Beschlussvorschlag/Empfehlung:
1. Der Bau- und Mobilitätsausschuss
der Stadt Rheine nimmt die Ausführungen zum Sachstand zum Modul
„MIV/Straßennetzkonzept“ des kommunalen modularen Mobilitätskonzeptes zur
Kenntnis und beschließt den als Anlage 3 vorgelegten Straßennetzplan
„Funktionale Gliederung des Straßennetzes“
2. Der Bau- und Mobilitätsausschuss
der Stadt Rheine beauftragt die Verwaltung auf der Grundlage des
Straßennetzplanes die erforderlichen baulichen Maßnahmen für die in Anlage 4
genannten Straßen, in die Prioritätenliste Straßenbau einzuarbeiten.
3. Der Bau- und Mobilitätsausschuss
der Stadt Rheine empfiehlt der Straßenverkehrsbehörde auf der Grundlage des
Straßennetzplanes weitere Bereiche mit Tempo 30 durch Anpassung der
Beschilderung auszuweisen.
Begründung:
1. Anlass
Mit der Vorlage 505/20 „Erstellung eines Kommunalen Modularen Mobilitätskonzeptes KOMM“ ist dem Bau- und Mobilitätsausschuss“ am 17.12.2020 der Aufbau eines Kommunalen Modularen Mobilitätskonzeptes vorgestellt worden. Ziel des modular aufgebauten Mobilitätskonzepts KOMM ist es, eine sowohl kurz- als auch mittel- bis langfristig wirkende und integriert angelegte Strategie zur Steuerung des Mobilitätsverhaltens und des Verkehrs in der Stadt Rheine zu formulieren und den Grundstein für Maßnahmen zu legen.
In diese Grundstruktur wird ist auch das Modul „MIV/Straßennetzplan“ eingebettet.
Erweiterte Darstellung der KOMM-Struktur
In diesem
Bau- und Mobilitätsausschuss ist ebenfalls die Vorgehensweise zum Modul
„MIV/Straßennetzplan“ (529/20) des Kommunalen Modularen Mobilitätskonzeptes
vorgestellt worden.
Das Modul „MIV/Straßennetzplan“ erhebt nicht den Anspruch eines neuen Verkehrsentwicklungsplanes mit Überprüfung aller Straßenkategorien und Verkehrsprognosen für das Stadtgebiet. Vielmehr wird sich der künftige Straßennetzplan an der bisherigen Straßenkategorie orientieren und es wird gezielt eine Überprüfung hinsichtlich der notwendigen zul. Geschwindigkeiten erfolgen, um ggf. diese anzupassen. In Einzelfällen kann auch eine Änderung der bisherigen Straßenkategorie erfolgen, um ein stimmiges Gesamtnetz erhalten zu können. So kann u. U. auch der Umbau einer Straße zum verkehrsberuhigten Bereich erfolgen, oder eine bisherige verkehrswichtige Sammelstraße wird zur Hauptsammelstraße.
Behandelt werden hier lediglich die Straßenabschnitte, die sich innerhalb der Ortslage befinden.
Die Straßen außerhalb der Ortslage sind bezüglich der zulässigen Geschwindigkeiten und evtl. erforderlichen Umbaumaßnahmen separat zu bewerten.
Vielfach handelt es sich hier um klassifizierte Straßen (Kreis-, Landes-, Bundesstraßen), bei denen eine enge Abstimmung mit den jeweiligen Straßenbaulastträgern erfolgen muss.
Folgende Arbeitsschritte zur Umsetzung sind vorgesehen bzw. sind erfolgt:
1.
Es
erfolgte die Bestandsaufnahme der Verkehrszahlen an ausgewählten Stellen und
die Erfassung der bereits bestehenden T-30-Zonen und verkehrsberuhigten
Bereiche. Zudem wurden die Nutzungsansprüche auch hinsichtlich der
städtebaulichen Merkmale erfasst.
2.
Die
Defizite bezüglich der Verkehrssicherheit, der Nutzungsansprüche, der
Leistungsfähigkeit oder auch der Straßenraumgestaltung wurden ermittelt.
3.
