Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der Kulturausschuss empfiehlt dem Haupt- und Finanzausschuss, folgenden Beschluss zu fassen:
1. Die Stadtbibliothek soll nach ihrem Umzug in das Rathauszentrum mit einer wöchentlichen Öffnungszeit von 25 Stunden betrieben werden.
2. Nach dem Umzug der Stadtbibliothek in das
Rathauszentrum ist eine qualitative Ausweitung des Angebotes der
Stadtbibliothek zurzeit nicht vorgesehen.
Begründung:
Zur Erinnerung
Am 12. Dezember 2006 hat der Rat der Stadt Rheine einstimmig ein Leitbild beschlossen, in dem u. a. Bildung einen hohen Stellenwert einnimmt:
„Rheine bildet
sich, aus und weiter: im Lernen zu leben, im Gestalten der Gesellschaft, im
Unternehmen der Zukunft.
Soziale
Kompetenz und Chancengleichheit durch ausreichende Bildung für alle
Bevölkerungsgruppen sind das Zukunftskapital für Rheine im Rahmen zunehmender
Globalisierung. Sie sind das Rückgrat und die Basis gesamtgesellschaftlich
verantwortungsvollen, auch wirtschaftlichen Handelns und als Aufgabe der
Verantwortlichen zu verstehen. Kultur und Bildung sind eine untrennbare Einheit
und u. a. als Schlüsselfaktoren für ein gesundes Leben zu vermitteln.“
Es ist Aufgabe der Stadtbibliothek, einen wichtigen Beitrag zum Engagement der Stadt Rheine im Bereich Bildung zu erbringen, indem sie
· zur Schärfung des Profils als bildungsfreundliche Kommune beiträgt, z. B. durch
ð optimale Leseförderung und somit auch Sprachförderung
ð systematische Nutzung der Bibliothek als außerschulischer Lernort
ð Ergreifen von Maßnahmen zur Überwindung der „digitalen Zwei-Klassen-Gesellschaft“
ð systematische Erschließung junger Kunden und zukünftiger Zielgruppen
· langfristig lese- und medienkompetente Kinder und Jugendliche mit besseren Chancen auf qualifizierte Bildungsabschlüsse und Ausbildungsplätze in Rheine bildet.
Die in gebotener Kürze genannten Gründe für die Erweiterung der Stadtbücherei Rheine haben zu dem Ausbau und zu den erheblichen Investitionen in Bau und Einrichtung von ca. 2,7 Mio. Euro geführt.
Der jetzt formulierte
Beschlussvorschlag wird dem vormals formulierten Ansprüchen nicht gerecht und
ist ausschließlich der politisch gewollten Deckelung der Personalkosten auf
33,8 Mio. Euro geschuldet.
1 Ausgangssituation
Die
Stadtbücherei plant für Oktober 2007 den Umzug in die umgebauten Räumlichkeiten
der Volksbank im Rathauszentrum. Dort stehen dann 1.080 qm Publikumsfläche -
gegenüber 750 qm im Sträterschen Haus - zur Verfügung. Die neue Bibliothek
erstreckt sich über 2 Etagen, einem kleinen Entree im Erdgeschoß und der Hauptfläche
in der 1. Etage. Sie befindet sich in der Mall im Umfeld des Einzelhandels.
Es wurde
angestrebt, dass die Öffnungszeiten der Bibliothek sich denen des Einzelhandels
(ca. 48 Std./Woche) nähern um damit einen Beitrag zur Belebung der Innenstadt
zu leisten. Die Anzahl der Öffnungsstunden pro Woche hat einen erheblichen
Einfluss auf den Personalbedarf.
Der Kulturausschuss hat in seiner Sitzung am 29. Juni 2005 (345/05) das Bibliothekskonzept mit den dort vorgetragenen Aussagen zum Personalbedarf inhaltlich und baulich zustimmend zur Kenntnis genommen:
Auszug aus der Vorlage:
„-- Personalbedarf
Prof. Dr. Umlauf hat im Zusammenhang mit seinem Gutachten auch Aussagen über den Personalbedarf der Stadtbücherei Rheine mit Blick auf die Flächenerweiterung getroffen und in einer Tabelle mögliche Optionen dargestellt. Bei allen Optionen geht Prof. Umlauf vom Einsatz der Selbstverbuchung aus, andernfalls müsste mindestens ein zusätzlicher Verbuchungsplatz während der gesamten Öffnungszeit besetzt werden, was den Personalbedarf also jeweils um eine Stelle erhöhen würde.
