Betreff
Dach- und Fassadenbegrünung im Stadtgebiet
Vorlage
070/20
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz beauftragt die Verwaltung

 

 

1.      die unten beschriebene Informationskampagne  durchzuführen;

 

2.      bei der Planung und Errichtung von städtischen Gebäuden zukünftig eine Dach- und Fassadenbegrünung gemäß den unten beschriebenen Vorgaben zu prüfen und bei der Beschlussfassung über den Entwurf das Ergebnis mit einer Empfehlung dem Ausschuss vorzulegen;

 

3.      städtische Gebäude im Bestand auf die technische Machbarkeit einer Dach- und Fassadenbegrünung hin zu prüfen; die Ergebnisse sind dem Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz vorzustellen;

 

4.      in allen Bebauungsplanverfahren, die eine Nachverdichtung ermöglichen, zu prüfen, ob eine Dachbegrünung gemäß den unten beschriebenen Vorgaben festgesetzt werden kann;

 

5.      in allen Bebauungsplanverfahren, die eine Nachverdichtung ermöglichen, zu prüfen, ob eine Fassadenbegrünung gemäß den unten beschriebenen Vorgaben festgesetzt werden kann;

 

6.      die Fassadenbegrünung in das vorhandene Fassadenprogramm für den Bereich Rahmenplan Innenstadt aufzunehmen,

 

7.      grundsätzlich in Bebauungsplänen eine Dach- und Fassadenbegrünung festzusetzen, wenn der Investor/Bauherr dieser Maßnahme zustimmt.

 


 

Begründung:

 

1.          Allgemeines

 

In innerstädtischen Bereichen, insbesondere in stark verdichteten Quartieren sind in den letzten Jahren verstärkt die Auswirkungen des Klimawandels spürbar. In den Sommermonaten sind durchschnittlich mehr Tropentage (Tagestemperatur über 30°C) zu verzeichnen, welche mit einer reduzierten nächtlichen Abkühlung einhergehen. Begründet werden kann dies mit der Aufheizung von Flächen (Fassaden, Straßen) und dem geringeren Vorhandensein von Grün und Frischluftschneisen, welche die Wärme ableiten. Diesen mikroklimatischen Effekten will die Stadt Rheine u.a. mit dem Masterplan Grün entgegenwirken. Das Konzept sieht vor neue Grünstrukturen zu schaffen und Hitzeinseln zu reduzieren.

 

Als eine effektive Maßnahme wird eine umfangreiche Dach- und Fassadenbegrünung von Gebäuden angesehen. Die Temperaturdifferenz zwischen unbegrünten und begrünten Flachdächern kann in der Mittagszeit bis zu 70°C betragen. Ein Effekt der nicht nur in der Umgebung sondern auch im Gebäude spürbar ist.

 

Eine Fassadenbegrünung bietet eine Vielzahl von Wirkpotenzialen auf den Stadtraum. An Gebäuden bietet sie u.a. Schallschutz, Kühlung, Dämmung, Bindung von Feinstaub, Bildung von Sauerstoff. Im direkten Umfeld sind Effekte z.B. durch Verdunstung, Förderung der Biodiversität und Wasserrückhalt spürbar. Im Quartier / Stadtraum sind darüber hinaus positive Effekte auf das Mikroklima, auf Lärmausbreitung und das Wohlbefinden der Bürgerinnen und Bürger nachweisbar. Fassadenbegrünung kann grundsätzlich in zwei Formen ausgebildet werden. Als bodengebundene Begrünung werden Direktbewuchs und Leitbarer Bewuchs (mit Rankhilfen) angesehen, welche im Erdreich vor der zu begrünenden Fläche eingesetzt wird. Dem entgegen gibt es wandgebundene Systeme, welche auf Pflanzgefäße oder modulare Systeme (Pflanzwände) gründen. Je nach Gebäudetyp und vorhandener Fläche ist die optimale Begrünungsform auszuwählen. Auf Grund der Vielzahl an verschiedenen Pflanzenarten und ihrer Eigenschaften ist die Ausgestaltung einer Fassadenbegrünung individuell an die jeweiligen Anforderungen des Bebauungsplans anzupassen.

 

Wer sein Dach bepflanzt, kann Energiekosten sparen. Denn Grünpflanzen wirken als natürliche Dämmung und Klimaanlage: Sie halten im Winter die Wärme im Haus und kühlen es im Sommer.

