Beschlussvorschlag/Empfehlung:
I. Beschlussvorschlag der Fraktionen Die Linke,
Bündnis 90 / Die Grünen, UWG Rheine und BfR:
Die
Verwaltung wird beauftragt, die Erhebung von Beiträgen für Erschließungs- und
Straßenausbaumaßnahmen bis zum Ende der Corona-Pandemie, mindestens jedoch bis
zum 31.12.2021 auszusetzen. Des Weiteren sollen die laufenden Forderungen auf
fällige Beiträge für diesen Zeitraum gestundet werden.
II. Beschlussvorschlag der Verwaltung
Der Ausschuss für
Bauen und Mobilität nimmt die Stellungnahme der Verwaltung zur Kenntnis und
stimmt dem nachfolgenden Verfahrensvorschlag der Verwaltung zu.
1.
Die
Erhebung von Beiträgen für Erschließungs- und Straßenausbaumaßnahmen wird nicht
ausgesetzt.
2.
Die
Verwaltung wird ab sofort explizit auf die Möglichkeiten zur Stundung und
Ratenzahlung im Rahmen der Erhebung von Erschließungsbeiträgen gemäß § 135 Abs.
2 BauGB und im Rahmen der Erhebung von Straßenbaubeiträgen gemäß §§ 8, 8a KAG
NRW im Schriftverkehr mit den Beitragspflichtigen (Information, Anhörung,
Bescheide) hinweisen.
3.
Die
Beitragspflichtigen werden auf Nachfrage umfassend über die Möglichkeiten der
Ratenzahlung innerhalb der gesetzlichen Vorgaben beraten. Es wird eine
individuelle Ratenzahlung bzw. Stundung vereinbart.
Begründung:
I. Auf die Begründung des gemeinsamen Antrags der
Fraktionen Die Linke, Bündnis 90 / Die Grünen, UWG Rheine und BfR vom 20.4.2021
(Anlage 1) auf Aussetzung der Erhebung
und Einziehung der Beiträge für Erschließungs- und Straßenausbaumaßnahmen wird verwiesen.
II. Stellungnahme der Verwaltung
In 2021
erfolgte und voraussichtliche Beitragserhebungen bis 31.12.2021
Bei 5 Projekten zur erstmaligen endgültigen
Herstellung von Straßen wurden in 2021 bereits die Vorausleistungen auf den
Erschließungsbeitrag nach dem BauGB erhoben.
Bei 5 Projekten steht die
Vorausleistungserhebung noch in 2021 an (Beitragsvolumen hierfür ca. 1.100.000
€).
6 Projekte stehen noch zur endgültigen
Beitragserhebung an. Die Vorausleistungen (ca. 90 % des geschätzten Beitrages)
wurden bereits 2020 erhoben.
Für 6 Projekte zur Erneuerung der
Straßenbeleuchtung wurden in diesem Jahr Straßenbaubeiträge nach dem KAG
erhoben. Weitere 3 Beleuchtungsprojekte, die bereits fertiggestellt sind,
werden in Kürze abgerechnet.
11 Beleuchtungsprojekte sind noch in der
Planung (Vorlage BaMo am 06.05.2021). Hierfür sind bzw. werden zurzeit die
Informationsschreiben versandt.
In der Prioritätenliste von 2020 sind für
2021 die Projekte Alter Neuenkirchener Weg, Birkenallee (Dorfstraße bis Am Stadtwalde), Ludgeristraße (Bayernstr.
bis Sachsenstr.), Schleupestraße (Anton-Führer-Str. bis Eichenstr.) und
Staelskottenweg (Hauenhorster Str. bis Bahnunterführung) vorgesehen. Diese 5
Projekte sind in der Vorbereitung für die Ausbauplanung. Der Baubeginn dieser
Maßnahmen steht noch nicht fest. Es ist daher eher davon auszugehen, dass
hierfür in diesem Jahr keine Vorausleistungen auf Straßenbaubeiträge nach dem
KAG erhoben werden. Die Anlieger wurden bzw. werden in Kürze mit einem
Informationsschreiben über die anstehende Maßnahme informiert.
