Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

1.      Der Rat der Stadt beschließt, dass - ausgehend vom heutigen Niveau des Stadtverkehrs Rheine - der Versuch unternommen werden soll, den Stadtverkehr ab dem 01.12.2019 als eigenwirtschaftlichen Verkehr zu organisieren und entsprechend das Interesse eigenwirtschaftlich fahrender, privater Verkehrsunternehmen anzuregen.

 

2.      Die Verwaltung wird beauftragt, einen Aufruf zum eigenwirtschaftlichen Genehmigungswettbewerb nach Maßgabe des sog. „Wittenberger Modells“ durch Bekanntgabe im EU-Amtsblatt vorzubereiten.

 

3.      Die Verwaltung wird beauftragt, zur Vorbereitung der Bekanntgabe mit dem Kreis Steinfurt eine Vereinbarung abzuschließen, die sicherstellt, dass das heutige der Stadt als ÖPNV-Aufgabenträger für den Stadtverkehr Rheine vom Land NRW zur Verfügung gestellte Volumen der

a.      Mittel nach § 11a ÖPNVG NRW (Ausbildungsverkehrspauschale)

b.      Mittel nach § 11 Abs. 2 ÖPNVG NRW (ÖPNV-Pauschale)

auch im Falle eines erfolgreichen eigenwirtschaftlichen Antrags vollumfänglich weiterhin dem Stadtverkehr Rheine zur Verfügung steht.

 

4.      Die Verwaltung wird beauftragt, mit dem Kreis Steinfurt für den Fall eines erfolgreichen eigenwirtschaftlichen Antrags ein Verfahren zur Übertragung der sog. freiwilligen Aufgabenträgerschaft gem. § 4 ÖPNVG NRW vom Kreis Steinfurt auf die Stadt Rheine verbindlich abzustimmen.

 

5.      Der Rat der Stadt Rheine beschließt die im Antrag der SPD-Fraktion vom 08.11.2017 genannten Erweiterungen der Fahrzeiten bei der Fortschreibung des Nahverkehrsplanes zu prüfen und hierbei sowohl eine Variante mit als auch eine Variante ohne Mehrkosten aufzuzeigen.

 

6.      Die Verwaltung wird ermächtigt, das weitere Verfahren durch PwC WpG begleiten zu lassen.

 


Begründung:

 

Es wird auf die Vorlagen aus der Ratssitzung vom 27.09.2016, dem HFA vom 09.05.2017, der Informationsveranstaltung vom 12.06.2017, der Ratssitzung vom 11.07.2017 sowie die dort zur Verfügung gestellten Unterlagen und Informationen verwiesen.

 

In den vergangenen Monaten haben sich der Rat und die Verwaltung der Stadt intensiv mit den bereits mehrfach vorgestellten und diskutierten drei möglichen Ausgestaltungsmöglichkeiten des Stadtverkehrs Rheine befasst:

-          Aufgabe des VSR-Verkehrsbetriebs und Rückübertragung der gesetzlichen Aufgaben-trägerschaft Stadtverkehr Rheine an den Kreis Steinfurt zu Ende 2019

-          Beibehaltung der gesetzlichen Aufgabenträgerschaft der Stadt Rheine durch Direktvergabe an die VSR auch nach 2019

-          Aufgabe des VSR-Verkehrsbetriebs und europaweiter Aufruf zum eigenwirtschaftlichen Genehmigungswettbewerb mit Wirkung zu Ende 2019 unter Beantragung der freiwilligen Aufgabenträgerschaft durch die Stadt Rheine beim Kreis Steinfurt.

 

Nach intensiver Auseinandersetzung mit dieser Thematik ist nach Auffassung der Verwaltung die Umsetzung des Modells 3 „Aufgabe des VSR-Verkehrsbetriebs und europaweiter Aufruf zum eigenwirtschaftlichen Genehmigungswettbewerb mit Wirkung zu Ende 2019 unter Beantragung der freiwilligen Aufgabenträgerschaft durch die Stadt Rheine beim Kreis Steinfurt“ die vorzugswürdigere Variante.

