Betreff
Produktbereich Ausländerbehörde
I. Allgemeines
II. Abschlussbericht zum Projekt "Humanitäre Aufenthaltstitel und Rückkehrmanagement"
Vorlage
324/19
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Sozialausschuss nimmt die Ausführungen zur Kenntnis.

 


Begründung:

 

1. Allgemeines: Zahlen / Daten / Fakten

 

Die Anzahl der in Rheine lebenden Ausländer hat sich im Betrachtungszeitraum vom 31.12.2016 bis heute von 7854 auf 9032 kontinuierlich erhöht. Neben saisonalen Arbeitskräften hat der Anstieg der Asylsuchenden und Duldungsinhaber Einfluss auf den zum Teil temporären wie auch auf den generellen Anstieg der Ausländerzahlen in Rheine.

 

Die nachfolgende Kennzahlenmatrix verdeutlicht den steigenden Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerungszahl der Stadt Rheine und stellt den Anteil der EU Ausländer an der Ausländerzahl gesamt dar. Daneben werden Zahlen zu exemplarisch ausgewählten Aufenthaltstiteln, zur Anzahl erfolgter Einbürgerungen und zur Anzahl der Rückführungen Ausreisepflichtiger jeweils zum Stichtag 31.12. bzw. laufenden Jahr soweit möglich zum Stichtag 01.07.2019 dargestellt. Im Jahr 2016 war die Anzahl der freiwilligen Rückkehrfälle unter Nutzung der Förderungsprogramme REAG/GARP auffällig hoch, fiel in den folgenden Jahren aber deutlich ab.

 

Kennzahlenmatrix    (Quellen: AZR und IT NRW)

2016

2017

2018

7/2019

Einwohner der Stadt Rheine (31.12. des Jahres)

75338

76018

76107

 

Ausländer der Stadt Rheine (Anzahl)

7854

8280

8741

8885

Ausländeranteil (%)

10,43%

10,89%

11,49%

 

EU Ausländer (Anzahl)

3324

3539

3834

3793

Anteil EU Ausländer

an Ausländer gesamt (%)

42,32%

42,74%

43,86%

42,69%

 

 

 

 

Abschiebungen (Anzahl)

7

19

25

15

Freiwillige Rückkehrfälle (Anzahl)

101

27

8

3

 

 

 

 

 

Aufenthaltserlaubnisse (Anzahl)

1815

2185

2418

2592

-          davon Asyl

4

7

7

6

-          davon Flüchtlingseigenschaft

393

599

713

762

-          davon Subsidiärer Schutz

151

249

242

261

-          davon Abschiebungsverbot

38

52

78

90

 

 

 

 

 

Niederlassungserlaubnisse (Anzahl)

1566

1586

1642

1702

 

 

 

 

 

Einbürgerungen (Anzahl)

*1)

82

81

70

 

*1) Einbürgerungszahl 2016 steht wegen der in diesem Jahr erfolgten Fachbereichsneuorganisation nicht zur Verfügung

 

 

Entwicklung Aufenthaltsgestattungen – Duldungen (2018/2019)

 

Inzwischen ist die Anzahl der im Asylverfahren stehenden Asylsuchenden (Personen mit Aufenthaltsgestattung) gesunken. Dem gegenüber steht eine annähernd gleichbleibende Anzahl der vollziehbar ausreisepflichtigen Personen (Duldungen), da der überwiegende Anteil der Personen mit Aufenthaltsgestattungen nach erfolglosem Asylverfahren ausreisepflichtig wird und dadurch in den Duldungsstatus gelangt.

 

 

 

Entwicklung befristete Aufenthaltstitel, Niederlassungserlaubnisse, Einbürgerungen (2016 bis 07/2019)

 

Es ist deutlich wahrnehmbar, dass der Anteil an Personen mit Aufenthaltstiteln kontinuierlich steigt, ebenso die Anzahl der erteilten Niederlassungserlaubnisse. Prognostisch wird die Anzahl der Einbürgerungen in diesem Jahr über dem Durchschnitt der vergangenen Jahre liegen.

 

 

In Zukunft werden dem Sozialausschuss einmal jährlich im Sinne einer Geschäftsstatistik Zahlen, Daten und Fakten präsentiert.

 

 

Organisation der städtischen Ausländerbehörde

 

Zur Bewältigung der ausländerrechtlichen Aufgaben arbeitet die Ausländerbehörde Rheine in einer festgelegten Aufbauorganisation. Die zentralen Aufgaben

  • Asyl und Rückkehrmanagement
  • Prüfung, Erteilung / Rücknahme von Aufenthaltserlaubnissen
  • Prüfung / Durchführung von Einbürgerungen sowie Ausfertigung von Verpflichtungserklärungen

werden arbeitsteilig erledigt.

