Betreff
Antragsstellung für das "Sofortprogramm zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren in Nordrhein-Westfalen 2020"
Vorlage
340/20
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz nimmt die Ausführungen zum „Sofortprogramm zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren in Nordrhein-Westfalen 2020“ zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung, den Förderantrag beim Fördergeber einzureichen. Gegenstand des Förderantrages sind die in der Begründung aufgeführten Maßnahmen.

Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz beauftragt die Verwaltung, die Maßnahmen „Anstoß eines Zentrenmanagements und Innenstadt-Verfügungsfonds“ und „Unterstützungspaket Einzelhandelsgroßimmobilien“ im Fall einer positiven Bescheidung des Förderantrages im Rahmen der unten genannten maximalen Kosten umzusetzen. Für die Maßnahme „Verfügungsfonds Anmietung“ wird bei gesicherter Förderung ein gesonderter Beschluss gefasst.

 

 


Begründung:

 

A       Hintergrund „Sofortprogramm zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren in Nordrhein-Westfalen“

 

Die Innenstadt als Zentrum des städtischen Gefüges steht heute mehr denn je im Fokus von gesellschaftlichen Veränderungen und Ansprüchen und den daraus erwachsenden Aufgaben für eine zukunftsfähige Stadtentwicklung und -gestaltung. Ein verändertes Einkaufsverhalten und ein wachsender Online-Handel haben auch in Rheine massive Auswirkungen auf die Handelslandschaft. Ziel der Stadt Rheine und der EWG – Entwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft für Rheine mbH ist es, den stationären Einzelhandel in der Rheiner Innenstadt qualitativ und quantitativ zu erhalten und zu optimieren.

 

Gemeinsam mit vielen weiteren Partnern arbeitet die Stadt Rheine daran, unsere Innenstadt für die Zukunft noch besser zu positionieren. Wichtige Bausteine dabei sind der Masterplan Einzelhandel als gesamtstädtisches Einzelhandelsentwicklungskonzept sowie die Umsetzung des Rahmenplanes Innenstadt als integriertes Handlungskonzept, das den Rahmen für die Entwicklung der City bildet.

 

Der bereits geschwächte Handel in den Innenstädten ist schon lange von dem veränderten Kaufverhalten der Konsumentinnen und Konsumenten betroffen und muss mit dem Online-Handel konkurrieren. Zusätzlich mussten die lokalen Händler aufgrund des Covid-19-Lockdowns und der temporären Schließung des (Einzel-)Handels erhebliche Umsatzeinbußen erfahren, wodurch der Leerstand in den Innenstädten noch weiter angestiegen ist.

 

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen möchte dem steigenden Leerstand entgegenwirken. Daraufhin hat das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen im Juli 2020 das „Sofortprogramm zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren in Nordrhein-Westfalen“ gestartet. Dabei werden Landesmittel in Höhe von 70 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um Städte und Gemeinden, die besonders vom Leerstand und Schließungen von Handel und Gastronomie betroffen sind, zu unterstützen. Bei einem Fördersatz von 90% beläuft sich der kommunale Eigenanteil auf 10%.

 

Das „Sofortprogramm zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren in Nordrhein-Westfalen“ zielt darauf ab, die Kommunen und deren Innenstädte und Stadtteilzentren zu stärken, um lebenswerte, attraktive Zentren zu erhalten, damit weiterhin Stadtentwicklungspolitik stattfinden kann und die Wettbewerbsfähigkeit einzelner Städte erhalten bleibt. Um die Abwärtsspirale zu vermeiden, sollen durch das Sofortprogramm kurzfristige Interventionen etabliert werden, die folgende Maßnahmen umfassen:

 

ð Verfügungsfonds Anmietung

Die Kommune soll leerstehende Ladenlokale für einen Zeitraum von max. 2 Jahren vorübergehend anmieten, sodass diese durch eine temporäre Mietpreissenkung an neue Betriebe vermietet werden können. Die Ausgaben für die Anmietung sind für eine Mietfläche bis zu 300 m² förderfähig. Förderfähig ist eine Anmietung in Höhe von bis zu 70% der Altmiete.

 

ð Unterstützungspaket „Einzelhandelsgroßimmobilien“

In vielen Städten und Gemeinden wurden in den letzten Jahren Einzelhandelsgroßimmobilien geschlossen, deren Nachnutzung offen ist und die negative Auswirkungen auf die gesamte Innenstadt haben. Die Kommune soll die Eigentümer unterstützen und sich in die Steuerung des Immobilienprozesses einbringen. Förderfähig ist die Beauftragung für Machbarkeitsstudien, städtebauliche Planungen, Gutachten etc.

 

ð Zwischenerwerb von Einzelhandelsimmobilien

Der Zwischenerwerb von leerstehenden Gebäuden innerhalb des Konzentrationsbereiches  durch die Kommune soll Immobilienspekulationen vorbeugen. Durch den Erwerb erhält die Kommune die Verfügungsgewalt und kann durch verschiedene Zwischennutzungen die Leerstände füllen, was zu einer dauerhaften Weitervermietung führen kann. Förderfähig sind die Ausgaben für den Zwischenerwerb (nicht der Kaufpreis der Immobilie), Betriebskosten und Maßnahmen zur Verkehrssicherung.

 

ð Anstoß eines Zentrenmanagements und Innenstadt-Verfügungsfonds

In Folge der steigenden Leerstandsquote ist zu überprüfen, ob die Konzentration von Handelslagen in der Innenstadt erforderlich ist. Ziel ist hierbei die Umnutzung von nichtgenutzten Handelslokalen, zum Beispiel in eine Wohnnutzung. Förderfähig ist der Anstoß eines Zentrenmanagements durch externe Planer und Berater, die auch als Moderatoren zwischen Eigentümern und Kommune tätig sein können. Das Zentrenkonzept kann eine Analyse möglicher Umnutzungen, die Darstellung des Konzentrationsbereiches sowie die Durchführung von Informationsveranstaltungen o.ä. beinhalten.

 

Die Verwaltung beabsichtigt, einen Förderantrag für den Bereich ‚Innenstadt‘ unter Berücksichtigung folgender Fördergegenstände:

-        Verfügungsfonds Anmietung,

-        Anstoß eines Zentrenmanagements und Innenstadt-Verfügungsfonds und

-        Unterstützungspaket „Einzelhandelsgroßimmobilien“

zu stellen.

 

Das Antragsverfahren sieht vor, dass der Förderantrag bis zum 16. Oktober 2020 bei der zuständigen Bezirksregierung eingereicht wird. Der Umsetzungszeitraum für die Maßnahmen ist bis 2023 angesetzt. 

 

 

B.      Maßnahmenbeschreibung

 

B.I    Verfügungsfonds Anmietung

 

Die Schließung innerstädtischer Einzelhandelsbetriebe und die Aufgabe von z. T. bisher innenstadtprägenden Nutzungen und Angeboten ist ein deutschlandweit zu beobachtender Trend, der sich voraussichtlich weiter verschärfen wird. Während in vielen Großstädten Nach- bzw. Neuvermietungen insbesondere in den 1A-Lagen auf Grund des Interesses von Filialisten oftmals noch gelingen, ist es in Mittel- und Kleinzentren weitaus schwerer, angemessene und nachhaltige Nutzungsperspektiven zu schaffen.

 

Auch in der Rheiner Innenstadt lassen sich an einigen Stellen kaum wirtschaftlich tragfähige Nutzungskonzepte für leerstehende Ladenflächen finden. Die Ladenlokale lassen sich vielfach nur noch schlecht vermieten und es kommt zu längeren Leerstandsperioden.

 

Um diesem Missstand zu begegnen, soll der „Verfügungsfonds Anmietung“ dazu beitragen, dass das Erscheinungsbild der Rheiner Innenstadt attraktiv und ansprechend den Kunden und Besuchern gegenübertritt und somit die Aufenthaltsqualität in der Einkaufsstadt Rheine erhöht.

Die Stadt Rheine wird in die Lage versetzt, über einen befristeten Zeitraum von zwei Jahren Ladenflächen (vergünstigt) anzumieten und an neue Handelsformate bzw. kreative Nutzungen befristet weiterzuvermieten. Durch Leerstand bedingte „tote Schaufenster“ können damit vermieden und das Image eines vitalen und interessanten Zentrums erhalten werden. Bestenfalls soll durch den „Verfügungsfonds Anmietung“ eine langfristige Nutzungsperspektive für die verfügbaren Ladenflächen entstehen.

 

Im Handlungsfeld B „Vielfältiger Handelsstandort“ des Rahmenplans Innenstadt wurde bereits eine „Konzeption zur temporären Gestaltung und Nutzung von Leerständen“ erarbeitet. Diese bietet eine solide Grundlage für die geplante Nutzung von leerstehenden Flächen. Mit dem Förderantrag „Verfügungsfonds Anmietung“ kann daran angeknüpft werden. Es können konkrete Ideen realisiert werden.

Im engen Kontakt zu den Geschäftsinhabern und Immobilieneigentümern trägt das EWG-Ladenflächenmanagement dazu bei, dass Leerstände schneller wieder vermietet oder umgenutzt werden. Im Rahmen von diversen Projekten, wie „business:city“ oder Nacht der Museen konnten Erfahrungen im Bereich der Zwischennutzung gemacht werden. Diese temporären Ansätze können durch den Förderantrag weiter vertieft werden. Weitere Expertise für den Standort Rheine konnte durch das Mitwirken in der Arbeitsgruppe „Umgang mit leerstehenden Ladenlokalen“ vom Netzwerk Innenstadt NRW gesammelt werden. Damit sind vor Ort gute Voraussetzungen für ein erfolgreiches Projekt gegeben.

 

Im Kernbereich der Rheiner Innenstadt (Handelslage 1a und 1b-Lage – siehe Anlage 3: Abgrenzung des Konzentrationsbereiches) befinden sich im Erdgeschoss rund 200 Geschäfts- und Gastronomieeinheiten. Davon stehen in dieser zentralen Lage rund 20 Ladenflächen leer. Im Rahmen des „Verfügungsfonds Anmietung“ wird von einer Erfolgsquote von 20 % ausgegangen, d.h. vier bis fünf Ladenlokale sollen befristet angemietet werden. Damit ein möglichst großer „Belebungseffekt“ durch das städtische Engagement eintritt, konzentriert sich die Auswahl der verfügbaren Ladenflächen insbesondere auf die Emsstraße und die Münsterstraße.

 

Erste Ansätze für die Förderung von innovativen Geschäftsideen (Pop-Up-Stores, Direktverkauf, unverpackt-Laden) sind bereits ebenso vorhanden wie Nutzungskonzepte abseits von Handel und Gastronomie (Bildungsangebote, Kinderbetreuung, Kunst). Wertvolle Hinweise für die Umsetzung liefern auch die Ergebnisse der EWG-Corona-Blitzumfrage, in dessen Rahmen gefragt wurde, welche Geschäfte/Angebote in der Rheiner Innenstadt fehlen.

 

In enger Abstimmung mit den Innenstadtakteuren, Vereinen und Eigentümern kann der „Verfügungsfonds Anmietung“ neue Impulse in der Rheiner Innenstadt setzen.

 

B.II   Anstoß eines Zentrenmanagements und Innenstadt-Verfügungsfonds

 

Die Stadt Rheine beabsichtigt die Entwicklung eines Zentrenmanagements, das die Konzentration von Handelslagen im jetzigen zentralen Versorgungsbereich vorsieht. Aufgrund der Anzahl der Leerstände in der Innenstadt, die sich vor allem auf Bereiche abseits der Haupteinkaufsstraßen Emsstraße und Münsterstraße verteilen, sollte der Konzentrationsbereich der Handelslagen überprüft werden. Dadurch besteht die Möglichkeit, leerstehenden Ladenlokalen neu zu nutzen und die Innenstadt wieder zu beleben.

Eine kompaktere, funktional zukunftsfähige Innenstadt kann perspektivisch dazu führen, dass die jetzigen 2b-Lagen (nach Bewertung der Handelslagen der EWG, 2019) in Zukunft nicht mehr als klassische Innenstadtbereiche funktionieren, sondern dort u.a. eine Wohnnutzung auch in den Erdgeschossen möglich sein kann. Gerade diesbezüglich liegen der Stadt bereits verschiedene Anfragen zu einer Umwandlung von Geschäftslagen vor, da diese Bereiche u.a. aufgrund fehlender Laufkundschaft mittlerweile schwierig an Händler zu vermieten sind.

Die Erarbeitung eines Konzeptes das die Haupteinkaufslage definiert  wird eine wichtige Voraussetzung für die Fortschreibung des Rahmenplan Innenstadt.

 

B.III    Unterstützungspaket „Einzelhandelsgroßimmobilien“

 

Das Ems-Einkauf-Center (eec) an der Lingener Straße befindet sich im zentralen Versorgungsbereich „Rheine Innenstadt“ und übernimmt eine wichtige Nahversorgungsfunktion in der östlichen Innenstadt. Mit der angekündigten Schließung des real Marktes Ende Juni 2021 verliert das Einkaufszentrum eec einen wichtigen Ankermieter. Darüber hinaus sind bereits heute weitere Leerstände vorhanden, so dass grundsätzlich eine größere Um- und Neustrukturierung des Einkaufszentrums erforderlich ist. Erste Gespräche bzgl. Nachfolgenutzungen werden geführt. Außerdem wurde bereits ein Makler eingeschaltet. Dennoch stellt sich die Frage, wie sich das eec langfristig im Innenstadtgefüge positioniert.

Im Rahmen des Sofortprogrammes besteht die Möglichkeit, sich die Entwicklung einer Machbarkeitsstudie für eine leerstehende Einzelhandelsgroßimmobilie fördern zu lassen. Um eine zukunftsfähige Entwicklungsperspektive für das eec zu erhalten, kann eine Machbarkeitsstudie Alternativen zum großflächigen Einzelhandel aufweisen. Dabei kann die bisherige Struktur aufgebrochen und durch kleinere Nutzungen, wie z. B. Wohnen oder Dienstleistungen, ersetzt werden. Die Verwaltung beabsichtigt daher in Abstimmung mit der Eigentümerin die Beauftragung eines entsprechenden Planers, um eine Machbarkeitsstudie zu erstellen. Die Machbarkeitsstudie soll mögliche Lösungsansätze für die Immobilie hinsichtlich seiner Durchführbarkeit zur Identifizierung eines optimalen Lösungsweges überprüfen. Dabei dient die Studie dazu, unter Berücksichtigung der entsprechenden inhaltlichen und räumlichen Vorgaben, die Möglichkeiten planerisch zu untersuchen.

 

C       Kosten

 

Der Zuschuss des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beläuft sich auf 90 % der förderfähigen Kosten, 10 % der Kosten werden durch die Kommune finanziert.

Für den Verfügungsfonds Anmietung werden die Kosten auf maximal 200.000€ gedeckelt, sodass vier bis fünf leerstehende Immobilien angemietet werden können. Die Finanzierung des Eigenanteils von 20.000€ ist derzeit noch nicht gesichert und konnte noch nicht abschließend geklärt werden. Eine Kostenteilung von EWG und Stadt ist denkbar und wird aktuell verwaltungsintern geprüft. Die Folgekosten belaufen sich auf zwei Jahre und werden dementsprechend finanziert. Nach einer positiven Bewilligung wird dies erneut vorgelegt.

Für eine Machbarkeitsstudie zur Nachnutzung des real-Marktes werden maximal 30.000€ veranschlagt. Die Erarbeitung eines Zentrenmanagements und der Abgrenzung der Einzelhandelslagen wird auf 50.000€ gedeckelt. Sollten sich hier höhere Kosten ergeben, wird dies erneut vorgelegt.

Die Höhe der effektiven förderfähigen Kosten, die im Anschluss für die einzelnen Fördergegenstände beantragt werden, kann unter den o.g. Beträgen liegen. Die tatsächlich entstandenen Kosten sind im Rahmen des Verwendungsnachweises exakt nachzuweisen und schlusszurechnen.

Die Stadt Rheine erhält unter Berücksichtigung der gedeckelten Kosten einen maximalen Zuschuss von 280.000 €, sodass maximal 28.000 € durch Eigenkapital finanziert werden müssten. Unter der Annahme, dass die Kosten für den Verfügungsfonds durch die EWG gedeckt werden, beläuft sich der Eigenanteil der Stadt auf maximal 8.000€, die aus dem Budget 5101 finanziert werden.

 

Maximale förderfähige Kosten                     280.000 €

Fördermittel (90%)                                        252.000 €

Kostendeckung Anmietung (noch offen)       20.000 €

Eigenanteil (Budget 5101)                                8.000 €

 

 

D         Auswirkungen auf die Belange des kommunalen Klimaschutzes

 

Der Klimaschutz ist im Zuge der Antragstellung nur mittelbar betroffen. Die Nutzung von bestehender baulicher Substanz, die Nachnutzung von Leerständen sowie eine Stadt der kurzen Wege fördern jedoch den Klimaschutz.

 

 

 


Anlagen:

 

Sofortprogramm zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren in Nordrhein-Westfalen 2020