Betreff
Regelung von Energiestandards und Photovoltaikanlagen in Städtebaulichen Verträgen
Vorlage
511/21
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

Die Ausführungen der Verwaltung werden zur Kenntnis genommen.

Die Verwaltung wird beauftragt eine städtebauliche Zielsetzung zu Energiestandards und der Photovoltaikanlagenpflicht in städtebaulichen Verträgen im Rahmen der Fortschreibung des Masterplans 100 % Klimaschutz mit zu betrachten.

 


Begründung:

Mit Schreiben vom 09.02.2021 und 11.05.2021 wurde von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die in der Anlage 1 und 2 beigefügten Anträge gestellt.

 

In der Sitzung vom 17.3.2021 - Vorlage Nr. 118/21 - wurde hierzu von der Verwaltung Stellung genommen. Der Antrag vom 09.02.2021 wurde sodann zurückgezogen.

 

In der Sitzung des StuK am 1.7.2021 – Vorlage 262/21 – wurde der Antrag vom 11.05.21 beraten. Die Verwaltung wurde mit der Aufbereitung von Regelungen zu Energiestandards und Errichtungspflicht von Photovoltaik-Anlagen in Städtebaulichen Verträgen beauftragt.

 

Bezüglich der Regelungsmöglichkeiten in Bebauungsplänen wird auf die Vorlagen 118/21 und 262/21 verwiesen.

 

 

Grundvoraussetzungen Städtebaulicher Verträge:

 

Die Definition und die Möglichkeiten des Städtebaulichen Vertrags ergibt sich aus § 11 BauGB.

Ein „Sonderfall“ des Städtebaulichen Vertrages ist der in § 12 BauGB geregelte Durchführungsvertrag für vorhabenbezogene Bebauungspläne.

 

Im § 11 Absatz 1 Satz 2 BauGB werden die Gegenstände der Regelungsmöglichkeiten benannt, dieses sind (hier in Kurzform wiedergegeben) insbesondere:

 

1.      Vorbereitung und Durchführung von städtebaulichen Maßnahmen durch einen Dritten auf eigene Kosten

2.      Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele

3.      Folgekostenverträge

4.      Errichtung und Nutzung von Anlagen und Einrichtungen zur Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung entsprechend den mit den städtebaulichen Planungen und Maßnahmen verfolgten Zielen und Zwecken

5.      Anforderungen an die energetische Qualität von Gebäuden entsprechend den mit den städtebaulichen Planungen und Maßnahmen verfolgten Zielen und Zwecken.

 

 

 

 

 

 

 

In § 11 Abs. 2 BauGB werden die Grenzen der Regelungsmöglichkeiten benannt:

Diese sind:

1.      Die Angemessenheit muss in jedem Einzelfall abgewogen werden. Ein Beispiel für eine Unangemessenheit ist z.B.  wenn dadurch z.B. beim geförderten Wohnungsbau Baukostenüberschritten würden und damit eine Förderfähigkeit nicht gegeben wäre. Ein weiteres Beispiel wäre, wenn ein Anbau ermöglicht würde, aber eine PV-Anlage für die gesamte bauliche Anlage verlangt würde.

2.      Gegen das Kopplungsverbot darf nicht verstoßen werden.  Ein Beispiel für ein Koppelungsverbot wäre, wenn bei einer Bebauungsplanänderung mit Schwerpunkt Nutzungsänderung eine PV-Anlage verlangt würde.

3.      „Die Vereinbarung einer vom Vertragspartner zu erbringenden Leistung ist unzulässig, wenn er auch ohne Sie einen Anspruch auf die Gegenleistung hätte

 

In einem Städtebaulichen Vertrag dürfen keine planersetzenden, sondern nur planergänzende Regelungen getroffen werden, z.B. bezüglich der Ausrichtung der Gebäude, da dies über den Bebauungsplan festgesetzt werden könnte.

