I. Aufstellungsbeschluss
VORBEMERKUNG
/ KURZERLÄUTERUNG:
Sachstand:
Mehrere Anwohner
des von der Frankenburgstraße, Zeppelinstraße, Dutumer Straße und
Beethovenstraße umgrenzten Wohnviertels westlich des Mathias-Spitals im
Stadtteil Dutum haben sich zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen
und beantragen in zwei z.T. unterschiedlichen an die Stadt Rheine gerichtete
Anschreiben die Erstellung eines Bebauungsplanes für ihr Wohnviertel (s. Anlage
1a + 1b). Eine umfangreiche Unterschriftenliste mit mehr als 100 Unterstützern
der Antragstellung liegt der Verwaltung vor.
Hauptanlass für die Beantragung der Aufstellung
eines Bebauungsplans ist ein an der Sutrumer Straße geplantes Bauvorhaben eines
Investors. Dieser plant den Abriss eines Einfamilienhauses und möchte anstelle
dessen ein Mehrfamilienwohnhaus mit 10 Wohneinheiten errichten. Die Anwohner
der Interessengemeinschaft kritisieren dieses Vorhaben und äußern in ihrem
Schreiben Bedenken bezüglich der Veränderungen des Wohncharakters, der
baulichen Strukturen und befürchten Verschlechterungen für die
Verkehrssituation im Wohnviertel (Verkehrsverdichtung, zunehmende Parkprobleme).
Planungsrechtlich
ist das Gebiet bislang nicht durch einen Bebauungsplan geregelt. Einen
Sonderfall stellt der Bereich zwischen Zeppelinstr., Dutumer Str., Wagnerstr.
und Nienbergstr. dar. Hier gab es 1978 einen Aufstellungsbeschluss für einen
Bebauungsplan, der jedoch schlussendlich nicht zur Rechtskraft kam.
Die
Zulässigkeit von Vorhaben im Plangebiet ergibt sich somit aus § 34 BauGB, da es
sich planungsrechtlich bei dem Wohnviertel um einen sogenannten „Innenbereich“
handelt. Vorhaben im unbeplanten Innenbereich müssen sich an der
Umgebungsbebauung orientieren und sich in diese einfügen. Das Einfügen bezieht sich planungsrechtlich insbesondere
auf die Art der Nutzung, die Gebäudehöhe (absolute Höhe, Traufhöhe), die Lage
des Gebäudes auf dem Grundstück und die absolute Größe/Grundfläche des
Vorhabens. Der Rechtsprechung zufolge (vgl. Ernst-Zinkhahn-Bielenberg,
Kommentar zum BauGB, Stand Okt. 2017, Rn. 38 zu § 34 BauGB) ist hingegen die
Anzahl der geplanten Wohneinheiten pro Gebäude kein Kriterium bei der
Beurteilung, ob ein Vorhaben sich in die Umgebung einfügt. Beim vorliegenden
Gebiet sind neben den Ein- und Zweifamilienhäusern vereinzelt und in
untergeordneten Teilbereichen auch Mehrfamilienhäuser vorhanden. Für die von
der Interessengemeinschaft zur Konfliktvermeidung gewünschte Regulierung und
Beschränkung der Nachverdichtung, ist eine Prüfung und Regelung durch einen
Bebauungsplan nötig.
Städtebauliche
Betrachtung und Bewertung des Antrages auf Bauleitplanung:
Das zu betrachtende
Wohnviertel ist überwiegend in den 1950-er bis Mitte der 1970-er Jahren
entstanden. In dieser Zeit bildete das Wohnviertel den westlichen Siedlungsrand
des Stadtgebietes und die prägende Bebauung bestand aus Ein- und
Zweifamilienhäusern, denen ein eigener Garten zugeordnet war. Nur wenige
Baulücken verblieben. Neben der Wohnbebauung entstand Mitte der 1970-er-Jahre
auch die im Gebiet gelegene Michael-Grundschule. Gegen Anfang der 1980-er Jahre
begann eine Entwicklung, in der örtlich auch Mehrfamilienhäuser in einigen
verbliebenen Baulücken gebaut wurden. So entstand auf der Ecke Wagnerstraße –
Lehmkuhlstraße ein Mehrfamilienhaus (Lehmkuhlstraße 18, 6 Wohneinheiten) und
Mitte der 1980-er bis Mitte der 90-er Jahre wurden im Nordosten des zu
betrachtenden Baugebietes, gegenüber des Mathias-Spital-Krankenhauses gelegen,
zusammenhängend sechs Mehrfamilienhäuser mit je 5 - 8 Wohneinheiten errichtet.
