Betreff
SGB II / Jobcenter der Stadt Rheine - Sachstandsbericht, Entwicklungen und Tendenzen
Vorlage
191/18
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Sozialausschuss nimmt den Sachstandsbericht des Jobcenters der Stadt Rheine (SGB II) über die Entwicklung und Tendenzen zur Kenntnis.

 

 


Begründung:

 

Der Sachstandsbericht hat das Ziel, die Mitglieder des Ausschusses über die Entwicklungen und Tendenzen im Jobcenter der Stadt Rheine - insbesondere seit der kreisweiten Neuorganisation ab dem 01.01.2011 - zu informieren.

 

 

Sachdarstellung:

 

1. Arbeitsmarktdaten/Entwicklungen

 

Seit Einführung des Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zum 01.01.2005 wurde in den Sitzungen des Sozialausschusses fortlaufend über die Umsetzung des SGB II im Kreis Steinfurt berichtet.

 

Mit Wirkung ab 01.01.2011 hat der Kreis Steinfurt eine neue Organisation des Jobcenters (SGB II) vorgegeben. Seitdem sind sämtliche aktive Leistungen (Integration in Arbeit, Eingliederungsmaßnahmen, Arbeitsgelegenheiten u.a.) in die Zuständigkeit des Jobcenter Kreis Steinfurt AöR (früher GAB AöR) gelangt und die Kommunen sind für die passiven Leistungen (reines Leistungsrecht; Grundsicherungsleistungen) zuständig.

 

Auf den beiliegenden Jahres-/Geschäftsbericht 2017 des Jobcenter Kreis Steinfurt wird verwiesen (Anlage 1, Seiten 1–48). Der Jahresbericht stellt umfangreich die Entwicklungen auf Kreisebene dar.

 


Nachfolgende Ausführungen und Tabellen geben einen Überblick zu den Entwicklungen der SGB II-Arbeitsmarktdaten in der Stadt Rheine ab dem Jahr 2011 (Stand 31.12.):

 

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

Bedarfsgemeinschaften (BG)

2.778

2.734

2.890

2.946

2.946

2.967

2879

Erwerbsfähige Leistungs-berechtigte insgesamt

3.846

3.746

3.886

3.945

3.968

3.926

3874

Arbeitslose im Rechtskreis SGB-II

1672

1631

1816

1848

1802

1777

1632

Erwerbsfähige Leistungsberechtigte unter 25 Jahre

855

849

852

824

808

875

836

Nicht erwerbsfähige Leistungs-berechtigte

1.648

1.650

1.747

1.896

1.943

1.713

1764

Quelle: Arbeitsmarktreport jobcenter Kreis Steinfurt

 

Belastbare Begründungen für die Entwicklung der stichtagbezogenen Kennzahlen sind insgesamt kaum anzuführen. Die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften ist stichtagbezogen von 2011 bis 2014 leicht ansteigend und danach jedoch entsprechend der allgemeinen positiven Entwicklung des allgemeinen Arbeitsmarktes gegenläufig leicht abfallend. Es erfolgten mehr nachhaltige  Integrationen in weitgehend bedarfsdeckende Erwerbstätigkeiten. Bei dieser Entwicklung ist besonders positiv zu berücksichtigen, dass dieser Trend trotz des zu verzeichnenden erheblichen Anteils des Überganges von Flüchtlingen nach ihrer Anerkennung vom Rechtskreis der Asylbewerber zum Rechtskreis der SGB II-Leistungsberechtigten erfolgen konnte.

 

 

 

 

2. Bildungs- und Teilhabepaket

 

Das zum 01.04.2011 eingeführte Bildungs- und Teilhabepaket hat sich etabliert. Seine Leistungen sind in den §§ 28, 29 SGB II verankert. Das „Bildungs- und Teilhabepaket" hat das Ziel, Kinder und Jugendliche aus Familien mit geringem Einkommen zu fördern und zu unterstützen. Sie sollen nicht von Kultur, Sport und Freizeit, Mittagessen, Ausflügen und Klassenfahrten, Schülerfahrtkosten und Lernförderung ausgeschlossen sein, nur weil das Geld nicht ausreichend ist.

 

Ab dem 01.04.2011 können diese Kinder und Jugendlichen z. B. bei Ausflügen und Ferienfreizeiten mitfahren, Sport- und Musikangebote nutzen, bei Bedarf Nachhilfe bekommen oder am gemeinsamen Mittagessen in der Schule, der Kindertageseinrichtung, dem Hort oder bei der Tagesmutter teilnehmen.

