Betreff
Einrichtung von „Kiss-and-ride-Zonen“ im Zusammenhang mit dem Umbau der Michaelschule sowie dem Neubau der Elsa-Brändström-Realschule
Vorlage
418/21
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

1.      Der Schulausschuss und der Bau- und Mobilitätsausschuss nehmen die Ausführungen der Verwaltung zur sicheren Gestaltung von Schulwegen für Schülerinnen und Schüler in Rheine zur Kenntnis.

 

2.      Der Schulausschuss empfiehlt dem Bau- und Mobilitätsausschuss, folgenden Beschluss zu fassen:

Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen, ob aufgrund der besonderen Situation an der Michaelschule und an der Elsa-Brändström-Realschule die Kriterien für die Schaffung sogenannter „Kiss-and-ride-Zonen“ als Haltestellen für Elterntaxis möglich und sinnvoll sind.

 

 


Begründung:

 

Vorbemerkung

 

Das Mobilitätsverhalten ist, wie andere gesellschaftliche Phänomene auch, stets im Wandel und beeinflusst damit, wie Kinder und Jugendliche den Schulweg zurücklegen. Bereits im Jahr 2011 fanden Forscher der Ruhr-Universität Bochum in der Studie „Selbstständige Mobilität von Kindern“ heraus, dass das Auto als Transportmittel stark an Bedeutung gewonnen hat und dass Kinder öfter von einem Erwachsenen zur Schule begleitet werden als noch vor 20 Jahren. Die Veränderungen zeigten sich besonders bei Grundschulkindern. Bequemlichkeit oder ganz praktische Überlegungen, wie „da mein Nachbar sein Kind eh mit dem Auto zur Schule bringt, fährt mein Sohn morgens gern mit, da er noch müde ist“, sind nicht selten und stellen ein wesentliches Motiv für häufiges Bringen und Holen der Kinder dar. Aber auch Sicherheitsbedenken spielten eine Rolle: Viele Eltern empfänden die Schulwege als nicht sicher genug, um ihre Kinder alleine zur Schule zu schicken (Leitfaden ADAC e. V. München, Das Elterntaxi an Grundschulen, 2018).

Viele Eltern möchten ihre Kinder mit dem Auto bis vor die Schule fahren, damit sie sicher ankommen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Denn der Autoverkehr vor der Schule gefährdet die Kinder noch mehr. Durch Rückstau, Gedränge im Halteverbot und mitten auf der Straße aussteigende Kinder entsteht schnell Chaos. Chaos, in dem Kinder leicht übersehen werden. Eltern halten also den Schulweg für zu gefährlich und fahren ihre Kinder lieber mit dem PKW zur Schule. Damit sorgen sie wiederum unabsichtlich für gefährliche Verkehrssituationen – ein Teufelskreis.

Kommunen sind gefordert, ihren Beitrag zu einer sicheren und nachhaltigen Mobilität von Kindern zu leisten. Daher findet die Erstellung von ganzheitlichen Konzepten und Maßnahmenplänen, z.B. im Rahmen eines Schulischen Mobilitätsmanagements, welche den oben genannten Teufelskreis durchbrechen, um gezielt Fuß- und Radwege zu Schulen und Kindertagesstätten verkehrssicher auszubauen, die volle Unterstützung der Mobilitäts- und Verkehrsplanung im Fachbereich 5 der Stadtverwaltung. Die Erhöhung der Verkehrssicherheit auf Schulwegen, wird bereits durch vielfältige bauliche Maßnahmen gestützt und umgesetzt.

Hierzu wird voraussichtlich in der November-Sitzung des Bau- und Mobilitätsausschusses das Grundgerüst des konzeptionellen Vorgehens der Schulwegsicherung im Rahmen der Vorlage zum Antrag von Bündnis 90/die Grünen vom 07. Dezember 2020 vorgestellt werden.

Das Thema „Elterntaxis“ wird einen Teil-Baustein des o.g. Konzeptes darstellen. Da allerdings zurzeit diese Thematik an den Schulen Michaelschule und Elsa-Brändström-Schule sehr akut ist, wird in der vorliegenden Vorlage dieses Thema zunächst eigenständig erörtert.