 

Dieser Auffassung liegt der folgende Abwägungsprozess zu Grunde:

 

 

1.    Aufgabe des VSR-Verkehrsbetriebs und Rückübertragung der gesetzlichen Aufgabenträgerschaft Stadtverkehr Rheine an den Kreis Steinfurt zu Ende 2019

 

Die Stadt Rheine könnte sich dazu entschließen, die ihr zurzeit gesetzlich obliegende Aufgabe der Planung, Organisation und Finanzierung des Stadtverkehrs Rheine insgesamt zurück-zuziehen und diese Aufgabe ab Ende 2019 wieder dem Kreis Steinfurt zu überlassen. Dies könnte sie einfach dadurch erreichen, dass sie erklärt, Ende 2019 keine Anschlussbetrauung an die dann auslaufende Betrauung der VSR aussprechen zu wollen. Da es der VSR dann nicht mehr möglich wäre, den Stadtverkehr weiter zu betreiben, wäre die Stadt Rheine auch nicht mehr an einem ÖPNV-Unternehmen beteiligt und verlöre damit gem. § 3 Abs. 1 ÖPNVG NRW automatisch die ihr bisher obliegende Rolle als ÖPNV-Aufgabenträger. Die Entscheidung zur Aufgabe der ÖPNV-Sparte der VSR ohne ergänzende Maßnahmen würde faktisch zu einer „freiwilligen“ Rückübertragung der Aufgabenträgerschaft auf den Kreis Steinfurt führen.

 

Damit wäre der Kreis Steinfurt wieder umfassend für den Stadtverkehr in Rheine verantwortlich und zuständig. Für diesen Fall sieht der Kreis gem. dem „Sachstandsbericht für den Aus-schuss für Verkehr, Wirtschaft, Bauen, Energie, Tourismus und Demographie des Kreises Steinfurt am 15.11.2017“ bezogen auf den Stadtverkehr Rheine folgende Ausgestaltungs-möglichkeiten:

 

a)      Wettbewerbliche Ausschreibung:

-          Der Kreis Steinfurt wird sich mit der Stadt Rheine über den Umfang der ÖPNV-Leistungen eng abstimmen und durch Bekanntgabe im EU-Amtsblatt dazu aufrufen, die Verkehrsleistungen im Stadtverkehr Rheine eigenwirtschaftlich bei der Bezirksregierung in Münster zu beantragen.

-          Sollte ein eigenwirtschaftlicher Antrag eingehen, der dem in der Bekanntmachung beschriebenen Umfang der ÖPNV-Leistungen entspricht, wird die Bezirksregierung Münster die erforderlichen Genehmigungen erteilen.

-          Sollte kein belastbarer eigenwirtschaftlicher Antrag eingehen, wird der Kreis Steinfurt die Erbringung der Verkehrsleistungen im Stadtgebiet Rheine öffentlich ausschreiben und dem Verkehrsunternehmen einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag (öDA) erteilen, das die geringste Zuzahlung fordert.

 

b)      Organisation mit der RVM/Einbindung in die kreisweite Direktvergabe:

-          Der Kreis Steinfurt plant mit den anderen Münsterlandkreisen für die Zeit ab dem 01.01.2021 eine erneute Direktvergabe an das kreiseigene Unternehmen RVM. Der Stadtverkehr Rheine würde als eigenes Linienbündel mit in diese Direktvergabe ein-gebunden. Dabei würde sich der Kreis hier ebenfalls wegen des Umfangs der ÖPNV-Leistungen mit der Stadt Rheine abstimmen.

-          Die Zeit vom 01.12.2019 bis zum 01.01.2021 könnte über eine Notvergabe zu Gunsten der RVM durch den Kreis „überbrückt“ werden.

 

Damit ist festzuhalten, dass der Kreis zwar gewillt ist, das ÖPNV-Leistungsangebot unter enger Abstimmung mit der Stadt Rheine auszugestalten, die konkrete Organisation bzw. Betreiberauswahl (wettbewerbliche Ausschreibung oder Direktvergabe) ist derzeit aber offen. Klar ist allerdings, dass die Stadt den heute unmittelbar bestehenden Einfluss auf die Ausgestaltung des Stadtverkehrs, den Kontakt zu den Verkehrsunternehmen und damit die direkte Einsicht- und Entscheidungskompetenz verlieren und vielmehr auf die Mitwirkung des Kreises als dann Verantwortlichem angewiesen sein wird.

