Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der Jugendhilfeausschuss beschließt,
die als Anlage zur Vorlage beigefügten neuen „Richtlinien des Fachbereiches
Jugend, Familie und Soziales der Stadt Rheine für die Kindertagespflege nach
dem Sozialgesetzbuch VIII“ zum 01.08.2016 in Kraft treten zu lassen.
Begründung:
1) Einführung
1.1) Rückblick auf die bisherigen Beratungen
1.2) Fallzahlen/Statistik/Kosten
1.3) Zur Notwendigkeit, ein ausreichendes Angebot an Betreuungsplätzen in der Kindertagespflege anbieten zu können
2)
Modifizierungsbedarfe
2.1) Klarstellung des Anspruchs in Bezug auf das Recht auf Bildung und Erziehung einerseits und Vereinbarkeit von Familie und Beruf andererseits,
2.2) Flexibilität bei der Buchung der Betreuungsstunden
2.3) Vergleichbarkeit in Bezug auf die Gleichstellung von Kita u. KTP
2.4) Vorrangprinzip in Bezug auf die Wahl zwischen KTP und z. B. OGS oder Kita sowie Ferienangeboten
2.5 ) Wunsch nach Verlängerung der bestehenden Kündigungsfrist
2. 6)
Vertretungsorganisation in Bezug auf Urlaubs- und
Krankheitsvertretungen
2.7) Bessere Vergütung der Randzeitenbetreuung
3) sonstiger
Änderungsbedarf
3.1) Inklusion
3.2) Qualifizierung
3.3) Eventuelle
„außerordentliche“ Anpassung der Kindpauschalen nach dem
KiBiz
4) Finanzierung und
Fazit
Anlage: Synopse
1) Einführung
1.1) Rückblick auf
die bisherigen Beratungen
Mit dem Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung wurden
die Richtlinien für die Kindertagespflege in
Rheine mit Wirkung 01.08.2013 grundlegend geändert. Schon im Zuge der Verabschiedung
dieser Richtlinien gab es unterschiedliche Meinungen zur Praktikabilität der
neuen Richtlinien und auch vereinzelt kritische Äußerungen seitens der Eltern.
Im Rahmen der Evaluation der Richtlinien zur Kindertagespflege waren in der Jugendhilfeausschusssitzung vom 23.04.2015 die Ergebnisse aus einer Befragung der Eltern und der Tagespflegepersonen vorgestellt worden. Aus der Evaluation der Fragebögen und aus der Praxis der Kindertagespflege ergaben sich zu folgenden Punkten Modifizierungsbedarfe der Richtlinien:
- Klarstellung des Anspruchs in Bezug auf das Recht auf Bildung und Erziehung einerseits und Vereinbarkeit von Familie und Beruf andererseits
- Flexibilität bei der Buchung der Betreuungsstunden
- Vergleichbarkeit in Bezug auf die Gleichstellung von Kita u. KTP
- Vorrangprinzip in Bezug auf die Wahl zwischen KTP und z. B. OGS oder Kita sowie Ferienangeboten
- Kündigungsfrist in Bezug auf Wunsch nach Verlängerung der bestehenden Frist
- Vertretungsorganisation in Bezug auf Urlaubs- und Krankheitsvertretungen
- Randzeitenbetreuung vor Kita und Schule bzw. danach am Abend
Im Anschluss an die Vorstellung wurde erörtert, die Thematik weiter aufzuarbeiten. Zum 01.08.2016 sollen die Ergebnisse der Evaluation in die Richtlinien zur Tagespflege einfließen.
1.2) Fallzahlen/Statistik/Kosten
Zu Beginn eines Betreuungsjahres im August haben die Fallzahlen ihren niedrigsten Stand, weil ein Teil der bis dahin betreuten Kinder in die Kindertageseinrichtungen wechseln. Im Laufe des Kindergartenjahres steigen die Fallzahlen durch den hereinwachsenden Jahrgang dann wieder an.