 

Die  Etablierung einer Dach- und Fassadenbegrünung lässt sich auf verschiedenen Ebenen anvisieren. Neben der Vorbildfunktion der Stadt Rheine und einer breit angelegten Informationskampagne, sind auch rechtliche Festsetzungen in Bebauungsplänen sowie in städtebaulichen Verträgen denkbar. Im Folgenden werden die einzelnen Möglichkeiten auf ihre Einsetzbarkeit hin betrachtet.

 

Mit dem Masterplan Grün liegt für den Kernstadtbereich bereits eine fundierte Analyse der Grünstrukturen vor. Quartiere / Gebiete mit einer ökologischen Unterversorgung sind bereits identifiziert und können bei zukünftigen Bebauungsplänen entsprechend ausgearbeitet werden. Darüber hinaus hat die Stadt Rheine, mit dem Masterplan 100% Klimaschutz, Beschlüsse zur Energie- und Treibhausgasreduktion im gesamten Stadtgebiet gefasst, welche durch energetisch konzipierten Dach- und Fassadenbegrünung in ihrer Zielsetzung begünstigt werden.   

 

 


 

2.          Arten der Dach – und Fassadenbegrünung

 

Generell wird bei den Dachbegrünungsmaßnahmen zwischen einer Intensiv- und einer Extensivbegrünung, bei der Fassadenbegrünung zwischen einer boden- und fassadengebundenen Begrünung unterschieden.

 

Bei einem Flachdach mit extensiver Dachbegrünung liegt die Substrathöhe bei 3 bis 15 cm

und kann somit mit niedrig wachsenden Pflanzen, wie Kräutern und Gräsern, bepflanzt

werden. Das Gewicht der Dachbegrünung liegt bei 40 bis 150 kg pro m². Das Begrünen ist

beim Flachdach kostengünstig und pflegeleicht, da sich die Pflanzen weitestgehend selbst

erhalten und weiterentwickeln. Es genügt, wenn 1- 2 mal jährlich Unkraut und Gehölzaufwuchs z.B. von Birke oder Weide auf dem Flachdach entfernt wird.

 

Bei der intensiven Dachbegrünung handelt es sich um eine aufwändige Maßnahme mit

Stauden und Gehölzen sowie Rasenflächen und Bäumen. Hier liegt die Substrathöhe bei 12

bis 40 cm. Das Gewicht liegt bei bis zu 500 kg pro m². In den ersten vier Wochen nach der Anlage sollte die Flachdachbegrünung jede Woche bis zu viermal gewässert werden, um das Anwachsen zu fördern. Die aufwendigere Pflege der intensiven Dachbegrünung richtet sich nach der Ausstattung der Begrünung.

 

 

Dachbegrünung

extensiv

intensiv

-          geringe Substratstärke von 6-15 cm

-          Größere Substratstärke von 30-100 cm

-          geringes Gewicht, daher geringe Traglast nötig

-          größeres Gewicht, daher größere Traglast benötigt

-          geringe Kosten und geringer Pflegeaufwand

-          Kosten und Pflegeaufwand entsprechen dem eines ebenerdigen Gartens

-          mögliche Pflanzen: Gräser, Sedumarten, Kräuter

-          Mögliche Pflanzen: Gräser, Stauden, Sträucher, Bäume

 

 

 


 

 

Fassadenbegrünung

bodengebunden

fassadengebunden

-                 Flächenförmiger Bewuchs mit oder          ohne Kletterhilfe

-          Pflanzen in senkrechten („Vertikale Gärten“) oder horizontalen Vegetationsflächen

-          Pflanzen: Selbstklimmer, Schlinger, Ranker, Spreizklimmer

-          Pflanzen: Stauden (U. a. auch Gräser und Farne), Kleingehölze, Moose, bedingt Wurzelkletterer, Spreizklimmer

-          Geringe Kosten

-          Hohe Kosten

 

 

 

3.          Kosten und Fördermöglichkeiten

 

Reduzierung der Niederschlagswassergebühren

Eine wichtige Maßnahme zur Förderung der Dachbegrünung stellt die Reduzierung der Niederschlagsgebühr für begrünte Dachflächen dar. Hierauf hat die Stadt Rheine reagiert und die

Satzung über die Erhebung von Kanalanschluss-Beiträgen und Abwassergebühren geändert. Danach erhalten Eigentümer von Gebäuden mit einer Dachbegrünung (Substratschicht >10 cm) ab dem 01.01.2020 einen Nachlass auf die Niederschlagswassergebühren um 50 %. Damit würden sich die Gebühren von 0,86 € auf 0,43 €/qm reduzieren. Für ein Einfamilienhaus mit einer Dachfläche von 120 qm reduziert sich die jährliche Gebühr von 103,20 € auf 51,60 €; für einen Gewerbebetrieb mit bspw. 800 qm Dachfläche von 688,00 € auf 344,00 € jährlich.

