Betreff
EFRE-Förderprojekte "Energieautarker Stadtumbau" und "Kompetenzregion Windenergie"
Vorlage
327/15
Aktenzeichen
III-4203-löc
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Rat der Stadt Rheine

 

  1. beauftragt die Entwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft für Rheine mbH (EWG) für das Projekt „Kompetenzregion Windenergie Münsterland“ die Gespräche zur Antragstellung mit dem Fördergeber aufzunehmen.

 

  1. beauftragt die EWG auf Basis dieser Gespräche einen Antrag für das Projekt „Kompetenzregion Windenergie Münsterland“ zu stellen.

 

  1. beschließt, dass der für die Durchführung zu erbringende Eigenanteil der EWG durch die Stadt Rheine während der Projektförderung bereitgestellt werden soll. Eine entsprechende Position ist in den Wirtschaftsplan 2016 und in die mittelfristige Finanzplanung 2017-2019 aufzunehmen.

Begründung:

 

Die EWG wurde per Ratsbeschluss vom 12. März 2013 beauftragt, über den Aufbau eines Regionalmanagements, Projekte im Sinne des IEHK 2025 zu entwickeln und dafür EU-Fördermittel einzuwerben.

 

Zur Umsetzung dieser Aufgabe wurde bei der EWG eine zusätzliche Stelle für Regionalmanagement eingerichtet.

 

Im Rahmen der Teilnahme am EFRE-Aufruf „Regio.NRW“ wurden von der EWG zwei Förderprojekte erarbeitet und in das Auswahlverfahren eingebracht. Nach mehreren Gutachtersitzungen einer unabhängigen Jury zur Bewertung der eingereichten Vorhaben wurden im Münsterland insgesamt fünf Projekte zum Antragsverfahren zugelassen – darunter die beiden Projekte der EWG. Im Antragverfahren werden die von der Jury ausgewählten Projekte formal beantragt sowie die finalen Förderkonditionen (z.B. Förderquote, Förderpauschalen) mit dem Fördermittelgeber abgestimmt.

 

Das erste Förderprojekt, „Kompetenzregion Windenergie Münsterland“, soll aufgrund der inhaltlichen Nähe zu klassischen Wirtschaftsförderungsthemen von der EWG umgesetzt werden. Das Projekt baut auf der von der EWG initiierten Branchen-Netzwerkinitiative WindWest auf und soll diese substanziell weiterentwickeln sowie um neue Aufgabenschwerpunkte ergänzen.

 

Der für die Durchführung zu erbringende Eigenanteil der EWG ist in den Wirtschaftsplan 2016 und in die mittelfristige Finanzplanung 2017-2019 aufzunehmen.

 

Ziel des zweiten Förderprojekts regionales „Kompetenzzentrum für energieautarken Stadtumbau“ ist der Aufbau und Betrieb eines entsprechenden Kompetenzzentrums.

 

Das Kompetenzzentrum hat die Aufgabe vorhandene Informationsdefizite im Münsterland zum Thema energieautarke Erneuerung bestehender Siedlungsstrukturen abzubauen und unterschiedliche Zielgruppen bedarfsgerecht und anbieterunabhängig zu beraten. (siehe Seite 4 der Projektskizze)

 

In diesem Zusammenhang soll das Gelände der ehemaligen General-Wever-Kaserne (GWK) als fiktives Städtebauszenario zur Errichtung von energieautarken Siedlungsstrukturen dienen. Den Mittelpunkt bildet die Fragestellung „Wie kann das Kasernenareal unter Berücksichtigung aktueller Technologien und Verfahren konkret in energieautarke Wohnnutzungsformen umgewandelt werden?“ In die Erarbeitung einer entsprechenden städtebaulichen Fallstudie sollen rund 50 Unternehmen einbezogen werden. (siehe Seite 10 der Projektstudie).