Es
wurden Straßen herausgestellt, bei denen eine Reduzierung der Geschwindigkeit
möglich ist und welche Maßnahmen für eine Umsetzung hierzu erforderlich werden
Die hier vorgelegte Vorlage befasst sich nun mit den einzelnen Schritten. Zunächst wird jedoch ein Überblick über die Regelungen und Auswirkung von Tempo 50 und 30 gegeben.
2.
Hintergrund
2.1 Tempo 30-Regelungen nach StVO
In der StVO (§3) ist geregelt, dass innerorts eine generelle Geschwindigkeitsbeschränkung von 50 km/h gilt.
In besonderen Fällen kann streckenweise auf Tempo 30 reduziert werden (z.B. vor Kitas und Schulen). Hierfür muss aber ein bestimmter belegbarer Grund vorliegen. Dies kann die Verkehrssicherheit sein oder auch der Schutz von Anwohnern vor Lärm oder Abgasen. In diesen Fällen wäre eine Anordnung zur Reduzierung der Geschwindigkeit auf Grundlage des § 45 der StVO möglich.
Eine flächenhafte Einrichtung von Tempo 30 ist an strenge Maßstäbe gebunden. Nach den Bestimmungen der StVO können innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten von wenig befahrenen Straßen mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte, sowie hohem Querungsbedarf Tempo-30-Zonen eingerichtet werden. Eine solche Zonen-Anordnung darf sich dabei allerdings insbesondere weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen erstrecken. Zudem sind innerhalb solcher Gebiete grundsätzlich Lichtzeichenanlagen, benutzungspflichtige Radwege, Radfahrstreifen, Fahrstreifenbegrenzungen und Leitlinien unzulässig. Weiterhin muss an Kreuzungen solcher Zonen grundsätzlich die Vorfahrtregel „Rechts vor Links“ gelten. Auf Grundlage des § 45 Absatz 1c der StVO ist eine entsprechende Anordnung möglich.
Sie werden im Einvernehmen (d. h. mit ausdrücklicher Zustimmung) mit der Gemeinde eingerichtet und erfolgen praktisch stets auf Antrag der Gemeinde und auf Grundlage eines gemeindlichen Verkehrskonzepts, das auch die Hauptverkehrsstraßen ausweist, die nicht Bestandteil der Tempo 30-Zone sind. Die Straßenverkehrsbehörde hat bei der Anordnung kein eigenes Ermessen, muss also bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen anordnen.
Eine besondere Erforderlichkeitsprüfung nach § 45 Abs. 9 StVO findet nicht statt.
Die Rechtsprechung hat noch das Sichtbarkeitsprinzip betont. Für Verkehrsteilnehmende muss erkennbar sein, dass sie sich in einer Tempo-30-Zone befinden. Die Verwaltungsvorschriften zur StVO sehen zu diesem Zweck die Markierung von Senkrecht- oder Schrägparkständen, von Sperrflächen oder auch bauliche Maßnahmen zur Einengung der Fahrbahn sowie das Aufbringen von „30“ auf der Fahrbahn vor.
Abstimmung mit der Bezirksregierung Münster
Auf Grund der umfassenden Änderung der zulässigen Geschwindigkeiten, ist der Kreis Steinfurt als Dienstaufsichtsbehörde über das Vorhaben informiert worden, um eine mit der Bezirksregierung Münster abgestimmte Zustimmung zur Vorgehensweise zu erhalten.
Bis Redaktionsschluss zur Vorlage lag noch keine Stellungnahme vor.
2.2 Exkurs: Auswirkungen von T 30 an
Hauptverkehrsstraßen
In der StVO ist geregelt, dass an Hauptverkehrsstraßen eine streckenbezogene Geschwindigkeitsreduzierung nur in besonderen Fällen zulässig ist (siehe 2.1) und als Zonenausweisung nicht möglich ist. In einer Studie zu diesem Thema („Wirkungen von T 30 an Hauptverkehrsstraßen“; LK Argus im Auftrag des Umweltbundesamtes; 2016) sind die Auswirkungen dargestellt, die sich bei einer Reduzierung von 50 auf 30 km/h ergeben.
