Betreff
Antrag auf Änderung der Sondernutzungssatzung
Vorlage
175/17
Aktenzeichen
I/5-ga
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Bauauschuss empfiehlt dem Rat der Stadt Rheine die Satzung über die Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen (Sondernutzungssatzung) der Stadt Rheine vom 17. September 2015 nicht zu ändern.


Begründung:

 

Die Fraktionen im Rat der Stadt Rheine der CDU und Bündnis 90 / Die Grünen beantragen mit Schreiben vom 06.03.2017 an den Bürgermeister der Stadt Rheine eine Änderung der aktuellen Sondernutzungssatzung. Der Antrag ist als Anlage 1 beigefügt.

 

Ziel des Antrages ist die Unterstützung der Außenbereiche, indem für Werbeanlagen (Werbereiter) in Außenbereichen (Zone II) für die erlaubnisfreie Nutzung von öffentlichen Verkehrsflächen andere Regeln gelten sollen als in der Innenstadt (Zone I) der Stadt Rheine. Zur Verdeutlichung, welche Straßen zur Zone I bzw. Zone II gehören, wird auf die Anlage 1 zur Sondernutzungssatzung der Stadt Rheine vom 17.05.2015 verwiesen, die als Anlage 2 beigefügt ist.

 

Die bisherige Regelung in der Sondernutzungssatzung § 3 (1) b sieht eine erlaubnisfreie Sondernutzung für je eine Werbeanlage sowie Verkaufseinrichtungen und Warenauslagen, die tage- oder stundenweise an der Stätte der Leistung ohne feste Verbindung mit der baulichen Anlage oder dem Boden angebracht oder aufgestellt werden und nicht mehr als 0,50 m in den Straßenraum hineinragen, soweit sie außerhalb von Fußgängerstraßen mindestens 1,25 m vom Fahrbahnrand entfernt sind. Diese Regelung gilt sowohl für den Innenstadtbereich (Zone I) als auch für die Außenbereiche (Zone II). Zudem entspricht diese Regelung auch der Mustersatzung des Städte- und Gemeindebundes NRW in der aktuellen Fassung aus dem Jahr 2016. Nach Rücksprache mit dem Städte- und Gemeindebund wurde diese Abstandsgröße als in der Praxis bewährt bezeichnet, um die Nutzungsmöglichkeit der öffentlichen Verkehrsfläche im Rahmen des Gemeingebrauchs nicht zu beeinträchtigen.

 

Eine Umsetzung des Antrages könnte durch eine Satzungsänderung erfolgen, indem in § 3 (1) b die bisherige Regelung des Abstandes von 0,50 m nicht für Werbereiter in den Außenbereichen gelten soll. Für die Außenbereiche könnte ein Zusatz eingerichtet werden, dass für Werbereiter in Außenbereichen ein größerer Abstand von 0,70 m gilt. Die Umsetzung dieses Antrages würde den Sondernutzern in den Außenbereichen u. a. einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber den Sondernutzern des Innenstadtbereiches einräumen.

 

Hervorzuheben ist, dass die Sondernutzung als das präventive Verbot mit Erlaubnisvorbehalt in erster Linie der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs dient. Die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis steht im Ermessen der Behörde. Die Ermessensentscheidung hat sich unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens, insbesondere des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Artikel 3 Abs. 1 GG) und an dem Zweck des § 18 Straßen- und Wegegesetz NRW (StrWG)  zu orientieren. Dies gilt natürlich auch für Satzungsregelungen.

 

Würde eine Unterscheidung stattfinden, müsste die Leichtigkeit und Sicherheit des Straßenverkehrs in den Außenbereichen auch bei einer geringeren Abstandsfläche zwischen Straße und Gebäudegrenze nicht eingeschränkt sein. Dies ist allerdings äußerst selten der Fall. Im Gegenteil, die räumliche Situation im Innenstadtbereich ist weitaus großzügiger (siehe Emsstraße, Münsterstraße usw.) für eine Sondernutzung ausgelegt als in den Außenbereichen (siehe Osnabrücker Straße, Alte Bahnhofstraße Mesum usw.). Gerade für die Nutzung der Gehwege durch ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger, die u. U. auf Rollatoren oder motorisierte Fortbewegungshilfen angewiesen sind, müssen die Außenbereiche als kritisch angesehen werden. Deshalb würde beispielsweise eine solche Unterscheidung den Sinn und Zweck des § 18 StrWG NRW zuwiderlaufen. Zudem könnte durch die Besserstellung der Sondernutzer in den Außenbereichen ohne Beachtung des Grundsatzes des § 18 StrWG NRW - die Leichtigkeit und Sicherheit des Straßenverkehrs gleichermaßen zu gewährleisten -, ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikel 3 Abs. 1 des GG vorliegen.

