Beschlussvorschlag
Der Ausschuss für
Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz nimmt die Ausführungen zur Kenntnis.
Begründung der Stadtverwaltung:
Die Stadt Rheine
hat bereits im Jahr 1995 mit dem Beitritt zum EU Klimabündnis ein eindeutiges
Zeichen für ihr Engagement im Bereich Klimaschutz gesetzt.
Mit dem
Integrierten Klimaschutz- und Klimaanpassungskonzept (IKKK; 2009) und dem
Masterplan 100% Klimaschutz (2013) wurde dieses Engagement inhaltlich und
politisch gefestigt. Die Stadt Rheine hat sich vorgenommen, eine
kontinuierliche Bilanzierung der Treibhausgasemissionen im Stadtgebiet
vorzunehmen und diese zu kommunizieren. Mit dieser Vorlage kommt die
Stadtverwaltung diesem politischen Auftrag zur Berichterstattung nach.
Die Treibhausgas-
und Endenergiebilanz der Stadt Rheine wird durch den Bereich 5.50 Umwelt,
Klimaschutz und Grünplanung erstellt. Die Bilanz umfasst, auf Basis des
Territorialprinzips, eine gesamtstädtische Erhebung. Dies bedeutet, dass
möglichst alle auf der Fläche der Stadt Rheine anfallenden
Treibhausgasemissionen und Energieverbräuche erhoben werden. Nicht betrachtet
werden Emissionen oder Energien die bei der Herstellung oder dem Transport von
Produkten außerhalb der Stadtgrenze entstehen. Die Bilanzierung wird mit der
Onlinesoftware „Klimaschutz-Planer“ des EU-Klimabündnis durchgeführt. Diese,
durch das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu)
entwickelte, Software wird durch das Land NRW allen Kommunen kostenfrei zur
Verfügung gestellt. Auf Grund kontinuierlicher Forschung und Entwicklung wurde
die Bilanzierungsmethodik in den letzten Jahren umgestellt. Ein direkter
Vergleich mit den Daten und Aussagen des Masterplan 100% Klimaschutz oder des
IKKK ist damit wissenschaftlich nicht möglich. Die verschiedenen Methoden
werden im Anhang zur Vorlage näher erläutert.
Die Bilanz basiert
bei der Datenermittlung auf einer Vielzahl verschiedener Quellen. Die Basis
bilden Bundes- und Landesdaten, die durch die jeweiligen öffentlichen
Institutionen (z.B. IT.NRW) bereitgestellt und automatisiert in die
Bilanzierung eingetragen werden. Weitere Daten sind von der Kommune zu erheben
und einzutragen. Hierbei handelt es sich insbesondere um Daten des örtlichen
Energieversorgers, des Kreises Steinfurt, der Schornsteinfegerinnung sowie der
kommunalen Gebäude und Flotte.
Die Daten der
Landes- und Bundesbehörden werden nach der Erhebung geprüft und aufbereitet.
Bis diese Daten den Kommunen in der Software zur Verfügung stehen dauert es
oftmals 1,5 - 2 Jahre. Die aktuell vorliegende Bilanz wurde im Zeitraum Oktober
2020/März 2021 erstellt und bildet die Situation des Jahres 2018 ab.
Bilanzierung 2018
Nach Eingabe aller
erforderlichen Daten hat die Stadtverwaltung Rheine eine Bilanzierung für das
Jahr 2018 vorgenommen. Das Ergebnis in Form einer Ergebnisübersicht wurde der
Vorlage als Anlage beigefügt. Die wesentlichen Aussagen der Bilanz lassen sich
wie folgt zusammenfassen:
Gesamtstädtischer
Endenergieverbrauch 1.894.527
MWh
Gesamtstädtische
Treibhausgasemissionen 620.727 Tonnen CO2eq
Dies entspricht
einem durchschnittlichen Energieverbrauch von 6.799 kWh pro Einwohner bzw. 8,2
Tonnen CO2eq. Der Anteil Erneuerbarer Energien im Strombereich wird
dabei mit 40,6% und im Wärmebereich mit 3,4% angegeben.
Weiterhin wird
deutlich, dass für die Wärmeproduktion (52%) die meiste Energie benötigt und
die meisten Treibhausgase (41%) ausgestoßen werden.
Eine
detailliertere Betrachtung der Energieverbräuche nach den Sektoren
Industrie/Gewerbe, Haushalte, Verkehr und Kommunale Einrichtungen kann der
Anlage entnommen werden.
Zielsetzung für Rheine
Mit dem Masterplan
100% Klimaschutz der Stadt Rheine aus dem Jahr 2013 wurde eine langfristige
Zielsetzung für das Jahr 2050 beschlossen. Der Endenergiebedarf soll um 50% und
die Treibhausgasemissionen um 95% gegenüber dem Jahr 1990 gesenkt werden. Diese
Zielsetzung entsprach den bundespolitischen Zielen der Energiewende auf Basis
des damals aktuellen wissenschaftlichen Stands.