 

Eine Erfassung der Leistungen durch den Kreis Steinfurt für die Stadt Rheine hat für 2012 bis 2017 nachfolgende Ergebnisse erbracht:

 

Jahreswerte - Geförderte Kinder nach Leistungsart *

 

Schulaus-

flüge,
mehrtägige
Klassenfahr-
ten

Persön-licher Schulbedarf

Schüler

beförde-

rung

Lern-

förde-

rung

Gemein-

schaftl.

Mittags-

verpfle-

gung

Teilhabe am
sozialen und
kulturellen
Leben

Summe
der ge-
förderten
Kinder

2012

653

2.004

1

59

1524

724

4.965

2013

968

2.196

2

164

1.608

772

5.711

2014

922

2.217

6

201

1.550

809

5.705

2015

931

2.069

3

284

1.568

720

5.575

2016

1.146

2.243

3

301

1.618

751

6.062

2017

1.499

2.328

3

367

1.771

796

6.764

Quelle: Interne Auswertung des jobcenter Kreis Steinfurt

*inkl. Inanspruchnahme von Mehrfachleistungen (tatsächlich im Jahr 2017 = 3.158 Förderkinder)

 

Ein Vergleich auf kommunaler Ebene mit dem Jahr 2011 ist leider nicht möglich. Eine Auswertungsmöglichkeit nach Kommunen besteht erst seit dem Jahr 2012. Zum 01.02.2015 erfolgte die Einführung der sogenannten Münsterlandkarte. Die Münsterlandkarte ist web-basierend; Erbringung und Abrechnung erfolgt ausschließlich durch Aufbuchen von Ansprüchen des Bildungs- und Teilhabepakets durch die persönlichen Ansprechpartner/innen und durch Abbuchen der erbrachten Leistung durch die Träger. Im Jahr 2017 nahm die Inanspruchnahme von Leistungen des Bildungs- und Teilhabegesetzes nochmal um über 10 % zum Vorjahr zu. Seit der Einführung im Jahr 2011 ist somit ein kontinuierlicher Anstieg festzustellen. Dieses ist in Großteilen auf die intensive Beratung der Leistungsbezieher/innen durch die persönlichen Ansprechpartner/innen im Jobcenter als auch die vor Ort tätigen sog. BuT-Lots/innen und die damit verbundene gestiegene Akzeptanz und Inanspruchnahme der  Leistungsangebote des Bildungs- und Teilhabepaketes zurückzuführen.

 

 

 

 

3. Struktur der Leistungsempfänger

 

Bei den SGB II-Leistungsempfängern wird dem Grunde nach unterschieden zwischen erwerbsfähigen (= Arbeitslosengeld II) und nicht erwerbsfähigen (= Sozialgeld) Leistungsberechtigten.  Erwerbstätige Arbeitslosengeld II-Bezieher werden definiert als erwerbsfähige Leistungsberechtigte (eLb), die einen laufenden Leistungsanspruch (vor Sanktion) in der Grundsicherung für Arbeitsuchende haben und gleichzeitig Bruttoeinkommen aus abhängiger und/oder selbständiger Erwerbstätigkeit beziehen. Häufig sind die Erwerbseinkünfte nicht ausreichend, so dass ergänzende Grundsicherungsleistungen nach dem SGB-II erbracht werden müssen (= sog. Aufstocker). Darüber hinaus sind auch bei Empfängern von Arbeitslosengeld I (SGB II) und Renteneinkünften (SGB VI) aufstockende Leistungen zu erbringen.

 

 

Eine interne Auswertung des jobcenters Kreis Steinfurt mit Stand 31.12.2017 hat nachfolgendes Ergebnis hinsichtlich ergänzender SGB II-Leistungen erbracht:

 

Personen mit Einkommen aus abhängiger Erwerbstätigkeit                      1024

                        davon mit Einkommen (brutto) bis 450 €                               548

                        davon mit Einkommen (brutto) über 450 €                             476

 

Personen mit Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit                  52

 

Personen mit Bezug von Arbeitslosengeld I                                                    64

 

Personen mit Bezug einer Rente                                                                    268

 

 

Darüber hinaus ist anzumerken ist, dass seit der 2. Jahreshälfte 2015 aufgrund des hohen Flüchtlingsaufkommens eine Vielzahl an Leistungsfällen zu führen sind, die nach Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft ins Grundsicherungssystem des SGB II überführt wurden.

