Betreff
Maßnahmen zur Stärkung des Einzelhandels und der Gastronomie in der Pandemie, - Antrag der CDU-Fraktion vom 25.05.2020
Vorlage
276/20
Aktenzeichen
III-4203-löc
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Rat der Stadt Rheine beauftragt den Bürgermeister der Stadt Rheine in der Gesellschafterversammlung der Stadtwerke Rheine GmbH, die Geschäftsführung der Stadtwerke Rheine GmbH anzuweisen, in der Gesellschafterversammlung der Verkehrsgesellschaft der Stadt Rheine mbH den Geschäftsführer der Verkehrsgesellschaft der Stadt Rheine mbH anzuweisen,

 

1.      eine verbindliche Auskunft beim Finanzamt Steinfurt zur rechtssicheren Abklärung der im Antrag der CDU-Fraktion vom 25.05.2020 unter Punkt 2. und Punkt 3. beantragten Maßnahmen zu beantragen.

 

2.      Gespräche mit den Eigentümern/Verpächtern der anderen Parkplätze mit dem Ziel, das bis zum 31.12.2020 auch auf deren Parkplätzen keine Entgelte erhoben werden, zu führen.

 

Eine endgültige Entscheidung über die Punkte 2. und 3. des Antrages der CDU-Fraktion erfolgt frühestens nach Vorliegen der verbindlichen Auskunft von der Finanzverwaltung.

 


Begründung:

 

Die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Rheine hat mit Datum vom 25.05.2020 verschiedene Maßnahmen zur Stärkung des Einzelhandels und der Gastronomie in der Pandemie beantragt.

 

Unter Punkt 2. wurde beantragt, die Parkraumbewirtschaftung der städtischen Parkhäuser und -plätze bis zum 31.12.2020 auszusetzen und die Eigentümer/Verpächter der übrigen Parkplätze zu bitten, dies ebenfalls zu tun.

 

Der Punkt 2. des Antrags wurde zwecks Prüfung der Umsetzbarkeit an die Geschäftsführung der Stadtwerke Rheine GmbH übergeben.

 

Der nachstehenden Tabelle kann entnommen werden, in welchem Eigentum das jeweilige Parkhaus bzw. der Parkplatz steht und wem in diesem Zusammenhang die Entscheidungshoheit über Preisanpassung zusteht.

 

Bezeichnung

Anzahl Parkplätze

Eigentums-
verhältnis

Entscheidungshoheit
 Preisanpassung

Tiefgarage "Stadthalle"

276

VSR

VSR bestimmt Parkpreise

Parkhaus "Emsgalerie"

468

fremd

VSR bestimmt Parkpreise aber gekoppelt an die Preisgestaltung anderer Stellplatzanlagen

Tiefgarage "Auf dem Thie"

113

VSR

VSR bestimmt Parkpreise

Parkhaus "Zentrum"

404

Teileigentum

nach Regeln eines ordentlichen Geschäftsbetriebes

Parkhaus "Lindenstraße"

179

fremd

P + R Parkplatz

Tiefgarage "Rathaus-Zentrum"

214

Teileigentum

nach Regeln eines ordentlichen Geschäftsbetriebes

Parkhaus "Am Bahnhof"

398

VSR

VSR bestimmt Parkpreise

Parkplatz "Klostergarten"

142

fremd

Die Verpächterin legt die Parkpreise fest.

Parkplatz "Friedenstraße"

110

fremd

VSR bestimmt Parkpreise

Parkhaus "eec"

800

fremd

Die Auftraggeberin legt die Parkpreise fest.

Parken allgemein

 

 

Summe

3.104

 

 

 

Abhängig von der Entscheidungshoheit für Preisanpassungen gestaltet sich auch die Vorlaufzeit für Preissenkungen. In den eigenen Stellplatzanlagen kann die Preissenkung mit einer Vorlaufzeit von ca. 2 Wochen umgesetzt werden. Gleiches gilt für die Stellplatzanlagen, in denen die Entscheidungshoheit zur Preisanpassung bei der VSR liegt. Ansonsten müssen Teileigentümerversammlungen nach den jeweiligen Regularien einberufen werden. Beim Parkplatz Klostergarten und beim Parkhaus eec besteht kein Preisbestimmungsrecht seitens der VSR.

 

Welche Kosten sind mit der Umsetzung der Maßnahme verbunden?

