Betreff
Entwicklung und Vermarktung der Eschendorfer Aue
- Ergebnis der Prüfung des fraktionsübergreifenden Antrags
Vorlage
231/17
Aktenzeichen
III-4203-löc
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Rat der Stadt Rheine nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.


Begründung:

 

In der Sitzung des Rates am 4. April 2017 sind folgende fraktionsübergreifende Anträge eingebracht und mehrheitlich beschlossen worden:

 

„Die Verwaltung wird beauftragt,

 

die Entwicklung, Vermarktung der Eschendorfer Aue im Rahmen einer Gesellschaft des privaten Rechts zu prüfen, wobei die Stadt Rheine 100% der Anteile hält. Es wird angeregt, dass die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses gleichzeitig den Aufsichtsrat dieser Gesellschaft bilden und die Aufsichtsratssitzung im Anschluss an den nichtöffentlichen Teil der jeweiligen Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses stattfinden.

 

Weiter wird die Verwaltung beauftragt,

 

ein Vermarktungskonzept mit Preiszonen und zeitlichen Ablauf der Vermarktung zu erarbeiten. Dabei soll berücksichtigt werden, dass möglichst viele günstige Einfamilienhausgrundstücke entstehen.“

 

 

Teil 1: Prüfung der Gründung einer Gesellschaft des privaten Rechts zur Entwicklung und Vermarktung der Eschendorfer Aue

 

Aus Sicht der Verwaltung sind im Rahmen der Prüfung einer Betätigung in der Form einer Gesellschaft des privaten Rechts folgende Punkte zu prüfen:

 

a)        kommunalrechtliche,

b)        vergaberechtliche,

c)        gesellschaftsrechtliche und

d)       steuerrechtliche Fragestellungen

 

Im vorliegenden Fall sind zusätzlich noch zu prüfen:

 

e)        planerische, bauliche und

f)         vermarktungstechnische Fragestellungen

 

 

Ergebnis der Prüfung in Kurzform:

 

zu a aus kommunalrechtlicher Sicht ist eine Betätigung der Stadt Rheine zur Entwicklung der Eschendorfer Aue unter Beachtung der Vorgaben der Gemeindeordnung möglich.

 

zu b aus vergaberechtlicher Sicht sind oberhalb der EU-Schwellenwerte sowohl die Stadt Rheine als auch eine mögliche GmbH zur Anwendung des Vergaberechts für die Vergabe von Bau-, HOAI- und anderen Dienstleistungen verpflichtet. Unterhalb der EU-Schwellenwerte ist nur die Stadt aufgrund der Vorgaben des Ministeriums für Inneres und Kommunales an das Vergaberecht gebunden. Nach derzeitigem Planungsstand liegen sowohl die Rückbau- als auch die Entwässerungsmaßnahmen oberhalb des EU-Schwellenwerts für Bauleistungen, eine weitere Konkretisierung der Kalkulationen wird sich im Rahmen der Ausführungsplanungen ergeben.

Unabhängig von etwaigen Schwellenwerten sind sowohl die Stadt Rheine als auch die GmbH an die Bestimmungen des Tariftreue- und Vergabegesetzes Nordrhein-Westfalen (TVgG) sowie des Korruptionsbekämpfungsgesetzes gebunden.

 

zu c Gesellschaftsrechtlich sind noch einige Punkte bis zur Gründung einer GmbH zu klären. Erst nach deren Klärung und Bewertung lassen sich der zusätzliche Gründungsaufwand und der Aufwand für den laufenden Betrieb einer GmbH (Personal- und Sachkosten, Buchführung, Jahresabschluss, Versicherungen etc.) seiner Höhe nach quantifizieren. Alle rechtsformbezogenen Aufwendungen sind zusätzlich und müssten von der Gesellschaft im Rahmen der Vermarktung der Grundstücke erwirtschaftet werden.

 

zu d Steuerrechtlich sind verschiedene Steuerarten (Grunderwerbsteuer, Umsatzsteuer, Ertragssteuern) zu betrachten.

Dem Grunde nach ist eine Eigentumsübertragung in einem amtlichen Umlegungsverfahren nach §§ 45 ff Baugesetzbuch grunderwerbsteuerfrei. Sowohl der Erwerb der Fläche durch eine GmbH als auch die Einlage der Grundstücke in eine GmbH durch die Stadt Rheine würde der Grunderwerbsteuer unterliegen. Bei einem im Fallbeispiel angenommenen Kaufpreis von 10 Mio. Euro würde Grunderwerbsteuer in Höhe von 650.000 Euro anfallen.

Grundsätzlich kann die Erschließung und Vermarktung des Grundstücks durch die Stadt selbst oder durch eine GmbH erfolgen. Ein Abzug von Vorsteuern aus den Erschließungskosten lässt sich dabei jedoch in keiner der unten dargelegten Gestaltungsalternativen verwirklichen.

Erfolgt die Entwicklung und Vermarktung durch die Stadt Rheine, so wären etwaige Gewinne steuerfrei. Im Falle der Entwicklung (und Vermarktung) durch eine GmbH wären diese ertragssteuerpflichtig. Im Fallbeispiel beträgt diese steuerliche Belastung rd. 278 T€.