Auch wenn durch die Verwaltung aktuell vorgesehen ist, die Hauptverkehr- und Gewerbegebietsstraßen weiterhin als 50-er Strecke bestehen zu lassen, können die Ergebnisse dennoch einen guten Vergleich und Anhaltspunkt für die verkehrswichtigen Sammelstraßen geben, die von 50 Km/h auf 30 Km/h runtergesetzt werden sollen.
Einzelne Ergebnisse werden daher hier kurz vorgestellt:
Fazit zum Einfluss
der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf die Leistungsfähigkeit von
Hauptstraßen:
Eine Senkung der
zulässigen Höchstgeschwindigkeit hat in den meisten Fällen keinen nennenswerten
Einfluss auf die Leistungsfähigkeit einer Hauptverkehrsstraße für den
Kfz-Verkehr. Andere Faktoren wie die Qualität der Lichtsignalprogramme, die
Anzahl querender Fußgänger oder Bushalte, Parkvorgänge oder Halten in zweiter
Reihe haben in der Regel einen größeren Einfluss.
Die Funktion einer
innerstädtischen Hauptverkehrsstraße für den Kfz-Verkehr wird daher durch Tempo
30 nicht oder nicht nennenswert beeinträchtigt.
Fazit zu den
Geschwindigkeiten:
Tempo 30 an
Hauptverkehrsstraßen hat in der Mehrheit der untersuchten Fälle auch ohne
Begleitmaßnahmen eine geschwindigkeitssenkende Wirkung. Vor allem die hohen
Geschwindigkeiten nehmen ab. Je länger Tempo 30 besteht, desto besser wird die
Geschwindigkeitsregelung eingehalten.
Fazit zur Qualität
des Verkehrsflusses und zu den Reisezeiten im Kfz- und öffentlichen Verkehr:
In der Praxis wurden
bei Messfahrten Reisezeitverluste an Tempo-30-Strecken von 0 bis 4 Sekunden je
100 Meter festgestellt. Dies ist auch bei längeren Abschnitten oder einer
Aneinanderreihung von mehreren Regelungen volkswirtschaftlich kaum relevant.
Fazit zur
Lärmbelastung:
Tempo 30 führt in der
Mehrzahl der untersuchten Fälle zu wahrnehmbaren Lärmentlastungen. Dazu tragen
vor allem nachts auch die geringeren Lärmspitzen bei.
Fazit zur
Luftreinhaltung:
Tempo 30 reduziert die
Luftschadstoffbelastung, wenn es gelingt, die Qualität des Verkehrsflusses
beizubehalten oder zu verbessern.
Fazit zur
Verkehrssicherheit:
Tempo 30 hat positive
Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit. Vorliegende Studien ergeben keine
Anhaltspunkte für gegenteilige Annahmen.
Fazit zu
Verkehrsverlagerungen:
Bisherige
Tempo-30-Anordnungen haben den vorliegenden Untersuchungen zufolge nicht zu
nennenswerten Schleichverkehren geführt. Die Planung sollte eine Senkung der
zulässigen Höchstgeschwindigkeit immer im Netzzusammenhang und gemeinsam mit
der Qualität des Verkehrsflusses betrachten, um die Attraktivität der
Hauptstraßen für den Durchgangsverkehr beizubehalten!
Fazit zur
Wahrnehmung durch die Anwohnenden:
Tempo 30 wird von den
Anwohnenden überwiegend positiv wahrgenommen und bewertet
2.3 Gegenüberstellung Tempo 50 – Tempo 30
Insbesondere die Verbesserung der Verkehrssicherheit durch die Reduzierung der Geschwindigkeit ist vielfach in der Fachliteratur belegt worden.
Wahrscheinlichkeitskurve
für tödliche Verletzungen
So steigt ab einer Geschwindigkeit von 30 km/h bis 50 km/h die Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Unfalls exponentiell an. Die erhöhten Geschwindigkeiten verursachen deutlich stärkere und folgenreichere Verletzungen beim ungeschützten Verkehrsteilnehmer.
Zudem spielt der Bremsweg eine entscheidende Rolle. Insbesondere an Straßen mit hohem Fußgängerquerungsbedarf ist dies ein entscheidender Faktor für die Entstehung eines Unfalls. Der Anhalteweg ist bei Tempo 50 (27,7 m) in etwa doppelt so lang wie bei Tempo 30 (13,3 m).