 

Gliederung

 

1.)    Zu Fuß oder mit dem Rad zur Schule

2.)    Maßnahmen zur Schulwegsicherung

3.)    Möglichkeit „Kiss and ride“, was ist das und welche Rahmenbedingungen sind förderlich, damit solche Zonen wirken

4.)    Besonderheit an der Michaelschule und am neuen Standort der Elsa-Brändström-Realschule

5.)    Fazit

 

 

zu 1.  Zu Fuß oder mit dem Rad zur Schule

 

Kinder unterliegen im Straßenverkehr einem besonderen Schutzbedürfnis. Die Betrachtung fokussiert sich im Weiteren auf die Besonderheiten des Schulweges.

 

Das angesprochene besondere Schutzbedürfnis der Kinder für ihren täglichen Schulweg wird jedoch von vielen Eltern missverstanden. Anstatt Ihr Kind zum täglichen Training zu schicken und (anfangs noch begleitet) somit den Nachwuchs auf ein eigenständiges Zurechtfinden im Straßenverkehr vorbereiten, werden viele Kinder mit dem Auto zur Schule bis vor die Eingangstür gebracht. Damit gefährden diese Eltern nicht nur als Verkehrsteilnehmer in stressigen und engen Situationen die übrigen Kinder, die ihren Schulweg genau an dieser Stelle absolvieren, sondern auch die Sicherheit ihres eigenen Kindes, welches um die Chance gebracht wird, sich als sicherer Verkehrsteilnehmer zu entwickeln.

 

Neben dem Trainingseffekt für die Teilnahme am Straßenverkehr bedeutet das tägliche Zurücklegen des Schulweges zu Fuß für das Kind eine Reihe von weiteren positiven Effekten auf die kindliche Entwicklung.

 

-          Steigerung der Konzentration

-          Bewegung

-          Förderung der Eigenständigkeit

-          Orientierungsgefühl – die Fähigkeit, verschiedene Orte untereinander zu verknüpfen

-          Kontakte knüpfen und sich abgrenzen lernen

 

Und nicht zuletzt leisten schon die Kinder zusammen mit ihren Eltern hierdurch einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz.

 

 

zu 2. Maßnahmen zur Schulwegsicherung

 

Eine Vielzahl von Eltern haben diese Vorteile bereits erkannt und engagieren sich initiativ in Projekten und Nachbarschaften oder nehmen an Maßnahmen für die Schulwegsicherung teil.

 

„Walking Bus“

Die Aktion „Walking Bus“ bringt Kinder in Bewegung und fördert ihre Selbständigkeit im Verkehr. Die Schülergruppen laufen, mit Leuchtwesten ausgestattet, wie ein Linienbus nach Fahrplan feste Haltestellen an. Die vorderen zwei bis vier Kinder sind die „Busfahrer“, die letzten beiden Kinder die „Schaffner“. Sie werden dabei von Eltern begleitet. Die Eltern können sich dabei abwechseln und müssen nicht mehr jeden Morgen selbst den Transport ihrer Kinder organisieren.

 

Der Schulweg zu Fuß wird sicherer und macht mehr Spaß, wenn Kinder ihn gemeinsam bewältigen. Sie bestimmen Tempo und Weg, übernehmen damit im Rahmen ihrer Möglichkeiten Verantwortung, werden selbständiger und sicherer im Verkehr.

 

Teilnehmende Grundschulen: Marienschule Hauenhorst

 

„Gelbe Füße“

Die sog. „Gelben Füße“ gehen auf eine Initiative des Familienbereites der Stadt Rheine zurück. Diese Fußspuren zeigen den Kindern, an welchen Stellen sie die Straße auf ihrem Schulweg sicher überqueren können. Aufgemalt werden diese durch Elternvertreter, Hausmeister oder eigeninitiativ durch Eltern. Schablonen werden durch die Schulhausmeister/innen vorgehalten bzw. weitergereicht. Im Rahmen des Gehwegtrainings der Erstklässler durch die Polizei werden die „Gelben Füße“ ganz explizit eingebunden und angesprochen. 