 

zu e Planungsrechtlich ist der Prozess zur Entwicklung der Eschendorfer Aue bereits sehr weit fortgeschritten. Durch die Einbindung der Gesellschaftsgremien würden zwangsläufig erhöhte Abstimmungsbedarfe aufgrund zusätzlicher Schnittstellen entstehen. Bei einer Gesellschaftsgründung nach Abschluss der Bauleitplanung würden nachträgliche Änderungen an den Bebauungsplänen zu zeitlichen Verzögerungen und finanziellem und personellem Mehraufwand führen. Hier sind u. a. Nachzahlungsansprüche gegenüber der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) aufgrund einer höheren Verdichtung der Bebauung zu nennen.

Nach derzeitigem Planungsstand werden ab der 2. Jahreshälfte 2017 sämtliche Rückbau- und Erschließungsmaßnahmen durch die Technische Betriebe Rheine AöR (TBR AöR) geplant und durchgeführt. Auch hier würde die Gründung einer GmbH zu zeitlichen Verzögerungen und zusätzlichem Abstimmungsbedarf führen der sich nicht ohne weiteres monetär quantifizieren lässt.

 

zu f Das Grundstücksmanagement der Stadt Rheine verfügt über umfangreiche Erfahrungen und Kenntnisse für die Vermarktung von Grundstücken. Durch das städtische Grundstücksmanagement wurde in den letzten Jahrzehnten der überwiegende Teil an unbebauten Grundstücken vermarktet. Darüber hinaus kann bei einer Vermarktung durch das Grundstücksmanagement der Stadt Rheine durch entsprechende Beschlüsse in den politischen Gremien ein direkter und öffentlicher Einfluss auf die Eckpunkte der Vermarktung und die Vergabekriterien (siehe Vorlage-Nr. 150/17) genommen werden. Hierdurch ist eine maximale Transparenz für die Politik und die Bürger sichergestellt. Bei einer GmbH würde eine solches Konzept im Aufsichtsrat nicht-öffentlich beraten, wodurch die entsprechende Transparenz abhandenkommt.

 

 

Fazit:

 

Die Entwicklung und Vermarktung der Eschendorfer Aue ist grundsätzlich in einer privatrechtlichen Gesellschaftsform möglich. Sie sollte aber aus den vorgenannten Gründen, die nachstehend weiter erläutert werden, nicht weiter verfolgt werden, da sie einerseits planungsrechtlich zu Verzögerungen führt und andererseits die Stadt Rheine selbst die größte Expertise für die Vermarktung von unbebauten Wohnbaugrundstücken im Stadtgebiet hat.

 

Die Mitarbeiter-/innen der Verwaltung stehen diesem Projekt zudem hochmotiviert gegenüber. Aus dem als Anlage 1 beigefügten Organigramm lässt sich die bereits vorhandene und bewährte Projektstruktur - aus der sich Ansprechpartner und „Kümmerer“ im Verfahren Eschendorfer Aue ergeben ersehen.

 

Da die Kosten für Rückbau- als auch die Entwässerungsmaßnahmen nach derzeitigem Planungsstand oberhalb des EU-Schwellenwertes für Bauleistungen liegen sind sowohl die Stadt Rheine als auch eine mögliche GmbH an das Vergaberecht gebunden. Darüber hinaus sind die Stadt Rheine als auch eine GmbH an die Bestimmungen des TVgG und Korruptionsbekämpfungsgesetz gebunden.

 

Darüber hinaus ist eine Entwicklung und Vermarktung aus umsatzsteuerlicher Sicht als neutral zu betrachten, aber grunderwerb- und ertragsteuerlich als deutlich nachteilig einzustufen.

 

Alle rechtsformbezogenen Aufwendungen, die sich derzeit noch nicht monetär beziffern lassen, sind zusätzlich und müssten von der Gesellschaft im Rahmen der Vermarktung der Grundstücke erwirtschaftet werden.

 

 

ausführliche Beantwortung der oben genannten Fragestellungen

 

 

zu a   kommunalrechtliche Fragestellungen

 

Kann sich die Stadt Rheine bei der Entwicklung und Vermarktung der Eschendorfer Aue im Rahmen einer Gesellschaft des privaten Rechts betätigen?

 

Gesetzliche Grundlagen für die wirtschaftliche Betätigung

In Nordrhein-Westfalen sind die Voraussetzungen für gemeindliche Unternehmen in den §§ 107 ff. GO NRW geregelt. Wirtschaftlich betätigen kann sich die Gemeinde in der Rechtsform des Eigenbetriebs (vgl. § 114 GO NRW), als Kommunalunternehmen in Form der rechtsfähigen öffentlichen Anstalt (vgl. § 114a GO NRW) oder als Unternehmen und Einrichtung des privaten Rechts, das der Gemeinde ganz oder zum Teil gehört (vgl. § 108 GO NRW).

 

Zentrale Vorschrift für die Zulässigkeit wirtschaftlicher Betätigung ist der § 107 GO NRW, der die sog. "Schrankentrias" der wesentlichen Voraussetzungen formuliert: Öffentlicher Zweck, angemessenes Verhältnis zur Leistungsfähigkeit sowie das Subsidiaritätsprinzip.

 

Öffentlicher Zweck

Zunächst muss ein öffentlicher Zweck das Unternehmen erfordern, § 107 Abs. 1, S. 1 Nr. 1 GO NRW. Der Begriff des öffentlichen Zwecks ist legal nicht definiert. Maßgeblich ist jedoch nach allgemeiner Ansicht vor allem die Zielsetzung des gemeindlichen Handelns.

