Betreff
Entwicklung der Grundwasserqualität in den Gewinnungsgebieten der Energie- und Wasserversorgung Rheine GmbH
Vorlage
130/22
Aktenzeichen
III-4203-löc
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Rat der Stadt Rheine nimmt den Bericht zur Entwicklung der Grundwasserqualität in den Gewinnungsgebieten der Energie- und Wasserversorgung Rheine GmbH (EWR) zur Kenntnis.

 


Begründung:

 

Nachdem die Jahre 2018 bis 2020 insbesondere in den Sommermonaten aus wasserwirtschaftlicher Sicht sehr stark geprägt waren durch starke Trockenheit und teils extremer Hitze, war das Jahr 2021 eher ein Normaljahr, in dem sich die Grundwasserleiter etwas normalisieren konnten. Nachdem die Rohwasserförderung zuletzt seit 2014 jedes Jahr weiter angestiegen ist, wurde im Jahr 2021 mit insgesamt 5,84 Mio. m³ in etwa der Wert aus 2019 erreicht.

 

Die Wassergewinnungsanlagen der EWR befinden sich in einem Raum, der sehr intensiv landwirtschaftlich genutzt wird. Vor allem im Bereich des Münsterländer Kiessandzuges, in dem sich die Wassergewinnungsgebiete Neuenkirchen, St. Arnold und Haddorf befinden, können bereits Düngegaben, die der guten landwirtschaftlichen Praxis entsprechen, auf Grund des geringen Schutz- und Rückhaltevermögens der hier vertretenen Böden zu einer Nitratbelastung führen, die bei nachlassender Nitratabbaufähigkeit des Grundwasserleiters zu einem Überschreiten des Grenzwertes der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) von 50 mg/l im geförderten Rohwasser führt.

 

In 2021 lag in allen Gewinnungsgebieten der EWR die Nitratkonzentration im Rohwasser der Förderbrunnen weiterhin unverändert unterhalb des Grenzwertes der Trinkwasserverordnung. In der folgenden Tabelle sind die Nitratwerte der einzelnen Gewinnungsgebiete als Spannbreite der Einzelbrunnen und im Rohmischwasser zusammenfassend zusammengestellt:

 

 

St. Arnold I

St. Arnold II

Neuen-
kirchen

Haddorf

Hemelter Bach I

Hemelter Bach II

Einzel-
Brunnen

5-15 mg/l

10-30 mg/l

10-30 mg/l

5-22 mg/l

10-25 mg/l

< 10 mg/l

Rohmisch-wasser

< 10 mg/l

< 20 mg/l

15-25 mg/l

< 10 mg/l

< 20 mg/l

< 10mg/l

Vorfeld-messstellen

5-30 mg/l

5-89 mg/l

5-110 mg/l

5-171 mg/l

5-189 mg/l

Tabelle: Nitratwerte der Einzelbrunnen, des Rohmischwassers und der Vorfeldmessstellen 2021

 

Wie der vorstehenden Tabelle zu entnehmen ist, sind in den Wassereinzugsgebieten der EWR weiterhin Nitratbelastungsschwerpunkte vorhanden, in denen der Grenzwert der Trinkwasserverordnung für Nitrat in Höhe von 50 mg/l, gemessen in Grundwassermessstellen (Vorfeldmessstellen), teils deutlich überschritten wird. Während sich in den Jahren 2019 und 2020 die Nitratsituation in den Gewinnungsgebieten der EWR durch die drei in Folge aufgetretenen Trockenjahre negativ entwickelt hat, konnte im Jahr 2021 dieser negative Trend insgesamt gebrochen werden.

 

Im Bereich der Extensivierungsflächen hat sich in den letzten Jahren vor allem im Wassergewinnungsgebiet Neuenkirchen bereits deren sehr gute Wirksamkeit zur Reduzierung von Nitrateinträgen gezeigt. Die Nitratkonzentrationen in den Grundwassermessstellen haben sich hier wieder deutlich verbessert.

 

Im Wassergewinnungsgebiet Haddorf konnten in den Jahren 2019 und 2020 insbesondere in dem besonders kritischen östlich der Brunnen gelegenen Belastungsschwerpunkt durch die EWR mehrere ehemalige ackerbaulich genutzte Flächen einer Extensivierung zugeführt werden. Die Aushagerung der Böden und die Entwicklungen in den Grundwasserschichten sind langsame Prozesse, die sich erst nach einigen Jahren zeigen. Der von diesen Flächen ausgehende positive Effekt wird daher erst in den kommenden Jahren sichtbar werden. Erste Erfolge waren im Jahr 2021 im Abstrom der Haupteintragsflächen im Sommer bereits zu beobachten. Die weitere Entwicklung der Nitratwerte im westlichen und östlichen Anstrom zu den Brunnen bleibt weiter genau zu beobachten.

 

Auch im Gewinnungsgebiet Hemelter Bach ist die weitere Entwicklung der Nitrat-Konzentrationen in den Monitoringmessstellen weiter zu beobachten, da insbesondere im östlichen Teil sehr hohe Nitratwerte festzustellen sind.

 

Derzeit vergleichsweise entspannt ist die Nitratsituation in den Gewinnungsgebieten St. Arnold I und II. Die Bestrebungen zur Minimierung der organischen Düngereinträge innerhalb der Kooperation Landwirtschaft/Wasserwirtschaft dürfen aber auch hier nicht nachlassen.

