Betreff
Berichterstattung zur Sprachoffensive
Vorlage
335/20
Aktenzeichen
II-8.10-hf
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Sozialausschuss nimmt den Bericht zur Sprachoffensive zur Kenntnis.

 


Begründung:

 

1.    Ausgangslage

 

Die Sprachoffensive ist Teil des Migrations- und Integrationskonzeptes:

„Sprache ist die Basisqualifikation für den Zugang zur Bildung, zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt und ermöglicht die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Gute Kenntnisse der deutschen Sprache werden in Rheine als eine wichtige Voraussetzung für ein konstruktives Miteinander und als zentraler Schlüssel für eine gelingende Integration betrachtet.“

 

Das Erlernen der deutschen Sprache wird in Rheine schon seit langer Zeit systematisch gefördert. (vgl. auch Vorlagen für den Sozialausschuss seit der Neukonzeptionierung im Jahr 2018: 217/18, 316/19 und 505/19)

 

 

2.    Umsetzung der Sprachoffensive im Jahr 2019/2020

 

Die Koordinierung der Sprachkurse wird seit Sommer 2018 aus einer Hand gesteuert. Angefangen mit der Organisation, Koordination und Auswertung der Kursangebote, sowie die „Zusteuerung“ zu den Kursen bis hin zur Auswahl und Qualifizierung der Dozenten, liegt die Verantwortung im Fachbereich Schulen, Soziales, Migration und Integration. Diese Gesamtzuständigkeit in Verbindung mit der Budgetaufstockung aus den letzten Jahren ermöglicht ein sehr flexibles, passgenaues Kursangebot der Sprachoffensive. Dadurch ist die Koordinierungsstelle für die Kursträger, Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Lage, zeitnah und bedarfsgerecht auf Kursnachfragen zu reagieren und passende Kurse einzurichten bzw. die richtige „Zusteuerung“ vorzunehmen. Neben der Koordination aus einer Hand wurden im vergangenen Jahr folgende Eckpunkte umgesetzt:

 

·         Verbindliches Angebot an Basiskursen der Sprachoffensive (Deutsch für Anfänger, Deutsch für Fortgeschrittene, Alphabetisierung für Neuzugewanderte usw.).

Die Basiskurse werden dezentral in den Stadtteilbüros der Stadt Rheine bzw. im Centro S. Antonio durchgeführt, um die Anbindung von zugewanderten Menschen an die Beratungsstellen von Stadt und Caritasverband Rheine zu stärken.

·         Basiskurs für Menschen mit Behinderung angedockt an die Caritas-Emstorwerkstätten

·         Differenzierte und zielgruppenbezogene Kursangebote (Bedarfskurse), u. a. Kurse

in/für Unternehmen, Deutsch für Auszubildende, Deutsch für Schüler(innen) in Kooperation mit Schulen, Deutsch für Eltern, Deutsch für Personen im Schichtdienst, Sprachkurse für „langsam Lerner“ und für Menschen mit geringer Bildungserfahrung. Die Bedarfskurse finden sowohl im Stadtteilbüro als auch in den anfragenden Institutionen wie Kita, Schule, Begegnungsstätte usw. statt.

  • Gezielte und verstärkte Akquise und Öffentlichkeitsarbeit
  • Akquise der Teilnehmer(innen) über die Seiteneinsteigerberatung und über die Ankommensberatung, sowie das Jobcenter
  • Orientierung des Kurssystems an Ferienzeiten
  • Festsetzung der Mindestteilnehmerzahl auf 8 Personen, da Kurse häufig erst nach

Kursstart noch mehr Zulauf erhalten („es spricht sich herum“)

  • Qualifizierte Lehrkräfte sichern die Qualität der Sprachkurse der Sprachoffensive

 

Kursangebote im Jahr 2019

Folgende differenzierte und zielgruppenbezogene Kursangebote sind im Jahr 2019 gelaufen:

  • Deutsch für Anfänger
  • Deutsch für Fortgeschrittene
  • Alphabetisierung für Neuzugewanderte I und II
  • Lesevermögen und Textverständnis speziell für Azubis
  • Deutsch für Azubis
  • Deutsch für Schülerinnen und Schüler
  • Deutsch für Eltern
  • Deutsch für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene
  • Deutsch für polnische Zuwanderer
  • Deutsch für Personen im Schichtdienst
  • Deutsch für Betriebe