 

Eine Bürgerinformation soll als Pressemeldung und als Eintrag auf der Homepage der Stadt Rheine in Abstimmung mit dem Fachbereich Entwässerung der Technischen Betriebe Rheine über diese Förderung informieren.   

 

Förderrichtlinien Stadterneuerung

Nach den Förderrichtlinien Stadterneuerung können in den festgelegten Sanierungsgebieten Begrünungsmaßnahmen gefördert werden. Aus diesem Grund sollen Begrünungsmaßnahmen in das bestehende Programm zum Erneuerungsgebiet Rahmenplan Innenstadt aufgenommen werden.

 

Mit dem Fassadenprogramm der Stadt Rheine als Maßnahme des Sonderprojektes „Rahmenplan Innenstadt“ wurde durch Beschluss des Bauausschusses am 27.04.2017 ein Budget geschaffen, das seitens der Stadt Rheine das Engagement ihrer Bürgerinnen und Bürger unterstützt, durch Maßnahmen an den Fassaden der privaten Gebäude an einer Verbesserung des städtebaulichen Erscheinungsbildes in der Innenstadt mitzuwirken. Für die Bewertung und Bewilligung von Anträgen wurden verschiedene Kriterien festgelegt, u. a. ist Fördervoraussetzung, dass es sich um „den öffentlichen Verkehrsflächen zugewandten Gebäudefassaden (=straßenseitige Fassaden- Ansichtsfläche/sichtbare Hülle bis zum Dach)“ handelt. Diese Definition bzw. Abgrenzung entspricht den Vorgaben der Gestaltungssatzung der Stadt Rheine – die Bewertungsgrundlage für Anträge nach dem Fassadenprogramm  ist - und betont die Zielsetzung, dass die Maßnahmen eine Wirkung „in den öffentlichen Raum“ haben sollen. Eine Begrünung der Fassaden ist auf Grundlage dieser Vorgaben grundsätzlich bereits heute förderfähig. Zur Verdeutlichung der Zielsetzungen der Stadt Rheine sowohl in stadtgestalterischer als auch klimabezogener Hinsicht ist es jedoch sinnvoll, die bestehende Richtlinie zum Fassadenprogramm dahingehend zu ergänzen, dass durch ausdrückliche Benennung der Förderfähigkeit von  Fassadenbegrünungen eine positive Anstoßwirkung für die Immobilieneigentümer erfolgt. Hierzu können die unter Punkt Festsetzungen in Bebauungsplänen beschriebenen Vorgaben Grundlage sein.

 

Förderungen der KFW-Bank

Günstige Kredite und Zuschüsse gewährt die KfW-Bank für Dachbegrünungen als Maßnahme der Dachdämmung mit den Programmen 151,152, 430.

 

Möglich ist die Förderung für die Dachbegrünung bis zu einer Höhe von 100.000 Euro Kredit für jede Wohneinheit bei der Sanierung zum KfW-Effizienzhaus oder bis zu 50.000 Euro Kredit bei Einzelmaßnahmen zu sehr günstigen Zinsen. Darüber hinaus gewährt die KfW Hauseigentümern einen Tilgungszuschuss als zusätzlichen finanziellen Anreiz.

Wer keinen Kredit in Anspruch nehmen möchte, kann im Programm 430 einen Zuschuss beantragen. Zehn Prozent der förderfähigen Kosten, bis zu 5.000 Euro für jede Wohneinheit, können Hausbesitzer als Zuschuss erhalten.

 

Kosten Dachbegrünung

Die Kosten für eine Flachdachbegrünung hängen von dem Aufbau des Flachdachs ab. Hierbei spielen die Neigung und die Höhe des Flachdachs, eventuelle Überstände und die verwendete Unterkonstruktion eine Rolle. In der Regel kostet die Flachdachbegrünung pro Quadratmeter zwischen 25 Euro und 100 Euro.