Ein ausreichendes Nitratabbaupotential ist derzeit in allen Gewinnungsgebieten der EWR noch vorhanden. Die Analyse der Sekundärparameter des Nitratabbaus zeigt jedoch, dass in einigen Gebieten die autolitotrophe Denitrifikation, bei der im Boden gebundene Eisendisulfide (Pyrit, FeS2) mit Nitrat reagieren, bereits herabgesetzt ist und der Nitratabbau nun vorwiegend nur noch vom heterotrophen Nitratabbau auf Basis von organischem Kohlenstoff getragen wird. Da diese Nitratabbauprozesse irreversibel im Boden ablaufen, ist nach dem Aufbrauchen dieser Stoffe im Boden von einem Anstieg der Nitratkonzentration im Grundwasser auszugehen. Zum Erhalt des Denitrifikationspotentials sind daher weiterhin Maßnahmen zur Reduzierung der Nitratauswaschung ins Grundwasser erforderlich.

 

Die Bestrebungen zur Minimierung der Nitratauswaschung in den Grundwasserleiter müssen somit fortgesetzt werden. Am wirkungsvollsten hat sich hierbei die Extensivierung von ackerbaulich genutzten Flächen in Nitratbelastungsschwerpunkten gezeigt. Über die Kooperation Landwirtschaft/Wasserwirtschaft wird durch die Fördermaßnahme Zwischenfruchtanbau und Maisuntersaaten erreicht, dass ein Teil der im Boden vorhandenen Nährstoffe über den regenreichen Winterzeitraum in der Zwischenfrucht gebunden werden und somit nicht ins Grundwasser ausgewaschen werden. In extremen Trockenjahren - wie in den Jahren 2019/2020 - reicht diese Maßnahme jedoch allein nicht aus, um die gesamten im Boden befindlichen Nährstoffe zu binden. Am wirkungsvollsten hat sich daher immer noch die Extensivierung von ackerbaulich genutzten Flächen in den Nitratbelastungsschwerpunkten gezeigt.

 

Mit der aktuellen Düngemittelverordnung (DüV) war die Hoffnung verbunden, dass sich die Nitrateintragssituation in den Wassergewinnungsgebieten verbessern könnte. Im Laufe des Gesetzgebungsprozesses zur Revision der DüV kam es jedoch zu einer stetigen Verkleinerung der nitrataustragsgefährdeten Flächen bzw. der Flächen, auf denen eine verminderte Düngung zu erfolgen hat. Mit der Aktualisierung der Gebietskulisse zum 01.03.2021 wurden die Flächenanteile der nitratbelasteten Gebiete auf Grundlage aktueller N-Bilanzdaten nochmals weiter verringert. Die EWR und weitere Wasserversorgungsunternehmen im Münsterland haben mit der Bezirksregierung Münster Kontakt aufgenommen, damit deren detaillierte Erkenntnisse zu den Wassergewinnungsgebieten zukünftig mit in den Gebietsausweisungen berücksichtigt werden. Hierzu werden von Seiten der EWR für ausgewählte Messstellen die Analysenergebnisse an die Bezirksregierung weitergeleitet.

 

Auch die EU-Kommission sieht den Bedarf zur Neuausweisung der nitratbelasteten Gebiete und hat das Bundesministerium für Umwelt und Landwirtschaft bereits angemahnt, die festgelegten Modellierungen zu ändern, da sie nicht mit der EU-Nitratrichtlinie konform sind.

 

Pflanzenschutzmittel (PSM) wurden im Rohwasser der Brunnen – mit Ausnahme der bereits seit Jahren bekannten Brunnen EB 05 bis EB 07 im Wassergewinnungsgebiet St. Arnold I, dessen Wasser separat mit Aktivkohle aufbereitet wird – nicht nachgewiesen. Im Rohwasser wurden jedoch mittlerweile häufiger nicht relevante Metabolite (nrM) nachgewiesen. Für diese existiert in der Trinkwasserverordnung kein eigener Grenzwert, daher wird hier derzeit der Gesundheitliche Orientierungswert (GOW) zur Beurteilung zugrunde gelegt. Dieser liegt je nach Stoff bei 1 bzw. 3 µg/l. Für zahlreiche nrM erfolgte kein einziger Nachweis oder sie lagen deutlich unter ihrem jeweiligen GOW. Da die Nachweisgrenze durch eine verbesserte Analytik in den letzten Jahren herabgesetzt wurde, werden gegenüber den Vorjahren nun mehr Metabolite nachgewiesen, deren Konzentrationen aber nur im Bereich der Bestimmungsgrenze liegen. Ausnahmen bilden die Metabolite des Wirkstoffes S-Metolachlor. Das Herbizid wird vorwiegend im Maisanbau angewendet. Die Entwicklung wird weiter beobachtet und im Rahmen der Kooperation Landwirtschaft/Wasserwirtschaft wird verstärkt auf einen möglichst geringen Einsatz von PSM hingewirkt.

 

Als Anlage ist ein ausführlicher Bericht über die Entwicklung der Grundwasserqualität in den einzelnen Gewinnungsgebieten der EWR beigefügt.

 


Anlage : Bericht zur Entwicklung der Grundwasserqualität in den Gewinnungsgebieten der Energie- und Wasserversorgung Rheine GmbH