Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der Sozialausschuss
nimmt den Sachstandsbericht des Jobcenters der Stadt Rheine (SGB II) über die Entwicklung
und Tendenzen zur Kenntnis.
Begründung:
Der Sachstandsbericht hat das Ziel, die Mitglieder des
Ausschusses über die Entwicklungen und Tendenzen im Jobcenter der Stadt Rheine
- insbesondere seit der kreisweiten Neuorganisation ab dem 01.01.2011 - zu informieren.
Sachdarstellung:
1. Arbeitsmarktdaten/Entwicklungen
Seit Einführung des Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II)
zum 01.01.2005 wurde in den Sitzungen des Sozialausschusses fortlaufend über
die Umsetzung des SGB II im Kreis Steinfurt berichtet.
Mit Wirkung ab 01.01.2011 hat der Kreis Steinfurt eine neue
Organisation des Jobcenters (SGB II) vorgegeben. Seitdem sind sämtliche aktive
Leistungen (Integration in Arbeit, Eingliederungsmaßnahmen, Arbeitsgelegenheiten
u.a.) in die Zuständigkeit des Jobcenter Kreis Steinfurt AöR (früher GAB AöR)
gelangt und die Kommunen sind für die passiven Leistungen (reines Leistungsrecht;
Grundsicherungsleistungen) zuständig.
Auf den beiliegenden Jahres-/Geschäftsbericht 2017 des
Jobcenter Kreis Steinfurt wird verwiesen (Anlage
1, Seiten 1–48). Der Jahresbericht stellt umfangreich die Entwicklungen auf
Kreisebene dar.
Nachfolgende Ausführungen und Tabellen geben einen
Überblick zu den Entwicklungen der SGB II-Arbeitsmarktdaten in der Stadt Rheine
ab dem Jahr 2011 (Stand 31.12.):
2011 |
2012 |
2013 |
2014 |
2015 |
2016 |
2017 |
|
Bedarfsgemeinschaften (BG) |
2.778 |
2.734 |
2.890 |
2.946 |
2.946 |
2.967 |
2879 |
Erwerbsfähige Leistungs-berechtigte insgesamt |
3.846 |
3.746 |
3.886 |
3.945 |
3.968 |
3.926 |
3874 |
Arbeitslose im Rechtskreis SGB-II |
1672 |
1631 |
1816 |
1848 |
1802 |
1777 |
1632 |
Erwerbsfähige Leistungsberechtigte unter
25 Jahre |
855 |
849 |
852 |
824 |
808 |
875 |
836 |
Nicht erwerbsfähige Leistungs-berechtigte |
1.648 |
1.650 |
1.747 |
1.896 |
1.943 |
1.713 |
1764 |
Quelle: Arbeitsmarktreport jobcenter Kreis
Steinfurt
Belastbare Begründungen für die
Entwicklung der stichtagbezogenen Kennzahlen sind insgesamt kaum anzuführen.
Die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften ist stichtagbezogen von 2011 bis 2014
leicht ansteigend und danach jedoch entsprechend der allgemeinen positiven
Entwicklung des allgemeinen Arbeitsmarktes gegenläufig leicht abfallend. Es
erfolgten mehr nachhaltige Integrationen
in weitgehend bedarfsdeckende Erwerbstätigkeiten. Bei dieser Entwicklung ist
besonders positiv zu berücksichtigen, dass dieser Trend trotz des zu
verzeichnenden erheblichen Anteils des Überganges von Flüchtlingen nach ihrer
Anerkennung vom Rechtskreis der Asylbewerber zum Rechtskreis der SGB II-Leistungsberechtigten
erfolgen konnte.
2. Bildungs- und
Teilhabepaket
Das zum 01.04.2011 eingeführte
Bildungs- und Teilhabepaket hat sich etabliert. Seine Leistungen sind in den §§
28, 29 SGB II verankert. Das „Bildungs- und Teilhabepaket" hat das Ziel,
Kinder und Jugendliche aus Familien mit geringem Einkommen zu fördern und zu
unterstützen. Sie sollen nicht von Kultur, Sport und Freizeit, Mittagessen,
Ausflügen und Klassenfahrten, Schülerfahrtkosten und Lernförderung
ausgeschlossen sein, nur weil das Geld nicht ausreichend ist.
Ab dem 01.04.2011 können diese Kinder
und Jugendlichen z. B. bei Ausflügen und Ferienfreizeiten mitfahren, Sport- und
Musikangebote nutzen, bei Bedarf Nachhilfe bekommen oder am gemeinsamen Mittagessen
in der Schule, der Kindertageseinrichtung, dem Hort oder bei der Tagesmutter
teilnehmen.