 

Im Jahr 2016 sind insgesamt 384 Personen und im Jahr 2017 insgesamt 188 Personen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz in die Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) übergetreten.

 

 

 

 

4.   Finanzierung / kommunale Aufwendungen

 

Entsprechend der zuletzt am 07.11.2017 novellierten Fassung der Satzung des Kreises Steinfurt zur Regelung der Beteiligung der Städte und Gemeinden an den kommunalen Kosten des SGB II beteiligen sich im Rahmen der Aufgabendelegation die Städte und Gemeinden mit 50 % an den kommunalen Kosten des SGB-II (§ 5 Abs. 5 S. 1 AG SGB II NRW). Hierdurch soll eine Zusammenführung von Aufgaben- und Finanzverantwortung erreicht werden. Gleichzeitig verpflichtet § 5 Abs. 5 S. 3 AG SGB II NRW den Kreis aber auch, ob und in welcher Weise ein Härteausgleich durch Satzung festgelegt wird, wenn infolge erheblicher struktureller Unterschiede im Kreisgebiet die Beteiligung kreisangehöriger Gemeinden an den Aufwendungen für diese zu einer erheblichen Härte führt.

 

 

Nach dem inzwischen durchlaufenen gerichtlichen Verfahren, welches für die Stadt Rheine im Zuge eines Vergleiches einhergehend mit einer für die Jahre 2012 bis 2016 erfolgten Härteausgleichsnachzahlung i.H.v. 1,795 Mio. € abgeschlossen wurde, gilt nun für den Kreis Steinfurt folgende Regelung des Härteausgleichs:

 

1.   Gemäß § 5 Abs. 5 Satz 3 AG SGB II werden für das Bestehen erheblicher struktureller Unterschiede im Kreisgebiet für einzelne Kommunen folgende Krite­rien festgelegt:

                 -      SGB II-Quote

                 -      Gesamt-Arbeitslose pro Einwohner

                 -      SGB II-Arbeitslose pro Einwohner

                 -      SGB II-Kosten pro Einwohner

Erhebliche strukturelle Unterschiede im Kreisgebiet werden für die Städte und Gemeinden festgestellt, in denen mindestens zwei der o. a. vier beschriebenen Werte in mindestens drei der vorausgegangenen vier Kalenderjahre um mindestens 25 % vom Kreisdurchschnitt negativ abweichen.

 

          2.   Eine erhebliche finanzielle Härte wird für die Städte und Gemeinden unter folgenden Voraussetzungen festge­stellt:

             a) es liegen erhebliche strukturelle Unterschiede gegenüber dem Kreisgebiet vor und

                 b) die Belastung durch die Spitzabrechnung nach den Vorgaben des § 5 Abs. 5 S. 1 AG SGB II NRW und der Kostenbeteiligungssatzung ist im Verhältnis zur hälftigen (fiktiven) Kreisumlage, die zur Deckung der Kosten zu leisten wäre, um mehr als 20 % höher.

 

          3.   Ein Ausgleich der finanziellen Härte erfolgt, indem im Rahmen der Abrechnung der Kostenbeteiligung die Mehrbelastung der betroffenen Städte und Gemeinden auf 20 % (s.o.) begrenzt wird. Die Entlastungsbeträge werden im Rahmen der Abrechnung auf die anderen Städte und Gemeinden im Verhältnis ihrer Beteiligung an der Kreisumlage verteilt.

 

 

Die kommunalen SGB II-Aufwendungen für die Stadt Rheine stellen sich im Vergleich der Jahre 2016 und 2017 wie folgt dar:

 

Quelle: Interne Auswertung des Kreis Steinfurt

 

Die Entwicklung der kommunalen SGB II-Aufwendungen geht vom Grunde her einher mit der Entwicklung der SGB II-Leistungsfälle. Die Finanzierungssystematik im SGB II reduziert bei Erzielung von Einnahmen zunächst die Kosten des Bundes (Arbeitslosengeld II und Sozialgeld) und danach die kommunalen Kosten (Kosten der Unterkunft, einmalige Leistungen u.a.).

 

Massiv verstärkt wird die auffallend kostenmindernde Tendenz im Jahr 2017 insbesondere dadurch, dass für die FlüKdU entsprechend der Statistik der Bundesagentur für Arbeit eine vollständige Kostendeckung (= Bundesmittel) erfolgte. Für das Jahr 2016 hingegen wurde der Stadt Rheine für die übergetretenen Flüchtlinge noch eine Pauschale von 2,2 % auf die KdU nach § 22 SGB II gewährt.

