Betreff
Sachstand Energie- und Treibhausgasbilanz Stadt Rheine
Vorlage
231/21
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag

 

 

Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz nimmt die Ausführungen zur Kenntnis.

 

 


Begründung der Stadtverwaltung:

 

Die Stadt Rheine hat bereits im Jahr 1995 mit dem Beitritt zum EU Klimabündnis ein eindeutiges Zeichen für ihr Engagement im Bereich Klimaschutz gesetzt.

Mit dem Integrierten Klimaschutz- und Klimaanpassungskonzept (IKKK; 2009) und dem Masterplan 100% Klimaschutz (2013) wurde dieses Engagement inhaltlich und politisch gefestigt. Die Stadt Rheine hat sich vorgenommen, eine kontinuierliche Bilanzierung der Treibhausgasemissionen im Stadtgebiet vorzunehmen und diese zu kommunizieren. Mit dieser Vorlage kommt die Stadtverwaltung diesem politischen Auftrag zur Berichterstattung nach.

 

Die Treibhausgas- und Endenergiebilanz der Stadt Rheine wird durch den Bereich 5.50 Umwelt, Klimaschutz und Grünplanung erstellt. Die Bilanz umfasst, auf Basis des Territorialprinzips, eine gesamtstädtische Erhebung. Dies bedeutet, dass möglichst alle auf der Fläche der Stadt Rheine anfallenden Treibhausgasemissionen und Energieverbräuche erhoben werden. Nicht betrachtet werden Emissionen oder Energien die bei der Herstellung oder dem Transport von Produkten außerhalb der Stadtgrenze entstehen. Die Bilanzierung wird mit der Onlinesoftware „Klimaschutz-Planer“ des EU-Klimabündnis durchgeführt. Diese, durch das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) entwickelte, Software wird durch das Land NRW allen Kommunen kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf Grund kontinuierlicher Forschung und Entwicklung wurde die Bilanzierungsmethodik in den letzten Jahren umgestellt. Ein direkter Vergleich mit den Daten und Aussagen des Masterplan 100% Klimaschutz oder des IKKK ist damit wissenschaftlich nicht möglich. Die verschiedenen Methoden werden im Anhang zur Vorlage näher erläutert.   

 

Die Bilanz basiert bei der Datenermittlung auf einer Vielzahl verschiedener Quellen. Die Basis bilden Bundes- und Landesdaten, die durch die jeweiligen öffentlichen Institutionen (z.B. IT.NRW) bereitgestellt und automatisiert in die Bilanzierung eingetragen werden. Weitere Daten sind von der Kommune zu erheben und einzutragen. Hierbei handelt es sich insbesondere um Daten des örtlichen Energieversorgers, des Kreises Steinfurt, der Schornsteinfegerinnung sowie der kommunalen Gebäude und Flotte.

 

Die Daten der Landes- und Bundesbehörden werden nach der Erhebung geprüft und aufbereitet. Bis diese Daten den Kommunen in der Software zur Verfügung stehen dauert es oftmals 1,5 - 2 Jahre. Die aktuell vorliegende Bilanz wurde im Zeitraum Oktober 2020/März 2021 erstellt und bildet die Situation des Jahres 2018 ab.

 

Bilanzierung 2018

 

Nach Eingabe aller erforderlichen Daten hat die Stadtverwaltung Rheine eine Bilanzierung für das Jahr 2018 vorgenommen. Das Ergebnis in Form einer Ergebnisübersicht wurde der Vorlage als Anlage beigefügt. Die wesentlichen Aussagen der Bilanz lassen sich wie folgt zusammenfassen:

 

Gesamtstädtischer Endenergieverbrauch                  1.894.527 MWh

Gesamtstädtische Treibhausgasemissionen   620.727 Tonnen CO2eq

 

Dies entspricht einem durchschnittlichen Energieverbrauch von 6.799 kWh pro Einwohner bzw. 8,2 Tonnen CO2eq. Der Anteil Erneuerbarer Energien im Strombereich wird dabei mit 40,6% und im Wärmebereich mit 3,4% angegeben.

 

Weiterhin wird deutlich, dass für die Wärmeproduktion (52%) die meiste Energie benötigt und die meisten Treibhausgase (41%) ausgestoßen werden.

 

Eine detailliertere Betrachtung der Energieverbräuche nach den Sektoren Industrie/Gewerbe, Haushalte, Verkehr und Kommunale Einrichtungen kann der Anlage entnommen werden.

 

 

Zielsetzung für Rheine

Mit dem Masterplan 100% Klimaschutz der Stadt Rheine aus dem Jahr 2013 wurde eine langfristige Zielsetzung für das Jahr 2050 beschlossen. Der Endenergiebedarf soll um 50% und die Treibhausgasemissionen um 95% gegenüber dem Jahr 1990 gesenkt werden. Diese Zielsetzung entsprach den bundespolitischen Zielen der Energiewende auf Basis des damals aktuellen wissenschaftlichen Stands. 