 

Art der Dachbegrünung - Kosten pro Quadratmeter:

extensive Dachbegrünung 25 - 50 € pro m²

intensive Dachbegrünung 50 - 100 € pro m²

(Quelle www.energieheld.de/dach/kosten)

 

Die Kosten für ein Flachdach mit Bitumen liegen bei ca. 22 Euro/pro m² (ebenda). In der Regel sind die Herstellungskosten für ein begrüntes Dach höher als für ein normales Flachdach mit Bitumeneindeckung. Auf Grund der geringen Mehrkosten und des hohen ökologischen Potentials sollen im Rahmen von Bebauungsplanfestsetzungen ausschließlich extensive Dachbegrünungsmaßnahmen gefordert werden.

 

Der Deutsche Dachgärtnerverband e.V. gibt die Kosten für eine Extensivbegrünung mit 25 - 35 Euro/m² (Material und Ausführung) an. (vgl. Leitfaden Dachbegrünung für Kommunen, 2011 S. 74). Im Vergleich zu einem Kiesdach (10 Euro/m²) kommt der Verband bei einer dynamischen Kostenvergleichsrechnung zwischen einer Extensivbegrünung und einem Kiesdach (Fläche 100 m², Betrachtungszeitraum 40 Jahre) sogar zu einem Kostenvorteil für die Extensivbegrünung. (Die dynamische Berechnung des Dachgärtnerverbandes legt einen Betrachtungszeitraum von 40 Jahren und eine Niederschlagswassergebühr in Höhe von 0,92 bzw. 1,84 €/m² zugrunde.)

 

 

Kosten Fassadenbegrünung

Die Kosten für eine bodengebundene Fassadenbegrünung ohne Kletterhilfe sind vergleichsweise günstig und belaufen sich auf 4,00 – 15,00 € pro lfd. Meter.

 

 

 

4.          Instrumente zur Umsetzung der Dach- und Fassadenbegrünung

 

Öffentlichkeitsarbeit

 

Beim Thema Dach- und Fassadenbegrünung gilt es, den Bürgerinnen und Bürgern, Vertretern der Wirtschaft und zukünftigen Investoren für die Begrünungsmaßnahmen zu gewinnen und ihnen gleichzeitig Beratung anzubieten. Die Auswahl der richtigen Pflanzen bedarf einer detaillierten Aufnahme des zukünftigen Standortes. Je nach Art des Untergrundes, der Licht- und Schattenverhältnisse, des Nährstoff- und Wasserangebotes sowie der Wuchshöhe bieten sich unterschiedliche Arten an. Ebenso kann bereits bei der Auswahl der Pflanzen u.a. Einfluss auf die (Blatt)Farbe im Herbst genommen und so auch architektonische Akzente gesetzt werden.

 

Die Stadt Rheine bereitet aktuell eine Vortragsreihe in Form von sechs Abendveranstaltungen im 1. Halbjahr 2020 vor. In ca. 90-minütigen Vorträgen werden Grundlagen zu den Auswirkungen von Bepflanzungen auf das Mikroklima erläutert, Einblicke in die Grundlagen der Dach- und Fassadenbegrünung sowie in die grundsätzliche naturnahe Gestaltung von Vorgärten gegeben. Zwei Vorträge führen die interessierten Bürgerinnen und Bürger in die Praxis ein und bieten die Möglichkeit zum direkten fachlichen Austausch mit den Experten.

 

Ebenfalls entwickelt werden soll eine Handreichung, die die Grundlagen einer effektive Dach- und Fassadenbegrünung formuliert. Vergleichbare Publikationen wurden z.B. von der Stadt Osnabrück erstellt. Die Veröffentlichung ist für das 2. Quartal 2020 anvisiert.

 

Hinweis: Ist mein Dach überhaupt geeignet? Auf diese Frage finden Bürgerinnen und Bürger, Investoren und Eigentümer von Bestandsimmobilien auf der Internetseite des Solarpotenzialkatasters des Kreises Steinfurt unter https://www.solare-stadt.de/kreis-steinfurt/Solarpotenzialkataster eine erste Antwort. Die Stadt Rheine initiierte bereits im Frühjahr 2019 die Erweiterung des Solarkatasters um den Bereich der Gründächer. Dieser ist nun seit dem 11.11.2019 erreichbar und weißt grundsätzliche Informationen zu allen Gebäuden aus. Eine Detailprüfung (Statik, Dachabdichtung, etc.) ist vor einer Begrünung durch den Eigentümer separat vorzunehmen.

