Betreff
Bericht zur Arbeit der Jugendkunstschule Rheine
Vorlage
025/21
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

1.      Der Haupt-, Digital- und Finanzausschuss nimmt den Bericht zur Arbeit der Jugendkunstschule  zur Kenntnis.

 

2.      Der Haupt-, Digital- und Finanzausschuss stimmt der Erhebung einer Kursgebühr von 1,00 € je Angebotsstunde (=60 Minuten) zu. Personen, die staatliche Unterstützungsleistungen bekommen und deshalb die MünsterlandKarte haben, zahlen 0,50 € je Angebotsstunde.

 

 


Begründung:

 

Seit ihrer Gründung im Jahr 2019 entwickelt sich die Jugendkunstschule der Stadt Rheine zu einem erfolgreichen Träger der jugendkulturellen Bildung in Rheine. So wurden im Gründungsjahr anstelle der für die Gründungsphase erforderlichen 480 Kursstunden(á 60 Minuten) bereits 565 Stunden angeboten. Für das Jahr 2020 wird davon ausgegangen, dass sich die Angebotsstunden trotz der Corona-Pandemie in einem ähnlichen Umfang bewegen werden. Hier war die Kreativität des gesamten Teams gefragt, um neue Kursformate, Onlineangebote und Abstandsregeln in die Praxis umzusetzen. So können, trotz dieser Ein- und Beschränkungen, inzwischen mehr als 200 Kinder und Jugendliche zu den ständigen Nutzern der Jugendkunstschulangebote gezählt werden.

 

In diesem Kontext ist auch die Einstellung einer Kulturpädagogin im Juli 2020 zu sehen, denn die Beschäftigung einer hauptberuflichen Fachkraft ist Teil der Mindeststandards für eine Jugendkunstschule in NRW. Zu ihren Aufgaben gehört die Entwicklung eines pädagogischen Konzeptes, die Planung der Angebote, Kommunikation mit Kooperationspartnern sowie in Abstimmung mit dem Produktverantwortlichen, die Finanzplanung und Abrechnung der Fördermittel für die Jugendkunstschule. 

 

Auch 2021 soll es ein Angebot in einem Umfang von ca.700 Stunden geben. Bereits jetzt gibt es für das erste Halbjahr 2021 mehr Projekte und Angebote. So sind unter anderem die Bereiche Fotografie, Nähen und Hochdruck zum Angebot hinzugekommen und werden erprobt. Ebenso gibt es weitere theaterpädagogische Angebote und auch die Tanzsparte erlebt durch zwei weitere Kurse Zuwachs. Leider wird durch Corona die Anzahl der Plätze stark eingeschränkt und für alle Angebote gilt eine maximale Anzahl von 10 Personen (inkl. Dozent/in). Für jüngere Kinder (ab 4) und Jugendliche bzw. Junge Erwachsene (ab 15+) wird es ebenfalls erste Angebote geben. Diese müssen aber im laufenden Jahr bedarfsgerecht weiter ausgebaut werden.

Unmittelbar mit dem Ausbau der verschiedenen Kursangebote ist die Nutzung einer professionellen Kursverwaltungssoftware erforderlich, um Kursplanung, --anmeldung und –abrechnung zeitgemäß und professionell durchzuführen. Nach Beratung mit der Volkshochschule können für diese Aufgabe weitere Lizenzen zur Nutzung der bereits in der VHS eingesetzten Software KuferSQL erworben werden. Dies hat auch den Vorteil, dass die Onlinepräsenz durch eine Website wesentlich verbessert wird.

 

Des Weiteren wird auch der Punkt „Social-Media-Präsenz“ ab 2021 verstärkt ins Auge gefasst und ausgebaut. Es ist also davon auszugehen, dass die Jugendkunstschule in nicht allzu ferner Zukunft, die zur Erfüllung der Mindeststandards erforderlichen 800 Angebotsstunden/Jahr erreicht. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die derzeit noch bis Juli 2021 befristete Stelle der Kulturpädagogin auch über diesen Zeitraum hinaus besetzt bleibt.

 

Im Zuge der weiteren Entwicklung und Profilbildung der Jugendkunstschule gilt es im Jahr 2021 die Angebote inhaltlich weiterzuentwickeln. Hier bietet die Jugendkunstschule das ideale Dach unter dem die Kindermatinee (4 bis 10-Jährige), der Kulturrucksack (10 bis 14-Jährige) sowie die Kreativangebote für alle Altersgruppen zusammengefasst werden können. Diese Handlungsfelder sind außerdem die Grundlage für ein pädagogisches Leitbild, das erarbeitet wird. Hierzu wurden folgende Kernthesen formuliert:

 

  • Mitverantwortung – Die emanzipatorische Kinder- und Jugendarbeit
    Der Zielgruppe soll aktive Teilhabe ermöglicht werden. Dies gilt sowohl für die kreative als auch für die organisatorische und gesellschaftliche Seite. Durch die künstlerische, ästhetische und kulturelle Bildung sollen die Kinder und Jugendlichen eigenverantwortliches Handeln erlernen und ihre individuellen Fähigkeiten entdecken oder ausbauen.

 

  • Mitbestimmung – partizipative und prozessorientierte Kinder- und Jugendarbeit
    Die Kinder und Jugendlichen sollen maßgeblich mit in den Aufbau der Jugendkunstschule eingebunden werden. Dies betrifft sowohl die räumliche als auch die programmbezogene Arbeit und Entwicklung. Die Planung, Durchführung und Auswertung eigener Projekte und Kurse sollen für sie möglich sein und so die Chance bieten, mitbestimmten zu können. Gesellschaftlicher- und kultureller Wandel werden stets in diesen Prozess mit einbezogen.

 

  • Mitmachen– Sozial-kulturelle Jugendarbeit
    Die Jugendkunstschule soll ein Ort werden, den Kinder und Jugendliche einnehmen. Durch die spartenübergreifende Arbeit und den Einbezug des weiten Kulturbegriffes sollen sie ein soziales und faires Miteinander erproben, selbstbestimmt mitarbeiten können, Ideen und Wünsche miteinbringen und ihr eigenes Handeln und Denken reflektieren und ausbauen lernen.

 

  • Miteinander – Offen für alle
    Unabhängig von Geschlecht, Religion und Herkunft soll ein autonomer Ort geschaffen werden, der den jungen Menschen gehört. Die Mitarbeiter der Jugendkunstschule schaffen dabei nur einen Rahmen, geben Orientierung und Grundregeln (Keine körperliche oder verbale Gewalt, keine Diskriminierung usw.) vor, die in der Einrichtung gelten.
    Fernab von Leistungsdruck und Noten sollen junge Menschen durch diverse Methoden auf künstlerisch-kreative Weise die aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben erfahren, Meinungen und Sichtweisen aus verschiedenen Blickwinkeln kennenlernen und individuell den Begriff der Kultur erproben. Das Prinzip der offenen Kinder- und Jugendarbeit soll demnach ebenso genutzt werden, wie die Orientierung und Rahmung durch Kurse im kreativen und künstlerischen Bereich. Hiermit möchte die Jugendkunstschule neben klassisch-künstlerischen Angeboten wie Theater, bildender Kunst oder Literatur auch Angebote verwirklichen, die sich auf gesellschaftliche, umweltbezogene und politische Themen beziehen.
    Der Freiraum, welcher den Kindern und Jugendlichen hierbei in allen Bereichen geboten wird, soll zu einer hohen Identifikation mit der Jugendkunstschule führen. Gefüllt werden soll diese mit der Eigeninitiative und Eigenengagement der Kinder und Jugendlichen sowie allen Interessierten.

 

Diese Thesen sind nicht abschließend, sondern müssen als Teil des Selbstverständnisses der Jugendkunstschule in einem partizipativen Prozess mit den Nutzerinnen und Nutzern der Jugendkunstschule diskutiert und weiterentwickelt werden. Die so in den nächsten Jahren entstehende pädagogische Konzeption muss sich dann einem ständigen Wirksamkeitsdialog stellen können.

 

Personelle Ausstattung und Finanzierung der Jugendkunstschule

Im Haushaltsplan der Stadt ist ein Betrag in Höhe von 17.000 € für die Angebotsarbeit eingestellt. Darüber hinaus wurde ein Betrag in Höhe von 85.000 € bereitgestellt, der mit Zustimmung des Kulturausschusses für die befristete Einstellung einer kulturpädagogischen Fachkraft (1,0 Stelle) und einer Verwaltungskraft (0,5 Stelle) eingesetzt werden darf. Mit diesen Mitteln wurde im Juli 2020 eine Kulturpädagogin eingestellt. Diese wird seit November 2020 von einer Verwaltungskraft im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses (6 Stunden/Woche) unterstützt. Beide Stellen enden auf Grund ihrer Befristung im Sommer 2021.

 

Inzwischen erhält der Kulturservice verstärkt Anfrage von Studierenden der Fachrichtungen Kulturpädagogik, Soziale Arbeit, Social Works (Saxion-Hochschule, NL), die das in ihren Studienordnungen vorgeschriebene praktische Pflichtsemester in der Jugendkunstschule durchführen möchten. Ähnlich wie im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit wären sie in der Lage, eigenständig Projekte, z.B. im Bereich der sozialen Medien zu organisieren und betreuen. Sie würden insoweit ein Unterstützung und Bereicherung für die Arbeit der Jugendkunstschule bedeuten.

 

Einnahmen erzielt die Jugendkunstschule derzeit aus der Landesförderung für Jungendkunstschulen. Diese Förderung belief sich bisher auf 6.000 € und wird im kommenden Jahr auf 7.000 € erhöht. (vgl. hierzu auch Vorl. 531/20). Daneben konnten in 2020 noch Projektmittel aus einem Förderprogramm für die kulturelle Arbeit mit jungen Geflüchteten eingeworben werden. Falls es diese Mittel auch in 2021 gibt, werden hierzu entsprechende Förderanträge gestellt.

 

Bisher waren die Angebote der Jugendkunstschule bis auf wenige Ausnahmen kostenfrei. Dies resultiert aus dem Anspruch, dass kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche einen wesentlichen Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen leisten kann. Voraussetzung ist aber, die Tür zu Kunst und Kultur für alle Kinder und Jugendlichen so früh und so weit wie möglich zu öffnen. Dies bedeutet aber auch, dass der Zugang niedrigschwellig und für jedes Kind finanziell möglich sein soll.

 

Andererseits besteht für eine erfolgreiche Arbeit auch die Notwendigkeit einer verbindlichen Teilnahme. Dies ist gerade vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie wichtig, da Angebote nur in kleinen Gruppen durchgeführt werden können, es also nur wenige Plätze gibt. Eine verbindliche Teilnahme ist am ehesten gesichert, wenn mit der Anmeldung eine Kursgebühr verbunden ist. So entsteht eine gewisse „Verpflichtung“ sich selbst gegenüber. Die Gebühr muss aber so bemessen sein, dass sie für jeden erschwinglich ist. Aus diesem Grunde schlägt die Verwaltung vor als Kursgebühr einen Betrag von 1,00 € je Angebotsstunde (=60 Minuten) zu erheben. Personen, die staatliche Unterstützungsleistungen bekommen und deshalb die MünsterlandKarte haben, zahlen lediglich die Hälfte, also 0,50 € je Angebotsstunde. Die Bezahlung der Kursgebühren ist im Rahmen des BUT-Programms ebenfalls über die MünsterlandKarte möglich. Zusätzlich werden je nach Kurs ggf. noch Materialkosten erhoben.

 

Ausgehend von 700 Angebotsstunden und ca. 9 Teilnehmenden/Angebotsstunde erwartet die Verwaltung, unter Berücksichtigung von sozialen Ermäßigungen, einen Ertrag in Höhe von 5.000 € in 2021. Dieser Ertrag sollte in vollem Umfang zur Finanzierung der weiteren laufenden Aufwendungen in der Jugendkunstschule eingesetzt werden sollte. Die zu erwartenden Erträge und Aufwendungen sind in die Vorlage zur Haushaltplanberatung (531/20) eingearbeitet worden.

 

ARTandTECH.space

Die Jugendkunstschule ist ein Baustein in der Konzeption des ARTandTECH.space Rheine. Mit dieser Konzeption wurde im Dezember 2021 ein wichtiger Meilenstein durch die Aufnahme des ARTandTECH.space, als gemeinsamer Raum für kulturelle und technische Bildung, in das Förderprogramm Dritte Orte erreicht. Mit dieser Aufnahme ist die Gewährung eines Landeszuschusses über drei Jahre mit einer Gesamthöhe 450.000 € verbunden. Der entsprechende Förderantrag wurde bereits gestellt. Entsprechend des Ratsbeschlusses 233/20 vom 25.08.2020 wurden auch diese Mittel in die Vorlage zur Haushaltsplanberatung (531/20) eingearbeitet.

 

Zeitgleich wurde der ARTandTECH.space im Ideenwettbewerb 2020 der NRW Bank als eines von 7 Gewinnerprojekten ausgezeichnet. Mit dieser Auszeichnung ist ein Ideenmining mit Expertinnen und Experten der Westfälischen Wilhelms-Universität verbunden, um das vorhandene Konzept noch detaillierter auszuarbeiten.

 

Außerdem wurde inzwischen der ehemalige Betriebshof des Wohnungsvereins Rheine an der Lindenstraße durch die Stadt erworben, um hier den Dritten Ort als zukünftige gemeinsame Heimat von Jugendkunstschule und Projektlabor zu errichten. Somit kann unmittelbar nach Vorliegen eines Bewilligungsbescheides mit den konkreten Maßnahmen zum Aufbau des Dritten Ortes begonnen werden.