Betreff
Konzeption für die Großtagespflege in Rheine
Vorlage
138/17
Aktenzeichen
II - 2 - 10 kös
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Jugendhilfeausschuss beschließt

 

1.)  die Richtlinien der Stadt Rheine für die Kindertagespflege nach dem Sozialgesetzbuch VIII mit Wirkung 01.08.2017 wie folgt zu ergänzen:

 

6.5 Betriebskostenzuschuss

 

Großtagespflegestellen können auf Antrag einen Betriebskostenzuschuss erhalten, wenn sie ein bedarfsgerechtes Angebot für Kinder aus der Zuständigkeit des Jugendamtes der Stadt Rheine vorhalten. Der Zuschuss beträgt ab dem 01.08.2017 monatlich 545,00 €. Er steigt jährlich um den gleichen Prozentsatz, um den sich nach § 19 KiBiz die Kindpauschalen in den Kindertageseinrichtungen erhöhen.

 

 

6.6 Einrichtungskostenzuschuss

 

Großtagespflegestellen können auf Antrag einen Einrichtungskostenzuschuss von bis zu 3.500,00 € je Platz erhalten, wenn sie ein bedarfsgerechtes Angebot für Kinder aus der Zuständigkeit des Jugendamtes der Stadt Rheine vorhalten. U3-Fördermittel des Bundes oder des Landes sind vorrangig in Anspruch zu nehmen.

 

 

2.)  die Großtagespflegestelle „kids.Company“ für den Zeitraum von 3 Jahren nach Eröffnung von dieser zusätzlichen Förderung der Großtagespflegestellen auszuschließen.


Begründung:

 

Ausgangslage:

 

Nach den bestehenden Richtlinien der Stadt Rheine für die Kindertagespflege nach dem SGB VIII kann auch bislang schon eine Großtagespflegestelle gefördert werden. Dazu gibt es in den Richtlinien einige Voraussetzungen, die für eine Einrichtung einer Großtagespflegestelle notwendig sind:

 

 

6. Zusammenschluss von Tagespflegepersonen – Großtagespflegestelle

 

6.1 Definition

 

Nach § 22 SGB VIII in Verbindung mit § 4 KiBiz können sich Tagespflegepersonen zusammenschließen und maximal neun Kinder insgesamt durch höchstens drei Tagespflegepersonen mit einer Pflegeerlaubnis nach § 43 SGB VIII betreuen.

 

Vor allem bei der Altersgruppe der 0 – 3 jährigen Kinder ist darauf zu achten, dass die Kinder eine feste Bezugsperson während der gesamten Betreuungszeit haben.

 

 

 

6.2 Qualifikation der Tagespflegepersonen

 

Bei der Betreuung von bis zu neun Kindern müssen die Tagespflegepersonen der Großtagespflegestelle eine Qualifizierung nach den Vorgaben des DJI Curriculums nachweisen. Eine pädagogische Ausbildung mindestens eines Verbundpartners wird empfohlen.

 

 

6.3 Anforderungen an Räumlichkeiten

 

·                Ein Zusammenschluss kann stattfinden in geeignetem, angemietetem oder nicht privat genutztem Wohnraum. Bevorzugt sollte sich die Wohnung im Erdgeschoss oder in der 1. Etage befinden. Soll die Betreuung im Rahmen von Kindertagespflege in Räumlichkeiten einer Kindertageseinrichtung stattfinden, so ist der Landschaftsverband Westfalen Lippe einzubeziehen.

·                Eine Einbeziehung des Kreisgesundheits- und örtlichen Bauamtes ist erforderlich.

·                Rauchmelder und Feuerlöscher müssen vorhanden sein.

·                Die Großtagespflegestelle muss über einen ausreichend großen Gruppen- und Spielraum sowie über einen Ruheraum verfügen. Eine kindgerechte Toilette und eine Wickelmöglichkeit müssen vorhanden sein.

·                Für jedes Kind unter drei Jahren ist ein fester Schlafplatz vorzuhalten.

