Betreff
Förderung der Jugend- und Drogenberatung Rheine - Neuer Vertrag mit der Aktion Selbsthilfe e. V.
Vorlage
055/20
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

  1. Der Jugendhilfeausschuss beauftragt die Verwaltung zur Fortsetzung der etablierten Arbeit der Jugend- und Drogenberatungsstelle  mit der Aktion Selbsthilfe e. V. die vertraglichen Verhandlungen zu den additiven Leistungen in der Beratungsstelle in Rheine im Aufgabenbereich der Jugendhilfeleistungen im Produktbereich „Förderung junger Menschen und Familien“  mit Wirkung zum 01.01.2020 mit nachfolgend aufgeführten Arbeitsschwerpunkten und Stellenanteilen abzuschließen.

 

  1. In Abstimmung mit dem Träger wird der vertragliche Anteil der präventiven Leistungen in der Drogenhilfe um den Anteil von 0,3 VZÄ (Vollzeitäquivalent) von 0,6 auf 0,9 VZÄ angehoben  und der Anteil der Beratungsleistungen von 0,9 aus 0,6 VZÄ um 0,3 VZÄ reduziert werden.

 

  1. Das Angebot der niedrigschwelligen Drogenhilfe „Café Relax“ am Standort der Beratungsstelle in Rheine wird mit einem Umfang von 0,375 VZÄ bei einer gleichzeitigen Finanzierungszusage seitens des Kreises Steinfurts im gleichen Umfang mit dann einem Stellenanteil von 0,75 VZÄ im Bestand in ausreichendem Maße gesichert.

 

  1. Die Höhe der Sach- und Gemeinkosten werden mit 20% der Personalkosten festgelegt. Basis dafür bildet der jeweils aktuelle KGST-Tabellenwert von Tarifbeschäftigten der entsprechenden Entgeltgruppe.

 

  1. Der Träger wird verpflichtet weiterhin einen 3%-igen Trägeranteil an der Finanzierung zu leisten.

 

  1. Die Vertragslaufzeit soll den Zeitraum 01.01.2020 bis zum 31.12.2024 betragen. Eine vorzeitige Kündigung aus triftigem Grund (bspw. bei Wegfall oder Änderung grundlegender Basisfinanzierungen) soll im Vertrag vorgesehen werden.

 

 


Begründung:

Die Aktion Selbsthilfe e. V. bietet seit mehr als 40 Jahren Leistungen auf dem Gebiet der Sucht- und Drogenhilfe in Rheine an. Neben Angeboten der Beratung und Hilfen für Drogenkonsumenten, sowie präventiven Angeboten, ist das Kontaktcafé „Café Relax“ bereits seit 1972 Ausgangspunkt einer niedrigschwelligen Drogenhilfe in Rheine.

 

Auf der Basis des letzten Vertrages zwischen der Stadt Rheine und der Aktion Selbsthilfe sowie entsprechender Beschlüsse wird die Drogenarbeit der Aktion Selbsthilfe e. V. aktuell nachfolgend aufgeführt gefördert:

-      0,9       VZÄ   Beratung (Beratung von Drogenkonsumenten)

-      0,6       VZÄ   Prävention (bspw. SAM-Projekte, HALT, FRED)

-      0,5       VZÄ   Kontaktladenarbeit (Café Relax)  

-      25.000 €         Sachkostenpauschale

-      Übernahme der Mietkosten der Beratungsstelle

Im Budget 2101 ist in 2020 und in der mittelfristigen Finanzplanung eine Förderung in Höhe von 175.000 € berücksichtigt.

Der ursprünglich letzte Vertrag zwischen der Stadt Rheine und der Aktion Selbsthilfe stammt aus dem Jahr 1988. Im Rahmen der Haushaltskonsolidierung war dieser Vertrag, wie andere Verträge auch, in 2006 gekündigt worden. Nach einem Überprüfungsprozess unterschiedlicher Verträge in den Folgejahren wurde im Rahmen einer Beschlussfassung des JHA eine Fortsetzung dieses Vertrages in 2008 beschlossen.

 

Der bestehende Vertrag ist dann aktiv seitens der Stadt Rheine gekündigt worden mit dem Ziel der Aufnahme von Vertragsverhandlungen mit dem Träger und Fortsetzung der etablierten fachlichen Arbeit.

 

Die Verhandlungen haben insbesondere vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich nicht ausreichenden und gesicherten Cofinanzierung des Café Relax durch den Kreis Steinfurt längere Zeit in Anspruch genommen, da der Träger eine Einstellung des Betriebs des niedrigschwelligen Drogencafés befürchtete. – Bspw. hatte der Kreis Steinfurt vor einigen Jahren beschlossen die Finanzierung eines 0,5 VZÄ des Café Relax in ein 0,25 VZÄ zu verändern und diese Finanzierung sogar mittelfristig einzustellen. Bis Ende 2019 hatte dann aber der Kreis Steinfurt das Angebot mit einem 0,25 VZÄ gefördert.