 

Die Förderperiode des Projektes umfasst den Zeitraum 2016-2019. Die Projektkosten von rund 500.000 € setzen sich zu rund 60% aus Personalkosten zzgl. Kosten für Öffentlichkeitsarbeit sowie externer Honorarleistungen zusammen. Kosten für Büro- und Geschäftsausstattung sind in der Kostendarstellung nicht berücksichtigt. Nach Ablauf des Förderzeitraums ist eine Verstetigung des Kompetenzzentrums geplant. (siehe Seite 19 der Projektskizze).

 

Der Aufsichtsrat hat in seiner Sitzung dem Rat folgenden Beschlussvorschlag empfohlen:

 

1.   „Die EWG wird beauftragt, die Gespräche zur Antragstellung mit dem Fördermittelgeber aufzunehmen.

 

2.   Die EWG wird beauftragt, auf Basis dieser Gespräche einen Antrag für das Projekt ‚Kompetenzregion Windenergie Münsterland‘ zu stellen. Ein entsprechender Ansatz für die zu erbringenden (Mindest-)Eigenanteile soll in den EWG-Wirtschaftsplan für 2016 ff. neu aufgenommen werden.

 

3.   Die EWG wird beauftragt, auf Basis der Gespräche mit dem Fördermittelgeber zudem einen Antrag für das Projekt ‚Kompetenzzentrum energieautarker Stadtumbau‘ zu stellen. Ein entsprechender Ansatz für die zu erbringenden (Mindest-)Eigenanteile soll in den EWG-Wirtschaftsplan für 2016 ff. neu aufgenommen werden.

 

Da das Projekt inhaltlich über das Thema der klassischen Wirtschaftsförderung hinausgeht, ist denkbar, dass die Antragstellung alternativ über die Stadtverwaltung oder eine andere stadtnahe Einrichtung erfolgt. Die endgültige Entscheidung, über welche Organisation die Antragstellung erfolgt, obliegt dem neugewählten Bürgermeister. Im Falle, dass nicht die EWG mit der Antragstellung beauftragt wird, sind die zu erbringenden (Mindest-)Eigenanteile nicht über die EWG, sondern über die beauftragte Organisation darzustellen.“

 

Entgegen dem Beschluss des Aufsichtsrates der EWG sollte aus Sicht der Verwaltung das Projekt „Kompetenzzentrum energieautarker Stadtumbau“ nicht weiterverfolgt werden.

 

Hierfür sind insbesondere folgende Gründe zu nennen:

 

·         Das vorgesehene Projektgelände ist aufgrund seiner Struktur und Beschaffenheit für ein solches Projekt als ungeeignet einzustufen.

Die geplante Fallstudie beabsichtigt anhand des Geländes wichtige Fragen und Ansätze zur Errichtung energieautarker Siedlungsstrukturen zu untersuchen und konzeptionell erarbeiten zu lassen, welche in den konkreten Umwandlungsprozess einfließen sollen. Die Projektstudie geht dabei von einem Umwandlungs- und Erneuerungsprozess aus.

Zu beachten ist, dass ein energieautarkes Siedlungsgebiet nur dann vorliegt, wenn innerhalb der Gebietsgrenzen erneuerbare Energieträger genutzt werden und die für die Gebäude benötigte Wärme und der benötigte Strom im Gebiet selbst zu 100 % produziert wird und im Gleichgewicht mit dem Verbrauch steht.

 

Tatsächlich handelt es ich bei dem Konversionsvorhaben jedoch nicht um ein Stadtumbauprojekt (wie dies in der Projektskizze anhand des Projekts KuBAal der Stadt Bocholt beschrieben wird), sondern um eine komplette Neuerstellung, da Ausgangsbasis der Entwicklung des städtebaulichen Konzeptes der komplette Abriss des Bestandes ist.

 

·         Die beabsichtigte Integration des Förderprojekts in den Konversionsprozess der Stadtplanung würde zu erheblichem Zeitverzug bei der Umsetzung führen.

Stand der städtebaulichen Entwicklung der Konversionsfläche der ehemaligen GWK ist die Konkretisierung des städtebaulichen Konzepts als Grundlage für die anschließende Bauleitplanung. Ausgangspunkt hierfür ist die mit der Vorlage 082/15 beschlossene Flächenbilanz, welche Zuordnungen der Flächen für Wohnen, Grünflächen, Verkehrsflächen, Dienstleistungen etc. enthält.