Von Jahr zu Jahr bewegen sich Fallzahlen auf einem immer höheren Niveau.
|
Fallzahl am
Monatsanfang |
||||
Kindergartenjahr |
Aug. |
Okt. |
Jan. |
April |
Juli |
2012/13 |
156 |
179 |
192 |
217 |
232 |
2013/14 |
179 |
216 |
237 |
277 |
294 |
2014/15 |
175 |
223 |
244 |
279 |
288 |
2015/16 |
194 |
245 |
|
|
|
Bei einer Untersuchung der Verteilung der Fallzahlen auf die einzelnen Altersklassen fallen zwei Punkte auf: Die Betreuung der U3 Kinder macht den Großteil der Fallzahlen aus und die Steigerung bei der Gesamtfallzahl ist alleine auf die U3-Kinder zurückzuführen.
|
Anzahl der Tagespflegen
im |
|
Alter |
Juli 2013 |
Juli 2015 |
0 |
7 |
2 |
1 |
64 |
92 |
2 |
67 |
104 |
3 |
32 |
26 |
4 |
9 |
5 |
5 |
6 |
8 |
6 |
10 |
9 |
7 |
3 |
7 |
8 |
10 |
8 |
9 |
6 |
6 |
10 |
3 |
6 |
11 |
8 |
5 |
12 |
3 |
3 |
13 |
4 |
7 |
Summe |
232 |
288 |
In den Altersklassen ab 4 Jahren wird im Regelfall die Kindertagespflege in Ergänzung der Betreuung durch die Kita oder die OGS gewährt. Eine gesonderte Auswertung kommt zu dem Ergebnis, dass im Juli 2015 24 Kinder die sogenannte Randzeitenbetreuung (vor 7:30 Uhr und nach 16:30 Uhr) in Anspruch genommen haben.
Diese Nachfrage in der Kindertagespflege konnte nur befriedigt werden, da bislang eine ausreichende Zahl von Tagespflegepersonen zur Verfügung stand. Neben einem Stamm von Tagespflegepersonen, die zum Großteil seit Jahren tätig sind, gibt es aber auch Fluktuation.
Bei den Anfang Oktober 2015 aktiv tätigen Tagespflegepersonen ergab sich folgende Verteilung:
Seit 2012 oder länger
tätig |
64 |
Seit 2013 tätig |
16 |
Seit 2014 tätig |
14 |
Seit 2015 tätig |
5 |
Summe Stand Okt. 2015 |
99 |
Den 19 Tagespflegepersonen, die seit 2014 neu tätig sind, stehen 28 Tagespflegepersonen gegenüber, die seither für neue Vermittlungen nicht mehr zur Verfügung stehen. Die folgende Statistik vermittelt auch einen Einblick, warum die Tagespflegepersonen ihre Tätigkeit niedergelegt haben.
Nur die Betreuung im engeren
Familienkreis sichergestellt, kein Wunsch weitere Kinder zu betreuen |
Rückkehr in den alten Beruf,
zum Teil auch als Erzieherin in die Kita |
Sonstige Gründe (z. B. Altersgrenze,
Wegzug, Erkrankung, Überforderung) |
5
x |
12
x |
11
x |
Die Versorgung der stark gestiegenen Fallzahlen in der Kindertagespflege wurde daher nicht durch eine höhere Anzahl von Tagespflegepersonen gewährleistet, sondern durch eine höhere Auslastung der einzelnen Tagespflegepersonen. Dieser Auslastungsgrad lässt sich jedoch nicht ohne weiteres steigern.
Parallel zu den steigenden Fallzahlen muss die Stadt Rheine immer höhere Haushaltsmittel aufwenden, um den Rechtsanspruch auf frühkindliche Betreuung sicherstellen zu können.
Haushalts-jahr |
Ausgaben |
Eltern-beiträge |
Landes-zuschuss |
Eigenanteil |
2013 |
1.494.585,58 € |
129.379,65 € |
84.348,75 € |
1.280.857,18 € |
2014 |
1.707.550,44 € |
178.094,86 € |
115.296,25 € |
1.414.159,33 € |
2015* |
1.980.000,00 € |
220.000,00 € |
148.000,00 € |
1.612.000,00 € |
* Hochrechnung
Die Kosten für die Stadt Rheine in der Kindertagespflege werden bei weiter steigenden Fallzahlen auch weiter ansteigen.