...
Prof. Umlauf empfiehlt, bei Umsetzung der minimalen Flächenerweiterung die
Option 4, die einen vollen Service ermöglicht, das bedeutet
· 40 Öffnungsstunden. Für Sonder- und Gebührenfälle sind 2 Beratungsplätze eingerichtet.
· Es werden jährlich 40 medienpädagogische Veranstaltungen und 20 kleinere Kulturveranstaltungen durchgeführt.
· Das Bestandsziel von 100.000 Medieneinheiten wird in 15 Jahren angestrebt.
Um diese Dienstleistungen anzubieten haben bundesweit Bibliotheken in Städten zwischen 50.000 und 100.000 im Durchschnitt 15,3 Personalstellen, in NRW 13 Personalstellen zur Verfügung. Prof. Umlauf hält es für möglich, unter den gegebenen Umständen mit 10,8 Personalstellen die Dienstleistung zu erbringen.“
Im Kulturausschuss und bei Stellenplanberatungen wurde
immer wieder darauf hingewiesen, dass die Personalausstattung der Stadtbücherei
Rheine seit Jahren weit unter dem Durchschnittswert vergleichbarer Bibliotheken
liegt. Belegt wurde diese Aussage insbesondere mit Vergleichswerten aus dem
bundesweiten BIX und verschiedenen gutachterlichen Stellungnahmen. Eine
anforderungsgerechte Personalausstattung konnte bisher jedoch trotz dieser
objektiven und klaren Werte nicht erreicht werden.
Der Dienstbetrieb in der Stadtbücherei konnte mit
diesem relativ geringen Personalbestand nur dadurch aufrechterhalten werden,
dass die Mitarbeiterinnen erhöhten Arbeitsbelastungen ausgesetzt wurden.
Außerdem orientierte sich die Qualität des gesamten Dienstleistungsspektrums
nicht am Bedarf sondern an den personellen Möglichkeiten. Darüber hinaus wurden
für relative einfache Tätigkeiten studentische Hilfskräfte eingesetzt.
2 Personalbedarfsberechnung - Stellenbemessung
2.1 Zur Methode
Vor dem Hintergrund der bekannten finanziellen Rahmenbedingungen der Stadt Rheine ist eine kritische Betrachtung des zukünftigen Personalbedarfs der Stadtbücherei nach dem Umzug in das Gebäude der Volksbank dringend geboten.
Um den Personalbedarf exakt ermitteln zu können, wurde in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich 7 eine Bedarfsanalyse durchgeführt.
Diese im Juni 2006 seitens der Verwaltung durchgeführte Personalbedarfsberechnung basiert auf der üblichen Methode des analytischen Stellenbemessungsverfahrens, die auch von Herrn Prof. Dr. Umlauf angewandt wurde, wählt jedoch in folgenden Punkten einen anderen Ansatz als Prof. Dr. Umlauf:
·
Der Arbeitszeitbedarf (mittlere
Bearbeitungszeiten = m. B. Z.) wurde für die wesentlichen Tätigkeiten (bei
Herrn Prof. Dr. Umlauf „Arbeitsvorgänge“ genannt) in der Stadtbücherei Rheine
konkret gemessen.
Herr Prof. Dr. Umlauf hat seinerzeit wegen des damit verbundenen Aufwandes auf
eine „betriebsspezifische Ermittlung des Arbeitszeitbedarfs pro Bearbeitungsfall“
verzichtet. Stattdessen liegen den Aussagen des Umlaufgutachtens frühere
Vergleichswerte aus anderen Bibliotheken zugrunde.
· Die aktuelle Berechnung der Verwaltung beruht auf Zeitmessungen verschiedener Mitarbeiterinnen für die gleiche Tätigkeit im Wege der Stichprobenerhebung. So konnte der Aufwand für diese Aufzeichnungen auf ein leistbares Maß reduziert werden.
· Die Schlüssigkeit der gemessenen Zeitwerte wird dadurch belegt, dass sie den derzeitigen Zustand widerspiegeln.
· Die Berechnung des Personalbedarfs für die Stadtbücherei nach dem Umzug in die Volksbank geht also von den derzeit relativ sehr niedrigen Ist-Werten aus. Nur bei den Tätigkeiten, bei denen umzugsbedingt höhere Fallzahlen entstehen werden (in erster Linie bei den Öffnungszeiten und den Besucherzahlen), ergibt sich auf dieser Basis ein entsprechend veränderter Personalbedarf.
