Betreff
Sonderprojekt Rückkehrmanagement: Sachstandsbericht und weiteres Vorgehen
Vorlage
216/18
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

  1. Der Sozialausschuss nimmt den Projektstatusbericht zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung, die unter Ziffer 6 dargestellten nächsten Projektschritte umzusetzen.

 

  1. Der Sozialausschuss stimmt den Grundsätzen für das Rückkehrmanagement bei der Stadt Rheine zu.

Begründung:

 

Die Vorlage ist in zwei Teile gegliedert:

 

Teil 1: Statusbericht Sonderprojekt Rückkehrmanagement

Teil 2: Grundsätze für das Rückkehrmanagement bei der Stadt Rheine

 

 

Teil 1: Statusbericht Sonderprojekt Rückkehrmanagement

 

1.    Projektauftrag

Das Sonderprojekt Rückkehrmanagement verfolgt folgende Ziele:

·         Entwicklung eines transparenten, zeitnahen und rechtssicheren Verfahrensablaufs für Personen ohne Bleibeperspektive.

·         Aufarbeitung von Vollzugsdefiziten bei geduldeten Personen.

 

2.    Projektsitzungen / Teilprojektsitzungen

Folgende projektbezogene Veranstaltungen wurden durchgeführt:

·       Auftaktveranstaltung / Beginn des Projektlaufs Rückkehrmanagement am 18.01.2018

·       Projektgruppensitzung am 09.02.2018

·       Projektgruppensitzung am 16.02.2018

·       Teilprojektgruppensitzung ABH/Asyl Leistungen am 21.03.2018

·       Teilprojektgruppensitzung ABH/Asyl Leistungen am 10.04.2018

·       Teilprojektgruppensitzung ABH/Asyl Leistungen am 19.04.2018

·       Teilprojektgruppensitzung ABH/Asyl Leistungen am 26.04.2018

·       Projektgruppensitzung am 04.05.2018

 

3.    Projektstatus

 

Folgende Projektschritte sind bisher erledigt:

 

·         Prozessbeschreibung IST-Stand

Folgende Arbeitsprozesse, die im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Asylverfahren und Ausreisepflichten stehen, wurden durch Interviews der jeweiligen Prozessbeteiligten systematisch erhoben und verschriftet.

o   Prozessschritte der Ausländerbehörde (kurz ABH) Stadt Rheine

o   Asyl-Leistungen und Unterbringung

o   Flüchtlingsberatung, Fachdienst Migration und Integration / Caritasverband Rheine

o   Rückkehrberatung / Caritasverband Rheine

o   Team Begleitung/Beratung von Zuwanderern – Stadtteilbüros Fachbereich Soziales, Migration und Integration

o   Zusammenarbeit der Polizei mit ABH

 

·         Schwachstellenanalyse, Optimierungsmöglichkeiten

Dieser Projektschritt hatte das Ziel, die Zusammenarbeit im Gesamtprozess Rückkehrmanagement für ausreisepflichtige Ausländer möglichst erfolgreich zu gestalten.

Diese Aufgabe wurde in drei Projektgruppensitzungen unter Beteiligung aller Projektgruppenmitglieder angegangen. In der ersten Sitzung wurden die Erwartungshaltungen der verschieden Prozessbereiche (ABH, Asyl/Leitungen, Sozialarbeiter Stadtteilbüros, Caritasverband) ausführlich besprochen. Es wurde dabei deutlich, dass ein unterschiedliches Verständnis für die Abwicklung der Ausreisepflichten durch die ABH von den Projektgruppenmitgliedern besteht. So haben die Vertreter des Caritasverbandes bei der Aufgabenwahrnehmung eher die Wohlfahrtspflege im Blick. Im Projektverlauf konnte jedoch trotz unterschiedlicher „Aufträge“ eine gemeinsame Sicht auf die gesetzlichen Notwendigkeiten entwickelt werden, die sich in noch zu formulierenden Leitsätzen der Zusammenarbeit zwischen Stadt Rheine und Caritasverband Rheine widerspiegeln sollen.