1.3) Zur
Notwendigkeit, ein ausreichendes Angebot an Betreuungsplätzen in der Kindertagespflege
anbieten zu können
§ 24 Abs. II SGB VIII sichert den Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung:
„Ein Kind, das das
erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres
Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in
Kindertagespflege.“
Unstrittig ist zwischenzeitlich, dass Eltern kein persönliches Wahlrecht zwischen den Alternativen haben. Sollte eine Angebotsform erschöpft sein, kann das zuständige Jugendamt die alternative Betreuungsform anbieten. Gerade für die einjährigen Kinder übersteigt die Nachfrage nach Kita-Plätzen das Angebot, so dass diese Eltern zwingend auf ein ausreichendes Angebot an Betreuungsplätzen in der Kindertagespflege angewiesen sind.
Daneben gibt es aber auch viele Eltern, die sich bewusst für die Kindertagespflege entscheiden, weil sie diese Betreuungsform für ihre Kinder als die bessere erachten. Auch die Wissenschaft unterstützt die Entscheidung zu Gunsten der Kindertagespflege, denn ein wesentlicher Unterschied zu den Kindertageseinrichtungen ist die familienähnliche Betreuung in der Kindertagespflege. Die Kinder werden im Haushalt der Tagespflegeperson betreut und erleben und gestalten diesen mit. Die Gruppengröße ist mit max. 5 Kindern, die gleichzeitig betreut werden, deutlich geringer als in der Kita. Wobei zu betonen ist, dass in Rheine im Durchschnitt pro Tagespflegeperson 2 oder 3 Kinder betreut werden.
Die Kinder profitieren in der familienähnlichen Kleingruppe von der konstanten Bindung zur Bezugsperson. In dem oft sehr dynamischen Kindergartenalltag kann die „Bezugserzieherin“, aufgrund von Urlaub, Krankheitsvertretung, Gesprächen und „Schreibzeiten“ nicht immer zur Verfügung stehen. Zudem kann die Gruppengröße von 20 Kindern für zweijährige Kinder eine große Herausforderung sein. In diesem Fall kann die Tagespflegeperson die kindliche Entwicklung durch den höheren Betreuungsschlüssel besser begleiten und unterstützen.
Die Entscheidung vieler Eltern zu Gunsten der Kindertagespflege wird daher vom Jugendamt fachlich unterstützt und dass auch, obwohl in Einzelfällen die Kindertagespflege deutlich höhere laufende Kosten verursacht:
Der Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung in der Kindertagespflege wurde auf mindestens 20 Wochenstunden festgelegt. Diese Betreuung kostet den städtischen Haushalt im Monat durchschnittlich 408 €.
In der Kindertageseinrichtung liegen die durchschnittlichen monatlichen Kosten beim kleinsten Betreuungsumfang (25 W.-Std.) bei 390 €, wenn das Kind in der Gruppenform II (10 Kinder im Alter < 3 J.) betreut wird. In der Gruppenform I lägen die durchschnittlichen monatlichen Kosten nur bei 165 €. Die Gruppenform I ist für 4 bis 6 zweijährige Kinder in der Gruppe von insgesamt 20 Kindern im Alter bis zur Einschulung. Für viele zweijährige Kinder ist die Kindertagespflege die adäquatere Betreuungsform.
Angesichts des im Kapitel 1.2) Fallzahlen/Statistik/Kosten geschilderten Trends, dass bei einer leicht rückläufigen Zahl von Tagespflegepersonen immer mehr Kinder betreut werden müssen und aus den oben genannten Gründen auch betreut werden sollen, gilt es, den Beruf der Tagespflegeperson attraktiv zu halten.
Die eingangs genannten Modifizierungsbedarfe sind hier mögliche Stellschrauben, um die Attraktivität zu erhöhen.
2)
Modifizierungsbedarfe
2.1) Klarstellung des Anspruchs in Bezug auf das Recht auf
Bildung und Erziehung einerseits und Vereinbarkeit von Familie und Beruf andererseits
In Ziffer 4 der Richtlinien steht, dass „der Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung außerhalb des Tatbestandes von Vereinbarkeit von Familie und Beruf (z. B. Schule/Ausbildung/Erwerbstätigkeit wird erfüllt, wenn ein Angebot von 20 Stunden pro Woche gemacht wird.“ Wenn Eltern wegen einer Teilzeittätigkeit unter 20 Std. auch nur ein Angebot von 20 Std. Kindertagespflege erhalten, fühlen sie sich teilweise im Vergleich zu den nichterwerbstätigen Eltern ungerecht behandelt. Sie verkennen dabei, dass die Ansprüche auf Betreuung wegen Vereinbarkeit von Familie und Beruf und dem Bildungs- und Erziehungsauftrag nicht kumuliert werden.
