Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Antragsteller:
Die
Fraktionen CDU und Bündnis 90/DIE GRÜNEN beantragen mit Schreiben vom 19.
Januar 2020 eine öffentliche Hundewiese im Stadtgebiet herzurichten und
auszuweisen.
Verwaltung:
Der Haupt,- Digital- und Finanzausschuss der
Stadt Rheine beschließt, dem Antrag der Fraktionen CDU und Bündnis 90/DIE
GRÜNEN sowie dem mündlichen Antrag des Ratsmitglieds Roscher nicht zu
entsprechen und auf die Ausweisung einer separaten Hundeauslauffläche zu
verzichten.
Begründung:
Antragsteller:
Hier
wird auf den als Anlage beigefügten Antrag der Fraktionen CDU und Bündnis
90/DIE GRÜNEN vom 19. Januar 2020 verwiesen.
Verwaltung:
In den vergangenen Jahren gab es einzelne
Anfragen zur Ausweisung von Hundeauslaufflächen im Stadtgebiet. So fragte die
SPD-Fraktion 2014 nach der Möglichkeit, einen Hundewald auf Waldflächen
einzurichten, die im Eigentum der Stadt Rheine stehen. In der Antwort des
Fachbereichs 4 Finanzen, Wohn- und Grundstücksmanagement wurde damals detailliert
dargestellt, dass eine solche Errichtung immer mit kostenintensiven
Herstellungs- und Unterhaltungsaufwendungen verbunden ist und zusätzlich auch
die Kosten für die Verkehrssicherungspflichten zu berücksichtigen sind. Ebenso
wurde beispielhaft an ausgewählten Flächen (Waldfläche im rückwärtigen Bereich
des Walshagenparks, Freifläche im südlichen Bereich des Stadtparks, städtisches
Grundstück an der Hessenschanze) aufgeführt, dass gegebenenfalls auch die
notwendige Beteiligung anderer Behörden (z.B. Untere Landschaftsbehörde, Untere
Jagdbehörde) ebenso zu prüfen ist wie beispielsweise Ausgleichs- und
Kompensationspflichten, die durch die Nutzung und Einzäunung einer Fläche
ausgelöst werden können.
I.
Rechtslage nach Landeshundegesetz
Das Landeshundegesetz
Nordrhein-Westfalen (LHundG NRW) unterscheidet drei Fallkonstellationen
hinsichtlich der Anleinpflicht für Hunde:
1. Alle
Hunde müssen angeleint sein in Fußgängerzonen, Haupteinkaufsbereichen und
anderen innerörtlichen Bereichen, Straßen und Plätzen mit vergleichbarem
Publikumsverkehr. Das Gleiche gilt für die der Allgemeinheit zugänglichen,
umfriedeten Park-, Garten- und Grünanlagen einschließlich Kinderspielplätzen
mit Ausnahme besonders ausgewiesener Hundeauslaufbereiche (§ 2 Abs. 2 LHundG
NRW).
Durch § 5 Abs.
2 der ordnungsbehördlichen Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen
Sicherheit und Ordnung im Gebiet der Stadt Rheine wird diese Anleinpflicht
allgemein erweitert auf Verkehrsflächen und Anlagen innerhalb der im
Zusammenhang bebauten Ortsteile.
2. Große
Hunde (Widerristhöhe mindestens 40 cm oder Gewicht von mindestens 20 kg)
sind außerhalb eines befriedeten Besitztums innerhalb im Zusammenhang bebauter
Ortsteile auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen angeleint zu führen (§ 11
Abs. 6 LHundG NRW).
3. Gefährliche Hunde sind außerhalb eines
befriedeten Besitztums anzuleinen. Das gilt nicht innerhalb besonders
ausgewiesener Hundeauslaufbereiche - den Hunden ist aber ein das Beißen
verhindernder Maulkorb oder eine gleich wirkungsvolle Vorrichtung anzulegen (§
5 Abs. 2 LHundG NRW).
Das bedeutet,
dass gefährliche Hunde im Gegensatz zu lediglich großen Hunden nicht nur
innerhalb, sondern auch außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile
anzuleinen sind.