 

Besondere Herausforderungen bei den Vertragsverhandlungen waren:

  • Eine Analyse der bestehenden Leistungen der Jugend- und Drogenberatungsstelle für den Bereich der Stadt Rheine
  • Herausarbeiten der Grundleistungen der Drogen- und Suchtberatung durch den Kreis Steinfurt
  • Einbeziehung der Finanzierung und Sicherstellung eines niedrigschwelligen Angebotes der Drogenhilfe am Standort Rheine (Café Relax)

 

Die Förderung von Beratungsleistungen und Hilfsangeboten in der Sucht- und Drogenhilfe ist eine Aufgabe des Landes NRW. Vor Jahren hatte das Land NRW die Aufgaben in der Sucht- und Drogenhilfe auf die Kreise und kreisfreien Städte übertragen. Damit liegt die Verantwortung für eine ausreichende Versorgung und Struktur an Angeboten beim Kreis Steinfurt. Insofern baut der Vertrag auf einen Basisvertrag zwischen dem Träger und dem Kreis Steinfurt auf.

Mit Beschluss des Sozialausschusses des Kreises zum Jahr 2014 wurden zunächst die Verträge mit den Trägern der Sucht- und Drogenberatung  im Kreis Steinfurt für 2 Jahre, und zu 2016 für eine Laufzeit von 5 Jahren geschlossen. Damit auch der Vertrag mit der Jugend- und Drogenberatungsstelle in Rheine.

 

Die Vertragsgespräche zwischen der Verwaltung und dem Träger haben sich demnach an der Feststellung orientiert, was die Basisleistungen der Drogen- und Suchtberatung in Verantwortung des Kreises Steinfurt bislang ausmachen, ob diese Basisleistungen nach den Erfahrungen aus der praktischen Arbeit für ausreichend gehalten werden, und was als additive Leistungen der Jugend- und Drogenberatung der Aktion Selbsthilfe für die Stadt Rheine in der Vergangenheit erbracht worden ist und zukünftig als Aufgabenspektrum definiert und festgelegt werden soll.

In mehreren Verhandlungsgesprächen konnte in der Folge herausgearbeitet werden, welche additiven, zusätzlich von der Stadt Rheine finanzierten Leistungen der Jugend- und Drogenberatung für den Bereich der Stadt Rheine erbracht werden.    

 

Im Ergebnis teilen sich auch zukünftig die additiven Leistungen für die Stadt Rheine in 3 Teilbereiche auf:

A         Zusätzliche Leistungen der Allgemeinen Beratung für Rheine

B         Ergänzende und spezielle Formen der Suchtprävention für Rheine

C         Ergänzende Finanzierung eines Niederschwelligen Bereichs

 

A Zusätzliche Leistungen der Allgemeinen Beratung

Bezeichnung der Teilleistung

Jugendberatung

Elternberatung

Eltern-Kind-Gruppenangebot

Selbsthilfegruppenangebot für Eltern

Programme zur Reduzierung von riskantem Konsum

Angebote akzeptierenden Suchtmittelkonsums

Offenen Sprechstunde

Sonstige Angebote der allgemeinen Förderung

 

Der Bereich A beinhaltet über den Basisvertrag des Kreises hinausgehende Leistungen und Angebote der allgemeinen Beratung und Unterstützung von Familien, in denen eine Drogenproblematik in unterschiedlicher Intensität vorhanden ist und bearbeitet werden soll. Hier werden entweder junge Menschen direkt beraten oder auch Eltern, die ihre Erfahrungen mit einem Drogen konsumierenden Jugendlichen thematisieren wollen.  Angebote finden in Einzelberatungskontakten oder auch in Gruppenkontexten statt. Der Bezugspunkt dieser und der aufgeführten Angebote ist immer eine Familienkonstellation, egal bei welchem Familienmitglied eine Drogenproblematik vorliegt.

 

Vor diesem Hintergrund findet daher auch weiterhin eine Zuordnung der Förderung der Jugend- und Drogenberatung im Produkt Förderung junger Menschen und Familien, also im Verantwortungsbereich des Jugendamtes,  statt.

Es handelt sich nicht um Ausnahmeerscheinungen, dass in Familien mit Drogen konsumierenden Eltern oder Elternteilen Angebote der erzieherischen Hilfen zu finden sind, oder Themen des Kinderschutzes mit Einbeziehung des Familiengerichtes tangiert werden. Bereits in der Vergangenheit ist eine Zuordnung im Bereich der Jugendhilfe praktiziert worden. Diese Zuordnung sollte nach Auffassung der Verwaltung auch in Zukunft weiter fortgesetzt werden.

 

Mit dem Träger ist nach Auswertung der bestehenden Leistungen und der zukünftigen Angebote besprochen worden die Leistungen der allgemeinen Beratung um einen Teil zu reduzieren, und um diesen Reduzierungsteil von 0,3 VZÄ den unter B dargestellten präventiven Leistungsteil zu erhöhen.

