Betreff
Evaluation der Richtlinien der Kindertagespflege – Erste Erfahrungen und Ergebnisse, sowie Grundlagen einer umfassenden Evaluation
Vorlage
164/14
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Jugendhilfeausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.

 


Begründung:

 

Die Kindertagespflege ist in den §§ 22- 24 des SGB VIII – „Grundsätze der Förderung; Förderung in Kindertagespflege und Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege“ – gesetzlich geregelt.

 

Daraus ergeben sich u. a. für die Kindertagespflege unterschiedliche Förderungs- und Betreuungsansprüche für Kinder und deren Eltern je nach Alter des Kindes.

 

Die Stadt Rheine hat dazu in der Jugendhilfeausschusssitzung vom 11.04.2013 Richtlinien für die Kindertagespflege in Rheine mit Wirkung zum 01.08.2013 neu verabschiedet. Mit den neuen Richtlinien sollte nach einer Abstimmung mit den anderen Jugendämtern im Kreis Steinfurt der gesetzlichen Veränderung insbesondere des Rechtsanspruches für Kinder unter 3 Jahren zum 01.08.2013 Rechnung getragen werden.

 

Im vergangenen Jahr gab es im Zuge der Verabschiedung der neuen Richtlinien unterschiedliche Meinungen zur Praktikabilität der neuen Richtlinien und auch vereinzelt kritische Äußerungen seitens der Eltern. Es wurde daraufhin die Vereinbarung zur Evaluierung der Richtlinien getroffen. Da nun die Richtlinien erst seit 7 Monaten in Kraft sind, erfolgt zum jetzigen Zeitpunkt eine Bestandsaufnahme der Entwicklung in der Kindertagespflege in Rheine, eine Zusammenstellung bestehender Diskussionspunkte und ein Ausblick auf die Planungen der notwendigen weiteren Schritte für eine umfängliche Evaluation.

 

Entwicklung in der Kindertagespflege

Die Entwicklung in der Kindertagespflege in Rheine stellt sich zum aktuellen Zeitpunkt wie folgt dar.

 

Mit Stand 18.02.2014 erhalten 248 Kinder das Angebot der Kindertagespflege.     164 Kinder davon sind unter 3 Jahren,

           20 Kinder zwischen 3 und 4 Jahren,

           64 Kinder über 4 Jahre alt.

 

174 Kinder erhalten ausschließlich das Angebot der Kindertagespflege.

26 Kinder erhalten Tagespflege als Ergänzungsangebot zur Tageseinrichtung.

Für 48 Kinder stellt die Tagespflege ein Ergänzungsangebot zur Schule. bzw. Schulbetreuung dar, incl. der 3 Kinder, die eine ergänzende Betreuung in den Ferienzeiten erhalten haben.

 

Als struktureller Rahmen stehen in der Kindertagespflege aktuell insgesamt 319 Tagespflegeplätze zur Verfügung. Davon werden 252 Plätze für Kinder unter 3 Jahren und 67 Plätze für Kinder über 3 Jahren angeboten.

 

Zur Qualifizierung von Tagespflegepersonen werden bislang jährlich zwei Kurse angeboten, die im Wechsel von den beiden Bildungsträgern Familienbildungsstätte und dem Jugend- und Familiendienst angeboten und durchgeführt werden.   

 

Mit der Durchführung der Fachberatung und weiterer Tätigkeiten in der Kindertagespflege ist der Caritasverband Rheine als nach den Richtlinien beauftragter Träger betraut. Diese Aufgaben werden aktuell von 3 pädagogischen Fachkräften wahrgenommen.

 

Für die Erteilung und Überprüfung von Pflegeerlaubnissen in der Kindertagespflege hält die Verwaltung eine pädagogische Fachkraft in Teilzeit vor. Auch die grundsätzlichen Themen, sowie die verwaltungsrechtlichen Aufgaben werden von Fachkräften des FB 2 wahrgenommen.

 

Diskussionspunkte in der Tagespflege

Aus den Erfahrungen der ersten 7 Monaten in der Anwendung der neuen Richtlinien und aus den ersten kritischen Äußerungen einzelner Beteiligter sind nun im Folgenden einige Diskussionspunkte zusammengestellt, die aufgetaucht sind und denen bei einer Weiterentwicklung der Richtlinien zur Tagespflege in Rheine Beachtung geschenkt werden sollte.