Eine Erfassung der Leistungen durch
den Kreis Steinfurt für die Stadt Rheine hat für 2012 bis 2017 nachfolgende
Ergebnisse erbracht:
Jahreswerte - Geförderte Kinder nach Leistungsart * |
|||||||
|
Schulaus- flüge, |
Persön-licher Schulbedarf |
Schüler beförde- rung |
Lern- förde- rung |
Gemein- schaftl. Mittags- verpfle- gung |
Teilhabe am |
Summe |
2012 |
653 |
2.004 |
1 |
59 |
1524 |
724 |
4.965 |
2013 |
968 |
2.196 |
2 |
164 |
1.608 |
772 |
5.711 |
2014 |
922 |
2.217 |
6 |
201 |
1.550 |
809 |
5.705 |
2015 |
931 |
2.069 |
3 |
284 |
1.568 |
720 |
5.575 |
2016 |
1.146 |
2.243 |
3 |
301 |
1.618 |
751 |
6.062 |
2017 |
1.499 |
2.328 |
3 |
367 |
1.771 |
796 |
6.764 |
Quelle: Interne Auswertung des jobcenter
Kreis Steinfurt
*inkl. Inanspruchnahme von
Mehrfachleistungen (tatsächlich im Jahr 2017 = 3.158 Förderkinder)
Ein Vergleich auf kommunaler Ebene
mit dem Jahr 2011 ist leider nicht möglich. Eine Auswertungsmöglichkeit nach
Kommunen besteht erst seit dem Jahr 2012. Zum 01.02.2015 erfolgte die
Einführung der sogenannten Münsterlandkarte. Die Münsterlandkarte ist
web-basierend; Erbringung und Abrechnung erfolgt ausschließlich durch Aufbuchen
von Ansprüchen des Bildungs- und Teilhabepakets durch die persönlichen Ansprechpartner/innen
und durch Abbuchen der erbrachten Leistung durch die Träger. Im Jahr 2017 nahm
die Inanspruchnahme von Leistungen des Bildungs- und Teilhabegesetzes nochmal
um über 10 % zum Vorjahr zu. Seit der Einführung im Jahr 2011 ist somit ein
kontinuierlicher Anstieg festzustellen. Dieses ist in Großteilen auf die intensive
Beratung der Leistungsbezieher/innen durch die persönlichen
Ansprechpartner/innen im Jobcenter als auch die vor Ort tätigen sog.
BuT-Lots/innen und die damit verbundene gestiegene Akzeptanz und
Inanspruchnahme der Leistungsangebote
des Bildungs- und Teilhabepaketes zurückzuführen.
3. Struktur der
Leistungsempfänger
Bei den SGB II-Leistungsempfängern
wird dem Grunde nach unterschieden zwischen erwerbsfähigen (= Arbeitslosengeld
II) und nicht erwerbsfähigen (= Sozialgeld) Leistungsberechtigten. Erwerbstätige Arbeitslosengeld II-Bezieher
werden definiert als erwerbsfähige Leistungsberechtigte (eLb), die einen laufenden
Leistungsanspruch (vor Sanktion) in der Grundsicherung für Arbeitsuchende haben
und gleichzeitig Bruttoeinkommen aus abhängiger und/oder selbständiger
Erwerbstätigkeit beziehen. Häufig sind die Erwerbseinkünfte nicht ausreichend,
so dass ergänzende Grundsicherungsleistungen nach dem SGB-II erbracht werden
müssen (= sog. Aufstocker). Darüber hinaus sind auch bei Empfängern von
Arbeitslosengeld I (SGB II) und Renteneinkünften (SGB VI) aufstockende
Leistungen zu erbringen.
Eine interne Auswertung des
jobcenters Kreis Steinfurt mit Stand 31.12.2017 hat nachfolgendes Ergebnis hinsichtlich
ergänzender SGB II-Leistungen erbracht:
Personen
mit Einkommen aus abhängiger Erwerbstätigkeit 1024
davon mit Einkommen
(brutto) bis 450 € 548
davon mit Einkommen
(brutto) über 450 € 476
Personen
mit Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit 52
Personen
mit Bezug von Arbeitslosengeld I 64
Personen
mit Bezug einer Rente 268
Darüber hinaus ist anzumerken ist,
dass seit der 2. Jahreshälfte 2015 aufgrund des hohen Flüchtlingsaufkommens
eine Vielzahl an Leistungsfällen zu führen sind, die nach Anerkennung der
Flüchtlingseigenschaft ins Grundsicherungssystem des SGB II überführt wurden.