Vermeidung
von Härten bei finanziellen Problemen:
Für alle beitragspflichtigen Grundstückseigentümer besteht die Möglichkeit, bei wirtschaftlichen / finanziellen Schwierigkeiten einen Antrag auf Stundung bzw. Ratenzahlung zu stellen.
Die gesetzliche Grundlage für die Bewilligung von Ratenzahlungen und Stundungen ist bei Straßenbaubeiträgen § 8 a Abs. 6 Kommunalabgabengesetz (KAG):
„Bei
Straßenausbaubeiträgen gemäß § 8 Absatz 2 soll auf Antrag eine Zahlung in
höchstens zwanzig Jahresraten eingeräumt werden. Der jeweilige Restbetrag ist
jährlich mit 2 Prozentpunkten über dem zu Beginn des Jahres geltenden
Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuches, jedoch mit mindestens 1
Prozent, zu verzinsen.“
Bei Erschließungsbeiträgen nach
dem Baugesetzbuch können Ratenzahlungen auf der Grundlage von § 135 Abs. 2
BauGB bewilligt werden:
„Die Gemeinde kann zur Vermeidung unbilliger Härten im Einzelfall … zulassen, dass der Erschließungsbeitrag in Raten … gezahlt wird.
(3) Der jeweilige Restbetrag ist mit höchstens 2 vom Hundert über dem
Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen.“
Der aktuelle Basiszinssatz beträgt – 0,88%. Die Stundungszinsen betragen
daher 1,12 % jährlich.
Jeder Beitragspflichtige, der in der Bauverwaltung nach einer Stundung oder
Ratenzahlung anfragt, wird umfassend beraten, welche rechtlichen Möglichkeiten
der Stundung und Ratenzahlung bestehen. Bisher wurden keine Anträge auf
Ratenzahlungen oder Stundungen abgelehnt. Es konnte in allen Fällen eine
individuelle Ratenzahlung und / oder Stundung vereinbart werden. Die Erfahrung
zeigt (auch während der Corona-Pandemie), dass wenige Beitragspflichtige
Anträge auf Ratenzahlung oder Stundung stellen. In der Mehrzahl der Anträge
wird eine Stundung über einen kurzen Zeitraum (z.B. zur Überbrückung einer
vorübergehenden Zahlungsunfähigkeit) oder eine Ratenzahlung in wenigen
Teilbeträgen beantragt. Es bestehen zurzeit 8 laufende Stundungen bzw.
Ratenzahlungen, wovon 7 in 2020 und 2021 beantragt wurden; lediglich 2 sind aus
den Vorjahren mit einer voraussichtlich langfristigen Ratenzahlung.
Aussetzung
der Erhebung von Beiträgen
Die Stadt Rheine ist verpflichtet, Beiträge im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des BauGB und des KAG sowie der jeweiligen Satzung der Stadt Rheine, zu erheben. Der Zeitpunkt der Erhebung kann vom Grundsatz her in einem Zeitraum von 4 Jahren nach Entstehen der sachlichen Beitragspflicht bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung erfolgen.
Die Verwaltung sieht folgende Gründe, die gegen die Aussetzung der Erhebung von Beiträgen für die laufenden Straßenbaumaßnahmen bis zum 31.12.2021 sprechen:
· durch die Aussetzung der Erhebung von Beiträgen entsteht eine Deckungslücke im laufenden Haushalt 2021 von rd. 1.100.000 €. Für die vorgeschlagene Stundung wird nur ein geringer Betrag hinzukommen, weil der Großteil der beschiedenen Beitragsveranlagungen bereits gezahlt wurde.