Die anfangs
benannte Änderung der Berechnungssystematik führt dazu, dass die aktuellen
Werte durchschnittlich höher liegen als die Werte aus 2012 bzw. 1990. Um
dennoch einen Trend aufzuzeigen hat die Stadtverwaltung die Daten für 1990 auf
Basis der in 2012 ermittelten Grunddaten und Annahmen in die neue Software
eingegeben.
Daten die für 1990
nicht vorlagen wurden mit 0 in die Bilanz übernommen. Die Trendanalyse ergab
eine Reduktion beider Parameter. Bei den Treibhausgasen wäre eine Reduktion um
ca. 40% zu verzeichnen. Die Endenergiereduktion läge bei einer Größenordnung
von 28%. Die so berechnete Reduktion zeigt, dass der anvisierte Absenkungspfad
des Masterplan 100% Klimaschutz eingehalten wird. Dieser Trend ist erfreulich.
Für zukunftsfähige und wissenschaftlich fundierte Szenarien bzw. einen
Absenkungspfad ist der so ermittelte Wert für 1990 aber nicht aussagekräftig
genug.
Zielsetzungen
des Pariser Klimaabkommen
Auf der
Klimakonferenz in Paris (COP21) im Jahr 2015 wurde eine alternative Methode zur
Betrachtung der Treibhausgasszenarien vorgestellt. Hierbei handelt es sich um
die CO2-Restbudget-Methode zur Erreichung des 1,5° Ziels, welche vom
Weltklimarat IPCC berechnet wurde. Nach den Berechnungen des IPCC dürfen
weltweit nur noch etwa 420 Gigatonnen CO2 emittiert werden, damit
das 1,5° Ziel möglichst erreicht werden kann. Ziel ist die Reduktion des CO2-Ausstoßes
auf ein Maß, welches sich mit der natürlichen CO2-Bindung die Waage
hält. Dieser Ausgleich wird CO2-Neutralität / Klimaneutralität genannt
und liegt bei etwa 2 Tonnen CO2 pro Einwohner und Jahr. Die globalen
Werte wurden auf alle Staaten umgerechnet und so länderspezifische Werte
ermittelt. Deutschland darf demnach 9,7 Gigatonnen (Stand 2016) emittieren. Bis
2019 wurden hiervon bereits 2,4 Gigatonnen ausgestoßen. Die
Klimaschutzstrategie des Bundes sieht eine Klimaneutralität bis zum Jahr 2045
vor. Sollten die aktuellen Emissionen nicht reduziert werden, wird Deutschland
im Jahr 2028 sein Restbudget aufgebraucht haben und das 1,5° Ziel deutlich
überschreiten.
CO2-Restbudget
der Stadt Rheine
Die Stadt Rheine
hat sich als Ziel gesetzt bis zum Jahr 2050 die Treibhausgasemissionen um 95%
und den Endenergiebedarf um 50% gegenüber 1990 zu reduzieren. Dieses entsprach
dem Ziel die Energiewende zu vollziehen und die Temperatursteigerung auf unter
2°C (möglichst 1,5°C) bis 2050 zu begrenzen. Nach den wissenschaftlichen
Erkenntnissen des IPCC ist der Zeitraum für diese Zielsetzung aber als zu lang
anzusehen.
Das CO2-Restbudget
für die Stadt Rheine wurde im Jahr 2020 anhand der Daten des IPCC / Potsdam
Institut für Klimaforschung berechnet. Die Stadt Rheine besitzt demnach ein
Restbudget von 4.520.000 Tonnen CO2 (Stand 2018). Der jährliche
Ausstoß in 2018 belief sich nach dem Klimaschutz-Planer auf 620.000 Tonnen CO2.
Ohne weitere Maßnahmen würde die Stadt Rheine ihr Budget im Jahr 2025
aufgebraucht haben. Auf Grund des territorialen Berechnungsansatzes zeigt sich
eine Abweichung gegenüber dem Bundeswert, welcher u.a. mit der
Wirtschaftsstruktur bezogen auf die Fläche der Stadt Rheine zu begründen ist.
Fazit:
Die Stadt Rheine
hat sich im Jahr 2012 mit dem Masterplan 100% Klimaschutz auf den Weg gemacht
die Energiewende vor Ort zu realisieren. Die einstimmig im Rat der Stadt Rheine
beschlossenen Ziele führen dazu, dass Klimaschutz als Querschnittsaufgabe in allen
Bereichen der Stadt gedacht werden muss.
Es ist
herauszustellen, dass eine Kommune die Energiewende nicht im Alleingang
realisieren kann. Viele Rahmenbedingungen (Gesetze, Anreizsysteme, Nationaler
Strom-Mix, Emissionshandel etc.) und unvorhersehbare nationale wie globale
Ereignisse (Pandemien, Wirtschaftskrisen, etc.) wirken sich auf die kommunalen
Bilanzen aus. Daher konzentriert sich die Stadtverwaltung insbesondere auf
Maßnahmen und Faktoren die sie direkt oder indirekt beeinflussen kann.
Die Stadtverwaltung
wird die aktuellen Entwicklungen der Energie- und Treibhausgasbilanz in die
laufende Fortschreibung des Masterplan 100% Klimaschutz aufnehmen und diese am
Ende des Jahres dem Ausschuss vorlegen.
Anlage:
Treibhausgas- und Endenergiebilanz 2018