Für die Erledigung von Verwaltungsaufgaben der Ausländerbehörde sowie zur Durchführung von ausländerrechtlichen Ermittlungen werden die genannten zentralen Aufgabenbereiche durch teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter unterstützt.

Nachfolgend ist die aktuelle Aufbauorganisation grafisch dargestellt:

 

 

 

Erhöhung des Bürgerservice

 

Im laufenden Jahr konnte die Einführung der digitalen Akte abgeschlossen werden, was die Bearbeitung von Geschäftsvorgängen im Publikumskontakt deutlich erleichtert.

 

Zur Überwindung von sprachlichen Hindernissen läuft derzeit erprobungsweise der Einsatz von Videodolmetschern, was eine sachliche und neutrale Übersetzung insbesondere bei schwierigen Gesprächen sicherstellt.

 

In Zukunft ist die Einführung eines elektronischen Besucherleitsystems geplant, um die Kundenservice in der städtischen Ausländerbehörde weiter zu optimieren.

 

 

 

 

2.       Projekt “Humanitäre Aufenthaltstitel und Rückkehrmanagement“

 

Der Sachstand zum Projekt wurde zuletzt am 12.06.2018 im Sozialausschuss der Stadt Rheine vorgestellt.

 

Nach den bis dahin erfolgten Prozessbeschreibungen (Ist-Stand) mit den am Gesamtprozess beteiligten Stellen, der Schwachstellenanalyse, der darauf aufgesetzten Prozessoptimierungen und der Entwicklung eines dem Steuerungsbedarf angepassten Lagebildes wurden die folgend genannten weiteren Projektschritte angekündigt:

  • Verschriftung des Konzeptes
  • Testlauf des Rückkehrmanagements
  • Evaluierung des Konzeptes

 

Die durch die Projektbeteiligten erarbeiteten Handlungsfelder und Leitlinien wurden konzeptionell zusammengefasst und in der Alltagsorganisation getestet. Nach erfolgter Evaluierung des Konzeptes erfolgte die Erstellung der Endfassung.

 

Wesentliche konzeptionelle Festlegungen

  • Zur einheitlichen und transparenten Entscheidungsfindung zur Durchsetzung von Ausreisepflichten als auch zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen wurde eine Entscheidungsmatrix entwickelt.
  • Zwischen dem Fachdienst Migration und Integration der Caritas Rheine, Flüchtlings- und Rückkehrberatung, und dem Fachbereich Schulen, Soziales, Migration und Integration wurden zur Erreichung einer vernetzten und kooperativen Zusammenarbeit Leitlinien vereinbart, deren Umsetzung durch strukturierte Kommunikation auf der Leitungs- und Arbeitsebene sichergestellt ist.
  • Zur Erlangung wichtiger Informationen insbesondere zu Integrationsleistungen bei geduldeten und gestatteten Ausländern erstellen die Sozialarbeiter (innen) des Teams Beratung/Begleitung von Zuwanderern unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Bedingungen Standardreports, die bei ausländerrechtlichen Entscheidungen durch die Ausländerbehörde genutzt werden können.
  • Für alle am Prozess Rückkehrmanagement beteiligten Stellen (Polizei, Caritas, Fachdienst Beratung/Begleitung von Zuwandern, Mitarbeiter ABH) wurde eine gemeinsame Fortbildungsveranstaltung zum Ausländerrecht durchgeführt.
  • Ein auf den Steuerungsbedarf ausgerichtetes Lagebild wurde entwickelt und soll lageangepasst fortgeschrieben werden.
  • Es erfolgen bedarfsrechte Schulungs- und Fortbildungsangebote zu den Themen Kommunikation und Gesprächsführung sowie zur Eigensicherung in Bezug auf Außendienst und Rückführungsmaßnahmen.

Am 24.09.2018 wurde das Sonderprojekt „Rückkehrmanagement“ mit einer Abschlussveranstaltung unter Beteiligung von Vertretern auswärtiger Ausländerbehörden und der Projektbeteiligten abgeschlossen und die weitere Umsetzung in die Alltagsorganisation übergeben.

 

 

Strategische Ausrichtung

In Erweiterung der konzeptionellen Festlegung bei Umsetzung des Rückkehrmanagements / der Erteilung Humanitärer Aufenthaltstitel wurde zur klaren Positionierung eine Behördenstrategie der Ausländerbehörde Rheine entwickelt.

