Betreff
Bebauungsplan Nr. 88, Kennwort: "GI Holsterfeld Ost - Teil Nord" der Stadt Rheine I. Aufstellungsbeschluss II. Beschluss zur Beteiligung der Öffentlichkeit
Vorlage
426/15
Aktenzeichen
PG 5.1 - hs
Art
Beschlussvorlage

VORBEMERKUNG / KURZERLÄUTERUNG:

 

Der Prozess zur Entwicklung des Interkommunalen Industriegebietes „Holsterfeld-Ost“ der Stadt Rheine (NRW) und der Gemeinde Salzbergen (Niedersachsen) hat eine lange Vorgeschichte.

 

Bereits im Jahr 2000 wurde eine Entwicklungsstudie als Beitrag zum NETA-Projekt („North European Trade Axis“) erarbeitet. Die EU-geförderte Studie (Förderprogramm: INTERREG II/III) befasste sich mit der „Situation und Entwicklungsmöglichkeiten des Gewerbe- und Industriegebietes Rheine-Nord“ (siehe Abbildung 1).

 

Angebunden an die bestehenden Gewerbegebiete der Stadt Rheine und der Gemeinde Salzbergen sollten - entlang der kommunalen und Bundesländergrenzen - weitere gewerbliche Bauflächen aktiviert werden. Die verkehrsgünstige Lage an der A 30 und der B 70 forcierten diese langfristigen Überlegungen, wobei das Areal der Stadt Rheine ursprünglich als „GVZ-Ergänzungsbereich“ angedacht war.

 

Die Anbindung an das regionale und großräumige Verkehrsnetz kann nur über die B 70 bewerkstelligt werden, insofern bedürfen insbesondere die Verknüpfungs- bzw. Knotenpunkte einer interkommunalen Abstimmung mit der Gemeinde Salzbergen.

 

 

Abb. 1:  Entwicklungskonzept „Rheine-Nord“ der GfL GmbH, Bremen vom 29.09.2000

 

An das Entwicklungskonzept schloss sich eine Machbarkeitsstudie und ein städtebauliches Strukturkonzept an, das 2004 bzw. 2006 fertiggestellt wurde. Nach Begutachtung städtebaulicher, verkehrlicher, landschaftsökologischer und wasserwirtschaftlicher Aspekte wurde im Ergebnis die Standorteignung als Gewerbe- und Industrieareal festgestellt (siehe Abbildung 2).

 

 

Abb. 2:  Machbarkeitsstudie der IPW GmbH, Wallenhorst vom 24.06.2004 / 15.05.2006

 

Für eine ordnungsgemäße Erschließung wird es erforderlich sein, bauliche Maßnahmen an der B 70 durchzuführen. Hierzu muss der bereits vorhandene Knotenpunkt B 70/Holsterfeld ausgebaut und ein weiterer Kreuzungspunkt weiter nördlich im Bereich B 70/Feldstraße hergestellt werden. Die Entwässerung wurde aufgrund der Topografie damals so vorgesehen, dass das Oberflächenwasser des gesamten Gebietes, also auch das von den Flächen der Stadt Rheine, in das Abwassernetz der Gemeinde Salzbergen geleitet werden sollte. Das anfallende Schmutzwasser sollte in das Abwassersystem der jeweiligen Kommune eingeleitet werden.

 

Zwischenzeitlich haben einige Arbeitsgespräche mit der Gemeinde Salzbergen stattgefunden, die insbesondere der Formulierung einer „Zweckvereinbarung“ zur Entwicklung des „gemeinsamen Gewerbeparks“ nördlich der A 30 dienten. Diese Vereinbarung soll vor allem den Kostenverteilungsschlüssel – auf Grundlage der Flächenanteile und den Kostenschätzungen für die technische Infrastruktur – festlegen. Dazu gab es ab März 2006 mehrere Entwürfe, die am 21.04.2009 in einem Beschluss des Haupt- und Finanzausschusses mündeten. Die beschlossene, allerdings noch nicht beiderseitig unterzeichnete Zweckvereinbarung sieht Folgendes vor:

 

Gesamtfläche 61,4 ha; davon Rheine 36,2 ha (59 %) und Salzbergen 25,2 ha (41 %). D.h. die Stadt Rheine beteiligt sich zu 59 % am Ausbau des südlichen Knotens (Holsterfeld) und zu 20 % an den Herstellungskosten des nördlichen Knotens (Feldstraße). Die Stadt Rheine bzw. die TBR trägt 59 % der Kosten für die Herstellung der Regenwasserkanalisation auf dem Gebiet der Gemeinde Salzbergen, die auch der Aufnahme und Weiterleitung des Niederschlagswassers von den Flächen der Stadt Rheine dienen. Die Schmutzwasserableitung/-kosten regeln/tragen die Kommunen/TBR selbst bzw. jeweils zu 100 %.