Um diesen Verstoß zu verneinen, müsste für eine Ungleichbehandlung aller „Werbeflächeninhaber in der Stadt Rheine“ ein sachlicher Grund vorliegen. Ein Grund könnte sein, einen Ausgleich für wirtschaftliche Nachteile durch die Lage im Außenbereich zu erzielen. Allerdings bedeutet dies hier, dass das Vorliegen eines sachlichen Grundes durch den Schutzzweck der zugrundeliegenden Vorschriften der §§ 18,19 StrWG beschränkt wird. Dies folgt aus dem Gedanken, dass die Gemeinde, wie oben beschrieben, an die Ermessenserwägungen hinsichtlich des Schutzzwecks gebunden ist. Wenn aber die Gemeinde eine Sondernutzung nur erlaubnisfrei gestalten darf, wenn sie mit dem Schutzzweck des Gesetzes in Einklang steht, muss sie auch bei der Gestaltung einer Ungleichbehandlung Gründe haben, die zum Schutzzweck des Gesetzes passen. Demnach dürften hier nur solche Gründe rechtfertigend sein, die dem Schutzzweck des StrWG dienen. Hierbei sind wirtschaftliche Erwägungen aber nach dem obigen nicht zu beachten, sodass für die Ungleichbehandlung kein sachlicher Grund vorliegen dürfte. Demnach liegt aus Sicht der Verwaltung ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor.

 

Das eigentliche Ergebnis einer Umsetzung des Antrages wäre eine Befreiung von den Sondernutzungsgebühren für die Sondernutzer in den Außenbereichen nicht bis zu einer Abstandsfläche von der Gebäudefront von 0,50 m sondern bis 0,70 m für Werbereiter. Dies wäre für diese Sondernutzer insbesondere ein wirtschaftlicher Vorteil gegenüber den Sondernutzern im Innenstadtbereich.

 

§ 19a (2) Satz 3 StrWG NRW besagt, dass bei der Bemessung der Gebühren (Sondernutzungsgebühr) Art und Ausmaß der Einwirkung auf der Straße und den Gemeingebrauch sowie das wirtschaftliche Interesse des Gebührenschuldners zu berücksichtigen sind.

 

Aufgrund der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes Münster und Ergebnisse aus der Arbeitsgruppe der kommunalen Spitzenverbände wurde eine Matrix entwickelt, mit der nach folgenden Kriterien die Gebühr ermittelt werden soll:

 

1. Einwirkung auf die Straße

2. Einwirkung auf den Gemeingebrauch

3. Umfang des wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers

4. Bewertung der Allgemeininteressen an der Sondernutzung

 

Diese Matrix wurde auch bei der Überarbeitung der Sondernutzungsatzung der Stadt Rheine im Jahr 2015 angewendet. Demzufolge wurde u. a. für die Außenbereiche eine deutlich geringere Gebühr ermittelt. Beispielsweise muss ein Sondernutzer im Innenstadtbereich jährlich 78,00 € je Werbereiter an Sondernutzungsgebühr bezahlen. Für den Sondernutzer im Außenbereich wird jährlich eine Sondernutzungsgebühr in Höhe von 46,80 € fällig. An diesen Beträgen wird deutlich, dass eine Unterscheidung –auch aufgrund des wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers – sehr wohl erfolgt.

 

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass das Sondernutzungserlaubnisrecht im Grundsatz wirtschafts- und wettbewerbsneutral ist. Die Gemeinde darf nicht bewusst Wirtschaftsförderung durch Erteilung von Sondernutzungserlaubnisse – auch indem eine Satzungsregelung eingeführt wird, indem ein Befreiungstatbestand eingeführt wird – betreiben (siehe hierzu auch OVG Münster, Urteil vom 1.7.2014 – Az.: 11 A 1081/12). Ergänzend führt das OVG Münster dazu aus, dass rein geschäftsbezogene Merkmale im Rahmen der Ermessensausübung straßenrechtlich zu beanstanden sind. (vgl. OVG Münster, Urteil vom 16. Juni 2015 – 11 A 1131/13). Die Sondernutzung dient als das präventive Verbot mit Erlaubnisvorbehalt in erster Linie der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs, so wie ihn die Widmung der öffentlichen Sache zulässt (Kommentar Hengst/Majcherek zum StrWG NRW – zu §18 – Nr. 1).

 

Bleibt im Ergebnis festzuhalten, dass eine Änderung der Satzung aus Sicht der Verwaltung entsprechend dem Antrag der CDU-Fraktion Rheine/Bündnis 90/DIE GRÜNEN rechtmäßig nicht umsetzbar ist.

 


Anlagen:

 

Anlage 1: Antragsschreiben

Anlage 2: Anlage 1 der Sondernutzungssatzung