Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der Rat der Stadt
Rheine beauftragt den Bürgermeister der Stadt Rheine in der
Gesellschafterversammlung der Stadtwerke Rheine GmbH, die Geschäftsführung der
Stadtwerke Rheine GmbH anzuweisen, in der Gesellschafterversammlung der
Verkehrsgesellschaft der Stadt Rheine mbH den Geschäftsführer der
Verkehrsgesellschaft der Stadt Rheine mbH anzuweisen,
1.
eine
verbindliche Auskunft beim Finanzamt Steinfurt zur rechtssicheren Abklärung der
im Antrag der CDU-Fraktion vom 25.05.2020 unter Punkt 2. und Punkt 3.
beantragten Maßnahmen zu beantragen.
2.
Gespräche
mit den Eigentümern/Verpächtern der anderen Parkplätze mit dem Ziel, das bis
zum 31.12.2020 auch auf deren Parkplätzen keine Entgelte erhoben werden, zu
führen.
Eine endgültige
Entscheidung über die Punkte 2. und 3. des Antrages der CDU-Fraktion erfolgt
frühestens nach Vorliegen der verbindlichen Auskunft von der Finanzverwaltung.
Begründung:
Die CDU-Fraktion
im Rat der Stadt Rheine hat mit Datum vom 25.05.2020 verschiedene Maßnahmen zur
Stärkung des Einzelhandels und der Gastronomie in der Pandemie beantragt.
Unter Punkt 2.
wurde beantragt, die Parkraumbewirtschaftung der städtischen Parkhäuser
und -plätze bis zum 31.12.2020 auszusetzen und die Eigentümer/Verpächter der
übrigen Parkplätze zu bitten, dies ebenfalls zu tun.
Der Punkt 2. des
Antrags wurde zwecks Prüfung der Umsetzbarkeit an die Geschäftsführung der
Stadtwerke Rheine GmbH übergeben.
Der nachstehenden
Tabelle kann entnommen werden, in welchem Eigentum das jeweilige Parkhaus bzw.
der Parkplatz steht und wem in diesem Zusammenhang die Entscheidungshoheit über
Preisanpassung zusteht.
Bezeichnung |
Anzahl Parkplätze |
Eigentums- |
Entscheidungshoheit |
Tiefgarage "Stadthalle" |
276 |
VSR |
VSR bestimmt Parkpreise |
Parkhaus "Emsgalerie" |
468 |
fremd |
VSR bestimmt Parkpreise aber gekoppelt an die
Preisgestaltung anderer Stellplatzanlagen |
Tiefgarage "Auf dem Thie" |
113 |
VSR |
VSR bestimmt Parkpreise |
Parkhaus "Zentrum" |
404 |
Teileigentum |
nach Regeln eines ordentlichen Geschäftsbetriebes |
Parkhaus "Lindenstraße" |
179 |
fremd |
P + R Parkplatz |
Tiefgarage "Rathaus-Zentrum" |
214 |
Teileigentum |
nach Regeln eines ordentlichen Geschäftsbetriebes |
Parkhaus "Am Bahnhof" |
398 |
VSR |
VSR bestimmt Parkpreise |
Parkplatz "Klostergarten" |
142 |
fremd |
Die Verpächterin legt die Parkpreise fest. |
Parkplatz "Friedenstraße" |
110 |
fremd |
VSR bestimmt Parkpreise |
Parkhaus "eec" |
800 |
fremd |
Die Auftraggeberin legt die Parkpreise fest. |
Parken allgemein |
|
|
|
Summe |
3.104 |
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|
Abhängig von der Entscheidungshoheit für Preisanpassungen gestaltet sich
auch die Vorlaufzeit für Preissenkungen. In den eigenen Stellplatzanlagen kann die Preissenkung mit einer
Vorlaufzeit von ca. 2 Wochen umgesetzt werden. Gleiches gilt für die
Stellplatzanlagen, in denen die Entscheidungshoheit zur Preisanpassung bei der
VSR liegt. Ansonsten müssen Teileigentümerversammlungen nach den jeweiligen
Regularien einberufen werden. Beim Parkplatz Klostergarten und beim Parkhaus
eec besteht kein Preisbestimmungsrecht seitens der VSR.
Welche Kosten sind mit der
Umsetzung der Maßnahme verbunden?
Berichtswesen
Einnahmenverluste |
zusätzliche Einnahmeverluste 2020 |
Bemerkungen |
|
Tiefgarage
|
28.000 € |
56.000 € |
|
Parkhaus
|
173.000 € |
336.000 € |
evtl.
Schadenersatzforderung für den Umsatzabhängigen Mietzinsanteil ca.7 T€/Monat |
Tiefgarage |
22.000 € |
41.000 € |
|
Parkhaus |
48.000 € |
90.000 € |
evtl.