2.2) Flexibilität bei der Buchung der Betreuungsstunden
Die Regelung zum Mittagsschlaf wird immer noch von einigen Eltern und vielen Tagespflegepersonen als unbefriedigend angesehen. Gerade die mögliche Flexibilisierung des Mittagsschlafes wäre ein wichtiger Baustein für die Zufriedenheit der Tagespflegepersonen.
Unabhängig vom Mittagsschlaf erleben gerade die berufstätigen Eltern immer wieder die Situation, dass es wegen äußerer Umstände zu stressigen Übergabesituationen kommt. Das Ziel muss sein, eine kindgerechte Übergabesituation zu ermöglichen.
2.3) Vergleichbarkeit in Bezug auf die Gleichstellung von Kita u. KTP
Bei der Wahl der Betreuungsstunden in der Kita (25, 35 oder 45 Stunden) wird dort der notwendige Betreuungsumfang nicht so dezidiert geprüft, wie in der Kindertagespflege. In der Kindertagespflege ist die Vorlage von Arbeitsverträgen bzw. Bescheinigungen des Arbeitsgebers zur Arbeitszeit notwendig, um mehr als 20 Std. Betreuungszeit zuerkannt zu bekommen.
2.4) Vorrangprinzip in Bezug auf die Wahl zwischen KTP und z. B. OGS
oder Kita sowie Ferienangeboten
Bei älteren Kindern sollen vor der Kindertagspflege andere institutionelle Betreuungsangebote (z.B. OGS) in Anspruch genommen werden. Auch wenn nur die Betreuung für einen Nachmittag benötigt wird, ist der gesamte Umfang des OGS in Anspruch zu nehmen. Mit einer geringen Aufweichung des Vorrangprinzips könnten Familien das für sie bessere Modell (1 Tag Kindertagespflege oder 5 Tage OGS) wählen.
Ein praktikable Lösung, um den Modifizierungsbedarfen 2.1 bis 2.4 abzuhelfen, wäre, den Eltern,
die ihren Betreuungsbedarf in vollem
Umfang durch entsprechende Erwerbstätigkeit oder Schul- bzw. Berufsausbildung
nachgewiesen haben, die Möglichkeit einzuräumen, zu dem ermittelten
Betreuungsbedarf einen Block von 5 weiteren Betreuungsstunden in Anspruch zu
nehmen.
Beispiel: Der Betreuungsbedarf wird wegen
Teilzeiterwerbstätigkeit auf 20 Std. festgelegt. Hier bestünde die Möglichkeit,
dann 25 Std. in Anspruch zu nehmen. Selbstverständlich ist dann auch der
Elternbeitrag für 25 Std. zu leisten.
Zur Zufriedenheit der Tagespflegepersonen würde diese Regelung auch beitragen, dass es dann möglich wird, mit den bekannten Eltern und Kindern ein größeres Betreuungskontingent zu vereinbaren. Für die Attraktivität des Berufes Kindertagespflegeperson ist dieses nur förderlich.
Finanzielle Auswirkungen:
Die Möglichkeit für berufstätige Eltern, 5 zusätzliche
Betreuungsstunden buchen zu können, erfordert zusätzliche Mittel von
voraussichtlich ca. 60.000 Euro. Angesichts dieser finanziellen Auswirkungen
wird diese Lösung zunächst zurückgestellt (vgl. Abschnitt 4-Finanzierung und
Fazit)
2.5 ) Wunsch nach
Verlängerung der bestehenden Kündigungsfrist
Bereits mit der Anpassung der Richtlinien zum 01.08.2015 wurde die Kündigungsfrist von zwei Wochen zum Monatsende auf 4 Wochen zum Monatsende heraufgesetzt.