 

In den Kommentaren besteht jedoch Einigkeit dahin gehend, dass ein öffentlicher Zweck jedenfalls bei Einrichtungen der Daseinsvorsorge vorliegt und jedenfalls nicht vorliegt, wenn einziges Ziel des Unternehmens das der Gewinnerzielung ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit der Entscheidung vom 22. 02. 1972 klargestellt, dass öffentliche Zwecke das wirtschaftliche Unternehmen auch dann rechtfertigen können, wenn damit keine Daseinsvorsorge betrieben wird. Die Gemeinden können durch ihre Unternehmen zahlreiche und vielgestaltige Aufgaben übernehmen, die durch die genannte Zweckbestimmung gedeckt sind.

 

Angemessenheit

Des Weiteren muss das gemeindliche Unternehmen in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde stehen, § 107 Abs. 1, S. 1 Nr. 2 GO NRW.

 

Sinn und Zweck dieser Voraussetzung ist es, die unternehmerisch tätige Kommune vor finanziellen Abenteuern zu bewahren. Diese Voraussetzung ist dabei eine Ausformung des allgemeinen verfassungsrechtlichen Maßstabs der Erforderlichkeit. Insoweit darf es aber nicht als Verbot missverstanden werden. Sofern innerhalb des Gemeindegebiets der Bedarf an Leistungen der Daseinsvorsorge wächst, kann und darf die gegenwärtige Leistungsfähigkeit nicht als alleinige Beurteilungsgrundlage herangezogen werden.

 

Subsidiarität

Dritte wesentliche Voraussetzung ist die Beachtung der Subsidiaritätsklausel des § 107 Abs. 1, S. 1 Nr. 3 GO NRW. Nach der Subsidiaritätsklausel darf sich eine Gemeinde nur dann wirtschaftlich betätigen, wenn der öffentliche Zweck durch andere Unternehmen nicht besser und wirtschaftlicher erfüllt werden kann. Ausgenommen vom Nachrang kommunalwirtschaftlicher Betätigung sind ausdrücklich die Energieversorgung, die Wasserversorgung, der öffentliche Verkehr sowie der Betrieb von Telekommunikationsleitungsnetzen, für die folglich die Subsidiaritätsklausel nicht gilt.

 

Ertragserzielungsabsicht

Schließlich stellt § 109 Abs. 1, S. 2 GO NRW klar, dass das wirtschaftliche Unternehmen einen Ertrag für den Haushalt der Gemeinde abwerfen soll, soweit dadurch die Erfüllung des öffentlichen Zwecks nicht beeinträchtigt wird. Die Sollbestimmung verdeutlicht, dass von dieser Zielsetzung nur aus triftigem Grund abgewichen werden darf, was aber bei der Daseinsvorsorge ohne großen Begründungsaufwand angenommen werden kann.

 

Beurteilung der Voraussetzungen bezogen auf den politischen Antrag

 

Erfordernis eines öffentlichen Zwecks

Die Stadt Rheine beabsichtigt, sich im vorliegenden Fall durch die Entwicklung und Vermarktung des von der Bundeswehr Ende 2006 aufgegebenen Geländes der General-Wever-Kaserne, wirtschaftlich zu betätigen.

Vor dem Hintergrund des Mangels an verfügbaren innenstadtnahen Wohnbaugrundstücken soll dieses Gelände einer wohnbaulichen Nutzung zugeführt werden. Dabei sollen in dem Gebiet verschiedene Wohnformen für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen realisiert werden, insbesondere aber Baugrundstücke für junge Familien bereitgestellt werden. Aus den vorgenannten Gründen kann der öffentliche Zweck der Betätigung als erfüllt angesehen werden.

 

Erfordernis der Angemessenheit

Vor dem Hintergrund, dass vom Rat die grundsätzliche Entscheidung zur Entwicklung und Vermarktung der Eschendorfer Aue durch die Stadt Rheine bereits getroffen worden ist und die entsprechenden Mittel hierfür bereits in der Haushaltsplan veranschlagt worden sind, ist eine weitergehende Prüfung dieser Voraussetzung entbehrlich.

 

Erfordernis der Subsidiarität

Einerseits ist die Stadt Rheine selbst seit Jahren erfolgreich auf dem Gebiet der Entwicklung und Vermarktung von Wohnbaugebieten tätig.

Andererseits ist es nach § 107 Abs. 5 GO NRW erforderlich, der Handwerkskammer, der Industrie- und Handelskammer und der entsprechenden Gewerkschaft im Rahmen einer Marktanalyse die Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Diese Stellungnahmen können als Argument dafür herangezogen werden, dass der öffentliche Zweck durch private Unternehmen jedenfalls nicht besser erfüllt werden kann.

 

Ergebnis der kommunalrechtlichen Prüfung

Mit dem von der Stadt Rheine vorgesehenen Zweck der Entwicklung und Vermarktung der ehemaligen General-Wever-Kaserne, handelt es sich um eine wirtschaftliche Betätigung im Sinne des § 107 Abs. 1 GO NRW. Eine Betätigung im Rahmen einer privatrechtlichen Gesellschaft ist daher grundsätzlich unter den Bedingungen des § 108 GO NRW möglich.

 

 

zu b  vergaberechtliche Fragestellungen

 

Unterliegt eine kommunal beherrschte GmbH bei der Vergabe von Aufträgen (Erstellung von Bebauungsplänen, Tiefbauarbeiten, Gutachten, Erschließungsmaßnahmen etc.) dem Vergaberecht?

 

Und: Inwieweit sind die Grundsätze der Vergabe unterhalb der EU-Schwellenwerte aufgrund der Gemeindehaushaltsverordnung NRW (GemHVO NRW) anzuwenden?