Schadenersatzforderung entgangenes Entgelt fremden TE 51 T€ (81 Plätze x 630
€) * |
Parkhaus
|
|
0 |
|
Tiefgarage |
50.000 € |
102.000€ |
evtl.
Ausfall Bewirtschaftungsentgelt 1,5 T€/Monat (Anteil TE) * |
Parkhaus
|
67.000 € |
114.000 € |
|
Parkplatz
|
90.000 € |
165.000 € |
Prämisse
die Pacht muss trotzdem gezahlt werden. |
Parkplatz |
6.000 € |
2.000 € |
|
Parkhaus
"eec" |
|
0 |
evtl.
Ausfall Bewirtschaftungsentgelt 4 T€/Monat |
Parken
allgemein |
|
0 |
|
Summe |
484.000 € |
906.000 € |
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Unter Punkt 3.
wurde beantragt, den städtischen Busverkehr bis zum 31.12.2020 kostenlos
anzubieten.
Der Antrag wurde
zwecks Prüfung und Stellungnahme an die Geschäftsführung der Stadtwerke Rheine
GmbH übergeben. Im Rahmen der Prüfung wurde insbesondere die rechtliche
Umsetzbarkeit untersucht.
Die Beförderungsentgelte und -bedingungen sind im
Personenbeförderungsgesetzt (PbefG) geregelt.
Beförderungsentgelte und deren Änderungen bedürfen nach § 39 (Abs.1)
PBefG der Zustimmung der Genehmigungsbehörde. Zu diesem Zweck hat sich die
Verkehrsgesellschaft der Stadt Rheine mbH (VSR) vertraglich der
Tarifgemeinschaft Münsterland/Ruhr-Lippe GmbH (TG ML/RL) mit Gesellschaftsvertrag
vom 17.11.2016 angeschlossen und ist damit dem Tarifverbund „WestfalenTarif“
beigetreten.
Die nach § 39 Absatz 1 und 3 festgestellten Beförderungsentgelte - für
die Tarifzonen in Rheine durch die TG ML/RL bei der Bezirksregierung in Münster
(Bez. Reg MS) beantragt - dürfen nicht über- oder unterschritten werden, und
sind gleichmäßig anzuwenden.
Das heißt für den vorstehenden Antrag der CDU-Fraktion vom 25.05.2020
hinsichtlich einer kostenlosen Beförderung durch den StadtBus Rheine bis zum
Jahresende, dass die VSR diesen Antrag an die TG ML/RL richten muss, welcher
dann der Zustimmung ihrer Gesellschafter bedarf (§ 9 Abs. 1 Nr. 12 des
Gesellschaftsvertrages) und nach Zustimmung (hier gilt das
Einstimmigkeitsprinzip gem. § 8 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages) an die Bez.
Reg. MS zur Genehmigung weitergeleitet werden muss. Als Beispiel für die
Vorgehensweise ist die kostenlose Beförderung an den Adventssamstagen in Rheine
anzuführen.
Hinweis 1: Durch die
vertragliche Bindung der VSR zur Aufteilung der Einnahmen im „WestfalenTarif“
ist eine Zustimmung der privaten Omnibusunternehmen in der
Gesellschafterversammlung der Tarifgemeinschaft ML/RL nicht zu erwarten. Hier
gilt für eine entsprechende Entscheidung (§ 9 Abs. 1 Nr. 12 des Gesellschaftsvertrages)das
Einstimmigkeitsprinzip. Die Branche ist im Bereich „Reise und Touristik“,
„Schülerverkehre“ und „Regionalverkehre“ so stark durch die Coronavirus-Krise
betroffen, dass man auf Einnahmen aus der Aufteilung wohl nicht verzichten kann
bzw. will.
Hinweis 2: Die VSR
besitzt aktuell für die Personenbeförderung in Rheine nur eine „Einstweilige
Erlaubnis“ (§ 20 PBefG) im Rahmen der Notvergabe zum Betrieb der
StadtBus-Linien. Ein wesentliches Kriterium der Bez. Reg. MS bei der Erteilung
der „Einstweiligen Erlaubnis“ ist die Beurteilung der Zuverlässigkeit des
beantragenden Verkehrsunternehmens. Eine Genehmigung/Erlaubnis kann u.a. schon
dann entzogen werden, wenn die Leistungsfähigkeit des Verkehrsunternehmens für
notwendige Investitionen für die Zukunft nicht mehr gegeben ist oder auch wenn
das örtliche Taxigewerbe in seiner Funktionsfähigkeit (§ 13 Abs.4 PbefG)
bedroht ist.