 

Im Rahmen der Neuaufstellung des Flächennutzungplanes der Stadt Rheine im Jahr 2004 wurde versucht, das damals noch als „GVZ-Ergänzungsgebiet“ deklarierte und damit zweckgebundene Gebiet planungsrechtlich zu sichern. Aufgrund des - von der Bezirksregierung Münster unterstellten - „fehlenden Bedarfs“ wurde das Areal von der Genehmigung des Flächennutzungsplanes ausgenommen (siehe Abbildung 3). Insofern stellt der vorbereitende Bauleitplan immer noch „Fläche für die Landwirtschaft“ dar.

 

 

Abb. 3:   Neuaufstellung des Flächennutzungsplans der Stadt Rheine vom 29.07.2004;

    Genehmigung unter Auflage, dass „Holsterfeld Ost“ ausgenommen wird

 

Seit mindestens 2008 macht die Stadt Rheine gegenüber der Bezirksregierung Münster dringenden Handlungsbedarf geltend, da angemessene und nutzungs-adäquate Gewerbegrundstücke fehlen und ansiedlungswillige Betriebe nicht bedarfsgerecht bedient werden können. Insofern ist ein massiver Engpass an verfügbaren bzw. vermarktbaren Industrieflächen zu beklagen, der zeitnah behoben werden muss.

 

Im Vorfeld der Durchführung der kommunalen Bauleitplanung musste zunächst der übergeordnete Regionalplan geändert werden. Dieser stellte das Plangebiet zwar bereits als „Gewerbe- und Industrieansiedlungsbereich“ dar, allerdings nur für „standortgebundene Anlagen“, hier mit Zweckbindung „Güterverkehrszentrum“ (GVZ). Im Dezember 2008 wurde demnach ein Antrag auf Durchführung eines Regionalplan-Änderungsverfahrens nach Landesplanungsgesetz NRW gestellt.

 

Angesichts der vielfältigen Dynamik der Entwicklungen im Münsterland entschloss sich der Regionalrat zur Fortschreibung des Regionalplans Münsterland und beauftragte die Regionalplanungsbehörde am 20.09.2010 mit dem Erarbeitungsbeschluss. Demnach wurde der Änderungsantrag nicht mehr zu Ende geführt, sondern im Rahmen des Fortschreibungsverfahrens erreicht, dass die GVZ-Zweckbindung - unter bilanzieller Anrechnung des bisherigen Sonderbedarfs – entfällt. Nach dem Aufstellungsbeschluss am 16.12.2013 und der Bekanntmachung im Gesetz- und Verordnungsblatt NRW ist der fortgeschriebene Regionalplan seit dem 27.06.2014 rechtswirksam (siehe Abbildung 4).

 

 

Abb. 4:  Regionalplan Münsterland, Bez.-Reg. Münster (wirksam seit 27.06.2014)

 

Das etwa 36 ha große, ehemalige „GVZ-Ergänzungsgebiet“ ist im Regionalplan nunmehr als „normaler“ Gewerbe- und Industrieansiedlungsbereich („Bereich für gewerbliche und industrielle Nutzungen“) dargestellt. Im Gegensatz zum südlich der A 30 befindlichen GVZ-Gebiet (GIB-Zweckbindung: „Standort des kombinierten Güterverkehrs“) unterliegt es somit keiner besonderen Zweck- bzw. Nutzungsbestimmung mehr. Die regional- bzw. landesplanerischen Voraussetzungen zur Einleitung der kommunalen Bauleitplanung wurden geschaffen, d.h. die vom Gesetzgeber geforderte Anpassung an die Ziele der Raumordnung ist erfolgt.