 

Anzahl der Kursangebote im Jahr 2019:

  • im Jahr 2019 wurden insgesamt 58 Kurse durchgeführt
  • im Jahr 2019 fanden die Kurse in der Regel in Trimester statt, pro Trimester wurden ca. 20 Kurse angeboten
  • Kursgröße im Jahr 2019 durchschnittlich 10 -12 Personen
  • in den Sommerferien wurden zu den 58 Kursen sieben Intensivsprachkurse „FerienIntensivTraining“ im Rahmen von zwei Wochen angeboten. Davon fünf Angebote für die Zielgruppe der Grundschüler, ein Angebot für die Schüler(innen) aus dem Sek I Bereich und ein Angebot für Schüler(innen) aus dem Sek II Bereich.

 

Erkenntnisse aus 2019

 

Die Sprachoffensive:

Indikator

wird von vielen Frauen genutzt

der Frauenanteil beträgt 65 %

wird von Müttern mit Kleinkindern genutzt, da die Kinderbetreuung sichergestellt werden kann

Kurse finden in Kitas statt, und die FBS bietet parallel eine Kinderbetreuung an – 35 % aller Teilnehmer(innen) nutzen die Betreuungskurse

wird als flexibles Sprachangebot von berufstätigen Personen genutzt

15 % der Teilnehmer(innen)

arbeiten im Schichtdienst

 

wird als berufsspezifisches

Sprachförderangebot genutzt

Kursangebote für Azubis und

Kurse für Berufstätige in den

Abendstunden

wird teilweise als Ergänzungsangebot

zu Integrationskursen

genutzt

10 % der Teilnehmer(innen)

besuchen parallel einen

Integrationskurs

 


 

 

Kursangebote im Jahr 2020:

  • Anfängerkurs
  • Fortgeschrittene
  • Kinder- und Jugendkurse
  • Deutschlernen für Personen im Schichtbetrieb (abwechselt vormittags /nachmittags)
  • Kurse mit Kinderbetreuung (Mitte 51 und Kita St. Antonius)
  • Spezielle Kurse für Eltern
  • für Berufstätige
  • allgemeiner Konversationskurs

 

Anzahl der Kursangebote im Jahr 2020:

·         im 1. Quartal sind 19 Kursen gestartet

·         mit Schließungen der Schulen am 14. März 2020 wurden auch die Sprachkurse eingestellt

·         ab Mitte Mai wurden einzelne Sprachkurse wieder angeboten

·         neu installiert wurden zwei digitale Kurse (1 Kurs vormittags, 1 Kurs abends)

  • aktuell werden 11 Kurse unter Auflage von Corona Hygienestandards angeboten (kleiner Präsenzkurse 5 – 12 Teilnehmern – je nach Raumgröße)
  • in den Sommerferien wurden fünf Intensivsprachkurse „FerienIntensivTraining“ im Rahmen von zwei Wochen angeboten. Zwei Angebote für die Zielgruppe der Grundschüler,  zwei Angebote für die Schüler(innen) aus dem Sek I Bereich und ein Angebot speziell für Schüler(innen) aus dem Sek II Bereich. Aufgrund von Corona wurde in diesem Jahr auf ein Ganztagsangebot verzichtet. Die Schüler(innen) wurden in der Zeit von 08:30 bis 12:30 Uhr geschult.

 

Standorte der aktuellen 12 Kurse plus 2 digitaler Kurse:

  • Mitte 51 (2 Kurse)
  • CV, Centro Antonio (3 Kurse)
  • Modellierton (1 Kurs)
  • Welcome In! (1 Kurs)
  • HOT alte Dame (1 Kurs für Kinder und Jugendliche)
  • Alexander von Humboldt Sekundarschule (1 Schülerkurs)
  • Antonius Kita (1 Kurs)
  • Stadtteilbüro Humboldtstr. (1 Kurs)
  • Moschee Münsterstr. (1 Kurs)

 

und 2 digitale Kurse

 

 

Vielfalt der Teilnehmer(innen) in den Kursen:

Die Herkunft der Kursteilnehmer(innen) ist nach wie vor bunt. Im Folgenden ein kurzer Überblick über die verschiedenen Nationalitäten der Lernenden:

Ukraine, Russland, Kasachstan, Mexiko, Syrien, Nigeria, Lettland, Türkei, Bangladesch, Eritrea, Libanon, Moldawien, Bulgarien, Iran, Angola, Sri Lanka, Ägypten, Serbien, Gambia, Albanien, Polen, Mazedonien, Rumänien, Moldau, Bosnien, Afghanistan, Niederlande, Spanien, Peru, Kosovo, Ghana, Jemen, Georgien, Kroatien, Aserbaidschan, Portugal

Für das vergangene Jahr lässt sich festhalten, dass der Zuwachs von Personen aus Mazedonien und Rumänien etwas stärker war als die anderen Nationalitäten.


 

Umstrukturierung der Sprachoffensive in Corona Zeiten:

Aufgrund des Lockdowns Anfang März mussten alle Kurse zunächst abgesagt werden. Diese Zeit nutzte die Mitarbeiterin der Koordinierungsstelle gemeinsam mit den Dozent(inn)en um nach möglichen Alternativen zu suchen, die Kurse weiter fortzusetzen. Einige der Dozenten haben in dieser Zeit per WhatsApp oder per Mail Kontakt zu ihren Schülern gehalten und diese mit Arbeitsmaterial versorgt. Drei Dozent(inn)en sind direkt mit „kleinen Videokonferenzen“ angefangen.
Neben dem zielgruppendifferenzierten Deutschunterricht ist ein wichtiger Schwerpunkt der Sprachoffensive Begegnung und Austausch zu schaffen. Hier eine den Coronaschutzvorgaben angepasste Plattform zu schaffen, erwies sich als Herausforderung:

Viele der Kursteilnehmer(innen) sind privat technisch nicht gut ausgestattet und es fehlt darüber hinaus das technische Knowhow diese Möglichkeit des Distanzlernens zu nutzen. Eine Umfrage im April 2020 hat ergeben, dass die meisten Dozent(inn)en und Teilnehmer(inn)en sich vorstellen konnten, den Sprachkurs in größeren Räumen mit kleineren Gruppen fortzusetzen. An folgenden Standorten wurden die Sprachkurse mit einem entsprechenden Hygienekonzept fortgesetzt: Begegnungszentrum-Mitte 51, Centro Antonio, Wohnzimmer-Welcome In! und Modellierton. Durch die veränderten Auflagen sind viele Räumlichkeiten, die in der Vergangenheit genutzt wurden, weggefallen. Es gibt zurzeit nur einen Sprachkurse in einer Kita (vor Corona waren es 3- 4 Kurse), die Räumlichkeiten der Stadteilbüros sind weggefallen (außer im Begegnungszentrum Mitte51) und in den Schulen gibt es zurzeit nur einen Kinderkurs. Für diese Zielgruppen wird aktuell nach Alternativen gesucht (siehe Ausblick):

Erfreulich ist, dass zwei kleine Kurse in digitaler Form neu umgesetzt werden. Die Rückmeldung vieler Teilnehmer(innen) bei der Umfrage hat jedoch ergeben, dass ein Präsenzunterricht gewünscht ist. Die Sprachkursteilnehmer(innen) möchten nicht nur „Deutsch lernen“ sondern suchen auch die Begnüg und den Austausch in den Kursen vor Ort.

 

Anschaffungen für verschiedene Standorte und Sachmittel für die verschiedenen Kurse im Jahr 2019 und 2020:

  • jede(r) Sprachlehrer(in) erhält pro Kurs eine Pauschale von 300 €, diese soll zielgerichtet für den Kurs ausgegeben  werden  z. Bsp. Anschaffungen von verschiedenen Büchern/ Arbeitsmaterialien, kleine Ausflüge etc.
  • mehrere White Boards mit Zubehör
  • 2 digitale Dokumentenkameras /Elmo Projektor
  • 10 Tabletts
  • Aufwandsentschädigung/Reinigungspauschale für Räumlichkeiten

 

Dozententeam:

·         13 qualifizierte Dozentinnen und Dozenten

·         10 Sprachlernbegleiterinnen und Sprachlernbegleiter für FIT

·         Regelmäßige Austauschtreffen und Fortbildungen

 

Öffentlichkeitsarbeit:

  • regelmäßige Presseberichte
  • Veröffentlichung der Kursangebote im Internet
  • mehrsprachige Flyer, die auf das Angebot der Sprachoffensive hinweisen
  • Plakate
  • Akquise der Teilnehmer(innen) durch die Koordinierungsstelle:

-          Seiteneinsteigerberatung, ABH und Ankommensberatung

-          Beratung in den Stadtteilbüros

-          direkte Ansprache von Firmen, Institutionen

-          Jobcenter

-          Kitas und Schulen

-          verschiedene Netzwerke / Handlungsfelder

 

Anzahl der Kursangebote seit Corona:

Aktuell laufen 12 Kurse im 3. Trimester 2020

 

 

Zusammenfassung der Daten und Fakten nach der Neukonzeptionierung der Sprachoffensive im Sommer 2018:

 

 

Anzahl der Kurse

Kursgröße

im Durchschnitt

Anzahl der erreichten Personen im Trimester ohne FIT

Teilnehmer FerienIntensiv

Training (FIT)

Anzahl Standorte Sprach-offensive ohne FIT

2018

28

Daten wurden nicht erfasst

   62

  9

2019

53

10-12

ca. 200

 136

11

2020

44

6-8

ca. 90

(3. Trimester)

   72

10

 

 

3.    Ausblick

 

Aktuelle Herausforderung bleibt, das Kursangebot den erforderlichen Rahmenbedingungen anzupassen. Einige Räumlichkeiten sind weggebrochen (zu klein, kein ordentliches Lüften möglich, usw.) aber auch Teilnehmer(innen) sind verunsichert und zögerlich. Ziel für dieses Jahr ist, wieder ein flächendeckendes und wohnortnahes Angebot in Rheine anzubieten und auszuweiten. Um weitere, größere, Räumlichkeiten für die Kurse zu erhalten, laufen derzeit Anfragen bei den Kirchengemeinden, den Moscheevereinen und möglichen weiteren Trägern. Die Akquise der Sprachkursteilnehmerinnen und –teilnehmer erfolgt größtenteils über die Seiteneinsteigerberatung, die Ankommensberatung, die Beratung in den Stadtteilbüros des FB 8, die Migrationsberatung des Caritasverbandes Rheine sowie die Arbeitsvermittlung des Jobcenters. Mit den Schulen und Kindertagesstätten in Rheine steht die Koordinatorin in Kontakt, so dass bei Bedarf und bei Vorhandensein von örtlichen Möglichkeiten auch dort entsprechende Bedarfskurse eingerichtet werden.

 

Die für die Sprachoffensive im Jahr 2020 anfallenden Kosten für Dozentenhonorare, Arbeits- und Verbrauchsmaterialien, Neuanschaffungen, Fortbildungen usw. sind mit dem vorhandenen Budget von 60.000 € abgedeckt. In den Folgejahren sieht die mittelfristige Finanzplanung weiterhin ein Budget von 60.000 € vor, was unter den derzeitigen Rahmenbedingungen eine auskömmliche Finanzierungsstruktur darstellt.

 

Langfristiges Ziel ist ein Sprachkompetenzzentrum zu entwickeln. Dabei geht es um eine systematische Förderung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer z.B. Mithilfe von aufeinander aufbauenden Kursangeboten (gibt es bereits heute) und einer Perspektivberatung. Einige der Kursbesucher verweilen seit mehreren Kursen im selben Kursangebot z. Bsp. im Anfängerkurs ohne voran zu kommen oder zu wollen. Erstrebenswert ist hier zum Ende des Kurses mit den Teilnehmer(innen) ein Perspektivgespräch zu führen und ihnen neue Wege darzustellen bzw. sie an weitere Aufbaumodule heranzuführen. Aktuell wird gemeinsam mit den Sprachdozent(inn)en an einem Konzept gearbeitet.

Um zukünftig die Effizienz und Wirkung der Lernangebote zu ermitteln wird im laufenden Trimester 2020 mit den Dozent(inn)en ein Erhebungsborgen erstellt.