 

Der Rahmenplan Innenstadt sieht aktuell auch eine Förderung in Form des Fassadenprogramms vor (s.u.). Hier sollen die Aspekte der Fassadenbegrünung mit aufgenommen und veröffentlicht werden. Eine Information möglicher Fördermittelnehmer wird über die Öffentlichkeitskampagne abgedeckt.

 

 

Begrünung kommunaler Gebäude

 

Als Eigentümerin von Schulen, Verwaltungsgebäuden, Sportstätten und anderen Immobilien hat die Stadt Rheine die Möglichkeit selbst direkt Einfluss auf das Mikroklima zu nehmen und den Klimawandeleffekten entgegenzuwirken. Auf Bestandsgebäuden sind einzeln schon extensive Begrünungen mit Moosen und Sedum realisiert. Bei der aktuellen Hochbauplanung werden ebenfalls Gründächer vorgesehen (z.B. Edith-Stein-Schule, Fahrradabstellanlage Bahnhofsausgang West). Um ihrer Vorbildfunktion als Kommune nachzukommen wird angestrebt, bei zukünftigen Baumaßnahmen (Neubau, Dachsanierung) den Einsatz von Dach- und Fassadenbegrünung grundsätzlich zu prüfen und nur bei entgegenstehen funktionalen Gründen auf eine Umsetzung zu verzichten. Die Begrünung von Fassaden, insbesondere von Schul- und Sportgebäuden, soll als ein Element der architektonischen Planung festgesetzt werden. Städtische Gebäude im Bestand sollen auf die technische Machbarkeit einer Dach- und Fassadenbegrünung hin überprüft werden. Hierzu sind  die Punkte Statik, Dachkonstruktion, technische Einbauten, Flächenverfügbarkeit (Wände) und Anforderungen an die Wuchsebenen zu analysieren und zu bewerten. Die Ergebnisse und Verfahrensvorschläge sollen dem Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz vorgestellt werden.

 

 

Festsetzungen in Bebauungsplänen

 

Festsetzungen im Bebauungsplan haben nach den Grundsätzen des Planungsrechtes aus städtebaulichen Gründen zu erfolgen. Die Novelle des Baugesetzbuches im Juli 2011 hat klargestellt, dass die Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und zum Klimaschutz zu den Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft gehören. Diese Maßnahmen stellen somit ein städtebauliches Erfordernis gemäß  1 Abs. 3 S. 1 BauGB bzw. einen städtebaulichen Grund im Sinne des § 9 Abs. 1 BauGB dar. Der Klimaschutz und die Klimafolgenanpassung sind als schützender Belang in die Abwägung bei der Aufstellung von Bebauungsplänen einzustellen.

 

Für eine klimaschonende Siedlungsentwicklung finden sich mit den §§ 9 Abs. 1 Nrn. 20 und 25 BauGB vielfältige Ansatzpunkte aus städtebaulichen Gründen Begrünungsfestsetzungen für Dach- oder Fassadenbegrünungen zu treffen. Für solche Festsetzungen ist das Erfordernis jeweils in den  Bebauungsplänen, in denen sie getroffen werden sollen, gesondert zu überprüfen und die jeweilige Festsetzung und Ausgestaltung dieser gegenüber anderen in der Planung zu berücksichtigenden Belangen fundiert und gerecht abzuwägen.

 

Ein vordringlicher Bedarf für bauleitplanerische Festsetzungen wird in Rheine für die gemäß Masterplan Grün unterversorgten Bereiche gesehen. Dabei sind dies die bereits verdichteten Bereiche der Innenstadt, dem Dorenkamp und dem Schotthock. Der Masterplan Grün sieht eine Prüfung von Dach- und Fassadenbegrünung bei Bauleitplanverfahren in diesen Gebieten bereits vor.  Generell führen insbesondere die Nachverdichtungsprojekte – die grundsätzlich flächensparend und ökologisch sinnvoll sind - zu einem höheren Versiegelungsgrad und einer Veränderung des Mikroklimas. Eine Festsetzung von Dach- und Fassadenbegrünung sollte darum dort standardmäßig für Bauleitplanverfahren, die eine Nachverdichtung ermöglichen, vorgesehen werden. Es sollte nur dann davon abgesehen werden, wenn spezielle Gründe z.B. städtebaulicher Art dagegen sprechen. Ob eine Dach- oder Fassadenbegrünung festgesetzt wird, muss in jedem Bebauungsplan selbstständig abgewogen werden.