Berichtswesen Einnahmenverluste
 2020

zusätzliche Einnahmeverluste 2020

Bemerkungen

Tiefgarage
"Stadthalle"

28.000 €

56.000 €

 

Parkhaus
"Emsgalerie"

173.000 €

336.000 €

evtl. Schadenersatzforderung für den Umsatzabhängigen Mietzinsanteil ca.7 T€/Monat

Tiefgarage
 "Auf dem Thie"

22.000 €

41.000 €

 

Parkhaus
 "Zentrum"

48.000 €

90.000 €

evtl. Schadenersatzforderung entgangenes Entgelt fremden TE 51 T€ (81 Plätze x 630 €) *

Parkhaus
"Lindenstraße"

 

0

 

Tiefgarage
 "Rathaus-Zentrum"

50.000 € 

102.000€

evtl. Ausfall Bewirtschaftungsentgelt 1,5 T€/Monat (Anteil TE) *

Parkhaus
"Am Bahnhof"

67.000 €

114.000 €

 

Parkplatz
"Klostergarten"

90.000 €

165.000 €

Prämisse die Pacht muss trotzdem gezahlt werden.

Parkplatz
 "Friedenstraße"

6.000 €

2.000 €

Parkhaus "eec"

 

0

evtl. Ausfall Bewirtschaftungsentgelt 4 T€/Monat

Parken allgemein

 

0

 

Summe

484.000 €

906.000 €

 

 

 

Unter Punkt 3. wurde beantragt, den städtischen Busverkehr bis zum 31.12.2020 kostenlos anzubieten.

 

Der Antrag wurde zwecks Prüfung und Stellungnahme an die Geschäftsführung der Stadtwerke Rheine GmbH übergeben. Im Rahmen der Prüfung wurde insbesondere die rechtliche Umsetzbarkeit untersucht.

 

Die Beförderungsentgelte und -bedingungen sind im Personenbeförderungsgesetzt (PbefG) geregelt.

 

Beförderungsentgelte und deren Änderungen bedürfen nach § 39 (Abs.1) PBefG der Zustimmung der Genehmigungsbehörde. Zu diesem Zweck hat sich die Verkehrsgesellschaft der Stadt Rheine mbH (VSR) vertraglich der Tarifgemeinschaft Münsterland/Ruhr-Lippe GmbH (TG ML/RL) mit Gesellschaftsvertrag vom 17.11.2016 angeschlossen und ist damit dem Tarifverbund „WestfalenTarif“ beigetreten.

 

Die nach § 39 Absatz 1 und 3 festgestellten Beförderungsentgelte - für die Tarifzonen in Rheine durch die TG ML/RL bei der Bezirksregierung in Münster (Bez. Reg MS) beantragt - dürfen nicht über- oder unterschritten werden, und sind gleichmäßig anzuwenden.

 

Das heißt für den vorstehenden Antrag der CDU-Fraktion vom 25.05.2020 hinsichtlich einer kostenlosen Beförderung durch den StadtBus Rheine bis zum Jahresende, dass die VSR diesen Antrag an die TG ML/RL richten muss, welcher dann der Zustimmung ihrer Gesellschafter bedarf (§ 9 Abs. 1 Nr. 12 des Gesellschaftsvertrages) und nach Zustimmung (hier gilt das Einstimmigkeitsprinzip gem. § 8 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages) an die Bez. Reg. MS zur Genehmigung weitergeleitet werden muss. Als Beispiel für die Vorgehensweise ist die kostenlose Beförderung an den Adventssamstagen in Rheine anzuführen.

 

Hinweis 1: Durch die vertragliche Bindung der VSR zur Aufteilung der Einnahmen im „WestfalenTarif“ ist eine Zustimmung der privaten Omnibusunternehmen in der Gesellschafterversammlung der Tarifgemeinschaft ML/RL nicht zu erwarten. Hier gilt für eine entsprechende Entscheidung (§ 9 Abs. 1 Nr. 12 des Gesellschaftsvertrages)das Einstimmigkeitsprinzip. Die Branche ist im Bereich „Reise und Touristik“, „Schülerverkehre“ und „Regionalverkehre“ so stark durch die Coronavirus-Krise betroffen, dass man auf Einnahmen aus der Aufteilung wohl nicht verzichten kann bzw. will.

 

Hinweis 2: Die VSR besitzt aktuell für die Personenbeförderung in Rheine nur eine „Einstweilige Erlaubnis“ (§ 20 PBefG) im Rahmen der Notvergabe zum Betrieb der StadtBus-Linien. Ein wesentliches Kriterium der Bez. Reg. MS bei der Erteilung der „Einstweiligen Erlaubnis“ ist die Beurteilung der Zuverlässigkeit des beantragenden Verkehrsunternehmens. Eine Genehmigung/Erlaubnis kann u.a. schon dann entzogen werden, wenn die Leistungsfähigkeit des Verkehrsunternehmens für notwendige Investitionen für die Zukunft nicht mehr gegeben ist oder auch wenn das örtliche Taxigewerbe in seiner Funktionsfähigkeit (§ 13 Abs.4 PbefG) bedroht ist.