Im Rahmen der Projektgruppensitzungen haben sich die Mitglieder mit Verbesserungsmöglichkeiten bei der Umsetzung des Rückkehrmanagements beschäftigt. Diese Vorschläge wurden zur besseren Übersicht und Bearbeitung verschiedenen Handlungsfeldern zugeordnet. In vier Teilprojektgruppensitzungen haben sich die Vertreter ABH und Asyl-Leistungen mit arbeitsinternen Verbesserungsmöglichkeiten bei der Sachbearbeitung der ABH Asyl und des Bereichs Asyl/ auseinander gesetzt.

 

Ergebnisse der Teilprojektsitzungen:

o   Erarbeitung einer Entscheidungsmatrix zur Anwendung festgelegter einheitlicher Kriterien bei Ermessensentscheidungen der ABH

o   Grundsätze für das Rückkehrmanagement der Stadt Rheine wurden abgestimmt (Bestandteil dieser Beschlussvorlage)

o   Entwicklung eines Standardreports der Sozialarbeiter der Stadtteilbüros, der Informationen der dort betreuten Ausländer liefert, die von der ABH bei ordnungsrechtlichen Entscheidungen herangezogen werden können.

o   Entwicklung eines rechtssicheren Belehrungsbogens zur Mitwirkungspflicht ausreisepflichtiger Ausländer und kombinierter Ankreuzbogen für von ihm bei der ABH vorzulegende Unterlagen.

o   Zur Identitätsklärung und der Attestierung von Krankheitsfällen im Zusammenhang mit der Prüfung von Ausreisehindernissen sollen konkrete Aktivitäten in die künftige Vorgangsbearbeitung aufgenommen werden.

o   Leitsätze für die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Caritasverband sollen entwickelt werden

o   Aktuell wird außerhalb des Sonderprojektes eine zukunftsfähige Personalbedarfsplanung für den Bereich der ABH vorgenommen.

o   Weiterhin soll geprüft werden, ob zeitintensive Abschiebemaßnahmen ohne Beteiligung der Sachbearbeiter ABH / Asyl erfolgen können, damit die Zeit für die Asyl-Sachbearbeitung uneingeschränkt zur Verfügung steht.

o   Eine gemeinsame Info-Veranstaltung zur Rechtslage Asyl soll für alle Projektgruppenmitglieder im zweiten Halbjahr 2018 erfolgen.

 

·         Lagebild

Das Ausländerdaten-Verwaltungs-und Informationssystem (ADVIS) wird als Datenquelle für das Lagebild Duldungsfälle genutzt. Das Lagebild soll noch weiterentwickelt werden und zukünftig die Grundlage für die regelmäßige Information der politischen Gremien sein.

 

4.    Weitere geplante Projektschritte

 

·         Verschriftung des Konzeptes Rückkehrmanagement

·         Testlauf des Rückkehrmanagements nach neuem Konzept

·         Evaluierung des Konzeptes im August / September 2018

 

5.    Zusammenfassung und Fazit

Die Abwicklung des Sonderprojekts Rückkehrmanagement ist voraussichtlich wie geplant im September 2018 mit Übergabe des erarbeiteten Konzeptes an die Alltagsorganisation abgeschlossen.

Die Bearbeitung und Entscheidungsfindung bei Personen im Duldungsstatus hat durch die erzielten Ergebnisse maßgeblich an Struktur und Qualität gewonnen.

 

Die Teilnehmer der Projektgruppe äußerten sich bei der letzten Sitzung ausdrücklich positiv zur Projektarbeit. Trotz der aufgabenbezogenen unterschiedlichen Betrachtungsansätze der Teilnehmer sei die ganzheitliche Betrachtung und Erarbeitung der konzeptionellen Grundlagen für die Abwicklung des Rückkehrmanagements durchaus sinnvoll.