 

Bzgl. der Frage der Finanzierung des Stadtverkehrs Rheine hat sich der Kreis bereits insoweit geäußert, als dass er beabsichtigt, die entstehenden Kosten 1:1 an die Stadt Rheine weiterzugeben. Die für die Stadt Rheine zu erwartenden Kosten – im Falle einer wettbewerblichen Vergabe, aber insb. auch im Falle der Direktvergabe an die RVM - sind der Stadt Rheine bisher trotz entsprechender Anfragen nicht mitgeteilt worden.

 

Unterstellt, der Kreis hätte die Möglichkeit, den Stadtverkehr Rheine zu den gleichen Konditionen, wie sie heute die VSR bietet, erbringen zu lassen, könnte die gesonderte Kreisumlage rund 1,4 Mio. € betragen (Annahme: heutiges ÖPNV-Defizit der VSR). Unklar ist allerdings, ob der Kreis Steinfurt den Stadtverkehr Rheine zukünftig zu diesen Kondition vergeben können wird.

Die Höhe der wirtschaftlichen Belastungen, die dann erstmal nicht mehr von der SWR/VSR, sondern dem städtischen Haushalt zu tragen wären, sind insoweit derzeit bereits dem Grunde nach erkennbar, in der Höhe aber nicht belastbar abschätzbar. In Kombination mit dem Verlust des Gestaltungs- und Organisationsrechts bezogen auf den Stadtverkehr Rheine im Falle einer „freiwilligen“ Rückübertragung der Aufgabenträgerschaft auf den Kreis Steinfurt wird von Seiten der Verwaltung der Stadt Rheine diese Variante insoweit nicht bevorzugt.

 

 

2.    Beibehaltung der gesetzlichen Aufgabenträgerschaft durch Direktvergabe an die VSR

 

Um eine Direktvergabe zu Gunsten der VSR als Anschlussregelung zur Ende 2019 auslaufenden Betrauung durch die Stadt Rheine rechtssicher umsetzen zu können, müsste die VSR zu einem vollwertigen Verkehrsunternehmen mit eigenen Bussen und Fahrern auf-/ausgebaut und auf die Einbindung von lokalen Nachunternehmern (wie derzeit die Firma Mersch) verzichtet werden. Neben der Sicherstellung der ausreichenden Verkehrsbedienung im Stadtverkehr würde sich die Stadt im Falle einer erfolgreichen Durchführung der VSR-Direktvergabe auch die gesetzliche ÖPNV-Aufgabenträgerschaft für den Stadtverkehr und damit das unmittelbare Organisations- und Ausgestaltungsrecht auch für die Zukunft sichern. Zugleich könnte die Finanzierung des Stadtverkehrs – entsprechend des Status quo – über den steuerlichen Querverbund innerhalb des Stadtwerke-Konzerns sichergestellt werden.

Der Aufbau eines eigenen VSR-Verkehrsbetriebs geht allerdings (kurz- wie auch mittelfristig) mit nicht unerheblichen wirtschaftlichen Risiken einher:

 

a)     Kurzfristige Risiken

Will die Stadt eine Direktvergabe an die VSR vornehmen, ist die Absicht der Direktvergabe mindestens 1 Jahr im Voraus im EU-Amtsblatt vorab zu veröffentlichen. Zeitgleich müsste die VSR mit dem Aufbau des Verkehrsbetriebs (Ausschreibung Fahrzeuge und Einstellung Mitarbeiter oder ggf. Erwerb eines entsprechenden Verkehrsunternehmens) beginnen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass sich die Stadt Rheine und die VSR sicher sein können, dass die gemeinsam angestrebte Direkt-vergabe auch tatsächlich zur Umsetzung kommt.