 

Teilnehmende Grundschulen: alle städtischen Grundschulen

 

„Verkehrszähmer“

 

Seitens des Zukunftsnetzes Mobilität NRW wurde das Projekt Verkehrszähmer initiiert.

 

Das Programm

  • ist ein ganzheitliches Schulweg-konzept für Kinder
  • vermittelt Mobilitätskompetenzen entsprechend den Lehrplänen für Grundschulen und den Empfehlun­gen zur Mobilitätsbildung
  • belohnt die gesamte Klasse, wenn die Kinder genügend Zaubersterne gesammelt haben, z.B. mit einer verlängerten Pause, Spielstunde etc.
  • ist ein Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung

 

Die ganzheitliche Betrachtung mit dem Ziel einer sicheren und nachhaltigen Schulweggestaltung für Schülerinnen und Schüler in Rheine wird voraussichtlich in der November Sitzung des Schulausschusses seitens der Verwaltung in einem umfassenden Plädoyer den betroffenen politischen Gremien vorgestellt werden mit dem Ziel, eine Pilotschule für die Pilotierung des Konzeptes auszuwählen.

 

zu 3. Möglichkeit „Kiss and ride“

 

a.)    Was ist das?

 

Das Zu-Fuß-zur-Schule-Gehen, so wünschenswert es auch ist, wird jedoch aus verschiedenen Gründen nicht für alle Schulkinder zum Standard werden.

 

Zur Steigerung der Schulwegsicherheit im direkten Umfeld der Schulen könnte die Schaffung von sogenannten „Kiss and ride“ Zonen oder auch alternativ Bring- und Abholzonen ein Ansatz sein.

 

Gefährdungen und Behinderungen resultierten überwiegend aus dem Fehlverhalten von Eltern beim Bringen oder Abholen ihrer Kinder. Dazu zählen die Behinderung von Schulbussen, gefährliche Fahr- und Wendemanöver sowie unerlaubtes Halten im Haltverbot (z. B. in Hofeinfahrten). Auch die Kinder können Gefahren nicht immer richtig einschätzen. So konnte wiederholt beobachtet werden, dass sie direkt vom Fahrzeug zur Straße hinaussteigen oder zwischen parkenden Fahrzeugen die Fahrbahn überqueren.

(Quelle: Leitfaden für die Praxis ADAC „Das Elterntaxi an Grundschulen“)

 

Ergänzend wies die Polizei darauf hin, dass das Parken und Halten in 2. Reihe, entgegen der Fahrtrichtung, das Aussteigen der Schülerinnen und Schüler auf der Fahrbahnseite sowie das Überqueren der Fahrbahn zwischen geparkten Autos häufig in Rheine beobachtete Gefahrenpunkte sind.

 

Die Einrichtung von Elternhaltestellen erfolgt daher nicht mit dem Ziel, den Eltern die tägliche Fahrt ihres Kindes zur Schule so angenehm wie möglich zu gestalten, sondern ausschließlich zur Sicherung des Schulweges der Schülerinnen und Schüler um eben daraus resultierend für eine „Entzerrung“ des Verkehrs und somit zur Verminderung von Unfällen im unmittelbaren Nahbereich der Schule zu sorgen. Aus diesem Grunde ergeben sich die folgenden Empfehlungen.

 

b.)    Welche Rahmenbedingungen sind förderlich, damit solche Zonen wirken?

 

Die zu beachtenden Kriterien zur Einrichtung von Elternhaltestellen werden in einem informativen Leitfaden des ADAC ausführlich dargestellt. Einige Wichtige Aspekte sollen im Folgenden beleuchtet werden.

 

Bei der Einrichtung von Elternhaltestellen muss sichergestellt sein, dass dadurch keine neuen

Verkehrsprobleme erzeugt werden. Bei der Suche nach geeigneten Standorten sollten deshalb folgende Empfehlungen beachtet werden:

 

  • Entzerrung der Hol- und Bringverkehre durch Verlagerung auf mehrere Standorte
  • Einhaltung einer Mindestentfernung von 250 m zur Schule
  • Vermeidung zusätzlicher Fahrwege (in Wohngebieten)
  • Prüfung auf potenzielle Probleme bzw. auf gefährliche Fahrmanöver
  • Berücksichtigung der rechtlichen Aspekte (StVO-Konformität)

 

Elternhaltestellen werden besser angenommen, wenn gleichzeitig Projekte zur Bewegungsförderung durchgeführt werden. Eine gute Öffentlichkeitsarbeit fördert dabei die Akzeptanz bei Eltern und Anwohnern.