 

Seit einigen Jahren versucht die Liegenschaftsabteilung der Stadt Rheine die maßgebenden Grundstücke zu einem angemessenen, akzeptablen Preis zu erwerben. Ende 2014 ist es gelungen mit 2 der 4 Eigentümern vertragliche Regelungen notariell zu beurkunden, die zumindest eine Entwicklung des nördlichen Teilbereichs ermöglicht. Demnach beschränkt sich die aktuelle, kommunale Bauleitplanung auf den ca. 22 ha großen Bereich (Industriegebiet plus Straßenverkehrsfläche), der unmittelbar über die B 70 und die bereits asphaltierte Straße der Gemeinde Salzbergen verkehrlich angebunden werden kann (siehe Abbildung 5).

 

 

Abb. 5:  Städtebauliches Konzept „ Holsterfeld-Ost“ (RRB in Salzbergen) vom 17.02.2011

 

 

 

Das bisherige städtebauliche Konzept ging von einer Schleifen- bzw. Ringerschließung aus, das GVZ-geeignete, relativ große und bis zu 200 m tiefe Grundstücke vorhielt. Die Ableitung des Regenwassers sollte über ausreichend dimensionierte Kastenprofile bewerkstelligt und in das gemeinsame Regenrückhaltebecken (ohne Klärbecken) auf Salzbergener Gemeindegebiet eingeleitet werden. Die in Abbildung 5 dargestellten Waldflächen wurden von der Stadt Rheine nicht miterworben.

 

Nach gescheiterten Grundstücksverhandlungen hinsichtlich des Regenrückhaltebeckens und entsprechender, verbindlicher Aussage der Gemeindeverwaltung Salzbergen Anfang 2015 ist eine Ableitung und Rückhaltung des Niederschlagswassers auf benachbartem Gebiet nicht mehr möglich. Insofern musste insbesondere das bisherige Entwässerungskonzept umfassend überarbeitet werden, da nunmehr die komplette Regenwasserbehandlung separat auf dem Gebiet der Stadt Rheine erfolgt (siehe Abbildung 6).

 

 

Abb. 6:  Konzept zur RW-Rückhaltung der IPW GmbH, Wallenhorst vom 08.05.2015

 

Vor allem die Standortsuche bzw. –findung hinsichtlich des Regenklär-/-rückhaltebeckens verursachte gravierende Umplanungen im städtebaulichen Konzept und damit auch im hier vorliegenden, aktuellen Vorentwurf des Bebauungsplanes (siehe Abbildung 7).

 

 

 

Abb. 7: B-Plan-Vorentwurf „GI Holsterfeld-Ost - Teil Nord“ (RRB in Rheine) v. 25.06.2015

 

Folgende aktuelle Planänderungen haben sich ergeben:

-        veränderter Zuschnitt bzw. Verkleinerung der Grundstücksgrößen (Parzellen

      gestrichelt) sowie „Einhängen“ einer verkehrlichen Querspange in die Ring-

      Erschließung zur besseren, bedarfsgerechteren Vermarktung;

-        minimale Verschiebung der Ring-Erschließung in Richtung Süden und Osten;

-        Straßenergänzung Richtung Osten als städtischer „Wirtschaftsweg“ für RRB-

      Zufahrt, Kanäle, Leitungen, Löschwasser-Entnahmestelle und Überflutungs-

      schutz (Starkregenableitung) u.a.;

-        Aufnahme des Regenrückhaltebeckens inklusive Klärbecken im Norden (für

      das Gesamtgebiet; Stauvolumen: 12.000 cbm; Stautiefe: 0,8 m) mit An-

      schluss an den „Wirtschaftsweg“ und damit Wegfall der bisher geplanten 30

      bis 45 m breiten „Grün-, Natur- und Landschaftsfläche“;

-        Wegfall der bisher geplanten, 8 m breiten „Wallhecke“ im rückwärtigen Be-

      reich der Gewerbegrundstücke; bisher bodenpreisbezogene Wertminderung

      und Vermarktungshemmnis sowie Bedenken wegen privater Langfrist-Pflege,

      nunmehr „frei“ bzw. unbeschränkt bebaubar;

-        Überarbeitung bzw. Anpassung des Umweltberichts, der artenschutzrechtli-

      chen Prüfungen sowie der Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung.