2.2 Ergebnis
der aktuellen Personalbedarfsberechnung
Das Ergebnis und die der Berechnung zugrunde liegenden Tätigkeiten sind in den als Anlagen beigefügten Personalbedarfsberechnungen dargestellt.
Der Stellenplan der Bibliothek beträgt derzeit 6,78 Stellen. 2,78 Stellen des gehobenen Dienstes werden von Diplom Bibliothekarinnen besetzt, 4 Stellen des mittleren Dienstes von Fachangestellten für Medien- und Informationsdiensten.
Die Bedarfsanalyse zeigt, dass schon beim derzeitigen Stand im Sträterschen Haus bei 25 Öffnungsstunden in der Woche der Stellenplan nicht bedarfsangemessen ist, es wird ein Bedarf von 7,33 Stellen ausgewiesen.
Nach dem Umzug der Stadtbücherei ins Rathauszentrum wird sich die Nutzung der Bibliothek durch die Bürgerinnen und Bürger verändern. Die neue Bibliothek wird so gestaltet, dass eine Aufenthaltsqualität erreicht wird, die den Besuch attraktiv macht. Die zentrale Lage macht es auch weniger mobilen Menschen, hier besonders Älteren und Gehbehinderten, möglich, die Einrichtung zu nutzen. Die Anzahl der jährlichen Besuche und auch die Anzahl der Medienentleihungen wird zunehmen.
Im dargestellten Szenario 1 mit 25 Öffnungsstunden wird – bei vorsichtiger Schätzung- von einer Nutzungssteigerung von 50 % bei den Besuchen und 30 % bei den Entleihungen ausgegangen.
Diese Veränderungen führen bei gleich bleibenden Öffnungsstunden zu einem Personalbedarf von 8,35 Stellen, also zu einem rechnerischen Mehrbedarf von 1,57 Stellen.
3 Konsequenzen
Eine Ausweitung des Gesamtstellenplans bei der Stadt Rheine ist nicht vorgesehen, der Personaletat ist ausgeschöpft, eine Stellenerweiterung für die Stadtbibliothek ist nicht möglich.
Aus finanzpolitischen Erwägungen schlägt die Verwaltung daher vor, nach dem Umzug der Stadtbücherei ins Rathauszentrum im Herbst 2007, die neue Bibliothek
· unverändert mit 25 Öffnungsstunden in der Woche wiederzueröffnen,
· keine Ausweitung der Leistungen im Zusammenarbeit mit Schulen (z.B. Landesprojekte „Kultur und Schule“, „Schule und Bibliothek“),
· keine Veranstaltungsarbeit auf literarischem Gebiet für Erwachsene durchzuführen.
Gesamtstädtische Ziele – hier wird noch einmal auf die Vorbemerkung verwiesen-, die mit dem Umzug und der Erweiterung der Stadtbibliothek geplant waren, müssen nun zurück gestellt werden.
3.1 Öffnungszeit
In der „Zielvereinbarung zur Stärkung und Attraktivierung der Rheiner Innenstadt“, November 2006, heißt es unter Punkt 20:
„Ein besonderes Entwicklungspotenzial bieten die im Rathauszentrum ab Herbst 2007 neu positionierten Stadtbibliothek und Archiv. Die hohe Besucherzahl (in den Schätzungen wird von mehr als 150.000 Besuchern ausgegangen) bedeutet für den benachbarten Einzelhandel ein attraktives Mehr an potenziellen Nachfragern, auf jeden Fall eine deutliche Belebung der Innenstadt. Bücherei und Archiv haben die Aufgabe, bei ihren Kunden möglichst schnell eine hohe Akzeptanz für den neuen Standort, für das verbesserte Medienangebot und für kundenorientierte Beratung zu erreichen.„
Die Aufgabe, die der Bibliothek dort erteilt wird,
kann nicht so leicht erfüllt werden, wenn Öffentlichkeit nur in eingeschränktem
Maße hergestellt werden kann.
In „Integriertes Entwicklungs- und Handlungskonzept Rheine 2020 – Leitbild und Leitprojekte“, Entwurf Stand Dezember 2006, heißt es unter
Leitprojekt 10: Vitale Innenstadt
„Eine vitale Innenstadt steht in engem Zusammenhang mit Kultur, Bildung und Sport/Freizeit. Aus diesem Grund sind alle Betroffenen zur Kooperation, Kommunikation, Koordination und zur Umsetzung des Leitprojektes aufgefordert.