Aber auch damit ist dem Wunsch der Tagespflegepersonen nach Verlängerung der bestehenden Kündigungsfrist noch längst nicht erfüllt. Durch die vorzeitigen Kündigungen der Betreuungsverträge für die Kinder, die dann im Sommer die Kita besuchen werden, sparen sich einige Eltern die Beiträge für die Monate Juni und Juli. Damit fehlt den Tagespflegepersonen in diesen Monaten die Einnahme. Die Kindertageseinrichtungen sind vor einer solchen Kündigung zur „Unzeit“ geschützt. Hier hat es ein entsprechendes Urteil des OVG Münster gegeben.
Zur Übertragbarkeit dieses Urteils wurde der Justiziar des Landesjugendamtes um eine rechtliche Einschätzung gebeten.
Demnach besteht im Rahmen der Vertragsfreiheit die Möglichkeit, längere Kündigungsfristen zu vereinbaren, wenn Sonderkündigungsrechte zur ggf. fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund (z.B. Umzug) gegeben sind. Ohne vertragliche Regelung würde § 621 BGB greifen, wonach spätestens am 15. eines Monats für den Schluss des Kalendermonats gekündigt werden kann.
Eine Änderung der Rahmenleitlinie, wie sie in Ziffer 7.3 vorgeschlagen wird, ist in der Praxis umsetzbar, wenn die Muster-Betreuungsverträge zwischen Eltern und Tagespflegepersonen entsprechenden angepasst werden.
Finanzielle Auswirkungen:
Finanziellen Auswirkungen wird es sicherlich geben, da die ansonsten vorzeitig beendeten Tagespflegeverhältnisse dann 1 bis 2 Monate länger laufen. Es den Erfahrungen aus dem Sommer 2015 kann mit Kosten in Höhe von 6.500 € gerechnet werden.
2. 6) Vertretungsorganisation in Bezug auf Urlaubs- und
Krankheitsvertretungen
Die Vertretung der Tagespflegepersonen im Urlaubs- und Krankheitsfall ist wichtiges Thema, da es erstes eine gesetzliche Pflicht des Jugendamtes ist, die Vertretung zu garantieren, und zweitens die Kindeswohlinteressen im Vertretungsfall gewahrt bleiben müssen. Der Vertretungsfall ist planmäßig vorzubereiten und die Kinder müssen mit der Vertretungsperson vertraut sein.
Die bisherigen Rahmenleitlinien gaben vor, dass für Zeiten, in denen die Tagespflegeperson
die vertraglich vereinbarte Betreuungszeit nicht gewährleisten kann, sie die
entsprechende Vertretung zu organisieren und zu finanzieren hat. Auch wenn
dieser Fall in der Praxis relativ wenig vorkommt, kann dieses finanzielle
Risiko mitentscheidend sein, ob man sich für den Beruf der Tagespflegeperson
entscheidet.
Die Tagespflegepersonen verweisen diesbezüglich auf die Rahmenleitlinien des Kreises Steinfurt, der im notwendigen Vertretungsfall zeitlich befristet die Kosten der Vertretungskraft zusätzlich übernimmt. Bei längerer Erkrankung (über 6 Wochen hinaus) wird empfohlen eine Krankentagegeldversicherung abzuschließen.
Angesichts der zu erwartenden geringen Ausgabesteigerungen bei gleichzeitig umfänglicher Absicherung der Tagespflegepersonen sollten die Rahmenleitlinien vom Kreis Steinfurt in diesem Punkt übernommen werden. Dazu werden die Ziffern 7.5 und 7.6.3 der Richtlinien neu gefasst.
Finanzielle Auswirkungen:
Die
finanziellen Auswirkungen können nur geschätzt werden. Kalkuliert wird mit
10.000 € Mehraufwand.
2.7) Bessere
Vergütung der Randzeitenbetreuung
Die Nachfrage nach Randzeitenbetreuung übersteigt das Angebot durch die Tagespflegepersonen. Für die Tagespflegeperson ist die Randzeitenbetreuung unattraktiv, da zu ungünstigen Zeiten nur kleine Betreuungsumfänge abgedeckt werden müssen. Teilweise sind Hol- und Bringedienste erforderlich, zusätzliche Fahrtkosten werden jedoch nicht erstattet. Um mehr Tagespflegepersonen für diese Form der Betreuung gewinnen zu können, muss die Vergütung verbessert werden. Der Kreis Steinfurt gewährt mit seinen Richtlinien ebenfalls einen 25 %tigen Aufschlag.
