Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt- und Klimaschutz nimmt das vorgelegte Zentrenkonzept zur Abgrenzung der Einzelhandelslagen in der Innenstadt von Rheine als Fördergegenstand des „Sofortprogramms zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren in Nordrhein-Westfalen 2020“ zur Kenntnis. Das Zentrenkonzept bildet die Grundlage für die (inner-) städtische Entwicklung und die Fortschreibung des Rahmenplans Innenstadt.
Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt- und Klimaschutz beschließt die Abgrenzung der Kerngebiete als Grundlage für die Änderungen der Kerngebietsfestsetzungen zugunsten von Wohnnutzung in der Innenstadt.
Begründung:
A Hintergrund „Sofortprogramm zur Stärkung
unserer Innenstädte und Zentren in Nordrhein-Westfalen“
Die Innenstadt als
Zentrum des städtischen Gefüges steht heute mehr denn je im Fokus
gesellschaftlicher Veränderungen und Ansprüchen und den daraus erwachsenden
Aufgaben für eine zukunftsfähige Stadtentwicklung und -gestaltung. Ein
verändertes Einkaufsverhalten und ein wachsender Online-Handel haben auch in
Rheine massive Auswirkungen auf die Handelslandschaft. Ziel der Stadt Rheine
und der EWG – Entwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft für Rheine
mbH ist es, den stationären Einzelhandel in der Rheiner Innenstadt qualitativ
und quantitativ zu erhalten und zu optimieren.
Gemeinsam mit
vielen weiteren Partnern arbeitet die Stadt Rheine daran, unsere Innenstadt für
die Zukunft noch besser zu positionieren. Wichtige Bausteine dabei sind zzt.
der Masterplan Einzelhandel als gesamtstädtisches
Einzelhandelsentwicklungskonzept und die Umsetzung des Rahmenplanes Innenstadt
als integriertes Entwicklungs- und Handlungskonzept, für welches momentan eine
Fortschreibung vorbereitet wird. Der Rahmenplan Innenstadt eröffnet zudem die
Möglichkeit einer Unterstützung mit Fördermitteln.
Zusätzlich zu den
o. g. Entwicklungen und insbesondere den einzelhandelsbezogenen Auswirkungen,
mussten viele lokale Händler aufgrund des Covid-19-Lockdowns und der temporären
Schließung des (Einzel-)Handels erhebliche Umsatzeinbußen hinnehmen. Die
bereits bestehende Leerstandsproblematik verschärft(e) sich.
Die
Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat sich daher entschlossen, diesen
Entwicklungen aktiv entgegenzuwirken. Das Ministerium für Heimat, Kommunales,
Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen hat im Juli 2020 das
„Sofortprogramm zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren in
Nordrhein-Westfalen“ gestartet. Dabei werden Landesmittel in Höhe von 70
Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um Städte und Gemeinden, die besonders
vom Leerstand und Schließungen von Handel und Gastronomie betroffen sind, zu
unterstützen. Bei einem Fördersatz von 90% beläuft sich der kommunale
Eigenanteil auf 10%.
Das
„Sofortprogramm zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren in
Nordrhein-Westfalen“ zielt darauf ab, die Kommunen und deren Innenstädte und
Stadtteilzentren zu stärken, um lebenswerte, attraktive Zentren zu erhalten,
damit weiterhin Stadtentwicklungspolitik stattfinden kann und die
Wettbewerbsfähigkeit einzelner Städte erhalten bleibt. Um die Abwärtsspirale zu
vermeiden, sollen durch das Sofortprogramm kurzfristige Interventionen
etabliert werden.
B Fördergegenstand
‚Zentrenkonzept‘
Ein für die Stadt
Rheine nutzbarer Fördergegenstand des Sofortprogramms ist die Entwicklung eines
Zentrenmanagements, welches die Konzentration von Handelslagen im jetzigen
zentralen Versorgungsbereich vorsieht. Aufgrund der Anzahl der Leerstände in
der Innenstadt, die sich vor allem auf Bereiche abseits der
Haupteinkaufsstraßen Emsstraße und Münsterstraße verteilen, sollte der
Konzentrationsbereich der Handelslagen überprüft werden. Dadurch besteht die
Möglichkeit, leerstehende Ladenlokale einer neuen Nutzung zuzuführen und die
Innenstadt wieder zu beleben.
Eine kompaktere,
funktional zukunftsfähige Innenstadt kann perspektivisch dazu führen, dass die
jetzigen „2b-Lagen“ (nach Bewertung der Handelslagen der EWG, 2019) in Zukunft
nicht mehr als klassische Innenstadtbereiche fungieren, sondern dort z. B. eine
Wohnnutzung auch in den Erdgeschossen möglich sein kann. Gerade diesbezüglich
liegen der Verwaltung bereits verschiedene Anfragen zu einer Umwandlung von
Geschäftslagen vor. Diese Bereiche sind u.a. aufgrund fehlender Laufkundschaft
mittlerweile kaum mehr nachhaltig an Händler zu vermieten.