 

Als Vision wurde festgelegt:

„Alle geduldeten Ausländer im Zuständigkeitsbereich der Stadt Rheine sind gesellschaftlich integriert oder in ihre Herkunftsländer zurückgeführt.“

 

Im zweiten Schritt wurde strategisch festgelegt, in welchen aufgabenrelevanten Bereichen für das Jahr 2019 Arbeitsschwerpunkte gesetzt werden, damit die in der Vision angestrebten Ergebnisse erreicht werden können.

Arbeitsgespräche beim Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration NRW haben eine Sensibilisierung für die Entscheidungsfindung bei der Prüfung möglichen Integrationsmaßnahmen bei grundsätzlich ausreisepflichtigen Personen herbeigeführt. Aktuelle Erlasse lassen mehr Möglichkeiten für die Erteilung von Aufenthaltstiteln bei gut integrierten Ausländern zu, deren Identität zweifelsfrei feststeht.

Andererseits sollen Ausreisepflichtige, die die Anforderungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht erfüllen, konsequent in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden. Die Rückführung bei diesen Personen scheitert häufig, da die erforderlichen Reisedokumente nicht vorliegen und ohne Mitwirkung der Betroffenen kaum beschafft werden können.

 

Unter diesem Ansatz wurden folgende Arbeitsschwerpunkte für das Jahr 2019 gebildet:

  • Fehlende Reisedokumente bei ausreisepflichtigen Personen sollen verstärkt beschafft werden.
  • Der Krankenstatus aller geduldeten Personen mit dem Ausreisehindernis „aus medizinischen Gründen“ sollen rechtssicher geklärt werden.
  • Steigerung der Integrationsmaßnahmen in allen geeigneten Fällen.

 

Die seitens der Stadt Rheine erarbeitete Strategie zielt darauf ab, in allen geeigneten Fällen bei Vorliegen der notwendigen Voraussetzungen Integration zu fördern und die Erlangung von Aufenthaltstiteln zu ermöglichen.

 

Lagebild

Die steuerungsrelevanten Kennzahlen (Zielerreichungsgrade, als auch zu Messungen der vereinbarten Aktivitäten), sowie weitere Messkennzahlen außerhalb der Zielstellungen, fließen in das monatliche Lagebild ein. Quartalweise erfolgt eine Controlling-Besprechung bei dem der aktuelle Sachstand erörtert wird und ggf. nachgesteuert werden kann.

 

Erste Ergebnisse

Das Verfahren ist inzwischen etabliert. Die konkreten Ziele schaffen eine Orientierung für die Aufgabenwahrnehmung, und zwar sowohl intern wie auch mit beteiligten Gruppierungen (Kirchen, Ehrenamt, freie Träger, Vereine).

Eine deutliche Entlastung der Sachbearbeitung ist durch die Einstellung von zwei Teilzeitkräften (pensionierte Polizeibeamte) für die Erledigung von Ermittlungsaufträgen und für den Fahrdienst bei Rückführungen festzustellen.

 

Ausblick / Prognose

Die mit dem Sonderprojekt Rückkehrmanagement im Oktober 2017 begonnene Neuausrichtung der Ausländerbehörde Rheine wird nach der Projekterweiterung auf die strategische Ausrichtung und Zielvereinbarung für 2019 nach der Bilanzierung und Neuausrichtung für 2020 Ende Dezember 2019 abgeschlossen.

 

Die seitens der Stadt Rheine umgesetzte Strategie deckt sich mit den Zielen und seitens der Landesregierung NRW geschaffenen Möglichkeiten, Langzeit- und/oder gut integrierten Ausländern eine Bleibeperspektive zu schaffen.

Dazu bildet die seitens der Stadt Rheine geschaffene Organisationsstruktur, die Produkte Leistung, Recht, Unterbringung und Betreuung zusammenzufassen, eine ideale Ausgangslage.

 

Auf die individuell ansetzenden Integrationskonzepte und Maßnahmen (dezentrale Unterbringung, quartiersbezogene Sozialarbeit und Ansprechpartner vor Ort, Sprachoffensive, Ankommensberatung) sowie Projekte (Einwanderung gestalten NRW, Gemeinsam klappt´s) wird an dieser Stelle nicht näher eingegangen sondern auf die bereits erfolgten bzw. laufenden Berichterstattungen im Sozialausschuss sowie im Integrationsrat verwiesen.