 

Zur Erledigung ihrer Aufgaben muss sich die GmbH anderer Unternehmen bedienen, damit Bau- und Dienstleistungsaufgaben erfüllt werden. Die zukünftig zu beauftragenden Unternehmen erfüllen diese Aufgaben gegen entgeltliche Verträge.

 

Weiterhin ist zu trennen, ob es sich um nationale oder europäische Vergabeverfahren handelt. Die Differenzierung erfolgt gemäß des § 3 Abs. 1 Vergabeverordnung2016 nach der Schätzung des Auftragswerts im voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistungen. Dabei ist der Wert der einzelnen Leistungen, die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, bei der Auftragswertberechnung zusammenzurechnen. Bauleistungen ab Erreichen eines Auftragswertes von 5.225.000 € und Dienstleistungen (incl. HOAI-Leistungen) ab einem Auftragswert von 209.000 € jeweils ohne Umsatzsteuer sind gemäß Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) auszuschreiben (EU-Schwellenwerte). Unterhalb der EU-Schwellenwerte gelten die Normen, die der Innenminister des Landes NRW erlassen hat (z.B. Vergabeerlass NRW).

 

Gesetzliche Grundlagen

Ob die GmbH ein öffentlicher Auftraggeber ist, geht aus dem GWB hervor. Gemäß § 99 Nr. 2 GWB sind, neben den Gebietskörperschaften, andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts öffentliche Auftraggeber, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern

a)   sie überwiegend von Gebietskörperschaften durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,

b)   Ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen der Gebietskörperschaften unterliegt oder

c)   mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen einer Gebietskörperschaft bestimmt worden sind.

 

Der Begriff des „Allgemeininteresses“ wird weder von der EG-Richtlinie 2004/18/EG noch von den nationalen Regelungen definiert. Ausgeschlossen ist damit jedenfalls ein bloßes Individualinteresse. Nach der Rechtsprechung handelt es sich um solche Aufgaben, die auf andere Art als durch das Angebot von Waren oder Dienstleistungen auf dem Markt erfüllt werden und die hoheitliche Befugnisse bzw. die Wahrnehmung der Belange des Staates und damit letztlich Aufgaben betreffen, die der Staat aus Gründen des Allgemeininteresses selbst erfüllen oder bei denen er einen entscheidenden Einfluss behalten möchte[1]. Das ist anzunehmen, wenn die Aufgabe objektiv mehreren Personen zugutekommt und im Dienste der allgemeinen Öffentlichkeit wahrgenommen wird[2].

Dass die GmbH einem Allgemeininteresse nachkommt, kann damit angenommen werden, da die zukünftige Wohnlandfläche allgemein genutzt werden soll.

 

Es handelt sich bei den Aufgaben der GmbH auch um solche „nicht gewerblicher Art“ im Sinne des § 99 GWB. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich das Merkmal der „nicht gewerblichen Art“ nach dem klaren Wortlaut der für die Rechtsanwendung in Deutschland maßgeblichen Vorschrift des § 99 GWB auf die zu erfüllende im Allgemeininteresse liegende Aufgabe und nicht auf die juristische Person bezieht, die die Aufgabe erfüllen soll. Folglich ist die Anwendbarkeit der Norm nicht von vornherein auf solche juristischen Personen des privaten Rechts beschränkt, deren Tätigkeit eine nichtgewerbliche, sondern (z. B. Kraft ihrer Satzung) eine gemeinnützige ist. Eine Gewinnerzielungsabsicht, die die juristische Person oder deren Anteilseigner mit der (durch die Unternehmenstätigkeit bewirkten) Erfüllung der im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe verbinden, schließt daher die Anwendung des § 99 GWB nicht aus.[3]

 

Die Schaffung einer Wohnlandfläche kann damit hierunter als nicht gewerbliche Aufgabe subsumiert werden.

 

Eine Beherrschung in Form der überwiegenden Finanzierung ist anzunehmen, wenn das betroffene Unternehmen quantitativ zu mehr als 50 % durch öffentliche Gelder finanziert wird[4]. Eine überwiegende Finanzierung ist beispielsweise anzunehmen, wenn eine staatliche Stelle die Mehrheit des gekennzeichneten Kapitals eines Unternehmens hält. Der zu betrachtende Zeitraum ist regelmäßig das Haushaltsjahr, in dem das Verfahren zur Vergabe des betreffenden Auftrags ausgeschrieben wird.

 

Die GmbH wird durch die Stadt gegründet, damit überwiegend finanziert. Nach derzeitigen Erkenntnissen aus Rechtsprechung und Schrifttum können die kommunalen Körperschaften davon ausgehen, dass ihre Eigen- und Mehrheitsgesellschaften in der Regel unter den § 99 GWB fallen.[5]

 

Damit gilt für die GmbH ab Erreichen der EU-Schwellenwerte die Pflicht zur Anwendung des Vergaberechts für die Vergabe von Bau-, HOAI- und anderen Dienstleistungen.

 

Bei Bauauftragsvergaben unterhalb des EG-Schwellenwerts gelten haushaltsrechtlichen Bestimmungen die sich aus der Verordnung über das Haushaltswesen der Gemeinden im Land Nordrhein-Westfalen (Gemeindehaushaltsverordnung NRW - GemHVO NRW) ergeben. Gemäß § 25 Abs. 2 GemHVO NRW sind bei der Vergabe von Aufträgen unterhalb der EG- Schwellenwerte die Vergabebestimmungen anzuwenden, die das Innenministerium bekannt gibt.