Im Jahr 2016 sind insgesamt 384
Personen und im Jahr 2017 insgesamt 188 Personen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz
in die Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) übergetreten.
4.
Finanzierung
/ kommunale Aufwendungen
Entsprechend der zuletzt am
07.11.2017 novellierten Fassung der Satzung des Kreises Steinfurt zur Regelung
der Beteiligung der Städte und Gemeinden an den kommunalen Kosten des SGB II
beteiligen sich im Rahmen der Aufgabendelegation die Städte und Gemeinden mit
50 % an den kommunalen Kosten des SGB-II (§ 5 Abs. 5 S. 1 AG SGB II NRW).
Hierdurch soll eine Zusammenführung von Aufgaben- und Finanzverantwortung
erreicht werden. Gleichzeitig verpflichtet § 5 Abs. 5 S. 3 AG SGB II NRW den Kreis
aber auch, ob und in welcher Weise ein Härteausgleich durch Satzung festgelegt
wird, wenn infolge erheblicher struktureller Unterschiede im Kreisgebiet die
Beteiligung kreisangehöriger Gemeinden an den Aufwendungen für diese zu einer
erheblichen Härte führt.
Nach dem inzwischen durchlaufenen
gerichtlichen Verfahren, welches für die Stadt Rheine im Zuge eines Vergleiches
einhergehend mit einer für die Jahre 2012 bis 2016 erfolgten Härteausgleichsnachzahlung
i.H.v. 1,795 Mio. € abgeschlossen wurde, gilt nun für den Kreis Steinfurt
folgende Regelung des Härteausgleichs:
1. Gemäß § 5 Abs. 5 Satz 3 AG SGB II werden für das Bestehen erheblicher
struktureller Unterschiede im Kreisgebiet für einzelne Kommunen folgende Kriterien
festgelegt:
- SGB II-Quote
- Gesamt-Arbeitslose pro Einwohner
- SGB II-Arbeitslose pro Einwohner
- SGB II-Kosten pro Einwohner
Erhebliche
strukturelle Unterschiede im Kreisgebiet werden für die Städte und Gemeinden
festgestellt, in denen mindestens zwei der o. a. vier beschriebenen Werte in
mindestens drei der vorausgegangenen vier Kalenderjahre um mindestens 25 % vom
Kreisdurchschnitt negativ abweichen.
2. Eine erhebliche
finanzielle Härte wird für die Städte und Gemeinden unter folgenden
Voraussetzungen festgestellt:
a) es liegen erhebliche strukturelle Unterschiede gegenüber
dem Kreisgebiet vor und
b) die Belastung
durch die Spitzabrechnung nach den Vorgaben des § 5 Abs. 5 S. 1 AG SGB II NRW
und der Kostenbeteiligungssatzung ist im Verhältnis zur hälftigen (fiktiven)
Kreisumlage, die zur Deckung der Kosten zu leisten wäre, um mehr als 20 %
höher.
3. Ein
Ausgleich der finanziellen Härte erfolgt, indem im Rahmen der Abrechnung der Kostenbeteiligung
die Mehrbelastung der betroffenen Städte und Gemeinden auf 20 % (s.o.) begrenzt
wird. Die Entlastungsbeträge werden im Rahmen der Abrechnung auf die anderen
Städte und Gemeinden im Verhältnis ihrer Beteiligung an der Kreisumlage
verteilt.
Die kommunalen SGB II-Aufwendungen
für die Stadt Rheine stellen sich im Vergleich der Jahre 2016 und 2017 wie
folgt dar:
Quelle: Interne Auswertung des
Kreis Steinfurt
Die Entwicklung der kommunalen SGB II-Aufwendungen
geht vom Grunde her einher mit der Entwicklung der SGB II-Leistungsfälle. Die
Finanzierungssystematik im SGB II reduziert bei Erzielung von Einnahmen
zunächst die Kosten des Bundes (Arbeitslosengeld II und Sozialgeld) und danach
die kommunalen Kosten (Kosten der Unterkunft, einmalige Leistungen u.a.).
Massiv verstärkt wird die auffallend
kostenmindernde Tendenz im Jahr 2017 insbesondere dadurch, dass für die FlüKdU
entsprechend der Statistik der Bundesagentur für Arbeit eine vollständige Kostendeckung
(= Bundesmittel) erfolgte. Für das Jahr 2016 hingegen wurde der Stadt Rheine
für die übergetretenen Flüchtlinge noch eine Pauschale von 2,2 % auf die KdU
nach § 22 SGB II gewährt.