 

Im Weiteren haben sich im Bereich des Jobcenters der Stadt Rheine entgegen dem kreisweiten Trend die Kosten für Unterkunft und die mit der Unterkunft verbundenen Hilfeaufwendungen (einmalige Leistungen für Wohnungsbeschaffung, Umzug, Ausstattung/Einrichtung) erheblich gemindert. Dieses ist zurückzuführen auf die intensiv und einzelfallorientiert ermittelten tatsächlichen Bedarfe als auch die konsequente Berücksichtigung der festgelegten Angemessenheitskriterien im Bereich der Unterkunft und Heizung durch die persönlichen Ansprechpartner/innen im Jobcenter der Stadt Rheine.

 

 

 

 

5. Projekt Selbstständige „Rheine“

 

Über das im Geschäftsbericht des Jobcenters Kreis Steinfurt expliziert beschriebene Projekt Selbstständige in Rheine wurde bereits in der Sitzung des Sozialausschusses am 01. März 2018 informiert.

 

Die sich daraus ergebenen kostenmäßigen Auswirkungen werden auf Grund einer Auswertung des jobcenters Kreis Steinfurt in Folge kurz dargestellt:

 

Beendigung des SGB II-Leistungsbezuges (= 35 Bedarfsgemeinschaften)

 

jede zweite Beendigung/Falleinstellung resultierte aus einem Leistungsverzicht bzw. einer unterbliebenen weiteren Antragstellung

o 97.000 Euro eingesparte Kosten der Unterkunft im Projektzeitraum (nach Abzug der Bundesbeteiligung verbleiben rund 74.000 Euro rein kommunaler Kosten, die je zur Hälfte direkt von der Stadt Rheine bzw. über die Kreisumlage zu finanzieren gewesen wären)

o 59.500 Euro eingesparte Leistungen zum Lebensunterhalt im Projektzeitraum (Bundesfinanzierung)

 

Vermeidung von Hilfebedürftigkeit (= 12 Bedarfsgemeinschaften)

 

 nach einer Beratung im Projektteam wurde eine SGB II-Leistungs-Antragstellung nicht weiter verfolgt

o anhand der oben genannten Werte errechnet sich eine fiktive KdU-Einsparung für diese Fälle für den Projektzeitraum in Höhe von rund 33.500 Euro (kommunale Aufwendungen)

o anhand der oben genannten Werte errechnet sich eine fiktive Einsparung im Bereich Leistungen zum Lebensunterhalt im Projektzeitraum in Höhe von rund 22.000 Euro (Bundesmittel)

 

Einfluss auf Kennzahlen und Zielerreichung

 

Von den o.a. Falleinstellungen ist nur eine Bedarfsgemeinschaft während der Projektlaufzeit wieder in den Leistungsbezug gekommen. Aufgrund dieser Nachhaltigkeit der Leistungsabmeldungen war das Projekt mit dafür verantwortlich, dass die Zahl der Bedarfsgemeinschaften in Rheine im Vorjahresvergleich reduziert werden konnte.

 

Im Projekt gab es insgesamt 30 Abgänge an Langzeitleistungsbeziehern (17 Selbständige, 13 Familienangehörige; teilweise waren die Personen seit mehr als 10 Jahren im Leistungsbezug und auch in der selbständigen Tätigkeit). Aufgrund der genannten Nachhaltigkeit der Leistungsbeendigungen war das Projekt mit ausschlaggebend für die Zielerreichung des Regionalbereiches Rheine bei der Kennzahl Langzeitleistungsbezug.

 

Darüber hinaus haben 14 Personen während der Projektlaufzeit ihr Gewerbe abgemeldet und standen der allgemeinen Arbeitsvermittlung damit wieder uneingeschränkt für eine Vermittlung in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zur Verfügung.

 

Abschließend ist der Hinweis von Bedeutung, dass sich die dargestellten Einsparungen lediglich auf den Projektzeitraum (bis zum 31.01.2018) beziehen. Da sich die allermeisten Bedarfsgemeinschaften noch immer nicht wieder im Leistungsbezug befinden, werden sich diese Beträge für die Zukunft zwangsläufig weiter erhöhen.

 

 

Anlagen:

 

Anlage 1: Jahres-/Geschäftsbericht 2017 des Jobcenter Kreis Steinfurt