Hinweis 3: Die durch
die VSR beantragten und zugewiesenen Mittel nach dem ÖPNVG-NRW, dies sind der
Zuschuss einer Ausbildungsverkehrspauschale nach § 11a ÖPNVG-NRW und die
Gewährung einer ÖPNV-Pauschale nach § 11 Abs.2 ÖPNVG-NRW, sehen für die
Zuweisung der Mittel keinen freiwilligen Einnahmeverzicht vor. Das Gleiche gilt
für die Erstattung von Fahrgeldausfällen gemäß § 231 Sozialgesetzbuch IX (SGB
IX) für die unentgeltliche Beförderung von Schwerbehinderten. Die Mittel würden
demnach voraussichtlich entfallen; eine rechtliche Prüfung wäre hierzu
notwendig.
Eine Umsetzung wäre frühestens zum 4. Quartal 2020 möglich, da die nächste Gesellschafterversammlung
der TG ML/RL, die einen entsprechenden Antrag der VSR auf die Tagesordnung
nehmen könnte, am 25.09.2020 stattfindet.
Welche Kosten sind mit der
Umsetzung der Maßnahme verbunden?
Pandemiebedingt wird mit einem Rückgang der Ticketverkäufe von 50 % und
einem Rückgang der Abo-Verkäufe von 10 % gerechnet. Von den Kosten sind somit
350 T€ pandemiebedingt abzuziehen.
Neben den zuvor
dargestellten Gründen ergeben sich auch noch weitreichende steuerliche
Konsequenzen.
Nach § 4 Abs. 6
KStG werden in der Stadtwerke Rheine Gruppe die Verluste der VSR mit den
Gewinnen der Energie- und Wasserversorgung Rheine GmbH verrechnet. Nach § 4
Abs. 1 S. 1 KStG ist für die Verrechnung u.a. erforderlich, dass die VSR einer
nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen nachgeht.
Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist dabei nicht erforderlich. Fraglich ist, ob
durch den vorrübergehenden Verzicht auf Parkentgelte bis zum 31.12.2020 das
Tatbestandsmerkmal der nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erzielung
von Einnahmen noch länger gegeben ist bzw. in der Folge durch die
Finanzverwaltung verneint werden könnte. Da es sich bei dem letztgenannten
Tatbestandsmerkmal um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, ist eine
Auslegung notwendig, die naturgemäß mit Unsicherheiten verbunden ist. Es sind
für eine Auslegung die Gesamtumstände des Einzelfalles zu betrachten unter
Berücksichtigung von etwaiger Rechtsprechung. Dabei könnte die Auffassung
vertreten werden, dass ein ausdrücklich einmaliger, vorrübergehender Verzicht
auf Parkentgelte für lediglich einige Monate dem gesamten Geschäftsbetrieb mit
Blick auf die Totalperiode kein grundsätzlich anderes Gepräge gibt.
Nichtsdestotrotz bleibt festzuhalten, dass die Finanzverwaltung eine andere
Auffassung vertreten und der steuerliche Querverbund bezüglich der VSR damit
gefährdet sein könnte. Wenn die Finanzverwaltung an dieser Auffassung
festhalten würde, wären die Verluste der VSR ab dem Zeitpunkt der Aussetzung
der Entgelte nicht mehr mit den Gewinnen der übrigen Sparten verrechenbar. Die
finanzielle Auswirkung wäre mithin der Verlust aus der VSR ab diesem Zeitpunkt
multipliziert mit dem Steuersatz für die Stadtwerke Rheine GmbH (SWR ) (gut 30
%). Um vorab Rechtssicherheit zu erwirken, wäre eine verbindliche Auskunft der
Finanzverwaltung das Mittel der Wahl. Diese etwaige verbindliche Auskunft wäre
in jedem Falle vor Umsetzung des Beschlusses einzuholen. Erfahrungsgemäß
beträgt die Bearbeitungsdauer bei der Finanzverwaltung für verbindliche
Auskünfte mehrere Monate.
Auch wenn der steuerliche Querverbund durch diese Maßnahmen weiterhin
gegeben sein sollte, so sind die Maßnahmen wohl ganz offensichtlich durch das
Gesellschafterinteresse veranlasst. Durch den Verzicht auf die Entgelte wird bei
diesen Dauerverlustgeschäften auf die vermeintlich maximal am Markt
durchsetzbaren Preise verzichtet, mit dem Ziel der Wirtschaftsförderung.
Insoweit könnte durch diese Maßnahmen der Tatbestand einer verdeckten
Gewinnausschüttung gem. § 8 Abs. 3 S. 2, § 8 Abs. 7 KStG gegeben sein. Die
finanzielle Auswirkung wäre wiederum der Verlust aus der VSR ab diesem
Zeitpunkt multipliziert mit dem Steuersatz für die SWR (gut 30 %).
Zuletzt könnten
sich umsatzsteuerliche Konsequenzen ergeben. Sprich die Notwendigkeit der
Abführung von Umsatzsteuer auf die dann unentgeltlichen Wertabgaben gem. § 10
Abs. 4 i.V.m. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG.
Anlage:
Antrag der CDU-Fraktion vom 25.05.2020