagespflege angefordert werden, haben einige Eltern
enttäuscht reagiert und diese Praxis mit Hinweis auf eine andere
Verfahrensweise im Kreisgebiet kritisiert.
5.
Umgang mit
flexiblen Arbeitszeiten der Eltern bei der Bemessung des Betreuungsumfangs
Für
die Bemessung des Bedarfs an Tagespflege werden die Beschäftigungs- oder
Ausbildungszeiten berücksichtigt. In einigen Fällen führen Elternteile an, dass
deren Teilzeitbeschäftigung eine gewisse Flexibilität des Arbeitseinsatzes
erfordere. In der aktuellen Praxis der Anwendung der Richtlinien wird die
durchschnittliche Beschäftigung als Grundlage für den Bedarf errechnet. Einige
Eltern wünschen sich die Möglichkeit einer deutlichen „Überbuchung“ bei der
Betreuung aufgrund der geforderten Flexibilität.
6.
„Grenzproblematik“
bei Bedarf über 20 Betreuungsstunden
Seit
Einführung der neuen Richtlinien besteht für Eltern von Kindern zwischen 1 und
3 Jahren aufgrund des neuen Anspruchs auf frühkindliche Förderung die
Möglichkeit Tagespflege im Umfang von bis zu 20 Stunden auch ohne Nachweis
einer Beschäftigung zu erhalten. Einige teilzeitbeschäftigte Eltern fühlen in
diesem Zusammenhang in zwei Dingen benachteiligt. Erstens müssen diese ihre
Beschäftigung exakt nachweisen und zweitens können sie nicht einen über den
errechneten Bedarf gehenden Betreuungsumfang wählen.
7.
Verständnisproblem
für die Regelung zur Bildungsdokumentation
Zur
Umsetzung der notwendigen Bildungsdokumentation wird in Rheine eine Regelung
praktiziert, die den durchschnittlichen Unterschied zwischen den exakt
errechneten Betreuungsbedarfen und den laufenden Geldleistungen in
5-Stunden-Schritten für die Tagespflegepersonen berücksichtigt. Einige Eltern
kritisieren diese Regelung als zu unkonkret. Einige Tagespflegekräfte
kritisieren diese Regelung, weil ihnen der für sie positive zeitliche Effekt
der 5-Stunden-Schritte bislang nicht eingängig ist.
8.
Regelungen zu den
Ruhebedürfnissen von Kindern tagsüber
In
diesem Punkt, auch als Mittagsschlafregelung bekannt, hatte es bereits zum
Start der Richtlinien einige Diskussionen gegeben. Unter Beteiligung der Verwaltung,
des beauftragten Trägers und einiger Tagespflegekräfte wurde dazu eine
Verfahrensweise entwickelt, die derzeit praktiziert wird. Danach können Eltern
für das Ruhebedürfnis ihrer Kinder tagsüber einen zusätzlichen Bedarf von
täglich einer Stunde in Anspruch nehmen, wenn es ihnen nicht möglich ist das
Kind vor dem Mittag (12:30 Uhr) abzuholen. [Beispiel: Errechneter Bedarf
aufgrund der Beschäftigung ist 13 Uhr. Durch die zusätzliche Stunden und die 30
min Übergabezeit bei unter 3-jährigen endet die Aufenthalt bei der
Tagespflegeperson in diesem Fall um 14:30 Uhr] Obwohl diese Regelung deutlich
über den beschäftigungsbezogenen Bedarf an Tagespflege hinausgeht, haben einige
Eltern und auch Tagespflegepersonen Kritik geübt.
9.
Höchstgrenze der
Betreuung
Nach
den Richtlinien soll zum Wohl des Kindes der Gesamtumfang (auch andere
Angebote) der Betreuung 60 Wochenstunden nicht überschreiten. In Einzelfällen
haben insbesondere alleinerziehende Elternteile mit Beschäftigungsverhältnissen,
die eine hohe Flexibilität erfordern, Probleme mit dieser Regelung.
10.
Betreuungsbedarf
in den Ferienzeiten
Nach den Richtlinien sollen
Eltern in den Ferienzeiten Betreuungsangebote im Rahmen der Offenen/Gebundenen Ganztagsschule, der Kindertageseinrichtungen
oder von anderen freien Trägern (Kinder- und Jugendfreizeiten) vorrangig in
Anspruch zu nehmen. In Einzelfällen gab es Kritik, und einige Eltern führten
an, dass diese sich angebotenen Veranstaltungen im Sommer nicht leisten
könnten.
11.
Umgang mit
ärztlichen Attesten
Nach
den Richtlinien richtet sich die Kindertagespflege vorrangig an Kinder im Alter
von unter drei Jahren. Für ältere Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr
sollen andere institutionelle Betreuungsangebote in Anspruch genommen werden. In wenigen Einzelfällen hatten Eltern ein Attest eines
Kinderarztes vorgelegt, dass eine Notwendigkeit der Betreuung außerhalb der
Offenen Ganztags bescheinigte und sich für eine Betreuung in der Tagespflege
aussprach.
12.
Ergänzende
Betreuungsbedarfe zur Grundschule
Einige
Eltern hatten in dieser Fragestellung Kontakt zum FB 2 oder zu den Fachkräften
des beauftragten Trägers aufgenommen, da sie eine ganztägige Betreuung für ihr
Kind nicht benötigen bzw. wünschen. [Hierzu sollen zunächst die Ergebnisse der
Elternbefragung nach den Betreuungsbedarfen des FB 1 abgewartet werden.]
Grundlagen für eine
umfassende Evaluation
Die in den ersten 7 Monaten
gemachten Erfahrungen stellen keine umfassende Evaluation dar und reichen nach
Einschätzung der Verwaltung nicht aus, die Richtlinien in wesentlichen Punkten
zu modifizieren. Dazu bedarf es mehr Zeit und einer anderen methodischen
Herangehensweise. Im Folgenden wird kurz dargestellt, aus welchen Teilaspekten
sich die weitere Evaluation zusammensetzen soll und welche Protagonisten dabei
beteiligt werden müssen.
● Berücksichtigung aktueller rechtlicher Entwicklungen
● Abstimmungsgespräche mit den anderen Jugendämtern im
Kreis
Steinfurt
● Beteiligung der Tagespflegepersonen
● Beteiligung von Eltern im Bezug von Leistungen der Kindertagespflege
● Vorschlag für die Modifizierung der Richtlinien
Diese Teilschritte einer Evaluation in der Kindertagespflege werden von der Verwaltung in enger Abstimmung mit dem beauftragten Träger weiter konkretisiert und umgesetzt. Im Jugendhilfeausschuss wird dazu unaufgefordert von Seiten der Verwaltung berichtet werden.