 

Mit dem oben dargestellten Bebauungsplan-Vorentwurf, Kennwort: „GI Holsterfeld Ost – Teil Nord“ wird das Bebauungsplanverfahren für den ersten, nördlichen Abschnitt des Industriegebietes „Holsterfeld Ost“ eingeleitet und die frühzeitige Beteiligung durchgeführt.

 

 

Der vorliegende Vorentwurf setzt Folgendes fest:

-        Industriegebiet 197.055 qm) mit einer GRZ von 0,8 und BMZ von 10,0;

-        Straßenverkehrsfläche (16.035 qm); davon 2 x 810 qm als „Vorbehaltsflä-

      che“für den späterer Ausbau des südlichen Teilbereichs;

-    „Wirtschaftsweg“ (1.655 qm) zunächst mit provisorischem Ausbau;

-    Regenrückhaltebecken mit vorgeschaltetem Regenklärbecken (24.835 qm);

-    Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Bo-

      den, Natur und Landschaft (8.230 qm).

 

Die Bruttofläche für den Teil Nord beträgt 247.810 qm; das sind etwa 61 % der Gesamtfläche von ca. 40,6 ha.

 

Schwierig gestaltet sich derzeit insbesondere die Suche nach geeigneten Flächen für den artenschutzrechtlichen Ausgleich bzw. die Umsetzung vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen, hier hinsichtlich der Kiebitze, Feldlerche, Rauchschwalben und dem Schwimmenden Froschkraut. Die Kompensationsverpflichtungen im Rahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung sind überschaubar, da überwiegend landwirtschaftlich genutzte Flächen beansprucht werden (siehe Abbildung 8). Die aufstehenden Gebäude östlich des Feldweges werden im Zuge der Entwicklung des Industriegebietes abgebrochen; der Bullenstall kann noch befristet weiterbetrieben werden.

 

 

Abb. 8:  Luftbild von 2014 (mit A 30-Anschlussstelle Rheine-Nord und B 70; südl. GVZ)

 

 

Der o.g. verbindliche Bauleitplan muss mit einer nachhaltigen, geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sein und ist demzufolge in einem förmlichen Verfahren aufzustellen.

 

Wichtige planungsrelevante Daten und Maßnahmen sind dem Bebauungsplan-Vorentwurf (Anlage 1) und dem Umweltbericht (Anlagen 2 und 3) zu entnehmen, die dieser Vorlage beigefügt sind. Die städtebauliche Begründung wird zur frühzeitigen Beteiligung gemäß § 3 (1) und § 4 (1) BauGB zur Verfügung gestellt.

 

 

 

 

BESCHLUSSVORSCHLAG / EMPFEHLUNG:

 

I.       Aufstellungsbeschluss

 

Der Stadtentwicklungsausschuss "Planung und Umwelt" der Stadt Rheine beschließt, gemäß § 2 Abs. 1 BauGB den Bebauungsplan Nr. 88, Kennwort: "GI Holsterfeld Ost – Teil Nord", der Stadt Rheine aufzustellen.

 

Der räumliche Geltungsbereich des Bebauungsplanes wird gebildet durch die Flurstücke 62, 188, 390 und 397 in der Flur 3 sowie durch die Flurstücke 4, 49, 55, 56, 57, 58 und 62 in der Flur 4. Die Flur- und Flurstücksbezeichnungen beziehen sich auf die Gemarkung Rheine rechts der Ems.

 

 

 

II.     Beschluss zur Beteiligung der Öffentlichkeit

 

Der Stadtentwicklungsausschuss "Planung und Umwelt" der Stadt Rheine beschließt, dass gemäß § 3 Abs. 1 BauGB für den Bebauungsplan Nr. 88, Kennwort: "GI Holsterfeld Ost – Teil Nord", der Stadt Rheine eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit durchzuführen ist.

 

Die öffentliche Unterrichtung über die allgemeinen Ziele und Zwecke sowie die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung soll durch eine ortsübliche Bekanntmachung in der Presse mit anschließender 3-wöchiger Anhörungsgelegenheit im Fachbereich Planen und Bauen/Stadtplanung der Stadt Rheine erfolgen. Während dieser Anhörung ist allgemein Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung gegeben.

 


Anlagen:

 

Anlage 1:   Bebauungsplan-Vorentwurf

Anlage 2:   Umweltbericht

Anlage 3:   Umweltbericht - Anlagen