Leitprojekt 19: Besondere Orte der Kultur
„Besonders die Innenstadt lebt von der komplementären Ausrichtung von Kultur und Kommers.
Wenn das kulturelle Angebot zum täglichen Leben gehören soll wie das tägliche Einkaufen, dann sollte die Innenstadt ein besonderer Ort zum Erleben von Kultur sein bzw. werden...
Die Stadtbibliothek... wird zu einem Medienzentrum, in dem u. a. besondere Filme einem kleinen Publikum vorgeführt werden und das mit besonderen Öffnungszeiten für Kinder und Jugendliche wirbt.“
Das Entwicklungspotential, das von der neuen
Stadtbibliothek für die Innenstadt ausgehen kann, wird klein gehalten, wenn
Personalmangel Restriktionen nötig macht. Die hier postulierten neuen Angebote
kann die Stadtbibliothek den Bürgerinnen und Bürgern nicht machen.
Mit 25 Öffnungsstunden in der Woche steht die Stadtbibliothek Rheine im Vergleich mit Bibliotheken in ähnlich großen Städten nicht gut da.
Die Deutsche Bibliotheksstatistik wertet die Daten von 93 Öffentliche Bibliotheken in Kommunen mit einer Einwohnerzahl zwischen 50.000 und 100.000 Bürgerinnen und Bürgern aus. Die durchschnittliche wöchentliche Öffnungszeit beträgt 32 Stunden; 80 % der Bibliotheken bieten mehr als 25 Öffnungsstunden pro Woche, 33 % sogar 35 Stunden oder mehr. Es ist nicht verwunderlich, dass lange Öffnungszeiten mit einer hohen Besucherzahl korrelieren, die Stadt Ludwigsburg (87.700 Einwohner) zum Beispiel öffnet ihre Bibliothek 42 Stunden in der Woche und zählt jährlich 436.000 Besuche.
3.2 Leseförderung
Bibliotheken
haben eine wichtige Aufgabe auf dem Gebiet der Leseförderung, des lebenslangen
Lernens und der kulturellen Identifikation der Bevölkerung zu leisten. Auf dem
Gebiet der Leseförderungen sollte die Stadtbibliothek ihre Leistungen ausweiten
und die Zusammenarbeit mit den Schulen intensivieren. Das Land NRW fordert und
fördert diese Zusammenarbeit.
Es bestand
die Absicht, dass die Stadtbibliothek sich ab 2007 an dem Projekt „Bildungspartner
NRW: Bibliothek und Schule“ beteiligt. Hier findet, unterstürzt durch das Land
NRW, eine kommunale Medienentwicklungsplanung statt, die die örtlichen
Bildungspartner Schule und Bibliothek zusammenführt.
Das
landesweite Projekt „Schule und Kultur“ unterstützt Kommunen in ihren Bemühungen,
Ganztagsunterricht zu bereichern. Konzepte der Zusammenarbeit mit Bibliotheken
sollten ab 2007 auch in Rheine umgesetzt werden.
Um hier gute
Arbeit leisten zu können, benötigte die Stadtbibliothek allerdings eine
entsprechende Ausstattung mit Fachpersonal. Diese wichtigen Aufgaben müssen nun
zurückgestellt werden.
3.3 Sonstiges
Im
Eingangsbereich der Stadtbibliothek sollen zusätzliche Dienstleistungen angeboten
werden. Die Karten für kulturelle Veranstaltungen der Stadt sollen hier zu erwerben
sein, Informationsmaterial und Informationsdarstellung zu kulturellen Angeboten
der Stadt sollen hier präsentiert werden. Der Personalbedarf für diese zusätzlichen
Dienstleistungen ist bisher nicht ermittelt worden und nicht in die Ergebnisse
der Personalbedarfsberechnung eingeflossen.
Zur Einführung der
neuen Verbuchungstechnik in der Stadtbibliothek und den damit verbundenen Aufgaben, wird es nötig werden,
für einen Zeitraum von etwa 5 Monaten Zusatzkräfte zu beschäftigen. Dies sollte
über geringfügige Beschäftigungsverhältnisse erfolgen.
Anlagen:
Anlage 1 : Berechnung des Personalbedarfs für Diplom-BibliothekarInnen
Anlage 2: Berechnung des Personalbedarfs für Fachangestellte für Medien und Informationsdienste