 

Hinweis 3: Die durch die VSR beantragten und zugewiesenen Mittel nach dem ÖPNVG-NRW, dies sind der Zuschuss einer Ausbildungsverkehrspauschale nach § 11a ÖPNVG-NRW und die Gewährung einer ÖPNV-Pauschale nach § 11 Abs.2 ÖPNVG-NRW, sehen für die Zuweisung der Mittel keinen freiwilligen Einnahmeverzicht vor. Das Gleiche gilt für die Erstattung von Fahrgeldausfällen gemäß § 231 Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) für die unentgeltliche Beförderung von Schwerbehinderten. Die Mittel würden demnach voraussichtlich entfallen; eine rechtliche Prüfung wäre hierzu notwendig.

 

Eine Umsetzung wäre frühestens zum 4. Quartal 2020 möglich, da die nächste Gesellschafterversammlung der TG ML/RL, die einen entsprechenden Antrag der VSR auf die Tagesordnung nehmen könnte, am 25.09.2020 stattfindet.

 

Welche Kosten sind mit der Umsetzung der Maßnahme verbunden?

 

Pandemiebedingt wird mit einem Rückgang der Ticketverkäufe von 50 % und einem Rückgang der Abo-Verkäufe von 10 % gerechnet. Von den Kosten sind somit 350 T€ pandemiebedingt abzuziehen.

 

Neben den zuvor dargestellten Gründen ergeben sich auch noch weitreichende steuerliche Konsequenzen.

 

Nach § 4 Abs. 6 KStG werden in der Stadtwerke Rheine Gruppe die Verluste der VSR mit den Gewinnen der Energie- und Wasserversorgung Rheine GmbH verrechnet. Nach § 4 Abs. 1 S. 1 KStG ist für die Verrechnung u.a. erforderlich, dass die VSR einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen nachgeht. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist dabei nicht erforderlich. Fraglich ist, ob durch den vorrübergehenden Verzicht auf Parkentgelte bis zum 31.12.2020 das Tatbestandsmerkmal der nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erzielung von Einnahmen noch länger gegeben ist bzw. in der Folge durch die Finanzverwaltung verneint werden könnte. Da es sich bei dem letztgenannten Tatbestandsmerkmal um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, ist eine Auslegung notwendig, die naturgemäß mit Unsicherheiten verbunden ist. Es sind für eine Auslegung die Gesamtumstände des Einzelfalles zu betrachten unter Berücksichtigung von etwaiger Rechtsprechung. Dabei könnte die Auffassung vertreten werden, dass ein ausdrücklich einmaliger, vorrübergehender Verzicht auf Parkentgelte für lediglich einige Monate dem gesamten Geschäftsbetrieb mit Blick auf die Totalperiode kein grundsätzlich anderes Gepräge gibt. Nichtsdestotrotz bleibt festzuhalten, dass die Finanzverwaltung eine andere Auffassung vertreten und der steuerliche Querverbund bezüglich der VSR damit gefährdet sein könnte. Wenn die Finanzverwaltung an dieser Auffassung festhalten würde, wären die Verluste der VSR ab dem Zeitpunkt der Aussetzung der Entgelte nicht mehr mit den Gewinnen der übrigen Sparten verrechenbar. Die finanzielle Auswirkung wäre mithin der Verlust aus der VSR ab diesem Zeitpunkt multipliziert mit dem Steuersatz für die Stadtwerke Rheine GmbH (SWR ) (gut 30 %). Um vorab Rechtssicherheit zu erwirken, wäre eine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung das Mittel der Wahl. Diese etwaige verbindliche Auskunft wäre in jedem Falle vor Umsetzung des Beschlusses einzuholen. Erfahrungsgemäß beträgt die Bearbeitungsdauer bei der Finanzverwaltung für verbindliche Auskünfte mehrere Monate.

 

Auch wenn der steuerliche Querverbund durch diese Maßnahmen weiterhin gegeben sein sollte, so sind die Maßnahmen wohl ganz offensichtlich durch das Gesellschafterinteresse veranlasst. Durch den Verzicht auf die Entgelte wird bei diesen Dauerverlustgeschäften auf die vermeintlich maximal am Markt durchsetzbaren Preise verzichtet, mit dem Ziel der Wirtschaftsförderung. Insoweit könnte durch diese Maßnahmen der Tatbestand einer verdeckten Gewinnausschüttung gem. § 8 Abs. 3 S. 2, § 8 Abs. 7 KStG gegeben sein. Die finanzielle Auswirkung wäre wiederum der Verlust aus der VSR ab diesem Zeitpunkt multipliziert mit dem Steuersatz für die SWR (gut 30 %).

 

Zuletzt könnten sich umsatzsteuerliche Konsequenzen ergeben. Sprich die Notwendigkeit der Abführung von Umsatzsteuer auf die dann unentgeltlichen Wertabgaben gem. § 10 Abs. 4 i.V.m. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG.

 


Anlage:

 

Antrag der CDU-Fraktion vom 25.05.2020