Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der Haupt- und
Finanzausschuss nimmt die Informationen zur Einführung des Prozessmanagements
in der Stadtverwaltung Rheine zur Kenntnis.
Begründung:
1. Anlass
für die Einführung des Projektmanagement
Die Aufgaben der Kommunalverwaltung sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich in Tiefe und Breite gewachsen.
Für die Stadtverwaltung Rheine seien als Beispiele die Themen Flüchtlingsunterbringung, Integration und Rückführung, der wachsende Bedarf an Betreuungsplätzen im Kita- und Schulbereich, die Ausweitung des berechtigten Personenkreises für den Unterhaltsvorschuss sowie die zunehmende Zahl an Förderprogrammen für Sanierungs-, Erweiterungs- und Neubaumaßnahmen genannt. Aber auch die Anforderungen an den „Digitalen Wandel“ der Verwaltung bedürfen wirtschaftlicher und personeller Ressourcen.
Gleichzeitig „stecken wir mitten im demographischen Wandel“. Um die Dimension zu verdeutlichen: Ab dem Jahr 2021 werden innerhalb von 15 Jahren rund 320 Beschäftigte in den Ruhestand treten. Dieses entspricht nahezu 50 Prozent der heutigen Belegschaft. Es ist zwingend erforderlich, dem damit einhergehenden „Wissensverlust“ angemessen und mit modernen Mitteln zu begegnen.
Ein wesentlicher Baustein zur Begegnung der vorgenannten Herausforderungen ist die Einführung des Prozessmanagements.
Einen Einstieg in das Prozessmanagement hat die Stadt Rheine bereits mit der Teilnahme an dem interkommunale Projekt der KAAW zum „Aufbau und Pflege einer interkommunalen Prozessdatenbank für Verwaltungsdienstleistungen“ vorgenommen. Im Rahmen des Projektes wird die Methode sowie die Software der Fa. Picture GmbH (Münster) eingesetzt. Zielsetzung des Projektes ist, dass die beteiligten Kommunen arbeitsteilig Prozesse in ihren Verwaltungen erheben und diese in der Prozessdatenbank zur Verfügung stellen. Hiermit ist insbesondere verbunden, dass bezogen auf einzelne gemeinsam vereinbarte Prozesse gemeinsame Lösungen im Rahmen der Digitalisierung verfolgt werden.
Das Prozessmanagement darf jedoch nicht auf die einzelnen Prozesse der vorgenannten interkommunalen Projekte beschränkt werden, sondern ist umfassend einzuführen.
2. Kurzbeschreibung des Prozessmanagements
Das
Prozessmanagement umfasst die Identifizierung von Verwaltungsprozessen, deren
systematische Erfassung (Prozessregister) und Priorisierung sowie die
Prozessbeschreibung und Optimierung (insbesondere durch Digitalisierung).
Ebenfalls gehört das fortlaufende Controlling von Prozessen (kontinuierlicher
Verbesserungsprozess) zur Aufgabe des Prozessmanagements.
3. Einführung des Prozessmanagements
Im Rahmen
eines gemeinsamen Workshops von Verwaltungsvorstand, Fachbereichsleitun-gen,
Personalrat und Gleichstellungsbeauftragte, wurden Zielsetzungen, das Vorgehen
und die erforderlichen Ressourcen für die Einführung des Prozessmanagements
erarbeitet.
3.1 Ziele
des Prozessmanagements für die Stadtverwaltung
Die Ziele (Wirkungsbeiträge) des Prozessmanagement liegen insbesondere
·
in der
Informationsbereitstellung für die Führungskräfte (Vorstand,
Fachbereichsleitungen und Produktverantwortliche) zur Steuerung der Prozesse
(Organisationsgestaltung/Prozessoptimierung einschließlich Aufgabenkritik).
·
in der
Ermittlung von Potentialen für die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen
(e-Government-Leistungen, Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes).
·
bei den Beschäftigten
in der Bereitstellung des Prozesswissens (Transparenz in den Aufgaben sowie dem
Ablauf, im Hinblick auf den demographischen Wandel Wissenserhalt).
3.2 Vorgehen
für die Einführung des Prozessmanagement
Bei Kommunen in der Größenklasse der Stadt Rheine ist von ca. 1.200 bis
1.800 Prozessen auszugehen. Aufgrund der hohen Prozesszahl besteht die
vorrangige Vorgehensweise nicht in der Aufnahme aller Prozesse, sondern in der
Identifizierung und Priorisierung der bedeutenden Prozesse. Dieses erfolgt,
indem zu jedem Prozess ein sogenannter Prozesssteckbrief erstellt wird. Der
Steckbrief enthält neben der Bezeichnung des Prozesses festgelegte Attribute
(z. B. Fallzahlen, Risikobewertung, Kosten, Ertrag, Komplexität,
Optimierungspotential, Digitalisierungspotenzial, Wissensbewahrung) die bezogen
auf den Prozess erhoben werden.
Nachdem die Steckbriefe für die Prozesse erstellt worden sind, erfolgt
deren Bewertung anhand der Attribute und anschließend die Priorisierung für die
Prozessaufnahme. Die vorhandenen Prozess-Steckbriefe werden in das
Prozessregister aufgenommen.