· für die Stundung besteht eine Verzinsungspflicht (zurzeit 1,12 %). Die meisten Beitragspflichtigen, die in diesem Jahr einen Beitragsbescheid erhalten haben, haben ihren Beitrag bereits bezahlt. Für die übrigen kann eine Stundung nur auf Antrag im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben erfolgen.
Fazit:
Aus diesen Gründen und da sicher nicht alle beitragspflichtigen Grundstückseigentümer durch die Corona-Pandemie in finanzielle, existenzbedrohende Schwierigkeiten gebracht wurden bzw. werden, schlägt die Verwaltung vor, die Beitragserhebungen auch in diesem Jahr in der üblichen Vorgehensweise fortzuführen. Das bedeutet für die Maßnahmen, die in diesem Jahr baulich begonnen werden, werden Vorausleistungen von ca. 90 % auf den zukünftigen Beitrag erhoben. Maßnahmen, die in diesem Jahr baulich abgeschlossen werden, werden endgültig abgerechnet. Für Straßenbeleuchtungsmaßnahmen werden (wie bisher) wegen der geringeren Baukosten und der geringeren Beitragshöhe keine Vorausleistungen sondern nach Fertigstellung die endgültigen Beiträge erhoben.
Die Verwaltung wird so früh wie möglich die Grundstückseigentümer über die anstehenden Beitragsmaßnahmen informieren. Ein besonderes Augenmerk liegt hierbei auf den Straßenbaumaßnahmen außerhalb von Neubaugebieten. Hierbei handelt es sich nur in wenigen Fällen um die Erhebung von Erschließungsbeiträgen nach dem Baugesetzbuch sondern in den meisten Fällen um Straßenbaubeiträge nach dem Kommunalabgabengesetz. Hier sollen nach Möglichkeit die Grundstückseigentümer 1 Jahr vor Baubeginn informiert werden.
In sämtlichem Schriftverkehr, angefangen von den Informationsschreiben, Anhörungsschreiben, Vorausleistungsbescheiden bis hin zu den endgültigen Beitragsbescheiden werden die Beitragspflichtigen ab sofort explizit auf die Möglichkeit der Ratenzahlung und Stundung hingewiesen.
Die Bauverwaltung wird bei jeder Anfrage die Beitragspflichtigen weiterhin umfassend beraten und bei Bedarf eine individuelle Ratenzahlung und / oder Stundung vereinbaren und bewilligen.
Wenn insbesondere durch den expliziten Hinweis auf die Möglichkeiten der Ratenzahlung und Stundung die Anzahl der Ratenzahlungsanträge im laufenden Jahr signifikant ansteigt, wird die Verwaltung darüber im Ausschuss berichten.
Finanzielle
Auswirkungen:
Zu I.
Durch die Aussetzung
der Erhebung von Beiträgen entstehen voraussichtlich Mindereinnahmen in Höhe
von rund 1.100.000 €. Diese Einnahmen sind im Haushalt veranschlagt
(eingeplant) und für die (teilweise) Deckung der Baukosten erforderlich. Die
Deckung dieser Mindereinnahmen durch Mehreinnahmen oder Minderausgaben im
Gesamthaushalt ist zurzeit nicht absehbar und wegen der zusätzlichen
„Corona-Ausgaben“ unwahrscheinlich.
Zu II.
Die Einnahmen
werden in Abhängigkeit zur Durchführung der Straßenbaumaßnahmen wie vorgesehen
erzielt. Finanzielle Verschiebungen gibt es wie in den Vorjahren, wenn sich
Baumaßnahmen insgesamt verzögern. Ob die Anzahl der Ratenzahlungs- und
Stundungsanträge signifikant steigt und damit finanzielle Auswirkungen nach
sich zieht, kann nicht abgeschätzt werden. Hierüber wird bei Bedarf berichtet.
Anlagen:
Antrag der Fraktionen Die Linke, Bündnis 90 / Die Grünen, UWG Rheine und BfR vom 20.4.2021