 

Der Sozialausschuss nimmt den Projektstatusbericht zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung, die unter Ziffer 4 dargestellten nächsten Projektschritte umzusetzen.

 

 

Teil 2: Grundsätze für das Rückkehrmanagement bei der Stadt Rheine

 

 „Rheine sagt Willkommen: Rheine steht für ein friedliches, tolerantes und weltoffenes Miteinander von Menschen aus über 100 verschiedenen Herkunftsländern und Kulturen“.

Dieser Leitsatz ist Teil der Definition des Integrationsverständnisses und Willkommenskultur aus dem Migrations- und Integrationskonzept (2. Fortschreibung, Mai 2017).

Menschen, denen eine Schutzberechtigung zugesprochen wurde oder wird (Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz oder Abschiebungsverbot) macht die Stadt Rheine möglichst schnell und umfassend Integrationsangebote. Politische Handlungsgrundlage dafür ist das Migrations- und Integrationskonzept der Stadt Rheine, welches Handlungsfelder, Ziele und konkrete Maßnahmen der Integrationsarbeit definiert.

 

Die Entscheidung über Art und Umfang des Schutzstatus obliegt dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, bei einem gänzlich ablehnenden Bescheid stehen dem Betroffenen Rechtsmittel zur Verfügung. Die Ablehnung aller Schutzformen durch das BAMF oder die zuständigen Gerichte führt zur Ausreisepflicht des Betroffenen, für die eine entsprechende Frist gesetzt ist. Mit der Ablehnung von Schutzformen kann auch nicht die im Alltag weit verbreitete Erwartungshaltung verknüpft werden, dass eine möglicherweise bereits aufgenommene Arbeit oder allgemeine Integrationsbemühungen (Spracherwerb, Einbringen in Gemeinschaftsaktivitäten) generell die Erteilung eines Aufenthaltstitels absichert. Insofern wird die Ankündigung des zuständigen NRW-Ministers Dr. Joachim Stamp begrüßt, „Regelungen für diejenigen zu schaffen, die sich gut integrieren, die nicht straffällig sind, die Deutsch sprechen und für sich und ihre Familie weitestgehend selbst leisten können.“ (Zitat Dr. Joachim Stamp, Vorstellung des Kabinettsbeschlusses Asyl-Stufenplan, Pressemitteilung vom 25. April 2018).

 

In der Praxis entstehen aus verschiedenen Gründen zeitliche Verzögerungen zwischen der gesetzten Frist und der tatsächlichen Ausreise, es liegen keine Identitätsnachweise des Betroffenen vor oder medizinische Gründe stehen der Ausreise entgegen, so dass eine Duldung erteilt wird.

 

Das Rückkehrmanagement der Stadt Rheine setzt hier mit folgenden Maßgaben an:

-          Der Beratungs- und Verfahrensablauf für Personen im Duldungsstatus ist transparent, zeitlich strukturiert und auf einen kommunikativen Prozess angelegt.

-          Eine rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit unter Einbeziehung der sozialarbeiterischen Betreuung im Fachbereich Soziales, Migration und Integration gewährleistet eine umfassende Würdigung des Einzelfalls vs. des öffentlichen Interesses und erhebt den Anspruch auf Gleichbehandlung gleichgelagerter Fälle.

-          Die Beratung und die im Zusammenhang mit dem Rückkehrmanagement zu erledigende Arbeit steht vermutlich immer dem erklärten Willen des Betroffenen entgegen, der durch sein Asylgesuch einen persönlichen Schutzbedarf geltend gemacht hat. Diesen Widerspruch wird die Stadt Rheine durch ihren gesetzlichen Auftrag nicht aufheben können. Sie trägt durch einen konsequenten Ansatz, Ausreisehindernisse aufzuarbeiten, zur Klärung der persönlichen Lebens- und Aufenthaltsperspektive des Betroffenen bei.

 

Grundsätze:

 

Wenn ein Ausländer den erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt, ist er unverzüglich zur Ausreise aus der BRD verpflichtet. Kommt der Ausländer der Verpflichtung nicht nach, ist die Ausreise - sofern keine Vollzugshindernisse vorliegen - zwangsweise durchzusetzen.

 

Die Information des Betroffenen über die Ausreiseverpflichtung (Anschreiben, Beratungsgespräch) enthält immer auch Hinweise und Beratungsmöglichkeiten hinsichtlich der Möglichkeit der freiwilligen Ausreise und entsprechender Fördermöglichkeiten. Die freiwillige Ausreise hat für die Stadt Rheine Priorität, auch wenn entsprechende Beratungsprozesse den zeitlichen Verlauf der Rückkehr beeinflussen.

 

Sofern die Ausreise nur zwangsweise umsetzbar ist, sollen die damit verbundenen Beeinträchtigungen und Belastungen auf ein Mindestmaß reduziert werden (Qualitätsstandards im Ablauf, Schulungsmaßnahmen für die MitarbeiterInnen).

 

Bei Personen ohne erwartbare Aufenthaltsperspektive oder bei Personen im Duldungsstatus soll die Beratung schon frühzeitig auf eine aktive Auseinandersetzung mit einer möglichen Rückkehr in das Heimatland ansetzen. Dazu gehören:

-          Einschränkungen bei der Erteilung von Arbeitserlaubnissen

-          Frühzeitige Aufklärung und Einforderung der gesetzlich normierten Mitwirkung an der Feststellung der Identität

-          Frühzeitige Aufklärung und Einforderung qualifizierter ärztlicher Gutachten zur Belegung gesundheitlicher Einschränkungen bzw. Ausreisehindernisse

-          Im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten Ahndung bei falschen Angaben, Täuschungen über Identität oder Staatsangehörigkeit oder bei einer Verhinderung oder Verzögerung der Erfüllung zumutbarer Anforderungen an die Beseitigung von Ausreisehindernissen.

-          Sozialarbeiterische Beratung dahingehend, sich auch mit der Rückkehrperspektive auseinanderzusetzen.

 

Ermessensentscheidungen haben stets eine Abwägung zwischen den schutzwürdigen Interessen des Einzelfalls und der Allgemeinheit vorzunehmen. Daher kann das Ziel sowohl durch eine Entscheidung zugunsten eines Aufenthaltstitels für den Betroffenen wie auch durch eine Ausreise durch den Betroffenen erreicht werden. Für die Ermessensausübung sollen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten folgende Grundsätze gelten:

 

-          Dem Schutz von Ehe und Familie, insbesondere dem Schutz der Familieneinheit, wird grundsätzlich Rechnung getragen. Kinder und Jugendliche sind besonders schutzbedürftig.

-          Der Zugang zu Bildungs- und Qualifizierungsangeboten differenziert in vielen Fällen nicht nach dem Aufenthaltsstatus. Sofern in absehbarer Zeit von Personen im Duldungsstatus Bildungsabschlüsse o.ä. erworben werden, soll der Zeitpunkt der Rückkehr darauf Rücksicht nehmen. Spezialgesetzliche Regelungen (z.B. § 60 a AufenthG, sog. „Ausbildungsduldung“) bleiben von diesem Leitsatz unberührt.

-          Straftaten von Betroffenen fließen grundsätzlich in die rechtliche Bewertung des Einzelfalls ein.

-          Der Betroffene hat entsprechend der gesetzlichen Vorgaben Mitwirkungspflichten und kann Beratungsangebote wahrnehmen. Seitens der Stadt Rheine zu setzende Fristen sollen in einem angemessenen Verhältnis zu den Anforderungen an den Betroffenen sowie des öffentlichen Interesses stehen.

 

Der Sozialausschuss stimmt den Grundsätzen für das Rückkehrmanagement bei der Stadt Rheine zu.