 

Die anfangs benannte Änderung der Berechnungssystematik führt dazu, dass die aktuellen Werte durchschnittlich höher liegen als die Werte aus 2012 bzw. 1990. Um dennoch einen Trend aufzuzeigen hat die Stadtverwaltung die Daten für 1990 auf Basis der in 2012 ermittelten Grunddaten und Annahmen in die neue Software eingegeben.

Daten die für 1990 nicht vorlagen wurden mit 0 in die Bilanz übernommen. Die Trendanalyse ergab eine Reduktion beider Parameter. Bei den Treibhausgasen wäre eine Reduktion um ca. 40% zu verzeichnen. Die Endenergiereduktion läge bei einer Größenordnung von 28%. Die so berechnete Reduktion zeigt, dass der anvisierte Absenkungspfad des Masterplan 100% Klimaschutz eingehalten wird. Dieser Trend ist erfreulich. Für zukunftsfähige und wissenschaftlich fundierte Szenarien bzw. einen Absenkungspfad ist der so ermittelte Wert für 1990 aber nicht aussagekräftig genug. 

    

 

Zielsetzungen des Pariser Klimaabkommen

Auf der Klimakonferenz in Paris (COP21) im Jahr 2015 wurde eine alternative Methode zur Betrachtung der Treibhausgasszenarien vorgestellt. Hierbei handelt es sich um die CO2-Restbudget-Methode zur Erreichung des 1,5° Ziels, welche vom Weltklimarat IPCC berechnet wurde. Nach den Berechnungen des IPCC dürfen weltweit nur noch etwa 420 Gigatonnen CO2 emittiert werden, damit das 1,5° Ziel möglichst erreicht werden kann. Ziel ist die Reduktion des CO2-Ausstoßes auf ein Maß, welches sich mit der natürlichen CO2-Bindung die Waage hält. Dieser Ausgleich wird CO2-Neutralität / Klimaneutralität genannt und liegt bei etwa 2 Tonnen CO2 pro Einwohner und Jahr. Die globalen Werte wurden auf alle Staaten umgerechnet und so länderspezifische Werte ermittelt. Deutschland darf demnach 9,7 Gigatonnen (Stand 2016) emittieren. Bis 2019 wurden hiervon bereits 2,4 Gigatonnen ausgestoßen. Die Klimaschutzstrategie des Bundes sieht eine Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 vor. Sollten die aktuellen Emissionen nicht reduziert werden, wird Deutschland im Jahr 2028 sein Restbudget aufgebraucht haben und das 1,5° Ziel deutlich überschreiten.

 

CO2-Restbudget der Stadt Rheine

Die Stadt Rheine hat sich als Ziel gesetzt bis zum Jahr 2050 die Treibhausgasemissionen um 95% und den Endenergiebedarf um 50% gegenüber 1990 zu reduzieren. Dieses entsprach dem Ziel die Energiewende zu vollziehen und die Temperatursteigerung auf unter 2°C (möglichst 1,5°C) bis 2050 zu begrenzen. Nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen des IPCC ist der Zeitraum für diese Zielsetzung aber als zu lang anzusehen.

 

Das CO2-Restbudget für die Stadt Rheine wurde im Jahr 2020 anhand der Daten des IPCC / Potsdam Institut für Klimaforschung berechnet. Die Stadt Rheine besitzt demnach ein Restbudget von 4.520.000 Tonnen CO2 (Stand 2018). Der jährliche Ausstoß in 2018 belief sich nach dem Klimaschutz-Planer auf 620.000 Tonnen CO2. Ohne weitere Maßnahmen würde die Stadt Rheine ihr Budget im Jahr 2025 aufgebraucht haben. Auf Grund des territorialen Berechnungsansatzes zeigt sich eine Abweichung gegenüber dem Bundeswert, welcher u.a. mit der Wirtschaftsstruktur bezogen auf die Fläche der Stadt Rheine zu begründen ist.

 

 

Fazit:

Die Stadt Rheine hat sich im Jahr 2012 mit dem Masterplan 100% Klimaschutz auf den Weg gemacht die Energiewende vor Ort zu realisieren. Die einstimmig im Rat der Stadt Rheine beschlossenen Ziele führen dazu, dass Klimaschutz als Querschnittsaufgabe in allen Bereichen der Stadt gedacht werden muss.

 

Es ist herauszustellen, dass eine Kommune die Energiewende nicht im Alleingang realisieren kann. Viele Rahmenbedingungen (Gesetze, Anreizsysteme, Nationaler Strom-Mix, Emissionshandel etc.) und unvorhersehbare nationale wie globale Ereignisse (Pandemien, Wirtschaftskrisen, etc.) wirken sich auf die kommunalen Bilanzen aus. Daher konzentriert sich die Stadtverwaltung insbesondere auf Maßnahmen und Faktoren die sie direkt oder indirekt beeinflussen kann.

 

Die Stadtverwaltung wird die aktuellen Entwicklungen der Energie- und Treibhausgasbilanz in die laufende Fortschreibung des Masterplan 100% Klimaschutz aufnehmen und diese am Ende des Jahres dem Ausschuss vorlegen. 

 

 


Anlage:

 

Treibhausgas- und Endenergiebilanz 2018