Betreff
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Aufnahme besserer Energiestandards in alle Bebauungspläne zur Erreichung Klimaschutzziele der Stadt Rheine bis 2050
Vorlage
118/21
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag

 

der Antragsteller:

Um die Klimaschutzziele der Stadt Rheine bis 2050 zu erreichen, beschließt der Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz:

 

1.      dass bei der Aufstellung bzw. Änderung von Bebauungsplänen die energetische Qualität der Gebäude zum Zeitpunkt des Bauantrags immer mindestens der ersten Förderstufe der KfW, bezogen auf die zum Zeitpunkt des Bauantrags geltende Energieeinsparverordnung entsprechen muss.

2.      Dass auf jedem Einfamilienhaus / Doppelhaus eine Photovoltaikanlage auf mindestens 50 Prozent der nutzbaren Dachfläche zu errichten ist, um damit mindestens den Eigenbedarf zu decken. Bei Grundstücken, die durch Baumbestand verschattet werden, muss eine Einzelfallprüfung erfolgen.

3.      Die Verwaltung wird aufgefordert ein entsprechendes Beratungskonzept zu erarbeiten.

 

Die Verwaltung empfiehlt, dem Antrag nicht zu folgen.

 


Begründung:

 

Auf den als Anlage beigefügten Antrag wird verwiesen.

 

 

Stellungnahme der Verwaltung zum Antrag:

Die im Antrag der Fraktion Bündnis 90 / die Grünen vorgeschlagenen Regelungen zu Energiestandards wurden mit nahezu gleichen Inhalten bereits im Zusammenhang mit der konkreten Flächenentwicklung „Eschendorfer Aue“ erörtert (Vorlagen 166/17 bzw. 166/17/1).

 

 

zu Nr. 1 – Festsetzung zur energetischen Mindestqualität von Gebäuden

 

Die unter Nr. 1 des Antrags aufgeführte Formulierung ist bezüglich der Vorgaben für Energiestandards bei der Entwicklung der Eschendorfer Aue so beschlossen worden. Allerdings sollte (und konnte) die Vorgabe nicht über Festsetzungen im Bebauungsplan vorgegeben werden, sondern war/ist Bestandteil der Vergaben und Kaufverträge.

 

Denn für eine Festsetzung von Energiestandards von Gebäuden in Bebauungsplänen fehlt es an einer Ermächtigungsgrundlage gemäß dem Festsetzungskatalog nach  § 9 BauGB.

 

Dieses Vorgehen wäre auch bei zukünftigen städtischen Flächenentwicklungen vorstellbar, sollte aber im Einzelfall im Hinblick auf seine Angemessenheit geprüft werden. Insbesondere ist darauf zu achten, dass gegenüber Vermarktungen Dritter kein Nachteil für städtische Grundstücksentwicklungen entsteht.

 

Grundsätzlich könnte bei der Entwicklung von Wohnbauflächen durch Dritte eine entsprechende Regelung über Städtebauliche Verträge gemäß § 11 BauGB erfolgen, sofern dies „den gesamten Umständen nach angemessen“ ist. Einschränkend sei jedoch darauf hingewiesen, dass die Durchgriffskraft städtebaulicher Vertragsregelungen auf spätere Kaufverträge des Entwicklers mit den Bauherren begrenzt ist.

 

 

 

zu Nr. 2 – Festsetzung zur verpflichtenden Errichtung von Photovoltaikanlagen

 

§ 9 Abs. 1 Nr. 23b) ermöglichst zwar grundsätzlich aus städtebaulichen Gründen eine Festsetzung in Bebauungsplänen, dass „bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen.“

 

Zwar ist die Frage, wie und in welchem Umfang eine entsprechende Festsetzung im Bebauungsplan getroffen werden kann, bisher nicht gerichtsfest geklärt, in den einschlägigen Kommentierungen zu dem o. g. Passus wird aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Festsetzung einer bestimmten Technik oder Energie (wie z. B. einer PV-Anlage) im Widerspruch zur Wahlfreiheit des EEWärmeG steht und auf konkrete Techniken bezogene Festsetzungen aufgrund der Entwicklungen sehr schnell überholt sein können.

 

Zudem muss jede Festsetzung in einem Bebauungsplan von städtebaulichen Gründen getragen sein und dem Gebot der gerechten Abwägung genügen, also erforderlich, durchführbar, geeignet und vor allem verhältnismäßig sein. Dies müsste auch in jedem Einzelfall geprüft und begründet werden.

 

Das vielfach als Modell dargestellte Beispiel Tübingen ist in diesem Zusammenhang entsprechend differenziert zu betrachten. So hat der Tübinger Stadtrat im Juni 2018 zwar beschlossen, dass es in neuen Baugebieten keine Gebäude mehr ohne Photovoltaikanlagen geben darf. Das Mittel ist jedoch nicht die Festsetzung im Bebauungsplan, sondern die vertragliche Verpflichtung, die alle eingehen, die von der Stadt ein Baugrundstück kaufen. Da Bebauungspläne in Tübingen nur dann in Kraft treten, wenn alle Grundstücke der Stadt gehören, greift diese Verpflichtung de facto in allen Neubaugebieten.

 

Entsprechend gilt auch hier analog zu Nr. 1, dass für die Vergabe von städtischen Grundstücken eine solche Vorgabe über Kaufvertrag geregelt werden kann, für Flächenentwicklungen Dritter aber wiederum nur das Instrument des Städtebaulichen Vertrages mit dem Entwickler zur Verfügung steht und die Weitergabe an die Bauherren nicht abschließend sichergestellt wäre.

 

 

zu Nr. 3 – Erarbeitung eines Beratungskonzeptes

 

Aufgrund der Ausführungen zu Nr. 1 und 2 des Antrags ergibt sich, dass ein auf dieser Grundlage fußendes Beratungskonzept nicht zielführend ist.

Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf energiesparendes Bauen ein Vielzahl von Beratungsmöglichkeiten auf unterschiedlichsten Ebenen existieren, sei es im Hinblick auf Fördermittel, technische Möglichkeiten, energetische Qualitäten  oder rechtliche Vorgaben.

 

Auf Ebene der Stadt Rheine sei u. a. auf den Bereich Umwelt und Klimaschutz und die weitgehend aktuelle Broschüre „Bauen und Sanieren in Rheine“ verwiesen, in der neben unterschiedlichsten Hinweisen zum Thema auch Beratungsstellen und Ansprechpartner für alle damit verbundenen Fragestellungen – so auch in Bezug auf das energetische Bauen - benannt sind.

 

 


Anlage:

 

Antrag der Fraktion Bündnis 90/die Grünen zu Aufnahme besserer Energie-
standards in alle Bebauungspläne zur Erreichung Klimaschutzziele der Stadt
Rheine bis 2050 vom 08.032.2021