(Quelle: Leitfaden für die Praxis ADAC „Das Elterntaxi an Grundschulen“)

 

Seitens des mit der Verkehrsplanung beauftragten Herrn Zunker von den Stadtwerken sowie dem zuständigen Polizeibeamten Herr Kröger wird die Einrichtung von Elternhaltestellen im Ausnahmefall eingeschränkt positiv bewertet, wenn durch die Einrichtung die Verkehrssicherheit der Schülerinnen und Schüler im besonderen Maße verbessert werden kann. (die Haltestellen müssen so gelegt werden, dass der Verkehr von der Schule wegführt)

 

zu 4. Besonderheit an der Michaelschule und am neuen Standort der Elsa-Brändström-Realschule

 

  1. Michaelschule

 

Die Verkehrssituation an der Michaelschule ist zu den relevanten Zeiten des Schulbeginns am Morgen sowie in der Mittagszeit zum Ende des Unterrichts angespannt. Die Schule liegt inmitten eines Baugebietes. Die räumliche Nähe zum Mathias-Spital bedingt, dass an den Straßenrändern eine Vielzahl parkender PKWs abgestellt sind und es auch dadurch im Begegnungsverkehr zu sehr unübersichtlichen und gefährlichen Verkehrssituationen kommt, besonders in der dunklen Jahreszeit. Besonders das Überqueren der Fahrbahn durch Kinder zwischen den parkenden und haltenden Autos wurde von der Polizei als Gefahrenquelle ausfindig gemacht.

Mit dem Ausbau zu einer vierzügigen Grundschule ist mit steigendem Verkehrsaufkommen zu den genannten Stoßzeiten zu rechnen.

 

  1. Elsa-Brändström-Realschule

 

Die Elsa-Brändström-Realschule wird am Standort des jetzigen Emslandstadions neu geplant. Bei der Betrachtung der Anbindung am Straßenverkehr lässt sich folgende Situation feststellen:

Das Gebäude wird seine Öffnung mit dem Haupteingang zur Salzbergener Straße ausrichten. Die Salzbergener Straße ist eine vielbefahrende Bundesstraße, die zugleich in Nordwestlicher Richtung eine Hauptein- bzw. Ausfahrtsstraße ist.

Hinter dem Schulgrundstück verläuft die Unlandstraße. In diesem Bereich ist die Unlandstraße eine Sackgasse, da zum einen die Fahrrad- und Fußgänger-Unterführung des Bahndamms im Osten und zum anderen die Eisenbahnunterführung der Berbomstiege einen durchfließenden Verkehr verhindern. An der westlichen Seite schließt sich am Baugrundstück eine Wohnbebauung an und in einem Abstand von ca. 100 Metern die Berbomstiege.

 

Von den derzeit 800 Schülerinnen und Schülern der Elsa-Brändström-Realschule legen ca. ein Drittel (264 SuS) den Schulweg mit dem Bus zurück.

 

 

 

zu 5. Fazit

 

1.)    Die Einrichtung von Elternhaltezonen „Kiss an ride“ an den städtischen Schulen wird kritisch betrachtet und wird grundsätzlich seitens der Ausschüsse abgelehnt. Die Verwaltung wird daher beauftragt, ganzheitliche Maßnahmen zur sicheren und nachhaltigen Schulweggestaltung zu fördern.

 

2.)    Für die Michaelschule und für den neuen Standort der Elsa-Brändström-Realschule an der Salzbergener Straße wird aufgrund der besonderen Verkehrssituationen ein Prüfauftrag gegenüber der Verwaltung unter Beteiligung der für die Verkehrssicherheit zuständigen Fachleute erteilt.