 

1.        Regelungen zur Eingewöhnung

Nach den alten Richtlinien war für die Eingewöhnungszeit bei einer neuen Tagespflege ein Zeitkontingent von 10 Stunden zur Verfügung gestellt worden. Dazu hatte es in der Vergangenheit kritischen Äußerungen gegeben. Mit Einführung der neuen Richtlinien wurde das Zeitkontingent für die Eingewöhnung auf 20 Stunden erhöht, was bislang positiv bewertet worden ist.

 

2.        Bedarf an Tagespflege für Eltern, die noch die Schule besuchen

Im Gegensatz zu den alten Richtlinien, die insbesondere die konkreten Anwesenheitszeiten der Schülerin in der Schule als Bedarf berücksichtigten, wird nach den neuen Richtlinien ein Schulbesuch auch als Grundlage für einen ganztägigen Betreuungsbedarf gewertet. Die Rückmeldungen sind positiv, auch wenn die Möglichkeiten in der Mehrheit der Fälle von den jungen Eltern nicht ausgeschöpft werden.

 

3.        Bedarf an Tagespflege für Eltern, die an einer Schule unterrichten

In der Vergangenheit waren für die Eltern, die als Lehrkräfte an Schulen unterrichten, die Regelungen nicht einheitlich und in Einzelfällen aufwendig.

Nach den neuen Richtlinien orientiert sich der Tagespflegebedarf an dem Prozentsatz der Unterrichtstätigkeit von Lehrkräften. Wird eine Unterrichtstätigkeit im Umfang von 100%  nachgewiesen, wird von einem Betreuungsbedarf von 41 Stunden (Beamte), zuzüglich Fahrt- und Übergabezeiten ausgegangen. Eine Unterrichtstätigkeit im Umfang von 50% führt zu einem Bedarf von 20,5 Stunden zuzgl. Fahrt- und Übergabezeiten. Diese neue Regelung wird überwiegend positiv bewertet.

 

4.        Einschränkung der freien Wählbarkeit des Betreuungsumfanges der Tagespflege

Mit der Einführung der neuen Richtlinien war auch eine neue Leistungstabelle für die Tagespflege entwickelt worden. Diese regelt in Schritten von 5 Stunden die laufende Geldleistung für die Tagespflegekräfte. Im Vorfeld der Verabschiedung der neuen Richtlinien hatten einige Eltern erwartet oder gehofft, dass ihnen nun eine freie „Buchung“ der Betreuungszeiten in 5-Stunden-Schritten möglich sei, und ein Nachweis der Betreuungsbedarfe entfallen würde. Da weiterhin vom Jugendamt und von den Fachkräften des beauftragten Trägers Nachweise zur Ermittlung der Bedarfs an Tagespflege angefordert werden, haben einige Eltern enttäuscht reagiert und diese Praxis mit Hinweis auf eine andere Verfahrensweise im Kreisgebiet kritisiert.

 

5.        Umgang mit flexiblen Arbeitszeiten der Eltern bei der Bemessung des Betreuungsumfangs

Für die Bemessung des Bedarfs an Tagespflege werden die Beschäftigungs- oder Ausbildungszeiten berücksichtigt. In einigen Fällen führen Elternteile an, dass deren Teilzeitbeschäftigung eine gewisse Flexibilität des Arbeitseinsatzes erfordere. In der aktuellen Praxis der Anwendung der Richtlinien wird die durchschnittliche Beschäftigung als Grundlage für den Bedarf errechnet. Einige Eltern wünschen sich die Möglichkeit einer deutlichen „Überbuchung“ bei der Betreuung aufgrund der geforderten Flexibilität.

 

6.        „Grenzproblematik“ bei Bedarf über 20 Betreuungsstunden

Seit Einführung der neuen Richtlinien besteht für Eltern von Kindern zwischen 1 und 3 Jahren aufgrund des neuen Anspruchs auf frühkindliche Förderung die Möglichkeit Tagespflege im Umfang von bis zu 20 Stunden auch ohne Nachweis einer Beschäftigung zu erhalten. Einige teilzeitbeschäftigte Eltern fühlen in diesem Zusammenhang in zwei Dingen benachteiligt. Erstens müssen diese ihre Beschäftigung exakt nachweisen und zweitens können sie nicht einen über den errechneten Bedarf gehenden Betreuungsumfang wählen.

 

7.        Verständnisproblem für die Regelung zur Bildungsdokumentation

Zur Umsetzung der notwendigen Bildungsdokumentation wird in Rheine eine Regelung praktiziert, die den durchschnittlichen Unterschied zwischen den exakt errechneten Betreuungsbedarfen und den laufenden Geldleistungen in 5-Stunden-Schritten für die Tagespflegepersonen berücksichtigt. Einige Eltern kritisieren diese Regelung als zu unkonkret. Einige Tagespflegekräfte kritisieren diese Regelung, weil ihnen der für sie positive zeitliche Effekt der 5-Stunden-Schritte bislang nicht eingängig ist.