Eine daneben verbliebene
größere Restfläche in direkter Siedlungsrandlage im Südosten des Wohnviertels
wurde, angelehnt an die ausschließlich mit Ein- und Zweifamilienhäusern bebaute
Nachbarbebauung, dagegen wieder kleinteilig bebaut (Ein- bis Zweifamilienhäuser).
Heute sind nahezu alle
Grundstücke des von der Frankenburgstraße, Zeppelinstraße, Dutumer
Straße und Beethovenstraße umgrenzten Wohnviertels bebaut und der Siedlungsrand ist durch die Baugebiete des „Wohnparkes
Dutum“ bereits weiter nach Westen verschoben.
Für das zu betrachtende Wohnviertel besteht, wie das aktuell geplante Bauvorhaben
an der Sutrumer Straße beispielhaft zeigt, die Gefahr eines konfliktträchtigen
Umbruchs. Auf Grundstücken mit älteren und sanierungsbedürftigen, nicht mehr
zeitgemäßen Wohngebäuden ist es ohne einen Bebauungsplan oder in Aufstellung
befindlichen Bebauungsplan möglich, dass nach Abbruch dieser Häuser Neubauten mit
einer deutlich höheren Anzahl an Wohneinheiten und einer deutlich höheren
Nutzungsintensität entstehen. Der für das aktuelle Abriss- und Neubauvorhaben
an der Sutrumer Straße eingereichte Bauantrag und auch die in vergleichbaren
Gebieten angestrebten Bauvorhaben sind ein Beleg für diesen Trend. Auch letzte
Baulücken im Plangebiet bergen die Gefahr für eine konfliktträchtige Verdichtung.
Die mit dem Bau von
Mehrfamilienhäusern verbundene Nachverdichtung kann aus städtebaulicher Sicht
zwar grundsätzlich im Sinne eines flächensparenden Bauens sinnvoll sein, jedoch
nur unter der Voraussetzung, dass die nachbarlichen und weiteren Belange ausreichend
berücksichtigt werden und die Maßstäblichkeit der Umgebungsbebauung nicht gesprengt
wird. Aus der Bebauung von Baulücken oder „Abbruchgrundstücken“ in klassischen
Einfamilienhausgebieten resultieren insbesondere bei mehrgeschossigen
Mehrfamilienhäusern erhebliche Spannungen. Wie aktuelle Beispiele zeigen, entstehen
bei zweigeschossigen Gebäuden entweder ausgebaute Dachgeschosse oder Staffelgeschosse
mit dem Ergebnis, dass drei Ebenen mit separaten Wohnungen gebaut werden. Im
Gegensatz zum ein- oder zweigeschossigen Einfamilienhaus sind beim
Geschosswohnungsbau auf jeder Ebene Außenwohnbereiche in Form von
Balkonen/Loggien Standard. Von diesen Außenwohnbereichen ist die „soziale Kontrolle“
in Nachbargärten wesentlich ausgeprägter und störender als bei einem ein- oder
zweigeschossigen Einfamilienhaus, wo zwar auch Balkone oder Loggien entstehen
können, die jedoch nicht als einziger Außenwohnbereich genutzt werden, da hier
erdgeschossig Terrassen angelegt werden. Die Empfindung, dass ein Gebäude mit
mehreren Wohneinheiten störend wirkt, wird verstärkt, wenn diese Gebäude auf
„Baulücken“ in einem klassischen Einfamilienhausgebiet entstehen, oder auf
Grundstücken, die vorher mit einem Einfamilienhaus bebaut waren.