 

 

B Ergänzende und spezielle Formen der Suchtprävention für Rheine

Bezeichnung der Teilleistung

SAM-Projekt (in Koop. mit JA, DKSB, Jugendzentrum u. Schulen)

Projekte mit Schulen

Angebote für Jugendgruppen

Lehrerfortbildung

Welt-AIDS-Tag

Elternabende

Projekt mit Fahrschule

Projekt HALT

Tanzen ist schöner als Torkeln

Materialverleih

AK „Jugendhilfe und Sucht“

Bedarfsorientierte Projekte nach Jahresplanung

 

Im Bereich B handelt es sich um die ergänzenden Angebote und Leistungen der Beratungsstelle in der Sucht-, Drogen- und allgemeinen Prävention.

 

Als eine gute Grundlage der Arbeit und zum allgemeinen Verständnis der Prävention hat sich eine praxistaugliche Einordnung nach Zielgruppen erwiesen, für die die Angebote nach „universeller“, „selektiver“ und „indizierter“ unterschieden werden.

Dabei richtet sich die universelle Prävention an eine große Zielgruppe, die erreicht werden soll (bspw. Schülerschaft).

Angebote der selektiven Prävention richten sich an Zielgruppen mit einem erhöhten Risikopotential (bspw. Kinder aus suchtbelasteten Familien).

Die indizierte Prävention zielt im Unterschied dazu auf Menschen, die erste Symptome oder auffälliges Verhalten zeigen, aber noch nicht Drogen- oder Suchtabhängig sind.

 

Auftragsgrundlage für die präventiven Angebote und Leistungen in der Sucht- und Drogenprävention ist unter anderen auch der § 15 SGB VIII, der den erzieherischen Kinder- und Jugendschutz gesetzlich normiert. 

Danach sollen jungen Menschen und Erziehungsberechtigten Angebote des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes gemacht werden.

Die Maßnahmen sollen

1. junge Menschen befähigen, sich vor gefährdenden Einflüssen zu schützen und sie zu Kritikfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit und Eigenverantwortlichkeit sowie zur Verantwortung gegenüber ihren Mitmenschen führen,

2. Eltern und andere Erziehungsberechtigte besser befähigen, Kinder und Jugendliche vor gefährdenden Einflüssen zu schützen.

 

 

C Ergänzende Finanzierung eines Niederschwelligen Bereichs

Bezeichnung der Teilleistung

Cofinanzierung des Café Relax (gekoppelt an eine parallele Kreisfinanzierung in gleichem Umfang)

 

Das Café Relax ist ein niedrigschwelliges Angebot für Menschen mit Suchterkrankungen. Dabei handelt es sich bei den Besuchenden häufig um nichtabstinenzfähige Menschen, die auch von Obdachlosigkeit bedroht sind oder im Rahmen der Grundversorgung (Körperhygiene, Ernährung, Waschen von Kleidung) nicht über ein Mindestmaß an Basisausstattung verfügen.

Das Café Relax bietet Angebote der Freizeitgestaltung und Vermeidung sozialer Isolierung. Zudem dient es dazu, Wege aufzuzeigen, um zur Schadensminimierung und Vermeidung stationärer Aufenthalte beizutragen.

 

Die Angebote des Kontaktladens „Café Relax“ sind ausgerichtet auf die Zielgruppe der drogengebrauchenden Menschen, die ihren Wohn- bzw. Aufenthaltsort in der Stadt Rheine und der umliegende Region haben.

Zu der Zielgruppe zählen Konsumenten  aller illegaler Substanzen, sowie Personen  die sich in einer Substitutionsbehandlung befinden.

Ein besonders hoher Versorgungsbedarf liegt bei langjährig Abhängigen vor, die Aufgrund der illegalen Lebensweise (illegal sind Drogenbesitz und häufig auch die Geldbeschaffung)  ein hohes Maß an gesundheitlichen und psychosozialen Defiziten aufweist.

 

Als Zielsetzung des Café Relax Angebotes führt der Träger in seiner Konzeption aus, dass Drogen, illegale Substanzen und Methadon langjährig konsumierende Menschen Angebote der Basisversorgung für eine menschenwürdige Existenz, sowie niedrigschwellige Angebote der Beratung erhalten.

Dazu zählen Angebote von einer Aufenthaltsmöglichkeit, des Treffens und des gemeinsamen Essens, Vermittlungsangebote in weiterführende Hilfen, Infektionsprophylaxe, Informationsvermittlung zu den gesundheitlichen Risiken und Problemen des Drogenkonsums und weitere lebenspraktische Hilfen.

 

Die Öffnungszeiten des Café Relax verteilen sich wöchentlich montags bis donnerstags zwischen ca. 10 Uhr bis nach dem Mittag, auf den einmal monatlich angebotenen Freitag und zukünftig auch auf regelmäßige Öffnungen an Wochenendtagen.

Als Personal steht eine Fachkraft zur Verfügung, die optional unterstützt wird durch mögliche Brückenjobs im hauswirtschaftlichen und technischen Bereich.