Eine Definition der Randzeiten, die mit einem entsprechenden Aufschlag vergütet werden, wird für die Ziffer 7.2 der Richtlinien vorgeschlagen.
Finanzielle Auswirkungen:
Die Mehraufwendungen für den 25 %tigen Aufschlag bei der Randzeitenbetreuung werden mit 3.500 Euro kalkuliert.
3) sonstiger
Änderungsbedarf
3.1) Inklusion
Der Landesjugendhilfeausschuss hat in der Sitzung vom 15.12.2014 beschlossen, dass der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) ab dem 01.08.2015 eine LWL-Pauschale in Höhe von 5.000,- Euro jährlich für jedes anerkannte Kind mit Behinderung in der Kindertagespflege bereitstellt. Gleichzeitig hat er auch Fördervoraussetzungen festgelegt:
- Das Kind muss im Sinne von § 53 SGB XII wesentlich behindert oder von einer wesentlichen Behinderung bedroht sein.
- besondere Qualifizierung der Tagespflegeperson
- ggf. behinderungsgerechte Ausstattungsgegenstände
- Absenkung der Obergrenze von betreuten Kindern um jeweils einen Platz pro anerkanntem Kind mit Behinderung
- Mindestens 80% der Mittel sind für direkte Finanzierung und Unterstützung der Tagespflegeperson zu verwenden. Weitere Mittel können z.B. für die Fortbildung der Tagespflegeperson, Mehraufwand in Form von behinderungsgerechtem Material, Büchern, etc. genutzt werden.
- Der wöchentliche Betreuungsumfang erreicht 15 Stunden.
Diese Förderung hat der LWL zunächst für 3 Jahre vorgesehen, um dann nach einer Evaluation endgültige Förderrichtlinien zu beschließen.
Neben dieser Förderung durch den LWL, würde die Stadt Rheine einen 3,5-fachen Landeszuschuss nach dem KiBiz erhalten. Statt 758 € pro Jahr werden dann für ein Kind, dass die Voraussetzungen erfüllt, 2.653 € gezahlt.
Ziel des Jugendamtes ist es, mindestens die Drittmittel an die Kindertagespflegepersonen weiterzuleiten.
Von einem festen Fördersatz sollte derzeit abgesehen werden, denn in jedem Einzelfall stellen sich der zeitliche und finanzielle Mehraufwand anders dar.
Zwar gibt es Erwartungen von Kindertagespflegepersonen, die von einem 3,5 fachen Stundensatz für Kinder mit Behinderungen ausgehen, dennoch möchte das Jugendamt zunächst über eine Einzelfallprüfung den zeitlichen und finanziellen Mehraufwand feststellen. Erst wenn es genügend Erfahrungswerte gibt, kann man evt. eine Pauschalierung mit einem Faktor auf den Stundensatz beschließen.
Die bestehenden Richtlinien sollen um
die Ziffer 7.2.1 erweitert werden, wonach die monatliche Pauschale für die
Betreuung eines Kindes mit Behinderung nach einer Einzelfallprüfung individuell
festgelegt wird. Auch für die Erstausstattung kann dann gemäß
Ziffer 7.7 nach Einzelfallprüfung ein Zuschuss gewährt werden.
Finanzielle Auswirkungen:
Der Mehraufwand lässt sich nicht prognostizieren, da weder Fallzahlen, noch Leistungsumfänge, noch Mehreinnahmen quantifizierbar sind. Dazu kommt, dass auch heute schon vereinzelt Kinder mit Behinderungen in der Kindertagespflege betreut werden, wo auch schon erhöhte Pauschalen gezahlt werden.
3.2) Qualifizierung
Die Tagespflegepersonen
werden qualifiziert unter Berücksichtigung des DJI-Curriculums. Bislang betrug
der Mindeststandard für diese Qualifizierung 160 Stunden. Im Auftrag des
Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat das Deutsche
Jugendinstitut (DJI) die Qualifizierung überarbeitet. Um die zukünftigen
Kindertagespflegepersonen besser vorbereiten zu können, umfasst die
Qualifizierung jetzt 300 Stunden.