 

Der Innenminister NRW hat mit seinem Vergabeerlass vom 06.12.2012[6] (Vergabegrundsätze für Gemeinden (GV) nach § 25 GemHVO NRW - Kommunale Vergabegrundsätze) in Ziffer 1.2 verfügt: Keine Anwendung finden diese Vergabegrundsätze auf Eigenbetriebe, auf kommunal beherrschte Unternehmen und Einrichtungen in einer Rechtsform des privaten Rechts sowie auf Zweckverbände, deren Hauptzweck der Betrieb eines wirtschaftlichen Unternehmens ist.

 

Damit unterliegt die GmbH unterhalb der EG-Schwellenwerte nicht den Primärgrundsätzen die sich z.B. aus § 2 VOB/A ergeben. Es gelten jedoch das Tariftreue- und Vergabegesetz Nordrhein-Westfalen – (TVgG) sowie die allgemeinen Vergabegrundsätze (Wettbewerbsgebot, Gleichbehandlungsgebot und Transparenzgebot). Denn dort heißt es in § 2 Abs. 3: „Öffentlicher Auftraggeber im Sinne dieses Gesetzes sind die nordrhein-westfälischen Auftraggeber nach § 99 GWB.

 

 

zu c   gesellschaftsrechtliche Fragestellungen

 

Ist bei der Gründung einer GmbH oder ggf. eines Unternehmens in anderer Rechtsform mit einem erhöhten Aufwand gegenüber der Entwicklung des Grundstücks durch die Stadt Rheine zu rechnen?

 

Eine Vielzahl von Aspekten sind vorab zu prüfen, hier sind insbesondere betriebswirtschaftliche, gesellschafts- und unternehmensrechtliche, personal- sowie steuerrechtliche Aspekte, die Finanzierungsmöglichkeiten mit Fremd- und Eigenkapital, Aufwendungen für die Gründung und den Betrieb der Rechtsform, gesetzliche Vorschriften über Umfang, Prüfung und Offenlegung des Jahresabschlusses, die Leitungsbefugnisse, die Haftung oder die Steuerbelastung des Unternehmens(-trägers) sowie Möglichkeiten der Kooperation mit anderen Rechtssubjekten zu nennen.

 

Eine große Relevanz im kommunalen Umfeld hat dabei auch die Wahrung eines kommunalpolitischen Einflusses auf das Unternehmen und letztlich die Beziehung der Kommune im Außenverhältnis zum Bürger.

 

Konkret müssen im Vorfeld daher u.a. folgende Fragen beantwortet, bzw. Punkte abgestimmt werden:

 

·         Wie sollen der Gesellschaftsvertrag und die Geschäftsordnungen inhaltliche ausgestaltet werden? Da Gesellschaftsverträge grundsätzlich zu beurkunden sind, ist hier die Einbindung eines Notars erforderlich.

·         Soll grundsätzlich ein Aufsichtsrat installiert werden bzw. in welcher Form soll ein Aufsichtsrat installiert werden? Ist die vorgeschlagene Personenidentität mit dem Haupt- und Finanzausschuss sinnvoll?

·         Abstimmung mit Kommunalaufsicht:

o   Ist der gewünschte Gesellschaftszweck aus kommunalrechtlicher Sicht überhaupt zulässig?

o   Vor der Gründung ist eine Markt- bzw. Chance-Risiko-Analyse (betriebswirtschaftliche Prüfung der Maßnahme) erforderlich.

·         Soll die Gesellschaft mit eigenem Personal zur Erbringung der Leistung ausgestattet werden oder die Leistung extern einkaufen?

·         Soll das Personal von Seiten der Stadt Rheine gestellt werden?

·         Wie erfolgt die Geschäftsführung der Gesellschaft (haupt- oder nebenamtlich)? Wie soll sie vergütet werden?

·         Wer erledigt die Buchhaltung und fertigt die Steuervoranmeldungen bzw. die –erklärungen?

·         Wer erstellt und prüft den Jahresabschluss?

·         Wer überwacht die Tätigkeiten (bau-)fachlich?

·         Mit welchem Kapital (Eigen- oder Fremd) und in welcher Höhe soll die GmbH ausgestattet werden?

·         Wer bearbeitet vergabe- und beihilferechtliche Fragen?

·         Ist eine Verlustverrechnung zu Zwecken der Kapitalertragsteuer-Ersparnis (sog. „kleiner Querverbund“) mit gewinnträchtigen Tochtergesellschaften möglich?

 

Mit der Begründung eines Unternehmens in eigener Rechtsform müssen die aufgeworfenen Punkte zunächst bewertet und im Gründungsprozess und darüber hinaus entsprechend berücksichtigt werden. Dies führt bereits im Vorfeld zu einem hohen Gründungsaufwand, der sich nicht ohne weiteres monetär quantifizieren lässt.

 

Wenn eine bereits bestehende Gesellschaft mit der Angelegenheit befasst wird, verringert sich dieser Aufwand zwar teilweise. Gewichtige Fragestellungen des vorstehenden Katalogs sind jedoch auch in diesem Fall im Vorfeld zu klären.

 

 

zu d  steuerrechtliche Fragestellungen

 

Bestehen bei einer Eigentumsübertragung im Rahmen eines amtlichen Umlegungsverfahrens gem. §§ 45 ff Baugesetzbuch (BauGB)steuerliche Vorteile für die Stadt Rheine?