II. Planungsrechtliche
Zulässigkeit
1.
Zulässigkeit in Bebauungsplänen
Innerhalb
der Wohngebiete sind „Hundeauslaufplätze" wegen den von ihnen ausgehenden
Belästigungen insbesondere durch Hundegebell und Parkplatzlärm planungs- und
immissionsschutzrechtlich nicht zulässig. Sie entsprechen nicht der
Gebietscharakteristik und sind demnach auch nicht als allgemein zulässige
Nutzung aufgeführt.
Auch innerhalb der Gewerbegebiete
sind per Bebauungsplan festgesetzte Bauflächen als „Hundewiese" nicht
geeignet. Die Inanspruchnahme von wertvollen Betriebsflächenpotenzialen ist
insbesondere wegen der Unter- bzw. Mindernutzung nicht vertretbar. Die im
Regionalplan als Gewerbe- und Industrieansiedlungsbereiche dargestellten
Flächen werden von der Bezirksregierung exakt bilanziert und ausgewiesen.
2.
Zulässigkeit im Innenbereich
Die Überprüfung der
Zulässigkeit in anderen Siedlungsbereichen der Stadt richtet sich nach dem
planungsrechtlichen Innenbereich im Sinne des § 34 Baugesetzbuch. Innerhalb der
im Zusammenhang bebauten Ortsteile, also dem Innenbereich, sind
Hundeauslaufflächen wegen der immissionsschutzrechtlichen Problematik und unter
dem Aspekt der Wahrung gesunder Arbeits- und Wohnverhältnisse nicht zulässig.
Außerdem erfüllen sie in der Regel nicht das Erfordernis, sich mit ihrer spezifischen
Eigenart in die der näheren Umgebung einzufügen.
3.
Zulässigkeit im Außenbereich
Entsprechend den städtebaulichen
Leitvorstellungen soll der Außenbereich
im Sinne des § 35 BauGB von baulichen Anlagen freigehalten werden,
soweit diese nicht ihrem Wesen nach in den Außenbereich bzw. Landschaftsraum
gehören. Diesbezüglich wären zwei Möglichkeiten der Zulassung von
„Hundewiesen" zu prüfen:
3.1
Zulassung als privilegiertes Vorhaben gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB
(„wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung")
Hierfür muss der Schwerpunkt auf Hundezucht, -haltung, -pension oder
auf Hundeübung, -ausbildung liegen, nicht aber auf lediglich freizeitbezogenen
Hundeauslauf.
Der Kommentar zum Baugesetzbuch (Söfker, 11/2015) führt hierzu aus:
„Ein Hundesportplatz ist nicht privilegiert,
wenn er der Erholung und Freitzeitgestaltung eines bestimmten Personenkreises
dient ... Der „Auslaufplatz” bietet den Hundehaltern die Möglichkeit, ihre
Hunde ohne Leine und Maulkorb frei laufen zu lassen. Dieser erfüllt nicht die
Voraussetzungen der Nr. 4, ist also diesbezüglich nicht zulässig!".
3.2
Zulassung als „sonstiges" Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB
(„öffentliche Belange nicht beeinträchtigt").
Denkbar wäre eine Genehmigungsmöglichkeit im
Außenbereich, wenn öffentliche Belange nicht beeinträchtigt werden und die
Erschließung gesichert ist. Hier eröffnet die Darstellung als „Freizeit- und Naherholungsbereich"
im Flächennutzungsplan eine
Zulässigkeitsvoraussetzung mit weiterer
Prüfung anderer öffentlicher Belange, die je nach Örtlichkeit, Abstand zu Wohngebieten,
vorherrschender Windrichtung und Nutzungsintensität ggfls. auch
Lärmschutzmaßnahmen erforderlich machen können.