Vergleich der
Bremswege; T 30 – T 50
Neben der verbesserten Verkehrssicherheit durch T 30 werden im Folgenden die wesentliche Vor- und Nachteile zusammenfassend aufgelistet:
- Vorteile T 30
o
Geringere
Geschwindigkeiten führen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit, da die
gesundheitlichen Folgen bei niedrigerem Geschwindigkeitsniveau bei Unfällen
reduziert werden können
o
Verringerung
der Lärmbelastung von Anwohnern
o
Verringerung
der Schadstoffbelastung
o
Vielfach ist,
in Abhängigkeit der Verkehrsstärke, Mischverkehr auf der Fahrbahn möglich;
keine separaten Radverkehrsanlagen erforderlich; andere Querschnittsaufteilung
zu Gunsten von Fußgängern und Grün möglich
- Nachteile T 30
o
In T-30-Zonen
sind keine separaten Radverkehrsanlagen zulässig
o
In T-30-Zonen
sind keine LSA/Zebrastreifen o. ä. zulässig
o
Die
Reisegeschwindigkeit des MIV wird geringfügig verringert, insbesondere zu
verkehrsarmen Zeiten, wie sonn-, feiertags und auch nachts (Evaluierung des
Geschwindigkeitskonzepts Münster, Auswertung der verkehrlichen Wirkungen;
Auftraggeber: Stadt Münster, Amt für Grünflächen, Umwelt und Nachhaltigkeit,
April 2020; Spiekermann)
o
Eine
Verlagerung des Verkehrs ist möglich
- Vorteile T 50
o
Die
Reisegeschwindigkeit wird geringfügig erhöht
o
Dies gilt
insbesondere auch für den ÖPNV
o
T 50-Strecken
ermöglichen ein Vorbehaltsnetz für LKW-Verkehre und eine Bündelung des
Kfz-Verkehrs, so dass Nebenstrecken entlastet werden
- Nachteile T 50
o
höhere
Geschwindigkeiten führen zur Erhöhung der gesundheitlichen Folgen bei Unfällen
o
i. d. R.
sollten separate Radverkehrsanlagen vorgehalten werden
o
Querungsmöglichkeit
der Straße wird verringert bzw. ist durch bauliche Anlagen zu verbessern
2.4
Auswirkungen auf
das umliegende Straßennetz
Die zur Geschwindigkeitsreduzierung vorgeschlagenen Straßenzüge sind sehr weitgreifend und erfolgen flächendeckend im Straßennetz, so dass sich voraussichtlich keine Verkehrsverlagerung zwischen den Sammelstraßen und Anliegerstraßen einstellen wird, da diese dem gleichen Geschwindigkeitsniveau zugeordnet werden. Eventuell wird es eine Verlagerung auf das für größere Verkehre vorgehaltene Straßennetz der Hauptverkehrs- und Hauptsammelstraßen ergeben.
Wichtig in der Netzgestaltung und der Akzeptanz der Nutzer ist die Reisedauer zwischen den Straßen der jeweiligen Straßenkategorie, um die vorgegebene Geschwindigkeit dauerhaft erreichen zu können. Daher können die 30-er Zonen nicht zu weit gefasst werden, so dass ein Hauptnetz (T50) und Nebennetz (T <= 30) entsteht.
Nach Hans Mondermann (Entwickler des Shared Space
Gedanken) nimmt mit zunehmender
Entfernungsdauer vom Ausgangsort die Bereitschaft eine hohe Geschwindigkeit zu
fahren zu; dies insbesondere in den ersten 4-6 Minuten. Daher sollte im
Straßennetz möglichst nach max. 6 Minuten die
Hauptverkehrsstraße/Verteilerstraße (T 50) erreicht sein. Dies entspricht einer
Strecke von ca. 2 km.
Symbolische
Darstellung eines Verkehrsnetzes (Quelle: Mobycon.com)
Sollte das Netz ausgedünnt werden und diese Werte nicht erreicht werden, müsste für dieses Gebiet eine Verkehrsprognose erstellt werden, die mögliche Auswirkungen (z.B. Mehrverkehre auf anderen Straßen oder Belastung von Knotenpunkten) prognostiziert.