 

Mit der Vorabbekanntmachung im EU-Amtsblatt haben nämlich andere Verkehrsunternehmen das Recht unter Beachtung der Inhalte der Vorabveröffentlichung sog. eigenwirtschaftliche (Konkurrenz-)Anträge zur Erbringung des Stadtverkehrs Rheine zu stellen. Diese Anträge werden von der Bezirksregierung Münster auf Belastbarkeit hin überprüft. Würde einem solchen Antrag dann stattgegeben, würde die beabsichtigte Direktvergabe zu Gunsten der VSR nicht mehr umsetzbar und der neu aufgebaute Verkehrsbetrieb aufwendig wieder abzuwickeln (Kündigung Mitarbeiter, Sozialplan-verhandlung, Abbruch Beschaffungsvorgänge oder ggf. sogar Veräußerung Wirtschaftsgüter etc.).

 

Eine betriebswirtschaftliche Kalkulation und Simulationsrechnungen der PwC WpG hat insoweit ergeben, dass entsprechende Risiken tatsächlich bestehen, da nicht ausgeschlossen sei, dass der ÖPNV mit heutigem Leistungsbild und den heutigen Qualitäten auch eigenwirtschaftlich von einem privaten Verkehrsunternehmen er-bracht werden könnte.

 

b)      Langfristigen Risiken

Könnte hingegen eine Direktvergabe Ende 2019 noch erfolgreich durch die Stadt Rheine zu Gunsten der VSR umgesetzt werden, so bliebe diese maximal bis 2029 gültig. Danach wäre erneut fraglich, ob eine Direktvergabe durch die Stadt Rheine an die VSR ohne eigenwirtschaftliche Konkurrenzanträge durchgesetzt werden könnte. Da-bei ist zu beachten, dass klassischerweise der größte „Kostenblock“ im ÖPNV die Personalkosten sind. Berücksichtigt man die neuesten Studien zur technologischen/digitalen Entwicklung im ÖPNV (Studie Roland Berger, VDV „Deutschland mobil: Handlungsempfehlung für die 19 Legislaturperiode des Deutschen Bundestages – neue Mobilität für ein mobiles Land, beide aus Oktober 2017), so ist davon auszugehen, dass einer der wesentlichen Umbrüche der Einsatz ressourcenschonender Technologien oder auch das „Autonome Fahren“ sein wird. Die Studien gehen davon aus, dass Autonomes Fahren, Elektrifizierung und die Sharing Economy den Stadtverkehr ab dem Jahr 2030 bestimmen werden

 

Mit einem eigenen, im Jahr 2019 neu aufgebauten Fahrbetrieb besteht bei einer solchen Entwicklung das reale Risiko, dass die VSR mit diesen erst danach in die praktische Anwendung kommenden technologischen Entwicklungen nicht wird schritthalten können; insb. da dies Entlassungen von gerade erst vor knapp 10 Jahren eingestellten Mitarbeitern zur Konsequenz haben müsste. Damit wüchse aber das Risiko, dass auf die dann erneut erforderliche Vorabveröffentlichung der Direktvergabe für das Jahr 2029 ein privates Verkehrsunternehmen auf Basis der neuen Technologien erfolgreich einen eigenwirtschaftlichen Antrag bei der Bezirksregierung stellen würde. In diesem Fall müsste die Stadt Rheine bzw. die VSR schon bereits in 2029 wieder den erst 10 Jahre zuvor neu eingerichteten VSR-Verkehrsbetrieb mit eigenen Bussen und insbesondere Personal unter enormen Kosten „abwickeln“.

 

Bei einer erfolgreichen Direktvergabe an die VSR ist zudem zu berücksichtigen, dass die von der Stadt zur Verfügung zu stellenden Mittel (§§ 11a, 11 Abs. 2 ÖPNVG NRW) sowie auch ein nicht unerheblicher Teil der Stadtwerkegewinne (Stichwort: Steuerlicher Querverbund) für den Aufbau des VSR-Betriebs gebunden wären. Ob die Stadt darüber hinaus zusätzliche Mittel für den Stadtverkehr in Rheine (insb. auch mit Blick auf Investitionen in zukunftsfähige alternative Bedienformen) zur Verfügung stellen könnte, ist zweifelhaft.