Die Nachverdichtung
bestehender Ein-/Zweifamilienhausgebiete mit Mehrfamilienhäusern kann ab einem
gewissen Grad auch zu Problemen in verkehrlicher Hinsicht führen, da die rechtlich
auf dem Baugrundstück einforderbaren Stellplätze oft nicht mehr dem reellen
Stellplatzbedarf entsprechen. Im Gegensatz zum Einfamilienhaus besteht bei
Mehrfamilienhäusern kaum die Möglichkeit, auf dem Baugrundstück weitere
Stellplätze nachzuweisen, sodass der Parkdruck in den öffentlichen Straßenraum
verschoben wird. In vielen Wohngebieten ist der öffentliche Straßenraum
verkehrsberuhigt ausgebaut. Hier besteht nur bedingt die Möglichkeit, Fahrzeuge
abzustellen. Die „Nachverdichtung“ führt deshalb oft zu Spannungen zwischen
Anliegern bezüglich des Abstellens von Fahrzeugen im öffentlichen Straßenraum.
Fazit:
Im Sinne einer Gleichbehandlung mit Plangebieten mit
Bebauungsplan sollten bei Konflikterwartung auch andere Wohnquartiere, die
weitestgehend harmonisch mit Ein-/Zweifamilienhäusern bebaut sind, vor den
Auswirkungen einer ungesteuerten, übermäßigen Nachverdichtung mit
Mehrfamilienhäusern geschützt werden. Es wird deshalb vorgeschlagen, für den
beantragten Bereich einen Bebauungsplan aufzustellen, der mindestens Regelungen
über die zulässige Zahl der Wohneinheiten je Gebäude enthält. Bei einem
einfachen Bebauungsplan würde sich die sonstige Zulässigkeit nach den Kriterien
des § 34 BauGB und damit nach dem Einfügen in die nähere Umgebungsbebauung ergeben.
Erforderlichenfalls könnten, sofern dieses im Verfahren erkennbar wird, darüber
hinaus weitere Regelungen getroffen werden. Die Vorteile der Aufstellung eines einfachen
Bebauungsplanes sind, dass der Aufwand zur Erarbeitung, Koordination und
Durchführung deutlich geringer ist als die Erstellung eines qualifizierten
Bebauungsplanes mit Festsetzung von Erschließungsflächen, Baugrenzen, Angaben
bezüglich zulässiger Trauf- und Firsthöhen, möglicher Dachformen und
-neigungen.
Der Antrag auf Aufstellung eines Bebauungsplanes ist
als Anlage 1, die Plangebietsabgrenzung als Anlage 2 beigefügt. Zur
Verdeutlichung der städtebaulichen Situation ist als Anlage 3 eine Schrägluftbildansicht
angehängt.
BESCHLUSSVORSCHLAG / EMPFEHLUNG:
I. Aufstellungsbeschluss
Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und
Klimaschutz der Stadt Rheine beschließt gemäß § 2 Abs. 1 BauGB den
Bebauungsplan Nr. 74, Kennwort: "Wohnviertel westlich Mathias-Spital",
der Stadt Rheine im vereinfachten Verfahren gemäß § 13 BauGB zum Zwecke der
Steuerung und Reglementierung der Nachverdichtung in diesem
Wohnsiedlungsbereich aufzustellen.
Der räumliche Geltungsbereich dieses Bebauungsplanes
wird wie folgt begrenzt:
im Norden: durch die Südseite der Frankenburgstraße,
im Osten: durch
die Ostseite der Zeppelinstraße / Gemarkung Rheine-Stadt, Flur 120, Flurstück
684,
im Süden: durch
die Nordseite der Dutumer Straße / Gemarkung Rheine-Stadt, Flur 120, Flurstück 711,
im Westen: durch die Westseite der
Beethovenstraße.
Der räumliche Geltungsbereich ist im Übersichtsplan
bzw. Bebauungsplan geometrisch eindeutig festgelegt.