·                Kinder, die nach der Schule betreut werden, benötigen einen geeigneten Platz zur Erledigung der Schularbeiten.

·                Anregungen und Möglichkeiten zur Bildung und Erziehung von Kindern sind im KiBiz vorgesehen und sollten in einem entsprechenden Gruppenraum ausgeführt werden können.

·                Ein Platz für gemeinsame Mahlzeiten (mit einer altersgerechten Bestuhlung) gehört zur Ausstattung.

·                Im Außenbereich oder in unmittelbarer Nähe sollte eine ausreichende große Bewegungsfläche vorhanden sein.

·                Die allgemeinen Rahmenbedingungen für die Tagespflege finden auch bei der Großtagespflege Anwendung.

 

 

6.4 Fachliche Ausgestaltung

 

Vor Einrichtung einer Großtagespflegestelle ist im Rahmen der Eignungsüberprüfung von den Tagespflegepersonen ein pädagogisches Konzept vorzulegen. Inhalte sollten zum Beispiel pädagogische Schwerpunkte, die Ziele der vorgesehenen Tagespflegestelle, Altersgruppe der Kinder, zeitliches Angebot und möglicher Tagesablauf sein.

 

Darüber hinaus ist die Vorlage eines Finanzierungskonzeptes erforderlich, um den längerfristigen Betrieb zu gewährleisten.

 

Eine qualifizierte Ersatzbetreuung bei Ausfall einer Tagespflegeperson ist vorzuhalten.

 

Diese Anforderungen, denen zurzeit noch keine zusätzliche Vergütung gegenübersteht, haben dazu geführt, dass es bislang kein Angebot der Großtagespflegestelle gibt. Lediglich die neue Großtagespflege „kids.Company“ in den Räumen der Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf, die mit Unterstützung beteiligter Unternehmen und einem Investitionskostenzuschuss der Stadt Rheine gestartet wurde, stellt eine Ausnahme dar.

 

Die Gewährung des Investitionskostenzuschuss an die Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf und die stetig steigende Nachfrage nach Betreuung von Kindern ab dem 1. Lebensjahr war der Anlass, über eine Neukonzeption der Großtagespflege in Rheine nachzudenken.

 

 

 

Das Ziel lautet, mit der Großtagespflege mehr Betreuungsplätze anbieten zu können:

 

Großtagespflegestellen führen zu einer Ausweitung des Betreuungsangebotes, wenn für die Großtagespflegestellen zusätzliche Tagespflegepersonen gewonnen werden können. Dieses ist der Fall,

 

  • bei Tagespflegepersonen, die im eigenen Haushalt keine Möglichkeiten haben,
  • bei Tagespflegepersonen, die ansonsten nicht alleine arbeiten würden, und
  • bei Tagespflegepersonen, die von außerhalb nach Rheine kommen.

 

Dass viele Tagespflegepersonen in die Großtagespflegestellen wechseln, ist nicht sehr wahrscheinlich, da die Großtagespflege im Vergleich zur Tagespflege im eigenen Haushalt mit finanziellen Einbußen verbunden ist.

 

 

 

Finanzielle Unterschiede zwischen der Großtagespflege und der Kindertagespflege im Haushalt der Tagespflegeperson

 

Eine Kindertagespflegeperson, die die Betreuung im eigenen Haushalt sicherstellt, kann bis zu 8 Betreuungsverträge abschließen. Allerdings dürfen maximal 5 Kinder gleichzeitig anwesend sein. Durch die 8 Verträge ist es möglich, eine sehr gute Auslastung zu erreichen.

 

In einer Großtagespflege dürfen 9 Kinder gleichzeitig anwesend sein, allerdings dürfen auch max. 9 Verträge abgeschlossen werden. Sollte aus persönlichen Gründen der Eltern (Arbeitslosigkeit, Mutterschutz) der Betreuungsanspruch auf den Mindestanspruch von 20 Wochenstunden zurückfallen, kann kein Kind in den  frei gewordenen Zeiträumen nachrücken.

