Betreff
Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in räumlichen und / oder inhaltlichen Schwerpunktbereichen I. Grundsatzbeschluss zur Aufstellung eines strategischen Konzeptes
Vorlage
085/15
Aktenzeichen
PG 5.10 wod
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Stadtentwicklungsausschuss „Planung und Umwelt“ beauftragt die Verwaltung mit der Erstellung eines strategischen Konzeptes als Basis für die Umsetzung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in räumlichen und/oder inhaltlichen Schwerpunktbereichen.

 

Der Entwurf des Konzeptes ist dem Ausschuss zur Beratung vorzulegen.

 


Begründung:

 

Anlass:

Der an das kürzlich erweitete Naturschutzgebiet Waldhügel angrenzende

Bauleitplan „Catenhorner Straße – Ost“ hat zu einer Debatte geführt, in welcher der NABU sowie der Waldhügelverein auf die Bedeutung und den besonderen Wert des Naturschutzgebietes und Naherholungsraumes Waldhügel für die Stadt Rheine hingewiesen haben. Die Fraktionen im Rat der Stadt Rheine Bündnis90/Die Grünen und CDU haben im Rahmen dieser Debatte in der Sitzung des STEWA am 14.01.2015 einen gemeinsamen Antrag zur Überprüfung von zwei potenziellen Maßnahmeflächen im Bereich des Waldhügels zum Zwecke der ökologischen Aufwertung gestellt (s. Anlage). Die beiden Flächen wurden als zusätzliche Ausgleichsflächen für die Bauleitplanung „Catenhorner Straße – Ost“ auch von den oben genannten Vereinen vorgeschlagen. Auf Initiative der Verwaltung wurde in der Sitzung des STEWA am 14.01.2015 vereinbart, mit allen Beteiligten einen „Runden Tisch“ zur Klärung der gesamten Fragestellung einzuberufen. Diese Besprechung („Runder Tisch“) hat am 02.02.2015 mit dem Waldhügelverein, dem NABU, den im Rat vertretenen Fraktionen und der Verwaltung stattgefunden.

 

Aus dieser Besprechung ist festzuhalten, dass die angeregten Aufwertungsmaßnahmen für die beiden vorgeschlagenen Flächen im Bereich Waldhügel aus naturschutzfachlicher Sicht durchaus begrüßt werden. Dennoch können diese Maßnahmen nicht für den ökologischen Ausgleich im Rahmen des Bebauungsplanes „Catenhorner Straße – Ost“ eingesetzt werden, da die für diese Planung erforderliche Kompensation bereits im Rahmen der im Bauleitplanverfahren nachgewiesenen und ortsnah am Waldhügel umgesetzten Maßnahmen in vollem Umfang erfüllt ist. Ein zusätzlicher Ausgleich würde eine rechtlich nicht zu begründende Überkompensation darstellen, welche dem Vorhabenträger zusätzlich aufgebürdet werden würde.

 

Neben wirtschaftlichen Erwägungen sollte eine Überkompensation auch zur Vermeidung von Präzidenzwirkungen keine Anwendung finden.

 

Bei Vorschlägen zu Ausgleichsflächen ist auch immer die eigentumsrechtliche Situatuation von besonderer Bedeutung. Die beiden vorgeschlagenen Flächen im Bereich des Waldhügels werden landwirtschaftlich genutzt und befinden sich nicht im Eigentum der Stadt Rheine. Eine Nutzung zu Ausgleichszwecken setzt immer das Einverständnis des Eigentümers voraus, welches oft nicht oder nur hochpreisig zu erzielen ist.

 

Gleichwohl naturschutzfachlich erwünscht, stellt die Herausnahme von landwirtschaftlichen Nutzflächen aus der Intensivproduktion eine stetig wachsende Hürde dar. Aus den verschiedensten Nutzungsansprüchen (Siedlungsentwicklung, Anbau von Energiepflanzen, Straßenbau, etc.) heraus erwächst ein Zugriff auf landwirtschaftliche Freiflächen mit der Folge expandierender Bodenpreise.

 

Aus diesem „Dilemma“ heraus wurden in der Vergangenheit Ansprüche aus der Landwirtschaft an die Kommunen herangetragen, keine oder möglichst wenig landwirtschaftliche Flächen für Ausgleichszwecke in Anspruch zu nehmen.

 

Ein Ansatz, um diesem Anspruch der Landwirtschaft Rechnung zu tragen ist die sogenannte produktionsintegrierte Kompensation (PIK). PIK-Maßnahmen (z.B. Lerchenfenster, Blühstreifen) können von den Landwirten überwiegend zur Kompensation betriebseigener Eingriffe eingesetzt werden. Eine Schwierigkeit liegt in der dauerhaften Sicherung derartiger Maßnahmen, so dass Seitens der Stadt Rheine für die Kompensation von Eingriffen durch die Bauleitplanung bislang keine KIP-Maßnahmen geplant wurden.