3.
Verkehrszahlen
und Nutzungsansprüche an den Verkehrsraum
Die Basis der Untersuchungen bildet der aktuelle Verkehrsentwicklungsplan, der sich in der Anwendung in den vergangenen Jahren bewährt hat. Die dort zugrunde gelegte Kategorisierung bleibt hierbei weitestgehend bestehen.
Allerdings hat sich landesweit ein Trend zur Mobilitätswende, den auch die Stadt Rheine aufgreift und aktiv gestalten möchte, aufgezeigt. Zudem liegen vielfach Anfragen und Anträge zur Reduzierung der Geschwindigkeit für verschiedene Straßen vor.
Ein Aspekt ist hier sicherlich das geänderte Fahrverhalten und die Bereitschaft häufiger auf ein alternatives Fortbewegungsmittel umzusteigen. Dies ist nicht nur im Freizeitverkehr, sondern auch im Alltagsverkehr zu beobachten.
Daher rückt insbesondere das Verkehrsmittel Fahrrad stärker in den Focus.
So hat der Landtag Nordrhein Westfalen am 4. November 2021 den Entwurf für das Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz (FANaG NRW) sowie zur Änderung des Straßen- und Wegegesetzes verabschiedet. Somit wird der Rad- und Fußverkehr mit dem motorisierten Individualverkehr auf eine Stufe gestellt.
Da ein Straßenverkehrsnetz aber auch so ausgerichtet sein sollte, dass die verschiedenen Verkehrsarten verträglich den gemeinsamen Straßenraum sicher nutzen, wird es umso wichtiger das vorgegebene Geschwindigkeitsniveau der Straßen zu überprüfen und zu hinterfragen, um Hauptrouten für den Kfz/Lkw-Verkehr und auch Hauptrouten für den Radverkehr festzulegen. So kann hieraus auch die künftige Nutzung der Fahrbahn im Mischverkehr oder die Separierung der Verkehrsarten abgeleitet werden, um auch den verschiedenen Nutzungsansprüchen an den Straßenraum gerecht zu werden und die Verkehrssicherheit im Straßenraum verbessern zu können. Somit wird eine für die Zukunft ausgerichtete Gestaltung der Mobilität erfolgen können.
Im bestehenden VEP sind die folgenden Straßenkategorien festgelegt worden
-
Hauptverkehrsstraße
-
Hauptsammelstraße
-
Verkehrswichtige Sammelstraße
-
Sonstige Sammelstraße
-
Anliegerstraße
Im Abgleich mit den aktuellen Richtlinien und der Straßenbaubeitragssatzung der Stadt Rheine ergibt sich folgendes Bild:
-
Hauptverkehrsstraßen
und Hauptsammelstraßen nach VEP entsprechen der Straßenkategorie HS nach RASt
06; entsprechend der Satzung der Stadt Rheine sind diese den Hauptverkehrsstraßen
zuzuordnen
(siehe Straßenkataster Stufe 1):
„Straßen, die nach ihrer
Verkehrsfunktion aufgrund der gemeindlichen Straßenplanung überwiegend dem
durchgehenden innerörtlichen Verkehr oder dem überörtlichen Durchgangsverkehr
dienen, insbesondere Bundes-, Landes- und Kreisstraßen mit Ausnahme der
Strecken, die außerhalb von Baugebieten und von im Zusammenhang bebauten
Ortsteilen liegen“
-
Verkehrswichtige
Sammelstraßen und sonstige Sammelstraßen nach VEP entsprechen der
Straßenkategorie ES IV nach RASt06; entsprechend der Satzung der Stadt Rheine
sind diese den Haupterschließungsstraßen zuzuordnen
(siehe Straßenkataster Stufe 2):
„Straßen, die nach ihrer Verkehrsfunktion aufgrund der gemeindlichen
Straßenplanung überwiegend der Erschließung von Grundstücken und gleichzeitig
dem Verkehr innerhalb von Baugebieten oder innerhalb von im Zusammenhang
bebauten Ortsteilen dienen, soweit sie nicht Hauptverkehrsstraßen … sind.“
-
Die
anderen Erschließungsstraßen sind nach VEP nicht weiter klassifiziert und
entsprechen der Straßenkategorie ES V nach RASt06; entsprechend der Satzung der
Stadt Rheine sind diese den Anliegerstraßen zuzuordnen
(siehe Straßenkataster Stufe 3):
„Straßen, die nach ihrer
Verkehrsfunktion aufgrund der gemeindlichen Straßenplanung überwiegend dem
Anliegerverkehr zu dienen bestimmt sind.“
Ein Kriterium zur Festlegung des beabsichtigten Geschwindigkeitsniveaus ist nach den Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 06) die Verkehrsstärke. So sollten Wohnstraßen, Straßenkategorie ES V (Erschließungsstraße), die im Sinne der Satzung der Stadt Rheine Anliegerstraßen entsprechen, nur bei Verkehrsstärken < 400 Kfz/h eingerichtet werden und es wird die Gestaltung einer Fahrbahn im Mischungsprinzip (Kfz und Rad gemeinsam auf der Fahrbahn) oder mit weicher Separation und eine max. zulässige Geschwindigkeit von 30 Km/h empfohlen.