 

Durch eine Baulandumlegung wird der Zuschnitt von Grundstücken neu geordnet, um eine plangerechte und zweckmäßige bauliche Nutzung zu ermöglichen. In den §§ 45 ff BauGB ist hierfür ein - von der Gemeinde durchzuführendes- hoheitliches Verfahren vorgesehen. Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe b Grunderwerbsteuergesetz ist eine Eigentumsübertragung aufgrund von amtlichen Baulandumlegungen im Regelfall von der Steuer befreit. Diese Steuerbefreiung erfasst jedoch nur Mehrzuteilungen, die im engeren Sinne „umlegungsbedingt“ sind.

 

Darüber hinaus ist es Voraussetzung für die Grunderwerbsteuerfreiheit gem. dem vorgenannten Bestimmungen, dass der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist.

 

Dem Grunde nach könnte im vorliegenden Fall bei enger Auslegung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe b BauGB die Eigentumsübertragung grunderwerbsteuerfrei sein. Sowohl der Erwerb der Fläche durch eine GmbH als auch die Einlage der Grundstücke in eine GmbH durch die Stadt Rheine würde der Grunderwerbsteuer unterliegen. Bei einem im Fallbeispiel angenommenen Kaufpreis von 10 Mio. Euro würde Grunderwerbsteuer in Höhe von 650.000 Euro anfallen.

 

Zur Vollständigkeit wird aber auf ein beim Bundesfinanzhof anhängiges Verfahren (BFH – II R 43/13) zur Grundstücksübertragung im Umlegungsverfahren verwiesen. Hier soll die Frage geklärt werden, ob die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b GrEStG erfüllt sind, weil es sich um einen Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren nach §§ 45 ff. BauGB handelt und der Erwerber in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist.

 

Welche Vor- bzw. Nachteile aus steuerlicher Sicht ergeben sich aus der eigenen Erschließung durch die Stadt gegenüber einer Erschließung durch eine Projektgesellschaft?

 

Um die steuerlichen Auswirkungen und den Zufluss in den Haushalt der Stadt Rheine darzustellen, wurden aus Vereinfachungsgründen nachfolgende Beispielwerte angenommen. Sowohl die Stadt, als auch eine GmbH könnten die Grundstücke zum Kaufpreis von 10 Mio. Euro erwerben. Die Erschließungsarbeiten würden durch ein drittes Unternehmen für 3,5 Mio. Euro netto erledigt. Nach erfolgter Erschließung können die Grundstücke zu einem Verkaufspreis von 15 Mio. Euro veräußert werden.

 

in Euro a)

Stadt

GmbH

Ankauf Grundstücke

-10.000.000

-10.000.000

Erschließung (netto)

-3.500.000

-3.500.000

Umsatzsteuer auf Erschließung

-665.000

-665.000

sonstiger rechtsformbezogener Aufwand b)

 

-150.000

Verkauf

15.000.000

15.000.000

Gewinn vor Steuern

 

685.000

Körperschaftsteuer (30 %) c)

 

-205.500

Gewinn nach Steuern

835.000

479.500

Kapitalertragsteuer (15 %) c)
(bei Ausschüttung in Hoheitsvermögen)

 

-71.925

Haushaltszufluss

835.000

407.575

a)    Ausgaben sind mit einem Minus-Zeichen dargestellt.

b)    Pauschalbetrag, aktuell nicht näher quantifizierbar (siehe auch Ausführungen zu c) gesellschaftsrechtliche Fragestellungen)

c)    Aus Vereinfachungsgründen wird auf die Berechnung des Solidaritätszuschlags verzichtet.

 

Ein Abzug von Vorsteuern aus den Erschließungskosten lässt sich dabei jedoch in keiner der dargestellten Gestaltungsalternativen verwirklichen. Dies begründet sich durch eine Steuerbefreiung für die Veräußerung von Grundstücken (§ 4 Nr. 9 Buchstabe a) Umsatzsteuergesetz - UStG), auf die im Falle der Veräußerung an Privatpersonen grundsätzlich nicht verzichtet werden kann, bzw. durch mangelnde Steuerbarkeit auf Ebene der Stadt Rheine, da diese kein Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes ist (§ 2 Abs. 3 Satz 1 UStG a.F., § 1 Abs. 1 Nr. 6 i. V. m. § 4 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz - KStG).

 

Erfolgt die Erschließung und Vermarktung durch die Stadt Rheine, so wären etwaige Gewinne steuerfrei. Grundlage hierfür ist, dass Grundstücksverkäufe der Gemeinden, soweit sie im Rahmen der von ihnen durchzuführenden Boden- und Siedlungspolitik getätigt werden, dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen sind (§ 4 Abs. 5 KStG). Im Falle der Erschließung (und Vermarktung) durch eine GmbH wäre diese gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG und § 2 Abs. 2 Gewerbesteuergesetz unbeschränkt steuerpflichtig. Etwaige Steuerbefreiungen für Tätigkeiten, die auf Seiten der Stadt als hoheitlich zu werten wären, sind im Steuerrecht nicht vorgesehen.

Daher unterliegen die steuerlichen Gewinne, die die GmbH erwirtschaften würde, auf Ebene der GmbH sowohl der Körperschaftsteuer, als auch der Gewerbesteuer.

 

 

zu e   Planerische und bauliche Fragestellungen

 

Welche Auswirkungen hat die Einbindung einer privatrechtlichen Gesellschaft in den Planungsprozess?

 

Kann es zu einer Verzögerung bei der Entwicklung und Vermarktung der Eschendorder Aue kommen?

 

Die Bauleitplanung für den östlichen Teil wird voraussichtlich Ende 2017 und für den westlichen Teil Anfang 2018 mit dem Satzungsbeschluss beendet werden (Anlage 2).