Im Weiteren haben sich im Bereich des
Jobcenters der Stadt Rheine entgegen dem kreisweiten Trend die Kosten für
Unterkunft und die mit der Unterkunft verbundenen Hilfeaufwendungen (einmalige
Leistungen für Wohnungsbeschaffung, Umzug, Ausstattung/Einrichtung) erheblich
gemindert. Dieses ist zurückzuführen auf die intensiv und einzelfallorientiert
ermittelten tatsächlichen Bedarfe als auch die konsequente Berücksichtigung der
festgelegten Angemessenheitskriterien im Bereich der Unterkunft und Heizung
durch die persönlichen Ansprechpartner/innen im Jobcenter der Stadt Rheine.
5. Projekt Selbstständige
„Rheine“
Über das im Geschäftsbericht des
Jobcenters Kreis Steinfurt expliziert beschriebene Projekt Selbstständige in
Rheine wurde bereits in der Sitzung des Sozialausschusses am 01. März 2018
informiert.
Die sich daraus ergebenen
kostenmäßigen Auswirkungen werden auf Grund einer Auswertung des jobcenters
Kreis Steinfurt in Folge kurz dargestellt:
Beendigung des SGB II-Leistungsbezuges
(= 35 Bedarfsgemeinschaften)
jede zweite Beendigung/Falleinstellung resultierte aus einem
Leistungsverzicht bzw. einer unterbliebenen weiteren Antragstellung
o 97.000 Euro eingesparte Kosten
der Unterkunft im Projektzeitraum (nach Abzug der Bundesbeteiligung verbleiben
rund 74.000 Euro rein kommunaler Kosten, die je zur Hälfte direkt von der Stadt
Rheine bzw. über die Kreisumlage zu finanzieren gewesen wären)
o 59.500 Euro eingesparte
Leistungen zum Lebensunterhalt im Projektzeitraum (Bundesfinanzierung)
Vermeidung von
Hilfebedürftigkeit (= 12 Bedarfsgemeinschaften)
nach einer Beratung im
Projektteam wurde eine SGB II-Leistungs-Antragstellung nicht weiter verfolgt
o anhand der oben genannten
Werte errechnet sich eine fiktive KdU-Einsparung für diese Fälle für den
Projektzeitraum in Höhe von rund 33.500 Euro (kommunale Aufwendungen)
o anhand der oben genannten
Werte errechnet sich eine fiktive Einsparung im Bereich Leistungen zum
Lebensunterhalt im Projektzeitraum in Höhe von rund 22.000 Euro (Bundesmittel)
Einfluss auf Kennzahlen
und Zielerreichung
Von den o.a. Falleinstellungen ist nur eine Bedarfsgemeinschaft während
der Projektlaufzeit wieder in den Leistungsbezug gekommen. Aufgrund dieser
Nachhaltigkeit der Leistungsabmeldungen war das Projekt mit dafür
verantwortlich, dass die Zahl der Bedarfsgemeinschaften in Rheine im
Vorjahresvergleich reduziert werden konnte.
Im Projekt gab es insgesamt 30 Abgänge an Langzeitleistungsbeziehern
(17 Selbständige, 13 Familienangehörige; teilweise waren die Personen seit mehr
als 10 Jahren im Leistungsbezug und auch in der selbständigen Tätigkeit).
Aufgrund der genannten Nachhaltigkeit der Leistungsbeendigungen war das Projekt
mit ausschlaggebend für die Zielerreichung des Regionalbereiches Rheine bei der
Kennzahl Langzeitleistungsbezug.
Darüber hinaus haben 14
Personen während der Projektlaufzeit ihr Gewerbe abgemeldet und standen der
allgemeinen Arbeitsvermittlung damit wieder uneingeschränkt für eine
Vermittlung in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zur Verfügung.
Abschließend ist der
Hinweis von Bedeutung, dass sich die dargestellten Einsparungen lediglich auf
den Projektzeitraum (bis zum 31.01.2018) beziehen. Da sich die allermeisten
Bedarfsgemeinschaften noch immer nicht wieder im Leistungsbezug befinden,
werden sich diese Beträge für die Zukunft zwangsläufig weiter erhöhen.
Anlage 1: Jahres-/Geschäftsbericht 2017 des Jobcenter Kreis Steinfurt