Auf Kosten der BIMA werden derzeit Umweltbericht (Vorentwurf liegt bereits vor) und Artenschutzprüfung (Ergebnisse liegen voraussichtlich im Oktober vor) erstellt. Zur Konkretisierung der vorliegenden Flächenbilanz wird zum Ende des Jahres ein Expertenworkshop durchgeführt. Unter Beteiligung von externen Experten aus den Fachrichtungen Architektur, Stadtplanung, Landschaftsplanung, Umwelt- und Wasseringenieure, Straßenplanung, Entwässerungsplanung sowie Klimaschutz soll nach vorgeschalteter Bürgerbeteiligung die Weiterentwicklung der Flächenbilanz zu einem städtebaulichen Konzept ggf. in Wettbewerbskategorie erfolgen. Diese ist Basis des endgültigen städtebaulichen Konzepts, das im Frühjahr 2016 als Grundlage der daran anschließenden Bauleitplanung durch Stadtentwicklungsausschuss und Rat zu beschließen ist. Daran anschließend würde im Verlauf des Jahres 2016 die Bauleitplanung weitergeführt und voraussichtlich im Verlauf des 1. Halbjahres 2017 abgeschlossen.

 

Dies bedeutet, dass eine Berücksichtigung von Ergebnissen aus der Fallstudie des EFRE-Projektes, welche für 2017 vorgesehen sind, ab Vorliegen des städtebaulichen Konzeptes nicht mehr erfolgen kann, ohne die Bauleitplanung ganz wesentlich zu verzögern. Dies insbesondere, da die Fallstudie von einer völlig anderen Ausgangslage ausgeht (Nichtberücksichtigung der Aufgabe der Gebäudesubstanz, Vorgabe zu erhaltender Grünzüge, Bebauungsdichte, Baumbestand und Erschließung) und infolgedessen zwangsläufig zu Ergebnissen kommt, die bereits heute nicht mehr dem Inhalt der Flächenbilanz entsprechen.

Wollte man die Ergebnisse der Fallstudie in der Bauleitplanung berücksichtigen, müsste die Durchführung des Expertenworkshops und die Entwicklung des städtebaulichen Konzeptes bis zum Vorliegen der Ergebnisse der Fallstudie ausgesetzt werden. Dies würde eine zeitliche Verzögerung der Flächenentwicklung von mindestens 18 Monaten bedeuten.

 

·         Das Vorhaben ist nicht ohne wesentliche zeitliche Verzögerungen in den Wertermittlungsprozess mit der BIMA zu integrieren und widerspricht der mit dieser abgeschlossenen Konversionsvereinbarung.

Inhalt der Konversionsvereinbarung ist die einvernehmliche Vereinbarung von Aufgaben- und Kostenverteilungen, die u.a. die Entwicklung grundsätzlicher Planungsaussagen zu städtebaulichen, freiraumplanerischen und verkehrlichen Zielen betreffen. Alle Inhalte, die in engem Zusammenhang mit der Inwertsetzung der Liegenschaften stehen, sind in zeitlicher Abstimmung zur Konzeptentwicklung abzuschließen.

Derzeit wird im Auftrag der BIMA das Wertermittlungsgutachten auf der Basis der im Januar-Beschluss zur Vorlage 082/15 enthaltenen Flächenbilanz erstellt. Nach Abschluss des Expertenworkshops ist das dann vorliegende städtebauliche Konzept mit der BIMA abzustimmen und in der Wertermittlung zu berücksichtigen. Parallel zur Entwicklung der Bauleitplanung im Jahre 2016 laufen die Ankaufsverhandlungen weiter und sollen mit Vorliegen des Aufstellungsbeschlusses soweit abgeschlossen sein, dass sich ggf. noch im Wege des Bebauungsplanverfahrens ergebende Änderungen im Wege einer Nachbesserungsklausel berücksichtigt werden können.