Für Verkehrsstärken unter 150 Kfz/h werden verkehrsberuhigte Bereiche vorgesehen.
Systematisierte
Straßenraumgestaltung (Quelle: Mobycon.com); Zufahrtsstraße T 30,
Verteilerstraße T 50
Bei Straßen, in denen Tempo 30 gelten soll, sind neben dem Aspekt der Verkehrsbelastung auch weitere Anforderungen und Randbedingen zu beachten. So sollte zunächst der Grundsatz gelten „Einheit von Bau und Betrieb“. Die Personen, die den Verkehrsraum nutzen, sollen über die Ausgestaltung des Querschnittes bereits erkennen, auch ohne Beschilderung, welches Geschwindigkeitsniveau hier vorgegeben ist. Nur ein Schild aufzustellen reicht nicht und birgt sogar ein höheres Gefahrenpotential, da einige sich auf die vorgegebenen Geschwindigkeiten verlassen, andere diese missachten. Dies ist gerade bei der Nutzung der Fahrbahn im Mischverkehr oder bei Fahrbahnquerungen gefährlich (siehe auch Punkt 2).
Tempo 30 Zonen sollten dort eingerichtet werden, wo die Erschließungsfunktion und der Aufenthalt und das Parken im Verkehrsraum überwiegt. Insbesondere in Wohngebieten und Gebieten von wenig befahrenen Straßen (<400Kfz/h) mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte, sowie hohem Querungsbedarf können diese Zonen eingerichtet werden.
Der Anlage 1 sind die aktuelle Einteilung der Straßenkategorien, die Bereiche von bereits bestehenden Tempo-30 Zonen und die Tagesverkehrsstärken (KFZ/24 Std) zu entnehmen. Nicht in Gänze sind die kleineren Streckenabschnitte vor Kitas, Schulen oder Altenheimen aufgeführt, vor denen die streckenbezogene Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h bereits eingerichtet worden ist – diese werden bestehen bleiben.
Es werden Straßen herausgestellt, bei denen eine Reduzierung der Geschwindigkeit möglich ist und in der Anlage 4 aufgezeigt welche Maßnahmen für eine Umsetzung hierzu erforderlich werden.
4.
Kriterien zur
Herabsetzung der Geschwindigkeit / Ausweitung der T 30-Bereiche
Nach der Bestandsaufnahme sind die Defizite bezüglich der Verkehrssicherheit, der Nutzungsansprüche, der Leistungsfähigkeit oder auch der Straßenraumgestaltung ermittelt worden (Anlage 4).