 

Anzuwendende Vorgaben für die Dachbegrünung

-          Grundsätzlich ist eine Dachbegrünung auf Haupt- und Nebengebäuden mit Flachdächern bzw. flach geneigten Schrägdächern mit einer Neigung bis zu 15 ° leicht möglich.  Auch wenn auch bei steiler geneigten Dächern eine Begrünung möglich ist, sollte sich eine zwingende Festsetzung auf diese Dachneigungen begrenzen. Die Begrünung erfolgt vollflächig und dauerhaft. Hierbei ist aus ökonomischen Gründen eine Mindestgröße von 40 m² Dachfläche auf Hauptgebäuden und 10 m² auf Nebengebäuden (Garagen, Carports, Abstellräume, etc.) anzusetzen.

 

-          Die Begrünung erfolgt vollflächig  und dauerhaft unter Berücksichtigung der Hinweise der FFL-Dachbegrünungsrichtlinie.

 

-          Die Substratschicht der Dachbegrünung ist mit mindestens 10 cm Mächtigkeit anzusetzen. Dieser Ansatz entspricht den Vorgaben der Satzung über die Erhebung von Kanalanschluss-Beiträgen und Abwassergebühren in der Stadt Rheine, welche, vorbehaltlich der im Dezember 2019 zu treffenden Beschlüsse des Rates der Stadt Rheine und des Verwaltungsrates der Technischen Betriebe Rheine AöR, Eigentümern von begrünten Flachdächern und flach geneigten Schrägdächern ab 1.1.2020 teilweise von der Niederschlagswassergebühr befreit. Eine Begrünung des Daches wird so indirekt finanziell gefördert.

 

-          In Abweichung der obig genannten Mindestsubstratstärke sind unterbaute Flächen (Tiefgaragen, Untergeschosse) wie folgt auszubilden: Unterbaute Flächen sind mit einer Vegetationstragschicht von mind. 0,8 m (inkl. aller Filter- und Drainageschichten) zu überdecken und dauerhaft zu begrünen. Die Oberkante der Dachflächen muss einschließlich der Vegetationsschicht niveaugleich mit der Oberkante Gehweg abschließen.

 

-          Ausnahmen: Von der Verpflichtung zur Dachbegrünung sind Teilflächen, die zur Gewinnung von regenerativen Energien (Solarthermie, Photovoltaik) genutzt werden ausgenommen. Eine Kombination von Gründach und Solaranlagen ist zulässig.  Die Kombination kann in einigen Einsatzbereichen eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung aus Dämmung, Regenwasserrückhaltung und Energiegewinnung sein. In stadtklimatisch belasteten Bereichen kann auch eine Dachbegrünung durch Ausschluss der solarenergetischen Alternative im Einzelfall Vorrang eingeräumt werden.

 

Ebenso ausgenommen sind Dachfenster, notwendige technische Anlagen, Dachaufbauten sowie Dachflächen, die als Dachterasse genutzt werden sollen.

 

 

Beispielhafte Festsetzungen zur Dachbegrünung in Bebauungsplänen:

-          Flachdächer und flach geneigte Dächer (<15°) von Hauptgebäuden mit einer Ausdehnung von mehr als 40m² und von Nebengebäuden (Garagen, Carports, Abstellanlagen, etc.) mit einer Ausdehnung von mehr als 10 m² sind unter Berücksichtigung der Hinweise der FFL-Dachbegrünungsrichtlinie vollflächig zu begrünen und dauerhaft zu unterhalten. Die Dachbegrünung ist mit einer Substratmächtigkeit von mindestens 10 cm auszuführen und kann sowohl extensiv als auch intensiv erfolgen. Von dieser Verpflichtung sind Teilflächen, die zur Gewinnung von regenerativer Energie (Solarthermie, Photovoltaik) genutzt werden ausgenommen. Die Kombination von Gründach und Solaranlagen ist zulässig.