Dies bedeutet, dass Ergebnisse der Fallstudie die bis dahin erzielten Verhandlungsergebnisse in Frage stellen könnten. Zudem wären diese aufgrund der Konversionsvereinbarung mit der BIMA abzustimmen, was den aktuell laufenden Wertermittlungsprozess konterkariert.

 

 

·         Bei einer Umsetzung des vom Kompetenzzentrum erarbeiteten Konzepts könnten sich für die Vermarktung der Grundstücke Hindernisse ergeben (Vorgaben für die Bauherren hinsichtlich Bauweise)

Auch die Projektskizze zum EFRE-Projekt „energieautarker Stadtumbau“ geht davon aus, dass energieautarker Wohnraum gegenüber klassischem Wohnraum aufgrund des höheren technischen Standards für Mieter und Eigentümer z.T. erheblich teurer ist. (siehe Seite 7 der Projektstudie). In der Projektskizze wird deshalb ein Anreizsystem angedacht, welches jedoch nicht näher beschrieben wird. Insoweit wird hier die Frage nach einer Berücksichtigung bei der Grundstückspreisgestaltung aufgeworfen.

 

Energieeffizienz auf Grundlage der ENEV als auch der Klimaschutzziele der Stadt Rheine werden bereits im Planungsprozess der Stadt Rheine unter Einbeziehung der Klimaschutzbeauftragten berücksichtigt. Prämissen, welche über im Wege der Bauleitplanung vorzugebenden Festsetzungen hinausgehen, müssten im Wege der Grundstückskaufverträge weitergegeben werden. Hierin wird ein Vermarktungshindernis gesehen.

 

Zu berücksichtigen ist ganz wesentlich, dass die Stadt Rheine entsprechend der Fortschreibung des Integrierten Entwicklungs- und Handlungskonzeptes bis 2025 insgesamt 4262 Wohneinheiten bereitstellen muss. In der Wohnbaulandentwicklung ist die Fläche der GWK deshalb ab 2017 berücksichtigt. Als mittelfristig größtes Neubaugebiet ist diese Fläche essentiell für das Wohnbauflächenprogramm der Stadt Rheine, im besonderen Maße aber für den Bereich „rechts der Ems“. Darüber hinaus ist hier auch förderfähiger Geschosswohnungsbau möglich, welcher zur Integration von Flüchtlingen (Neubürgern) dienen und damit den Stadtteil Dorenkamp entlasten kann.

 

·         Sicherung der Anschlussfinanzierung durch private Dritte

Das Kompetenzzentrum soll nach Auslaufen der Förderphase als Einrichtung etabliert bleiben. Die Projektskizze beschreibt (siehe Seite 15 der Projektstudie) hierzu ein Übergang in eine potenzielle PPP-Struktur zur Vermarktung des GWK-Geländes. Aus Sicht der Verwaltung ist eine solche Struktur zur Vermarktung nicht erforderlich, da die Vermarktung genauso gut durch das städtische Grundstücksmanagement erfolgen kann. Insofern stellt sich die Frage nach Verbleib und Finanzierung der 1 ½ Vollzeitstellen inkl. Geschäftsstellenausstattung.

 

·         Keine Übernahme neuer freiwilliger Leistungen aufgrund Haushaltslage

Bei dem Kompetenzzentrum handelt es sich nicht um ein Instrument der Stadtplanung, sondern um einen Zweig der Wirtschaftsförderung, da es sich letztlich um eine Geschäftsstelle zur Fortbildung und Vernetzung von Unternehmen der Region Münsterland handelt. Insbesondere vor dem Hintergrund des strukturellen Defizits der Stadt Rheine, kann es nicht als kommunale Aufgabe gesehen werden, ein regionales Kompetenzzentrum für energieautarken Stadtumbau aufzubauen.


Anlagen:

 

·         Präsentation Beteiligung am Förderaufruf „Regio.NRW“

·         RegioCall-Projektskizze „Regionales Kompetenzzentrum energieautarker Stadtumbau“

·         RegioCall-Projektskizze „Kompetenzregion Windenergie Münsterland“