Im Handlungsfeld E
„Wohnen in der Innenstadt“ des Rahmenplans Innenstadt wurden mehrere Maßnahmen
erarbeitet, die das Wohnen im zentralen Innenstadtbereich fördern sollen. Im
Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz (Vorlage 229/20) wurde
hierzu bereits der Beschluss gefasst, dass durch die Verwaltung geprüft werden
soll, in welchen Bereichen heute bzw. perspektivisch die Kerngebietsfestsetzung
insbesondere im Hinblick auf den Ausschluss von Wohnnutzungen v. a. auch im
Erdgeschoss nicht (mehr) zielführend ist. Es wurden bereits konkrete
Teilbereiche genannt, die für eine bauleitplanerische Änderung in Frage kommen.
Die Verwaltung hat
nach dem Beschluss des Ausschusses für Stadtentwicklung, Umwelt- und
Klimaschutz im September 2020 (Beschlussvorlage 340/20) das Büro Stadt + Handel
aus Dortmund beauftragt, ein Zentrenkonzept für die Rheiner Innenstadt zu
erstellen.
C Zentrenkonzept
zur Abgrenzung der Einzelhandelslagen in der Innenstadt von Rheine
Bestandsaufnahme und Analyse
Nachdem das Büro
Stadt + Handel eine Bestandsaufnahme durchgeführt hat, fand ein
Innenstadt-Spaziergang mit Innenstadt-Akteuren (u. a. Vertreter des
Handelsvereins, des Innenstadt-Vereins, der Interessensgemeinschaften, RTV,
EWG) statt. Hierbei wurden die Einschätzungen lokaler Händlerinnen und Händler
sowie Expertinnen und Experten durch das Büro abgefragt. Die Ergebnisse des
Innenstadt-Spaziergangs wurden in die Bestandsaufnahme für das Zentrenkonzept
aufgenommen. Im weiteren Verlauf der Erstellung des Zentrenkonzeptes wurde der
Arbeitskreis erneut zur Diskussion eingeladen.
Das Zentrenkonzept
untersucht die Innenstadt hinsichtlich ihrer Bestands- und Ankernutzungen und
welche zentrenergänzenden Funktionen und Nutzungen vorhanden sind. Dies wird
unter anderem in einem Marken- und Angebotsportfolio dargestellt. Die
Innenstadt von Rheine verfügt über die wichtigsten Betriebstypen für den kurz-,
mittel- und langfristigen Bedarf. Das Büro gibt darüber hinaus
Ansiedlungsempfehlungen für noch nicht vorhandene Sortimente, Strukturen oder
Marken. Für die Nutzungs- und Immobilienqualität werden im Zentrenkonzept
Handlungsempfehlungen dargelegt, die in Teilen schon durch den Rahmenplan
Innenstadt oder den Verfügungsfonds Anmietung im Sofortprogramm umgesetzt werden.
Der
Chancen-Mängel-Plan weist eine deutliche Konzentration des Einzelhandels und
der gastronomischen Angebote im Bereich links der Ems auf. Der oft als „
Barriere“ empfundene Verlauf der Ems durch die Innenstadt verstärkt diesen
Tatbestand.
Das räumlich-funktionale
Leitbild zur zukünftigen Entwicklung der Innenstadt von Rheine sieht
entsprechend eine klare Fokussierung der Einzelhandelslage auf den Bereich rund
um die westliche Emsstraße und die Emsgalerie vor. Die angrenzenden Lagen
weisen perspektivisch eine deutlich höhere Nutzungsdurchmischung und
Fokussierung auf handelsferne Nutzungen auf. Die westlichen Lagen der
Innenstadt sollen auch zukünftig primär durch einen klaren Fokus auf
zentrenergänzende Funktionen geprägt sein. Der Marktplatz wird bereits heute
durch Gastronomie geprägt und sollte auch in Zukunft als Hauptlage für
gastronomische Nutzungen qualifiziert werden. Die östlich der Ems gelegenen
Bereiche sowie der Bereich An der Stadtkirche bieten Anknüpfungspunkte für
Kultur- und Freizeitangeboten. Innerstädtisches Wohnen sollte in den Bereichen
außerhalb der Einzelhandelslage zugelassen werden, um auch hier einen Beitrag
zur Belebung der Innenstadt zu leisten.
Entwicklungsvarianten
Das Büro Stadt +
Handel hat auf dieser Grundlage vier Entwicklungsvarianten für die Struktur der
Innenstadt dargestellt (siehe S. 135-138 der Anlage 1). Aus fachgutachtlicher
Sicht führt die Entwicklungsvariante 4 (Rundlauf westliche der Ems) am ehesten
zu einer funktionalen, langfristigen Belebung der Innenstadt. Bei dieser
Variante werden nicht nur die Haupteinzelhandelslagen, sondern auch die
Münsterstraße und der Marktplatz als zugeordnete Bereiche an den
Konzentrationsbereich angeschlossen. Durch die Etablierung eines solchen
Rundgangs wird die Konzentration der derzeit sehr weitläufigen
Einzelhandelslagen angestrebt, um hieraus eine Verdichtung der Innenstadt, der
Passantenfrequenzen und Aufenthaltsbereiche zu erzeugen. Durch eine
Konzentration der Nutzungen im Bereich zwischen Emsgalerie und Marktplatz profitieren
langfristig auch die Durchgangsbereiche, wie z. B. die Münsterstraße.