Fachlich
wird diese Überarbeitung begrüßt, allerdings stellt der gestiegene Umfang
gleichzeitig eine Hürde bei der Gewinnung neuer Kindertagespflegepersonen dar.
Bislang
werden die Kosten der Qualifizierung von der Stadt Rheine mit einem Anteil von
50 % übernommen, sobald das erste Kind vermittelt wurde. Bei steigendem
Qualifizierungsumfang steigen parallel die Kosten der Qualifizierung. Um
interessierten Kindertagespflegepersonen die Teilnahme zu ermöglichen, sollten zukünftig
75 % der Lehrgangskosten übernommen werden, um den zu zahlenden Betrag für die
Tagespflegepersonen nicht ansteigen zu lassen (vgl. 5.4 der neuen Richtlinien).
Finanzielle Auswirkungen:
Der finanzielle Mehraufwand wird bei 15 TeilnehmernInnen und Kosten iHv. von ca. 1.000 Euro je TeilnehmerIn auf 7.500 Euro geschätzt. Da die neuen Fortbildungsangebote erst noch installiert werden müssen, werden die zusätzlichen Aufwendungen erst ab 2017 erwartet.
3.3) Eventuelle „außerordentliche“ Anpassung der Kindpauschalen nach
dem KiBiz
Nach
Ziffer 7.2 der Richtlinien erhöht sich in Anlehnung an die Regelung des § 19
Abs. 2 KiBiz die Vergütung jährlich um 1,5%.
Die
Forderungen der Kita-Träger, die Kindpauschalen nach dem KiBiz stärker als
1,5
% steigen zu lassen, werden immer größer. Von einem stärkeren Anstieg kann fast
ausgegangen werden. Im Wege der Gleichbehandlung sollte die Rahmenleitlinie in
Ziffer 7.2 dahingehend angepasst werden, dass die Vergütung jährlich um den
gleichen Prozentsatz steigt, um den sich nach § 19 KiBiz die Kindpauschalen in
den Kindertageseinrichtungen erhöhen.
Finanzielle Auswirkungen:
Der finanzielle Mehraufwand kann noch nicht beziffert werden, da die mögliche Erhöhung von Landesgesetzgeber auch nicht bekannt ist. Eine deutliche Erhöhung der Kindpauschalen über die jährliche Steigerungsrate von 1,5 % hinaus, wird zu gegebener Zeit zu überplanmäßigen Mitteln führen müssen, da die Auswirkungen auf den Teilbereich der Kindertageseinrichtungen sehr groß sind. Jeder Prozentpunkt zusätzliche Steigerungsrate kostet im Kitabereich ca. 100 T€ und in der Kindertagespflege ca. 17 T€.
4) Finanzierung und
Fazit
Das Angebot von „5 zusätzlichen Betreuungsstunden pro Woche“ mit geschätzten Kosten von ca. 60 T€ ist derzeit im Haushaltsplan nicht darstellbar und sollte bis zum August 2017 zurückgestellt werden. Wenn zukünftig im Rahmen einer Überarbeitung der Elternbeitragssatzung entsprechende Mehreinnahmen generiert werden können, sollte das Angebot von 5 zusätzlichen Betreuungsstunden pro Woche installiert werden.
Die übrigen absehbaren finanziellen Mehraufwendungen zur Kündigungsfrist, bei der Vertretungsregelung und bei der Randzeitenbetreuung sind im Haushaltsplanentwurf enthalten. Bei der Aufstellung des Haushaltsplanentwurfes wurde die Evaluation der Kindertagespflege entsprechend vorsorglich berücksichtigt.
Die Sicherstellung des Rechtsanspruches auf frühkindliche Förderung ist eine Pflichtleistung der Stadt Rheine. Ohne eine gut aufgestellte Kindertagespflege müsste der Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung zunehmend in den Kindertageseinrichtungen sichergestellt werden. Dieses wird aus Kapazitätsgründen in naher und mittlerer Zukunft nicht möglich sein.
Mit der Anpassung der Richtlinien bleibt der Beruf der Kindertagespflegeperson attraktiv.
Anlage: Synopse