 

-      Auswirkungen auf die Bauleitplanung durch die Gründung einer GmbH vor deren Abschluss

Sofern die Gründung einer Gesellschaft des privaten Rechts vor Abschluss der Bauleitplanung erfolgt, ergeben sich zwangsläufig erhöhte Abstimmungsbedarfe aufgrund zusätzlicher Schnittstellen zu den Gremien der Gesellschaft (Geschäftsführung, Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung).

Der gesetzlich vorgeschriebene Beratungslauf des Ausschusses für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz (StUK) kann nicht durch Beschlussfassungen im Aufsichtsrat einer GmbH ersetzt werden. Selbst wenn der Aufsichtsrat, wie im Antrag dargestellt, personenidentisch mit dem Haupt- und Finanzausschuss besetzt würde, erfolgt zwangsläufig eine Doppelberatung mit den daraus absehbar resultierenden Wissenstransfer- und Kommunikationsproblemen.

 

Sofern die Gremienmitglieder der Gesellschaft in das bisherige Verfahren nicht eingebunden waren, entsteht darüber hinaus ein erhöhter Einarbeitungsaufwand. Sollten von Seiten der Gesellschaft vor Abschluss der Bauleitplanungen Änderungen an dieser gefordert werden, so werden sich die Verfahren je nach Bearbeitungsstand und inhaltlicher Änderungsnotwendigkeit zeitlich verzögern (z.B. durch die Wiederholung von Verfahrensschritten, die Anpassung von Gutachten, etc.) und einen zusätzlichen finanziellen und personellen Mehraufwand zur Folge haben.

 

-      Auswirkungen auf die Bauleitplanung durch die Gründung einer GmbH nach deren Abschluss

Die Gründung einer Gesellschaft oder die Auslagerung der Aufgaben auf einen Zeitpunkt nach den Satzungsbeschlüssen wäre nur dann ohne Auswirkung unter der Voraussetzung, dass keine Änderungen an den Bebauungsplänen erfolgen sollen.

Nachträgliche Änderungen an den Bebauungsplänen (z.B. durch stärkere Verdichtung, Entfall von Grünflächen oder Bäumen, andere Straßenführung, etc.) führen zu zeitlichen Verzögerungen und finanziellem und personellem Mehraufwand (z.B. durch die Erstellung von ergänzenden Gutachten) und des Weiteren zu Nachforderungen aus der Umlegungsregelung mit der BImA, die auf dem bisherigen städtebaulichen Konzept beruht.

 

In beiden Fällen ist darüber hinaus zu bedenken, dass in dem bisher umfangreichen kooperativen Planungsprozess für die Umnutzung der ehemaligen General-Wever-Kaserne ein qualitätsvolles städtebauliches und freiraumplanerisches Konzept zur Schaffung einer besonderen Wohn- und Lebensqualität im neuen Wohnquartier „Eschendorfer Aue“ entwickelt wurde.

 

-      Auswirkungen auf die Rückbau- und Erschließungsmaßnahmen durch die Gründung einer GmbH

Nach derzeitigem Planungsstand werden ab der 2. Jahreshälfte 2017 sämtliche Rückbau- und Erschließungsmaßnahmen durch die Verwaltung und die Technische Betriebe Rheine AöR (TBR AöR) geplant und durchgeführt. Diese Maßnahmen werden durch eine fachbereichsübergreifende Projektgruppe (bestehend aus Mitarbeitern der Fachbereiche 4 und 5, des Konversionsmanagements, der Stadtwerke Rheine GmbH (SWR) und der TBR AöR) koordiniert und begleitet. Die Durchführung der Erschließungsmaßnahmen erfordert eine fortlaufende Abstimmung zwischen den Fachbereichen und Abteilung. Es ist keine Gesellschaft denkbar, die diese Qualifikation fachlich personell abbildet. Selbst eine bestehende städtische Gesellschaft wird komplett auf diese Personalressource zugreifen. Hierdurch stellt sich allein die grundsätzliche Frage nach dem Sinn einer solchen Gesellschaftsform.

Wie bereits bei der Bauleitplanung ausgeführt, ergeben sich zwangsläufig erhöhte Abstimmungsbedarfe aufgrund zusätzlicher Schnittstellen zu den Gremien der Gesellschaft (Geschäftsführung, Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung).

Zeitliche Verzögerungen und finanzielle und personelle Mehraufwendungen sind ebenfalls nicht auszuschließen.

 

Darüber hinaus sind auch die Planungen der Entwässerung durch den Verwaltungsrat der TBR AöR und die Planungen der Straßenerschließung durch den Bauausschuss zu begleiten und zu beschließen. Die hierfür erforderlichen Beschlussfassungen können nicht durch den Aufsichtsrat einer GmbH ersetzt werden. Selbst wenn der Aufsichtsrat, wie im Antrag dargestellt, personenidentisch mit dem Haupt- und Finanzausschuss besetzt würde erfolgt zwangsläufig eine Doppelberatung. Auf die zusätzliche zeitlichen Erfordernisse hinsichtlich zu beachtender Fristen, Mehraufwand im Hinblick auf Sitzungsvorbereitung (Vorlagenerstellung) und -durchführung sowie zu erwartende Kommunikationsdefizite aufgrund zusätzlicher Schnittstellen muss hier nicht extra hingewiesen werden. Zur Personenidentität gilt das oben gesagt: Es gibt keine städtische Gesellschaft, die das erforderliche Fachwissen personell abbildet.