III. Wirtschaftliche Erfordernisse
Neben den planungsrechtlichen Voraussetzungen
für die Bereitstellung einer öffentlichen Hundewiese sind neben eventuellen
Lärmschutzmaßnahmen auch nachfolgende Begleitgrößen je nach Lage des
Einzelfalls zu berücksichtigen, die anhand folgender Fallkonstellationen
beispielhaft aufgezeigt werden:
1.
Vorhandene städtische Fläche
Die Nutzung einer vorhandenen städtischen
Fläche setzt voraus, dass es sich um ein Areal in der Größenordnung von
mindestens 5.000m² handelt, das einer Mehrzahl von Hunden gleichzeitig
ausreichend Platz zum Spielen und Laufen gibt. Diese Fläche darf nicht
verpachtet oder für eine anderweitige Nutzung (z.B. Wohnbebauung o. ä.)
vorgesehen sein. Derzeit ist der Verwaltung keine geeignete Brachfläche
bekannt.
1.1 Einzuplanende Herrichtungskosten:
-
Bei einer Fläche im Außenbereich besteht
immer auch die Möglichkeit der Begegnung mit Wildtieren. Um ein
unkontrolliertes Entweichen der Hunde zu verhindern ist eine Einzäunung
erforderlich, die eine Höhe von mindestens 1,80 Metern und Tore haben muss.
Wünschenswert sind selbstschließende Tore mit Schleusencharakter, um ein
Entweichen spielender Hunde aus der Anlage bei der Begrüßung von
Neuankömmlingen zu verhindern.
Beispielhaft
für ein Grundstück von 5.000 m² Größe wurden die Kosten für eine Einfriedung
mit einem Stabgitterzaum mit einer Höhe von 1,80 m, einem hierzu passenden
einflügeligen Tor gleicher Höhe von 1 m Breite und einem doppelflügeligen Tor
gleicher Höhe und einer Gesamtbreite von etwa 2,50 m für das Befahren mit einem
Unterhaltungsfahrzeug ermittelt.
Nicht
berücksichtigt wurde bei der Preisabschätzung die sinnvolle Selbstschließung
der Tore und der Schleusencharakter.
Eine aktuelle
Preisabfrage ergab für diese Einfriedung Kosten i.H.v. 38.000 €.
-
Herrichtung eines PKW-Parkplatzes für
Hundehalter, da zu erwarten ist, dass die Hundebesitzer nicht nur aus der
unmittelbaren Umgebung, sondern auch aus anderen Stadtteilen kommen könnten und
ein „Zuparken“ der schmalen Straßen und Wirtschaftswegen im Außenbereich
vermieden werden soll.
Seitens der
TBR wird der Herstellungsaufwand auf etwa 13.000 € geschätzt.
-
Herstellungskosten für
Einrichtungsgegenstände (z. B. Unterstand, Sitzbank, Abfalleimer, Röhren zum
Durchlaufen); Seitens der TBR wird auch dieser Herstellungsaufwand auf etwa
13.000 € geschätzt.
-
Für den Ausgleich bei einer Einrichtung einer
Hundewiese im Außenbereich fallen Ausgleichsmaßnahmen je nach Fläche in Höhe
von ca. 8.000 bis 25.000 € an. Dazu kommen voraussichtlich Kosten für ein
Schallschutzgutachten in Höhe von 3.000 bis 4.000 €.
In Summe
beläuft sich der gesamte Herstellungsaufwand (ohne Grunderwerb und Folgekosten)
für eine Beispielfläche von etwa 5.000 m² auf bis zu 93.000 €.
1.2 Einzuplanende Unterhaltungskosten:
Neben den
Herstellungskosten entstehen jährlich auch Kosten z.B. für
-
die extensive Unterhaltung der Fläche (Mahd,
Verfüllen von Löchern usw.),
-
Einzäunung und Toranlagen (zuzüglich
Vandalismusschäden),
-
Unterhaltung des PKW-Parkplatzes, Bänke,
Unterstand,
-
Materialkosten (Hundekotbeutel),
-
Entleerung der Abfallbehälter (zweimal
wöchentlich),
-
Personalkostenaufwand der TBR für
Verkehrssicherungspflichten.