Für die
Entwicklung einer funktionsfähigen, attraktiven und belebten Innenstadt ist der
Erhalt des überdimensionierten Innenstadtbereiches nicht mehr zielführend. Eine
derartige Entwicklung birgt allerdings auch Risiken. Bei einer Konzentration
der Handelslagen kommt es zu einer langfristigen Funktionsverschiebung
innerhalb der anderen Quartiere. Um einen Funktionsverlust der angrenzenden
Lagen außerhalb des Rundgangs zu verhindern, werden in der
Quartiersprofilierung Empfehlungen für die zukünftige Entwicklung gegeben. Hier
sollte langfristig ein Nutzungsmix aus zentrenergänzenden Funktionen und Wohnen
etabliert werden.
Abgrenzung des Fokusbereiches der Handelslagen
Der Fokusbereich
der Handelslagen in der Innenstadt von Rheine wird zukünftig den Bereich der
westlichen Emsstraße und die in nördlicher Richtung anschließenden Straßen
Münsterstraße, Herrenschreiberstraße und Klosterstraße umfassen. Darüber hinaus
werden auch die Emsgalerie und die östliche Emsstraße bis zum Trakaiplatz Teil
des Konzentrationsbereiches sein. Der Bereich der Handelslagen dient als
Fokusraum für Einzelhandelsnutzungen. Es wird empfohlen, diesen Bereich als
Kerngebiet planungsrechtlich festzusetzen.
In den
angrenzenden Lagen übernimmt der Einzelhandel bereits heute eine untergeordnete
Rolle, sodass hier andere Nutzungen in den Fokus rücken. Ziel sollte es sein,
in den angrenzenden Quartieren einen Nutzungsmix und handelsferne Nutzungen
anzusiedeln. In ebenjenen Bereichen sollte daher auch das innerstädtische
Wohnen planungsrechtlich zugelassen werden.
Die sich dadurch
ergebenen neuen Entwicklungsmöglichkeiten können langfristig zu einer Reduktion
von Leerständen und einer Attraktivitätssteigerung der Gesamtstadt beitragen.
Die Etablierung von Handelsnutzungen außerhalb des Konzentrationsbereiches wird
dabei nicht ausgeschlossen, es gilt jedoch, langfristig Neuansiedlungen und
Standortverlagerungen im Konzentrationsbereich zu priorisieren.
Abgrenzung des Kerngebietes Innenstadt
Als
planungsrechtlich festzusetzendes Kerngebiet der Stadt Rheine wird eine
Abgrenzung empfohlen, welche den Konzentrationsbereich der Handelslagen und
seine angrenzenden Bereiche umfasst. Dies sind die Bereiche am Staelschen Hof,
Borneplatz und Marktplatz. In ebenjenen Lagen liegt der Fokus auf dem Erleben
der Innenstadt sowohl durch den Handel als auch durch handelsferne Nutzungen
wie Gastronomie, öffentlichen Einrichtungen und weitere
Dienstleistungsnutzungen.
Für die sonstigen
innerstädtischen Lagen sollte planungsrechtlich ein Urbanes Gebiet festgesetzt
werden. Urbane Gebiete dienen vor allem der Nutzungsmischung und ermöglichen
innerstädtisches Wohnen auch in Erdgeschosslagen. Die räumliche Verknüpfung von
Wohnen, Arbeiten, Versorgen und Freizeitgestaltung tragen zu einer lebendigen
Innenstadtentwicklung bei. Ziel für diese Lagen ist, die Schaffung von
durchmischten, aber insgesamt gewerblich geprägten vitalen Quartieren.
Die sich insgesamt
durch die verschiedenen Fokusbereiche ergebenden neuen
Entwicklungsmöglichkeiten können langfristig zu einer Reduktion von Leerständen
und einer Attraktivitätssteigerung der Gesamtstadt beitragen.
D Weiteres
Vorgehen
Durch eine
Abgrenzung der Innenstadt und des Konzentrationsbereiches der
Einzelhandelslagen wird der Verwaltung ermöglicht, eine Abgrenzung der
Kerngebiete und eine planungsrechtliche Änderung der Innenstadtstrukturen
durchzuführen. Die vom Büro Stadt + Handel erarbeiteten Ergebnisse dienen
hierbei als Grundlagen für eine planungsrechtliche Festsetzung von Kerngebieten
und Urbanen Gebieten in der Innenstadt, um in einzelnen Bereichen der Nachfrage
nach einer Wohnnutzung in den Erdgeschosslagen nachzukommen.
E Auswirkungen
auf den kommunalen Klimaschutz
Der Klimaschutz
ist im Zuge der Erstellung des Zentrenkonzeptes nur indirekt betroffen.
Anlagen:
Anlagen 1 bis 2: Zentrenkonzept zur Abgrenzung der Einzelhandelslagen (Teil 1 bis 2)