 

Vor dem Hintergrund der mit diesem Modell einhergehenden wirtschaftlichen Risiken auf Grund möglicher eigenwirtschaftlicher Anträge kann die Verwaltung der Stadt Rheine die Umsetzung nicht empfehlen.

 

 

3.    Aufruf zum eigenwirtschaftlichen Genehmigungswettbewerb und Antrag auf die sog. freiwillige Aufgabenträgerschaft

 

Zur Vermeidung eines aufwendigen Aufbaus eines eigenen VSR-Fahrbetriebs könnten sich belastbare eigenwirtschaftliche Anträge von privaten Verkehrsunternehmen aus Sicht der Verwaltung der Stadt aber auch als echte Chance für den Stadtverkehr Rheine heute, wie auch in der Zukunft erweisen.

Ausgehend von den Berechnungen der PwC WpG könnte die Stadt Rheine auch versuchen, private Verkehrsunternehmen dazu aufzurufen, eigenwirtschaftliche Anträge auf den Stadtverkehr Rheine auf Basis eines von der Stadt vorgegebenen Verkehrsniveaus zu stellen. Um einen entsprechenden sog. eigenwirtschaftlichen Genehmigungswettbewerb in Gang zu setzen, kann die Stadt das Auslaufen der Liniengenehmigungen der VSR mit einem entsprechenden Aufruf zum eigenwirtschaftlichen Genehmigungswettbewerb im EU-Amtsblatt unter Nennung der Anforderungen an die Erbringung der Verkehrsleistung bekannt geben. Ein solches Vorgehen wird heute auch bereits durch andere Aufgabenträger unter dem Begriff „Wittenberger-Modell“ erfolgreich umgesetzt.

 

Zwar würde die Stadt Rheine – wie bereits oben im Modell 1 – mit Wirksamwerden der eigenwirtschaftlichen Genehmigungen Ende 2019 zunächst ihre Position als gesetzlicher ÖPNV-Aufgabenträger nach § 3 Abs. 1 ÖPNVG NRW an den Kreis verlieren. Sie könnte allerdings im Vorfeld mit dem Kreis Steinfurt das Verfahren zur Übertragung der sog. freiwilligen Aufgabenträgerschaft gem. § 4 ÖPNVG NRW abstimmen und sich damit erneut alle bisherigen unmittelbaren Gestaltungs-/Organisationsrechte entsprechend des heutigen Status quo sichern (Einvernehmen beim Nahverkehrsplan Kreis; Recht auf eigenständige Definition der Ausgestaltung des Stadtverkehrs einschl. eigene Leistungs-bestellung etc.). Einzig die ihr heute als gesetzlicher ÖPNV-Aufgabenträger vom Land NRW nach §§ 11a, 11 Abs. 2 ÖPNVG NRW zur Verfügung gestellten Mittel gingen ihr (zunächst) verloren.

 

Die Berechnungen von PwC haben gezeigt, dass mit einem eigenwirtschaftliche Antrag auf Basis des heutigen Verkehrsniveaus im Stadtverkehr am ehesten zu rechnen ist, wenn dem Stadtverkehr weiterhin gesichert die heute der Stadt Rheine vom Land NRW zur Verfügung gestellten Mittel nach § 11a ÖPNVG NRW auf Basis einer allgemeinen Vorschrift zur Verfügung gestellt werden. Um dies sicherzustellen, sollte die Stadt mit dem Kreis eine Vereinbarung abschließen, in dem der Kreis zusichert, die Mittel nach §§ 11a, 11 Abs. 2 ÖPNVG NRW weiterhin – entweder selbst nach Maßgabe der Vorgaben der Stadt oder durch Weiterleitung an die Stadt zur eigenen Verwendung als freiwilliger Aufgabenträger – ausschließlich dem Stadtverkehr Rheine entsprechend dem heutigen Mittelvolumen zur Verfügung zu stellen.