Geschätzte jährliche
Unterhaltungskosten: 6.100 € zzgl. jährlicher Steigerung.
2. Ankauf bzw. Anmietung einer zu
nutzenden Privatfläche
Neben den
Kaufpreisen bzw. den hiermit einhergehenden Anmietungskosten für die
Auslauffläche und den Parkplatz fallen auch bei Ankauf bzw. Anmietung ebenfalls
die zuvor unter III Ziffer 1.1 und 1.2 aufgeführten Kostenarten zusätzlich an.
Es wird darauf
hingewiesen, dass für das Vorhaben „Hundewiese“ keine Haushaltsmittel zur
Verfügung stehen und die Finanzierungen eines eventuellen Ankaufs oder
Anmietungen einer Auslauffläche und eines Parkplatzes ungeklärt sind. Das Gleiche
gilt auch für die erforderlichen Herstellungskosten (Umzäunung, Toranlage,
PKW-Parkplatz) und ebenso für die regelmäßig anfallenden Unterhaltungskosten.
3. Mitnutzung der vorhandenen Fläche
eines örtlichen Hundesportvereins unter finanzieller Beteiligung der Stadt
Eine
2020 durchgeführte Anfrage bei den nachstehend aufgeführten Hundevereinen
verlief ergebnislos, weil sie auch gegen finanzielle Beteiligung der Stadt ihre
Auslaufflächen für die Allgemeinnutzung nicht zur Verfügung stellen wollen:
-
Schäferhundeverein Ortsgruppe
Hauenhorst-Rheine, Hessenweg 261,
-
Boxer-Klub Rheine e.V., Georg-Elsner-Ring 50,
-
MV Rheine-Altenrheine 1936 e.V.,
Franz-Bernhar-Straße 80,
-
Polizeihundeverein Rheine-Schotthock,
Bonifatiusstraße 404,
-
Tierpension Köhler, Borsigstraße 11,
-
Tierpension Waldblick, Surenburgstraße 450,
-
Hundetreff Rheine, Torvarstraße 58,
-
Rheine Agility Friends, Alter Schulweg,
-
Hundeübungsplatz (Polizeihunde) Zum
Hellschlag 31.
Insbesondere rechnen die Befragten
damit, dass Nichtvereinsmitglieder die Fäkalien ihrer Hunde nicht entfernen
werden würden.
Die Vereine
erklärten auch, dass es sich bei ihren Flächen um Trainingsplätze des
Hundesports handele, die nur für Vereinsmitglieder vorgehalten und gepflegt
werden, damit diese jederzeit ungestört mit ihren Tieren trainieren können ohne
sich den Platz mit Außenstehenden teilen zu müssen.
IV. Fazit
Die
Herrichtung und Ausweisung einer öffentlichen Hundewiese im Stadtgebiet ist
planungsrechtlich nur eingeschränkt und nur im Außenbereich möglich.
Zu bedenken
ist immer, dass neben einem erheblichen einmaligen Finanzaufwand für die
Herrichtung der Örtlichkeit und ggfls. den Ankauf von Auslauffläche und
Parkplatz, auch dauerhaft jährlich wiederkehrende, finanzielle
Unterhaltungsaufwendungen und Mietzahlungen entstehen würden.
Hierfür stehen
keine Haushaltsmittel bereit. Die mittelfristige Haushaltsplanung sieht für die
kommenden Jahre Defizite vor. Die Verwaltung lehnt daher zum jetzigen Zeitpunkt
zusätzliche freiwillige Leistungen für eine Hundewiese als Daueraufgabe ab.
Berücksichtigt
werden muss auch, wie ggfls. mit den aufkommenden Wünschen anderer
Interessengruppen nach Förderung, Unterstützung und Bereitstellen von
Ressourcen für ihre Hobbys (z.B. Reiter) umgegangen werden soll.
V. Klimafolgen
Durch die
Einrichtung einer Hundewiese würde ein zusätzlicher Freizeitverkehr ausgelöst.
Anlage:
Antrag der Fraktionen CDU und Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 19.01.2020