Es wird davon ausgegangenen, dass in der Priorität ca. 20 Prozent der
Gesamtprozesse (Pareto-Prinzip) von hoher Bedeutung im Sinne der Zielsetzungen
sind. Somit wird als unterer Wert für die Prozessaufnahme ein Wert von 240
Prozessen angenommen, die innerhalb der nächsten Jahre aufgenommen werden. Von
diesen 240 Prozessen werden ca. 20 Prozent ein Optimierungs- bzw.
Digitalisierungspotential aufzeigen. Die aufgenommenen und ggf. anschließend
optimierten Prozesse werden in das Prozessregister aufgenommen und sind sowohl
für die Führungsebene als auch für die betroffenen Beschäftigten zugänglich.
Die Einführung des Prozessmanagement gliedert sich in die nachstehenden
vier Phasen:
Konzeptionsphase
(I. Quartal 2020)
Ø Festlegung der Methodenstandards
Ø Erstellung eines Prozessmanagementhandbuches
(Standards)
Ø Erstellung eines Kommunikations- und
Beteiligungskonzeptes
Ø Einbindung der Prozesseigener
(Produktverantwortliche)
Aufbauphase
I (II. Quartal 2020)
Ø Aufbau- und Auswertung des Prozessregisters
Ø Überwachung des Projektverlaufs
Ø Unterstützung der einzelnen Bereiche
Ø Koordinierung der Gesamtmaßnahme
Ausbauphase
II (2021 bis Ende 2023)
Ø Definition von Projekten (nach Auftrag VV)
Ø Projektsteuerung
Ø Akzeptanzmanagement
Ø Analyse- und Optimierung der Prozesse
Ø Berichtswesen
im
Regelbetrieb (ab 2024)
Ø Konzeptfortschreibung
Ø Qualitätsmanagement
Ø Fähigkeitsentwicklung
3.3 Ressourcen für die Einführung des
Prozessmanagement
In Abhängigkeit zur Zielsetzung und zum Vorgehen wurde in Abstimmung mit
der Firma Picture eine Bemessung des Ressourcenbedarfs vorgenommen.
Ressourcenbedarf zur Zielerreichung |
Personal |
|
Fähigkeiten |
|
Budget |
|
Werkzeuge |
|
Akzeptanz |
Rollen-konzept |
|
Schulungs-konzept |
|
Zeit-/Projekt-planung |
|
Software |
|
Kommunikationskonzept |
Finanzielle Ressourcen
wurden verwaltungsseitig unter Berücksichtigung des vorgenannten KAAW-Projektes
für Software-Lizenzen, Schulungen sowie für Beratungsleistungen ermittelt.
Insbesondere in der Konzeptions-und Aufbauphase soll eng mit der Firma Picture
GmbH kooperiert werden und eine Beratungsleistung in Anspruch genommen werden.
Insgesamt sollen in der HH-Planung 2020 für das Prozessmanagement 69.000 Euro
berücksichtigt werden. Für die Folgejahre reduzieren sich die Aufwendungen auf
rd. 45.000 Euro jährlich.
Für die
Personalbemessung ist zu berücksichtigten, dass in der Konzeptionsphase im Jahr
2020 die Grundlagen für das Prozessmanagement erarbeitet werden müssen (u. a.
Aufbau der Projektstrukturen, Methodenfestlegung, Prozesshandbuch,
Beteiligungs-/Akzeptanzkonzept, Schulungskonzept, Administration der Software).
In der Ausbauphase I (beginnend Mitte 2020) soll die zentrale Projektsteuerung
installiert werden und mit der Erstellung der Projektsteckbriefe einschließlich
der Priorisierung der Prozessaufnahmen begonnen werden. Auch soll ab Mitte 2020
mit der Projektaufnahme und -Optimierung begonnen werden.
Entsprechend
der Empfehlung der Firma Picture GmbH und den Erfahrungen anderer Kommunen soll
das Projektmanagement zentral verortet werden und über entsprechend
aus(fort-)gebildete Personalressource verfügen. Gleichzeitig sollen im Rahmen
der Prozessaufnahmen die Führungskräfte und Fachbereichscontroller befähigt
werden, Prozesse mit dem Instrument Picture aufzunehmen bzw. im Rahmen des
Prozesscontrollings auf Optimierungspotentiale zu prüfen.
Im Rahmen der
Personalbemessung wurde ermittelt, dass im Jahr 2020 der Personalbedarf für die
Aufgaben innerhalb der Konzeptions- sowie der Aufbauphase I mit einer
zusätzlichen Stelle wahrgenommen werden können. Ab dem Jahr 2021 soll für die
weitergehende Prozessaufnahme (Optimierung) eine weitere Stelle bereitgestellt
werden, um die kalkulierten 240 Prozesse (vgl. Ziffer 3.2) bis Ende 2023
aufzunehmen. Die Stellen sollen zeitlich bis 2023 befristet werden. Im Jahr
2023 ist dann zu ermitteln, in welchem Umfang für die Aufgaben des
Prozessmanagements eine Verstetigung der Personalressourcen erforderlich wird.
Anlagen: