Betreff
Fortschreibung des Brandschutzbedarfsplanes bei der Feuer- und Rettungswache der Stadt Rheine
Vorlage
075/21
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Haupt-, Digital- und Finanzausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt Rheine:

 

1.   den als Anlage beigefügten Entwurf des Brandschutzbedarfsplans zu beschließen.

 

2.      nach der Beschlussfassung des Brandschutzbedarfsplanes sowie der Bekanntmachung des Haushaltes 2021 die Verwaltung mit der Durchführung einer Machbarkeitsstudie zu beauftragen, mit der die Möglichkeiten des Standortes Frankenburgstraße 2 untersucht werden, dort nach Abzug der Kreisleitstelle sowohl die Feuer- und Rettungswache als auch den Löschzug links der Ems unterzubringen.

 


Begründung:

 

I.      Rechtliche Beurteilung:

 

Das Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz (BHKG) ist ein Spezialgesetz zur Abwehr von Brandgefahren und zur technischen Hilfeleistung sowie für vorbeugende und abwehrende Maßnahmen bei Großeinsatzlagen und Katastrophen. Es verpflichtet die Gemeinden in § 3 Abs. 3, unter Beteiligung ihrer Feuerwehr einen Brandschutzbedarfsplan (BSBP) aufzustellen und umzusetzen. Die im früheren Feuerschutz- und Hilfeleistungsgesetz aufgeführte Fortschreibung des BSBP wurde mit Inkrafttreten des BHKG 2016 dahingehend präzisiert, dass Brandschutzbedarfspläne nunmehr spätestens alle fünf Jahre fortzuschreiben sind. Mit Hilfe dieses fortgeschriebenen und durch den Rat der Stadt Rheine festzustellenden Brandschutzbedarfsplans werden die Qualität, Größe und Ausstattung der Feuerwehr zur Abwendung bzw. Bekämpfung von Schadensereignissen festgelegt. Er orientiert sich an der „Handreichung zur Brandschutzbedarfsplanung für kommunale Entscheidungsträger vom Ministerium für Inneres und Kommunales NRW, Städtetag NRW, Landkreistag NRW und Städte- und Gemeindebund NRW vom 07.07.2016“ für die Anfertigung von Brandschutzbedarfsplänen für die Gemeinden des Landes Nordrhein-Westfalen und soll durch die Analyse des Bedarfs der Feuerwehr ein angemessenes Sicherheitsniveau für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Rheine garantieren. Bei der Erstellung des Brandschutzbedarfsplans ist die Feuerwehr Rheine zu beteiligen, um ihre Sachkenntnis einbringen zu können.

 

II.     Inhalt des Brandschutzbedarfsplans

 

Ein Brandschutzbedarfsplan muss auf der Grundlage des örtlichen Gefahrenpotentials durch Feststellungsbeschluss des Rates das politisch gewollte und verantwortete Sicherheits-niveau in der Stadt Rheine dokumentieren.

Er enthält deshalb:

 

1.        Eine Beschreibung von allgemeinen und besonderen Gefahren und Risiken im jeweiligen Zuständigkeitsbereich (Gefährdungspotential; Seite 14 ff.).

Die Beschreibung des Gefährdungspotentials umfasst einerseits die Darstellung möglicher Gefahrenlagen entsprechend den örtlichen Verhältnissen. Andererseits muss das tatsächliche Einsatzaufkommen nach absoluten Zahlen, Einsatzdauer, räumlicher Verteilung und Gleichzeitigkeit von Einsätzen ermittelt und aufbereitet werden. Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass die Problematik des Brandschutzes für das Materiallager der Bundeswehr im Bereich Kanalhafen im Brandschutzbedarfsplan nicht eingehend beleuchtet wird. Zugleich mit dem Heeresfliegerregiment wurde auch die dort stationierte Feuerwehr abgezogen. Das Materialdepot der Bundeswehr blieb jedoch bestehen. Ob und inwieweit der Brandschutz durch die Stadt Rheine sichergestellt ist, kann derzeit nicht ermittelt werden. Die Gebäude unterfallen hinsichtlich des vorbeugenden Brandschutzes nicht der örtlichen Bauordnungsbehörde und seitens der Bundeswehr werden keine Angaben zu Art, Menge und Gefährlichkeit der eingelagerten Stoffe gemacht. Die in diesem Zusammenhang bislang geführten Gespräche konnten noch keine Klärung der Sachlage bewirken.

 

2.        Eine Festlegung der gewünschten Qualität der von der Feuerwehr zu erbringenden Leistung (Schutzzielbeschreibung/Schutzzielfestlegung; Seite 29 ff.).

Die Schutzzielbeschreibung bezieht sich dabei nicht auf ein besonders herausragendes oder seltenes Ereignis, sondern wird anhand einer wahrscheinlichen und täglich zu erwartenden Einsatzsituation festgelegt, die die Feuerwehr zu jeder Tages- und Nachtzeit abarbeiten kann.

 

Typischerweise werden durch das Schutzziel folgende Kriterien festgelegt:

·           Hilfsfrist (Zeit zwischen dem Entdecken eines Schadensereignisses und dem Wirksamwerden der Maßnahmen),

·           Funktionsstärke (Zahl der benötigten Funktionen im Einsatz),

·           Erreichungsgrad (Prozentualer Anteil der Einsätze, bei dem die Zielgrößen „Hilfsfrist“ und „Funktionsstärke“ eingehalten werden – i.d.R. 90% als vernünftigerweise anzustrebendes Sicherheitsniveau).

 

Bemessungsgrundlage:

Als Bemessungsgrundlage für die zuvor genannten Qualitätskriterien wird der sogenannte „Kritische Wohnungsbrand“ (Zimmerbrand in einem Obergeschoss eines mehrgeschossigen Wohnhauses mit Tendenz zur Ausbreitung; Treppenraum ist durch Brandrauch für die Bewohner unpassierbar) herangezogen.

 

Hilfsfrist: Die Hilfsfrist ist die Zeitdifferenz zwischen dem Beginn der Notrufabfrage in der Leitstelle und dem Eintreffen der erforderlichen Einsatzkräfte an der Einsatzstelle. Sie setzt sich zusammen aus der Gesprächs- und Dispositionszeit (1,5 Minuten) sowie der Ausrücke- und Anfahrtszeit (für den ersten Abmarsch 8 Minuten = Hilfsfrist 1, für den zweiten Abmarsch 13 Minuten nach Alarmierung = Hilfsfrist 2).

 

Funktionsstärke:  Die Zahl der benötigten Funktionen richtet sich nach der täglich zu erwartenden Einsatzsituation, dem sogenannten „kritischen Wohnungsbrand“. Mit Schreiben vom 09. Juli 2018 stellt das Ministerium des Innern NRW fest:

 

„… Bei Großen kreisangehörigen Gemeinden ist in der Regel davon auszugehen, dass sie aufgrund der örtlichen Verhältnisse ein höheres Gefahrenpotential besitzen. Deshalb wird in diesen Fällen als Bemessungsgrundlage eine ständig besetzte Wache durchgehend mit mindestens einer Gruppenstärke nach FwDV 3 (1/8/9) mit hauptamtlichen Kräften zu Grunde gelegt. Diese Mannschaftsstärken sind die Mindestanforderungen um die Maßnahmen zur Menschenrettung nach geltenden Feuerwehr-Dienstvorschriften einleiten zu können. Hierbei ist ausschließlich Personal zu berücksichtigen, das nur Aufgaben nach BHKG wahrnimmt. Personal, das zugleich mit anderen Aufgaben befasst ist, z.B. nach Rettungsgesetz NRW, kann nicht berücksichtigt werden, weil es nicht uneingeschränkt für die Aufgabenerfüllung zur Verfügung steht…“  (siehe hierzu auch 8.4.1; Seite 126 ff.).

 

Der zweite Abmarsch soll dafür bei einer Freiwilligen Feuerwehr wie in Rheine mit mindestens 7 Feuerwehrangehörigen nach weiteren 5 Minuten – also insgesamt 13 Minuten ab Alarmierung – erfolgen. Hierdurch ist gewährleistet, dass bei einem kritischen Wohnungsbrand nach 13 Minuten insgesamt 16 Feuerwehrangehörige vor Ort sind (siehe hierzu auch 5.5.2; Seite 36).

 

Erreichungsgrad: Unter Erreichungsgrad wird der prozentuale Anteil der Einsätze verstanden, bei dem die Zielgrößen „Hilfsfrist“ und „Funktionsstärke“ eingehalten werden. Es wird vorgeschlagen, einen Erreichungsgrad von 90 Prozent festzulegen. Ein Erreichungsgrad von 100 Prozent ist unrealistisch, denn erfahrungsgemäß kann es durch verschiedene Unwägbarkeiten wie Paralleleinsätzen oder ungewöhnlich problematischen Verkehrsverhältnissen z.B. zu einer Überschreitung der Hilfsfrist kommen.

 

3.        Eine Ermittlung der zur Erfüllung dieser Qualität erforderlichen Struktur der Feuerwehr mit Personal und Sachmittel (Seite 38 ff.).

Im Entwurf des BSBP wird dargestellt, dass der Standort der Feuer- und Rettungswache an der Frankenburgstraße 2 gut positioniert ist, so dass auch die südlichen Stadtteile über die Bundesstraßen 65, 475 und 481 schnell erreicht werden können (siehe 6.2.1; Seite 41).

Die Analyse der Hilfsfristen zeigt, dass die Löschzüge auf der Basis der gewachsen Struktur einsatztaktisch richtig stationiert sind (siehe 11; Seite 137 ff.).

 

4.        Eine Begehung der Gebäude an den jeweiligen Standorten zeigt Mängel – auch arbeitsschutzrechtliche – auf.

Das gilt aber nicht für das 2018 in Betrieb genommene und den neuen Standards entsprechendem Feuerwehrgerätehaus (FWGH) rechts der Ems.

Bei den übrigen FWGH wird immer wieder deutlich, dass die vorhandenen Räumlichkeiten für die persönliche Schutzausrüstung der Feuerwehrangehörigen und die Fahrzeugunterbringung unzureichend sind und Abhilfe nur durch Anbauten (FWGH Mesum – 7.34; Seiten 75, 76 u. 84) geschaffen werden kann. Das Gleiche gilt für An- und Umbauten des FWGH Elte (Seite 79 ff.), bei dem die Flächen und Räumlichkeiten zur Aufgabenwahrnehmung nicht ausreichen (Seite 83).

 

Die im Jahr 2004 in Dienst gestellte Feuer- und Rettungswache weist Tore auf, die mit einer Durchfahrtshöhe von 3,50 m zu niedrig sind und nicht den Anforderungen genügen. Das Gleiche gilt auch für die notwendigen Verkehrswege um die Einsatzfahrzeuge herum (Stellplatzgröße nach DIN 14092-1:2012-04).

Der Gutachter kommt unter 8.2.1 zu dem Ergebnis, dass zur Sicherstellung der Einsatzbereitschaft am Standort Frankenburgstraße 2 der Neubau einer Feuer- und Rettungswache gem. DIN 14092 mit einer 15-zügigen Fahrzeughalle (9 Brandschutz / 6 Rettungsdienst) notwendig ist.

 

Ebenfalls problematisch ist die Raumsituation beim Löschzug links der Ems, der sich den gemeinsamen Standort Frankenburgstraße 2 zusammen mit der Kreisleitstelle und der Feuer- und Rettungswache teilt. Neben der fehlenden Möglichkeit, Gefahrstoffe qualifiziert in den Räumen der 1984 errichteten Hallen lagern zu können (Seite 67), sind auch die Lagermöglichkeiten für Arbeits- und Verbrauchsmittel des Löschzugs nicht sachgemäß. Das Gleiche gilt für die persönlichen Schutzausrüstungen der Feuerwehrangehörigen, deren Aufbewahrung unter Berücksichtigung der Verkehrswege unzulässig ist und einen eigenen Umkleideraum mit Schwarz-Weiß-Trennung erfordert, um eine Kontaminationsverschleppung von Brandstellen oder Einsatzstellen mit gefährlichen Stoffen und Gütern zu verhindern.

Darüber hinaus ist im Außenbereich die Anzahl der Parkplätze für die anrückenden Feuerwehrangehörigen zu gering und die Verkehrswege von anrückenden und abrückenden Fahrzeugen kreuzen sich mehrfach. Zwar sind in diesen 1984 errichteten Gebäuden die Einfahrtstore ausreichend breit und hoch, jedoch sind die Verkehrsräume um die in den Hallen aufgestellten Einsatzfahrzeuge herum unzureichend (DIN 14092-1:2012-04). In Summe wird empfohlen, ebenfalls einen Neubau für den Löschzug links der Ems zu errichten (7.3.2; Seite 70), da der Arbeitsschutz in der bestehenden Bausubstanz nicht realisierbar ist (Gesamtübersicht Seite 84 sowie 8.2.2.; Beauftragung einer Machbarkeitsstudie mit den auf Seite 118 gestellten Anforderungen). Hierzu auch Nr. 11 (Seite 137) mit dem Hinweis zu prüfen, ob es unter Berücksichtigung der Verlegung der Leitstelle möglich ist, am jetzigen Standort sowohl den Flächenbedarf für die Feuer- und Rettungswache als auch den für den Löschzug links der Ems abzubilden oder ob ein alternativer Standort gesucht werden muss. Dies muss sich aus der Machbarkeitsstudie ergeben.

 

5.        Hinsichtlich des Fahrzeugkonzepts weist der Entwurf des BSBP darauf hin, dass das Durchschnittsalter der kommunalen Feuerwehrfahrzeuge der Feuerwehr Rheine 16,4 Jahre beträgt und damit um 6,4 Jahre über dem wirtschaftlich sinnvollen Durchschnittsalter von 10 Jahren liegt (7.4.1.2.; Seite 87 und auch Seite 139). Unter 12.2.4 erfolgen auf den Seiten 146 bis 152 Angaben zur Höhe möglicher Ersatzinvestitionen in den Folgejahren bis einschließlich 2029 sowie Angaben zu den überalterten Fahrzeugen.

 

 

III.   Finanzielle Auswirkungen:

 

Der für die Jahre bis 2029 unter 12.3; Seite 152 aufgestellte Investitionsplan für die Fahrzeuge weist für die Stadt Rheine eine Investitionssumme von 7.620.000 € aus. Hinzu kommen Ausgaben des Landes für den ABC-Erkunder im Jahr 2028 in Höhe von 310.000 €.

 

Die sich aus Baumaßnahmen für die Feuerwehrgerätehäuser und ggfls. aus einer neuen Standortsuche ergebenden haushaltsrechtlichen Auswirkungen lassen sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch nicht annähernd abschätzen und können erst in der Zukunft ermittelt werden. Insbesondere für die Liegenschaft Frankenburgstraße 2 ist die noch zu beauftragende Machbarkeitsstudie (Kosten: ca. 30.000 €) die Grundlage für hierauf aufbauende, weitere Planungen.

 

       Hinweis:

Auf Seite 138 wird die Empfehlung ausgesprochen, das Personal der Feuer- und Rettungswache zu erweitern, da in der Erstphase kein Sicherheitstrupp zur Verfügung steht. In seiner Sitzung am 21.12.2020 hat der HDF der Erweiterung des Stellenplans um 10 Stellen (= 2 Funktionen) bereits zugestimmt. Die Maßnahme findet sich aber nicht im Entwurf des BSBP, da der Stellenplan noch nicht verabschiedet ist.

 

Das Gleiche gilt auf Seite 125 für das Sirenenwarnnetzes, dessen Auftrag zum Aufbau zum Zeitpunkt der Entwurfserstellung des BSBP zwar bereits erteilt, es selbst aber noch nicht errichtet ist.

 

Auf Seite 104 wird ausgeführt, dass die Ortsteile Rodde und Kanalhafen innerhalb von 8 Minuten nicht durch die hauptamtlichen Kräfte erreicht werden können. Hierzu wurde deshalb mit der Gemeinde Hörstel am 04.04.2013 eine Vereinbarung zur interkommunalen Zusammenarbeit zur Sicherstellung des Brandschutzes in der Stadt Rheine geschlossen.

 


Anlagen:

 

Entwurfsfassung Brandschutzbedarfsplan vom 09.02.2021