 

8.        Regelungen zu den Ruhebedürfnissen von Kindern tagsüber

In diesem Punkt, auch als Mittagsschlafregelung bekannt, hatte es bereits zum Start der Richtlinien einige Diskussionen gegeben. Unter Beteiligung der Verwaltung, des beauftragten Trägers und einiger Tagespflegekräfte wurde dazu eine Verfahrensweise entwickelt, die derzeit praktiziert wird. Danach können Eltern für das Ruhebedürfnis ihrer Kinder tagsüber einen zusätzlichen Bedarf von täglich einer Stunde in Anspruch nehmen, wenn es ihnen nicht möglich ist das Kind vor dem Mittag (12:30 Uhr) abzuholen. [Beispiel: Errechneter Bedarf aufgrund der Beschäftigung ist 13 Uhr. Durch die zusätzliche Stunden und die 30 min Übergabezeit bei unter 3-jährigen endet die Aufenthalt bei der Tagespflegeperson in diesem Fall um 14:30 Uhr] Obwohl diese Regelung deutlich über den beschäftigungsbezogenen Bedarf an Tagespflege hinausgeht, haben einige Eltern und auch Tagespflegepersonen Kritik geübt.

 

9.        Höchstgrenze der Betreuung

Nach den Richtlinien soll zum Wohl des Kindes der Gesamtumfang (auch andere Angebote) der Betreuung 60 Wochenstunden nicht überschreiten. In Einzelfällen haben insbesondere alleinerziehende Elternteile mit Beschäftigungsverhältnissen, die eine hohe Flexibilität erfordern, Probleme mit dieser Regelung.

 

10.     Betreuungsbedarf in den Ferienzeiten

Nach den Richtlinien sollen Eltern in den Ferienzeiten Betreuungsangebote im Rahmen der Offenen/Gebundenen Ganztagsschule, der Kindertageseinrichtungen oder von anderen freien Trägern (Kinder- und Jugendfreizeiten) vorrangig in Anspruch zu nehmen. In Einzelfällen gab es Kritik, und einige Eltern führten an, dass diese sich angebotenen Veranstaltungen im Sommer nicht leisten könnten.

 

11.     Umgang mit ärztlichen Attesten

Nach den Richtlinien richtet sich die Kindertagespflege vorrangig an Kinder im Alter von unter drei Jahren. Für ältere Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr sollen andere institutionelle Betreuungsangebote in Anspruch genommen werden. In wenigen Einzelfällen hatten Eltern ein Attest eines Kinderarztes vorgelegt, dass eine Notwendigkeit der Betreuung außerhalb der Offenen Ganztags bescheinigte und sich für eine Betreuung in der Tagespflege aussprach. 

 

12.     Ergänzende Betreuungsbedarfe zur Grundschule

Einige Eltern hatten in dieser Fragestellung Kontakt zum FB 2 oder zu den Fachkräften des beauftragten Trägers aufgenommen, da sie eine ganztägige Betreuung für ihr Kind nicht benötigen bzw. wünschen. [Hierzu sollen zunächst die Ergebnisse der Elternbefragung nach den Betreuungsbedarfen des FB 1 abgewartet werden.]

 

Grundlagen für eine umfassende Evaluation

Die in den ersten 7 Monaten gemachten Erfahrungen stellen keine umfassende Evaluation dar und reichen nach Einschätzung der Verwaltung nicht aus, die Richtlinien in wesentlichen Punkten zu modifizieren. Dazu bedarf es mehr Zeit und einer anderen methodischen Herangehensweise. Im Folgenden wird kurz dargestellt, aus welchen Teilaspekten sich die weitere Evaluation zusammensetzen soll und welche Protagonisten dabei beteiligt werden müssen.

 

Berücksichtigung aktueller rechtlicher Entwicklungen

 

Abstimmungsgespräche mit den anderen Jugendämtern im

Kreis Steinfurt

 

Beteiligung der Tagespflegepersonen

 

Beteiligung von Eltern im Bezug von Leistungen der Kindertagespflege

 

Vorschlag für die Modifizierung der Richtlinien

 

 

Diese Teilschritte einer Evaluation in der Kindertagespflege werden von der Verwaltung in enger Abstimmung mit dem beauftragten Träger weiter konkretisiert und umgesetzt. Im Jugendhilfeausschuss wird dazu unaufgefordert von Seiten der Verwaltung berichtet werden.