 

Die Umsetzung der Eingriffsregelung wurde in der Vergangenheit durch die Stadt Rheine derart gehandhabt, dass über das ganze Stadtgebiet an geeigneten Standorten Flächen erworben oder vertraglich gesichert und darauf entsprechende Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durchgeführt wurden. Bei den Maßnahmen hat es sich überwiegend um Aufforstungen, teilweise auch um die Extensivierung von Grünland gehandelt. Eine räumliche oder inhaltliche Schwerpunktbildung war bislang nicht gegeben. Flächen wurden dort gesichert, wo dies zu verträglichen Konditionen möglich war und die Flächen für Maßnahmen geeignet waren.

 

2002 wurde das Büro Brandenfels, Münster mit der Erstellung eines Kompensationskonzeptes, auch als Ausgleichsflächenpool bezeichnet, beauftragt. Im Ergebnis wurden vier räumliche Schwerpunktbereiche (Hemelter Bach, Heine, Darbrook Mulde und Wambach-Niederung) identifiziert und parzellengenau Zielbiotope formuliert. Für eine Umsetzung mangelte es allerdings in erster Linie an der Verfügbarkeit der Flächen.

 

Lösungsansatz:

Vor diesem Hintergrund wurde von den Beteiligten in der Besprechung am 02.02.2015 der Lösungsansatz für sinnvoll erachtet, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zukünftig in räumlichen und/oder inhaltlichen Schwerpunktbereichen zu realisieren. Hierdurch könnte den unterschiedlichen Ansprüchen, wie z. B. den Entwicklungszielen der NSG-Waldhügel-Aktiven, der Landwirtschaft oder der knappen Ressource Boden im Allgemeinen, Rechnung getragen werden. Voraussetzung hierfür ist allerdings die Erarbeitung eines entsprechenden strategischen Konzeptes, für das die räumlichen und inhaltlichen Schwerpunktbereiche im Rahmen der gesamtstädtischen Betrachtung herausgearbeitet werden müssen. Neben der naturschutzfachlichen Weiterentwicklung des NGS Waldhügel, inkl. Umfeld könnten weitere räumliche oder inhaltliche Schwerpunktbereiche bzw. Maßnahmenfelder in die Überprüfung einbezogen werden:

 

 

Raumbezogene Schwerpunktbereiche, z. B.:

 

 

¡   Weiterentwicklung des NSG Waldhügel, inkl. Umfeld

 

¡   Weiterentwicklung des FFH-Gebietes/NSG Emsaue

 

 

Themenbezogene Schwerpunktbereiche, z. B.:

 

 

¡   Maßnahmen an Gewässern nach der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)*

 

¡   Entsiegelungsmaßnahmen

 

¡  Anreicherung mit gliedernden und belebenden Elementen/Anpflanzung von Bäumen bzw. Hecken auf Wegeseitenrändern oder ungenutzten Wegen, „100 Bäume für Rodde/Catenhorn“

 

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* Maßnahmen nach der WRRL sind besonders geeignet, im Rahmen der Eingriffsregelung umgesetzt zu werden. Zumindest die prioritär umzusetzenden Gewässermaßnahmen betreffen oftmals den Gewässerlauf selbst und bedürfen oft keiner weiteren Flächenverfügbarkeit. Maßnahmen am Gewässer werden i. d. R. zu 70-80 % mit Landesmitteln gefördert. Eine Anrechnung als Ausgleichsmaß­nahme bzw. Einstellung in das Ökokonto erfolgt entsprechend des städtischen Eigenanteils. Die Anrechnung im Rahmen der Eingriffsregelung ermöglicht somit eine Refinanierung der eingesetzten städtischen Mittel.

 

Fazit:

In einer gesamtstädtischen Betrachtung sollten unter Beteiligung der zuständigen

Fachbehörden, der Biologischen Station und des NABU die zukünftigen

räumlichen und inhaltlichen Schwerpunktbereiche für die Durchführung

von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen identifiziert werden. Das als Ergebnis erstellte strategische Konzept sollte dem Stadtentwicklungsausschuss „Planung und Umwelt“ zur Beratung vorgelegt werden. Im Rahmen der politischen Beratung kann eine Priorisierung unter den räumlichen und/oder inhaltlichen Schwerpunktbereichen vorgenommen werden.

 


Anlagen:

 

Anlage 1: Antrag der Fraktionen Bündnis90/Die Grünen und CDU vom 14.01.2015