Gebiete und Straßenzüge, bei denen ein geringeres Geschwindigkeitsniveau denkbar ist, sind unter folgenden Voraussetzungen herausgearbeitet worden:
-
Hauptverkehrs-
und Hauptsammelstraßen nach VEP, Straßen in Gewerbegebieten und Straßen, die
sich außerhalb der Ortslage befinden, bleiben „T 50 –Straße“ (abschnittsweise
Tempo 30 z.B. an Schulen)
-
Anliegerstraßen
nach VEP werden auf 30 km/h runtergesetzt
-
Verkehrswichtige
Sammelstraßen und sonstige Sammelstraßen nach VEP werden größtenteils auf 30
km/h runtergesetzt; wenn die in einer Bewertungsmatrix dargestellten Kriterien
entsprechend bewertet werden (siehe Anlage 4):
o
Innerhalb
der Ortslage; ja/nein
o
Aktuelle
Verkehrsstärke unter 400 Kfz/h; ja/nein
o
Überwiegende
Wohnbebauung; ja/nein
o
Hoher
Querungsbedarf von Fußgängern; ja/nein
o
Hohe
Dichte an Fußgängern und Radfahrern, ja /nein
o
Sicherheitsdefizite
vorhanden; ja/nein
o
Defizite
der Nutzungsansprüche
o
Defizite
der Gestaltung
o
LKW
Vorzugsstrecke; ja/nein
5.
Geplante
Erweiterung der T-30 Bereiche
Da unter Umständen auch größere oder kleinere Baumaßnahmen zur Umsetzung zur Geschwindigkeitsreduzierung erforderlich werden, sind im Weiteren die notwendigen Maßnahmen aufgelistet (siehe Anlage 4). So ist an einigen Straßen das Aufstellen / Entfernen der Beschilderung ausreichend und in anderen Straßen sind temporäre Maßnahmen (z.B. Pflanzkübel, Markierung) oder auch umfangreichere Umbaumaßnahmen erforderlich, um eine „selbsterklärende Straße“ erzeugen zu können.
6.
Weiteres Vorgehen
Ziel ist es, Tempo-30-Zonen die nur mittels einer neuen Beschilderung eingerichtet werden können zeitnah umzusetzen. Hier bedarf es dennoch zunächst eines Beschilderungsplans.
Die Bereiche bei denen erst mittels baulicher Maßnahmen eine Umwandlung möglich wird, wird es einen Vorschlag im Rahmen der Prioritätenliste Straßenbau geben.
Da es sich bei der Erweiterung der T-30-Bereiche größtenteils um die Ausweitung von bestehenden T-30 Zonen handelt, kann es, um großflächige Gesamtlösungen zu erhalten, teilweise sinnvoll sein Gebietsweise vorzugehen.
Die vorgesehenen konkreten Maßnahmen an einzelnen Straßen in diesen Bezirken werden dann dem Bau- und Mobilitätsausschuss nochmals zur Beratung vorgelegt.
Die Ergebnisse der bereits durchgeführten und geplanten Fußverkehrschecks werden eingebunden, um die entdeckten Defiziten mit berücksichtigen zu können. Um hier nicht in eine zeitliche Abhängigkeit zu den Fußverkehrschecks zu kommen, wird die Umwandlung zum Teil noch vor den jeweiligen Fußverkehrschecks der Bezirke erfolgen.
7.
Finanzierung
Für notwendige Arbeiten externer Planungsbüros oder auch punktuelle Umbaumaßnahmen zur Anpassung der neuen Straßen an den T 30-Bereichen sind im Haushaltsplan 2022 sowohl für 2022 als auch für die weiteren Jahre der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung Mittel in Höhe von 100.000 € im Budget 53014-0 veranschlagt worden.
8.
Auswirkungen auf
den kommunalen Klimaschutz
Durch die Umsetzung der Maßnahmen kann durch Erhöhung der Nutzung der Nahmobilität oder ein geringeres Geschwindigkeitsniveau ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden. Ebenso ist durch die Ausweitung der T 30-Bereiche mit einer Reduzierung der Schadstoff- und Lärmbelastung der Anwohner zu rechnen.
Anlagen:
Anlage 1: Lageplan: Bestehender Straßennetzplan mit vorhandenen T 30-Bereichen
Anlage 2: Lageplan: Bestehender Straßennetzplan mit Ausweitung von T-30 Bereichen
Anlage 3: Lageplan: Geplanter Straßennetzplan mit vorhandenen T 30-Bereichen und Ausweitung von T-30-Bereichen
Anlage 4: Bewertungstabelle zur Einrichtung von Tempo 30