 

Drei Tagespflegepersonen muss es für die 9 Kinder in der Großtagespflegestelle geben. Mindestens zwei Tagespflegepersonen sind den Kindern direkt zugeordnet; die dritte Tagespflegeperson dient der Vertretung, die zwingend sichergestellt werden muss. Praktikabel wäre, dass jede Tagespflegeperson je 3 Kinder betreut.

 

Die Großtagespflege hat zusätzlich die Betriebskosten für die Räume (z.B. Miete, Mietnebenkosten) zu finanzieren. Selbst wenn es einen Zuschuss für die Betriebskosten gibt (beim Kreis Steinfurt liegt er ab August 2017 bei 545,00 €), wird dieser in den seltensten Fällen kostendeckend sein. Die zusätzlichen Betriebskosten unterlaufen zudem die steuerliche Sonderbehandlung der Tagespflegepersonen. Auch wenn die Betriebskostenzuschüsse kostendeckend wären, erhöhen sie das zu versteuernde Einkommen.

 

 

 

Investitionskosten für eine Großtagespflegestelle

 

Eine Kindertagespflegeperson, die die Betreuung im eigenen Haushalt vornimmt, verfügt im Regelfall über einen voll eingerichteten Haushalt. Mit einem Zuschuss von 500,00 € je Tagespflegekind wird die zusätzlich notwendige Ausstattung (z.B. Kinderhochstühle, Kinderbetten, Mehrlingskinderwagen, Treppengitter, Spielgerät, etc…) angeschafft.

 

Die Großtagespflegestelle findet in geeignetem, angemietetem oder nicht privat genutztem Wohnraum statt. Die 500,00 € pro Kind reichen bei weitem nicht aus, um beispielsweise eine leere Mietwohnung für eine Großtagespflege herzurichten.

 

Die U3-Förderung des Landes NRW stellt die Großtagespflegestellen mit den Kindertageseinrichtungen auf eine Stufe. In einer Großtagespflegestelle werden bis zu 3.500,00 € je Platz für Ausstattungsmaßnahmen anerkannt und mit 90 % gefördert.

 

 

 

Finanzielle Auswirkungen

 

Die im Beschlussvorschlag stehenden neuen Fördertatbestände haben folgende finanzielle Auswirkungen. In Abhängigkeit von der Fallzahl ergeben sich folgende Mehrkosten.

 

Jahr

Prognose zur Anzahl der Großtagespflegestellen

Betriebskosten-zuschuss

Max. Einrichtungskosten-zuschuss (ohne Fördergelder)

2017

 

0 € *

0 € *

2018

1 - 2

9.960 €

31.500 €

2019

2 - 3

17.025 €

31.500 €

2020

3 - 4

24.450 €

31.500 €

2021

4 - 5

32.235 €

31.500 €

 

*Bezüglich der bestehenden Großtagespflegestelle kids.Company wird auf das folgende Kapitel verwiesen.

 

 

Angesichts der in der Vorlage Fortschreibung der Kindergartenbedarfsplanung ausgewiesenen zukünftigen Betreuungsbedarfe bei den U3-Kindern, müssen mit Hilfe der Großtagespflegestellen zusätzliche Betreuungsplätze bereitgestellt werden. Die erforderlichen Haushaltsmittel sind bei den Haushaltsplanberatungen 2018 ff einzuplanen.

 

 

 

Ausschluss der Großtagespflegestelle „kids.Company“ von der zusätzlichen Förderung für einen Zeitraum von 3 Jahren

 

Die Großtagespflegestelle „kids.Company“ wurde mit Beschluss des Jugendhilfeausschusses vom 17.11.2016 ein Investitionskostenzuschuss in Höhe von 50.000 € gewährt. Eine Grundlage dieser Zuwendung war die Zusage der Arbeitgeber für mindestens 3 Jahre die laufenden Kosten für mindestens 5 der 9 Plätze zu übernehmen.

 

Daher ist es folgerichtig, die Großtagespflegestelle „kids.Company“ von der zusätzlichen neuen Förderung für Großtagespflegestellen für den Zeitraum von 3 Jahren nach Eröffnung auszuschließen.