 

-      Unterschied bei den Rückbau- und Erschließungsmaßnahmen der Gartenstadt Gellendorf

Für die Entwicklung der Gartenstadt Gellendorf standen Fördergelder zur Verfügung. Im Gegensatz zur Gartenstadt Gellendorf ist eine Nachnutzung der vorhandenen Bebauung (Wohngebäude, Bunker und Gewerbehallen) nicht geplant.

 

 

zu f   vermarktungstechnische Fragestellungen

 

Welche Vorteile ergeben sich durch die Vermarktung der Eschendorfer Aue durch das Grundstücksmanagement der Stadt Rheine?

 

Das Grundstücksmanagement der Stadt Rheine verfügt über umfangreiche Erfahrungen und Kenntnisse und entsprechende personelle Ressourcen für die Vermarktung von Grundstücken (Wohnbau- und Gewerbegrundstücke). Es bietet Bauwilligen und Investoren schon immer entsprechende Wohnbaugrundstücke zum Kauf an und hat in den letzten Jahrzehnten den überwiegenden Anteil der unbebauten Grundstücke in Rheine vermarktet (Anlage 3).

 

Vorteile bezogen auf das Personal und die Organisation sind insbesondere

 

-                 umfangreiche Marktkenntnisse (Bedarf, Nachfrage, Preisbildung und Absatzmöglichkeiten)

-                 umfassende Kenntnisse im Vertragsrecht (auch komplexe Verträge für Gewerbegrundstücke)

-                 engagierte Mitarbeiter/innen mit den für die Vermarktung von Grundstücken notwendigen Erfahrungen und Qualifikationen

-                 Vorhandensein einer Online Vermarktungsplattform (www.bauen-in-rheine.de)

-                 aufgrund fortlaufender Projekteinbindung Berücksichtigung aller übergreifenden Vertragsinhalte

 

Vorteile bezogen auf die Transparenz, Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten sind insbesondere

 

-                 Bei einer Vermarktung durch das Grundstücksmanagement der Stadt Rheine kann durch entsprechende Beschlüsse in den politischen Gremien ein direkter Einfluss auf die Eckpunkte der Vermarktung und die Vergabekriterien (siehe Vorlage-Nr. 150/17) genommen werden. Hierdurch ist eine maximale Transparenz für die Politik und die Bürger sichergestellt.

 

-                 Im Rahmen eines durch den Rat beschlossenen Vermarktungskonzeptes für die Einfamilienhausbebauung können unterschiedliche Preiszonen gebildet werden. Hierdurch können preisgünstige Grundstücke für Familien und für Bauwillige mit geringem Einkommen geschaffen werden. Im Rahmen der Gesamtkalkulation könnten durch eine Verteuerung von begünstigten Lagen diese „Vergünstigungen“ ausgeglichen werden, so dass im Durchschnitt der Bodenrichtwert des gesamten Gebietes erreicht wird. Hierdurch wird eine preisdämpfende Wirkung auf den Grundstücksmarkt in Rheine erreicht, da die Stadt Rheine nicht zu den am Markt möglichen Spitzenwerten verkauft.

 

-                 Bei der Vermarktung der Mehrfamilienhausgrundstücke kann durch die Festlegung entsprechender Kriterien durch einen Beschluss des Rates direkt Einfluss genommen werden. Hier sind insbesondere folgende Aspekte zu nennen: die Schaffung von gefördertem und preisgebundenem Wohnraum, die Auswahl der Investoren sowie auch städtebauliche und gestalterische Gesichtspunkte. Vor dem Hintergrund der zunehmend auslaufenden Zweckbindungen bei gefördertem Wohnraum in Rheine ist die Schaffung von neuem preisgebundenem Wohnraum für einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen eine sehr wichtige Aufgabe (s. auch Vorlage Nr. 34/16).

 

-                 Über die Wohnungsgesellschaft der Stadt Rheine mbH erfolgt eine Einbindung in potenzielle Förderkulissen.

 

 

Teil 2: Erarbeitung eines Vermarktungskonzeptes

 

Da die Prüfung der Verwaltung zu dem Ergebnis kommt, dass die Entwicklung und Vermarktung der Eschendorfer Aue durch die Stadt Rheine selbst vorteilhafter ist, wird die Verwaltung unter dieser Prämisse in den kommenden Monaten ein Vermarktungskonzept entsprechend dem zweiten Teil des fraktionsübergreifenden Antrags erarbeiten.



[1] EuGH, Urt. v. 16.10.2003 – Rs. C-283/00 [»SIEPSA«], Slg. 2003 I-11 697 Rn. 80; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.06.2005 – VII-Verg 22/05

[2] OLG Düsseldorf, Beschl. v. 06.07.2005 – Verg 22/05

[3] OLG Düsseldorf, VII-Verg 67/02, 30.04.2003

[4] EuGH, Urt. v. 13.12.2007 – Rs. C-337/06 [»Bayrischer Rundfunk«], Slg. 2007 I-11173 Rn. 33; Urt. v. 03.10.2000 – Rs. C-380/98 [»University of Cambridge«], Slg. 2000 I-8035 Rn. 27 ff.

[5] GPA Baden-Württemberg-Mitteilung Bau 1/2004, VOB-Anwendung durch kommunale Unternehmen in privater Rechtsform

[6] Mit Ablauf des 31. Dezember 2018 tritt der Vergabeerlass außer Kraft


Anlagen:

 

Anlage 1:    Projektorganisation Eschendorfer Aue

Anlage 2:    Zeitliche Darstellung

Anlage 3:    durch das städtische Grundstücksmanagement von 1999 bis 2017 vermarktete Wohnbaugrundstücke (Referenzen)