 

Letztlich könnte bei Umsetzung dieser Ausgestaltungsvariante die Effizienz und die Wirtschaftlichkeit privater Verkehrsunternehmen durch gezielten Einsatz des eigenwirtschaftlichen Genehmigungswettbewerbs – allein unter Verwendung der vom Land zur Verfügung gestellten Mittel nach § 11a sowie ggf. teilweise der Mittel nach § 11 Abs. 2 ÖPNVG NRW und damit ohne Haushaltsbelastung oder wirtschaftlichen Risiken auf Seiten der VSR – genutzt werden, um eine nachhaltige Erbringung des Stadtverkehrs entsprechend der Ziele der Stadt zu gewährleisten.

 

Die – im Verhältnis zu Aufbau der VSR und Erbringung der Verkehrsleistungen durch die VSR bzw. der Finanzierung der vom Kreis bestellten Leistungen im Stadtverkehr – eingesparten Haushaltsmittel sowie im Übrigen zur Verfügung stehende Mittel nach § 11 Abs. 2 ÖPNVG NRW könnten durch die Stadt sodann gezielt in zukunftsfähige alternative Bedienformen und aufkommenden technologischen Neuerungen – ggf. auch in Kooperation mit dem privaten Unternehmen und/oder in Zusammenarbeit mit der SWR - investiert werden. Die gem. der o.a. Studie (insb. Roland Berger aus Oktober 2017) ab spätestens 2030 annähernd jeden Stadtverkehr in Deutschland betreffenden Themen „Autonomes Fahren“, „Elektrifizierung“ und „Sharing Economy“ könnten dadurch – entsprechend der politischen Ziele – frühzeitig zu Gunsten der Fahrgäste zum Einsatz im Stadtverkehr Rheine kommen(vgl. auch Teil 2 des Antrages der SPD-Fraktion vom 08.11.2017).

In dieser Ausgestaltungsvariante bliebe auch denkbar, die VSR zu einem späteren Zeit-punkt in Abstimmung sowie ggf. Kooperation des privaten Verkehrsunternehmens mit der Erprobung alternativer Bedienformen als Ergänzung zum ÖPNV zu beauftragen. Entsprechende Genehmigungen könnten der VSR über die sog. Experimentierklausel des Art. 2 Abs. 7 PBefG erteilt werden. Auch Angebotsergänzungen (z.B. Linienverlängerungen) oder Taktverdichtungen könnte die Stadt Rheine als freiwilliger Aufgabenträger, unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben, als Unterschwellen-Direktvergaben bei dem den Stadtverkehr dann betreibenden privaten Verkehrsunternehmen hinzubestellen.

Aufgrund der vorgenannten Möglichkeiten zum Erhalt eines dem Status Quo entsprechenden Verkehrsangebots für das Stadtgebiet Rheine und zur notwendigen Investition in zukünftige Verkehrsformen empfiehlt die Verwaltung im Hinblick auf die zukünftige Gestaltung des ÖPNV die Umsetzung des sog. Wittenberger Modells und Beantragung der freiwilligen Aufgabenträgerschaft sowie Abschluss einer Vereinbarung mit dem Kreis Steinfurt zur Sicherung der Mittel nach §§ 11a, 11 Abs. 2 ÖPNVG NRW für den Stadtverkehr Rheine.

Sollte - wider Erwarten - kein belastbarer eigenwirtschaftlicher Antrag eingehen, könnte immer noch der Weg einer Direktvergabe an die VSR oder auch die „freiwillige“ Rücküber-tragung der ÖPNV-Aufgabenträgerschaft auf den Kreis verfolgt werden. Beide Modelle blieben auch nach einem fehlgeschlagenen Aufruf zum eigenwirtschaftlichen Genehmigungsantrag durch die Stadt – sowohl in zeitlicher, wie auch inhaltlicher Hinsicht - möglich.


Anlagen:

 

Anlage 1: Studie Roland Berger – Urbane Mobilität 2030

Anlage 2: Studie VDV - Deutschland mobil: Handlungsempfehlung für die 19 Legislaturperiode des Deutschen Bundestages – neue Mobilität für ein mobiles Land

Anlage 3: Antrag der SPD-Fraktion vom 08.11.2017