 

-          Flachdächer und flach geneigte Dächer (<15°) von Garagen und Carports sind vollflächig und dauerhaft zu begrünen. Die Dachbegrünung hat extensiv mit einer Sedum-Grasschicht mit mindestens 10 cm Substratunterbau zu erfolgen. Für die Begrünung sind Pflanzen entsprechend der Pflanzliste zu verwenden. Die Dachbegrünung ist bereits bei der Statik und Konstruktion des Gebäudes zu berücksichtigen.

 

 

Anzuwendende Vorgaben für eine Fassadenbegrünung

-          Grundsätzlich sind alle Haupt- und Nebengebäude, deren Außenwände im Erdgeschoß keine Fenster und Türen aufweisen, dauerhaft zu begrünen.

 

-          Die Begrünung erfolgt standardmäßig bodengebunden mit hochwüchsigen und ausdauernden Rank- oder Kletterpflanzen mit einem Pflanzabstand von 1 – 2 m, je nach Art der Pflanze. Für die Pflanzbeete sind eine Mindestgröße von 0,5 qm und ein durchwurzelbarer Bodenraum von mindestens 1,0 m³ vorzusehen.

 

-          Eine fassadengebundene Begrünung ist alternativ zur bodengebunden Begrünung zulässig.

 

-          Für Gebäude mit einer gewerblichen, industriellen, öffentlichen oder dienstleistungsbezogenen Nutzung gilt: Baulich geschlossene Fassadenabschnitte (keine Fenster und Türen) sind ab 10 m Länge vollständig zu begrünen.

 

-          Ausnahmen: Fassadeabschnitte,  welche der solaren Energiegewinnung dienen, sind auszunehmen. Ebenso sind der Belichtung dienende Glasfassaden oder technische Anlagen von einer Fassadenbegrünung freigestellt.

 

 

Beispielhafte Festsetzung für eine Fassadenbegrünung in Bebauungsplänen:

-          Gewerblich genutzte Gebäude, deren Außenwände auf einer Länge von 10 Metern keine Öffnung aufweisen, sind mit rankenden oder klimmenden Pflanzen gemäß Pflanzliste dauerhaft zu begrünen. Die Pflanzen sind in einem Pflanzabstand von mindestens 1,5  m mit einem Pflanzbeet je Pflanze von mind. 0,5 qm und einem durchwurzelbaren Bodenraum von mindestens 1,0 m³ zu pflanzen. Abgängige Pflanzen sind spätestens in der nächsten Pflanzperiode zu ersetzen.

 

 

Dach- und Fassadenbegrünung in städtebaulichen Verträgen und bei der Grundstücksvergabe

 

Städtebauliche Verträge sind im Baugesetzbuch in § 11 BauGB geregelt und stellen eine Sonderform der öffentlich-rechtlichen Verträge dar. Ob und wie städtebauliche Verträge zur Verankerung von Dach- und Fassadenbegrünung genutzt werden können unterliegt einer Einzelfallbetrachtung.

Bei der Vergabe von stadteigenen Grundstücken werden ökologische Kriterien bereits heute herangezogen. So werden in dem Baugebiet Eschendorfer Aue Aspekte wie Dach- und Fassadenbegrünung oder Regenwassermanagement positiv bepunktet.  

 

 

 

5.          Auswirkungen auf die kommunalen Klimaschutzziele

 

Die Begrünung von Gebäuden, ob Dach- oder Fassadenbegrünung, führt zu einer Verbesserung des Mikroklimas in der Innenstadt. Durch die Pflanzen werden Hitzeereignisse abgemildert und die Luftfeuchte reguliert. Hinsichtlich der Klimaschutzziele der Stadt Rheine wird insbesondere bei dem Einsatz von Fassadenbegrünung zur Verschattung und Dämmung, eine Reduktion von Endenergie und somit auch von Treibhausgasemissionen erwartet. Grund hierfür ist eine mögliche reduzierte Nutzung von Kälteanlagen (Sommer) und Heizungsanlagen (Winter). Eine detaillierte Berechnung der Einsparung ist objektbezogen durch entsprechende Fachplaner möglich.

 

Als weiterer positiver Effekt wird die Regenrückhaltung, insbesondere bei Starkregenereignissen auf Gründächern gesehen. Durch eine Abmilderung von Regenereignissen sollen im Bereich der Entwässerung Leistungsspitzen reduziert und ein effizienteres Abwassermanagement erzielt werden. Dies kann auch zu einer Reduktion des Energiebedarfs führen und würde Treibhausgasemissionen im Bereich der Entwässerung einsparen.