Ein Städtebaulicher Vertrag kann ausgestaltende Maßnahmen schriftlich festhalten. Ebenso kann er Vertragsstrafen festlegen. So zum Beispiel für die fristgerechte Einhaltung einer Bauverpflichtung (lt. Rheine Wohnbaulandkonzept: Bauverpflichtung innerhalb von 3 Jahren).

 

Mittels Städtebaulicher Verträge können Qualitäten zu energetischen Standards nur vereinbart werden, wenn städtebauliche Gründe vorliegen (§11 Abs. 1 Nr. 5 BauGB). Ähnliches gilt für die PV-Anlagen, die entsprechend den mit den städtebaulichen Planungen und Maßnahmen verfolgten Zielen und Zwecken konform gehen müssen (§11 Abs. 1 Nr. 5 BauGB). Dazu müssen diese aber erst definiert werden. Die Fortschreibung des Masterplans 100 % Klimaschutz böte die Gelegenheit diese grundlegenden Ziele zu definieren, so dass man den Anforderungen gerecht würde.

 

Ob diese rechtlichen Voraussetzungen im Einzelfall gegeben sind, kann nur anhand bestehender Rechtsprechung und Kommentierung geprüft werden, Klageverfahren sind auch nach Abschluss eines städtebaulichen Vertrags möglich.

Eine Umsetzungskontrolle ist nur aufgrund der eingereichten Bauanträge möglich, eine wiederkehrende Kontrolle (z.B. nach 10 Jahren), ob beispielsweise die PV-Anlage noch betrieben wird, ist nicht möglich. Regelungen zu Vertragsstrafen wären auszuarbeiten, ein Einfordern wäre mit erheblichem Verwaltungsaufwand verbunden.

 

 

 

Anwendungsfälle

 

 

Zu bedenken ist, dass Festlegungen einer bestimmten Technik oder Energie im Widerspruch zur Wahlfreiheit des EEWärmeG stehen und auf konkrete Techniken bezogene Festsetzungen aufgrund der Entwicklungen sehr schnell überholt sein können.

Bei einem Angebotsbebauungsplan hinter dem kein konkretes Bauvorhaben steckt sollten also keine Regelungen getroffen werden. Dazu kommt, dass dort häufig eine größere Anzahl von Eigentümern besteht und das Regelungsbedürfnis dort i.d.R. von der Kommune ausgeht, so dass es gar nicht zum Abschluss eines städtebaulichen Vertrages kommt.

 

Anders stellt es sich bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan dar (§ 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Hier geht es um einen Durchführungsvertrag. Ein Durchführungsvertrag wird für ein bestimmtes Vorhaben abgeschlossen. Die Gemeinde stellt dabei einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan auf. Der Entwickler legt sich sehr früh und sehr umfänglich auf das Vorhaben fest. Regelungen zu Grünbedachung und PV-Anlagen wären hier im Einvernehmen und im Rahmen der rechtlichen Grenzen möglich.

 

Ein Mischfall stellen Angebotsbebauungspläne dar, hinter denen jedoch ein konkretes Vorhaben steht (z.B. Bebauungsplan Anne-Frank-Straße). Hier ist aufgrund des konkreten Vorhabens grundsätzlich eine Regelung in städtebaulichen Verträgen möglich – wenn die oben genannten Voraussetzungen eingehalten werden. 

 

Aufgrund der rechtlichen und tatsächlichen Bedingungen ist die Umsetzung von Regelungen zu Energiestandards und PV-Anlagen in jedem Einzelfall zu bewerten. Ein entsprechendes Prüfschema ist als Anlage 3 beigefügt.

 

 

 


Anlagen:

 

Anlage 1: Antrag „Bündnis 90 Die Grünen“ vom 08.02.2021

Anlage 2: Antrag „Bündnis 90 Die Grünen“ vom 11.05.2021

Anlage 3: Prüfschema