Beschlussvorschlag/Empfehlung:
1. Der Schulausschuss nimmt das Konzept des Qualitätsdialoges „Schulbetreuung im Primarbereich“ zur Kenntnis.
2. Der Schulausschuss beauftragt die Verwaltung, den eingeschlagenen Weg des Qualitätsdialoges zu systematisieren und im Rahmen des beschriebenen Qualitätsentwicklungsprozesses zur Weiterentwicklung der Schulbetreuung zu begleiten.
Begründung:
Konzept des Qualitätsdialoges „Schulbetreuung im
Primarbereich“ in Rheine
Auf der Grundlage
des Erlasses des Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder wurde die
offene
Ganztagsschule in Nordrhein-Westfalen mit Beginn des Schuljahrs 2003/2004
eingeführt.
Seither entwickelte sich der Ausbau der Ganztagsschulen in Deutschland schnell
und dynamisch. Das
Land NRW explizierte seine Rechtsauffassung, nach der für die
öffentliche
Jugendhilfe eine Verpflichtung besteht, gemeinsam mit allen Akteuren vor Ort,
an
der
Qualitätsentwicklung für die offene Ganztagsschule im Primarbereich
mitzuwirken. Die
Qualitätsentwicklung
in Organisationen ist jedoch kein Selbstläufer. „Damit Qualitätsentwicklung in
einer angemessenen Organisationskultur entstehen und als kontinuierlich und
kompetent gestaltetes methodisches Instrument zur fachlichen und
organisationsbezogenen Reflexion genutzt werden kann, bedarf es gut
durchdachter Impulse, mit denen die Qualitätsfrage in die Einrichtung
eingebracht und laufend aktuell gehalten werden kann und mit denen die
Organisationsmitglieder zur Auseinandersetzung mit Qualitätsfragen motiviert
werden können. Hierzu ist eine Kommunikationsstruktur notwendig, die in Form
eines Qualitätsdialoges umgesetzt werden kann“[1].
Die folgende Konzeption soll den möglichen Prozess zur Qualitätsentwicklung der
Schulbetreuung in Rheine beschreiben und eine Zeitperspektive von 5 Jahren
einnehmen.
Ausgangslage
Seit 2012 ist die
Qualitätsentwicklung nach § 79a SBG VIII Aufgabe des Trägers der öffentlichen
Jugendhilfe. Sie soll die Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der
Qualität
weiterentwickeln,
anwenden und regelmäßig überprüfen.
Eine erste
Orientierung zur internen und integrierten Qualitätsentwicklung bietet „QUAST“
(„Qualität für
Schulkinder in Tageseinrichtungen). QUAST wurde in einer nationalen
Qualitätsinitiative
von den Ländern Bremen, Sachen und NRW gemeinsam entwickelt. Auf
dieser Basis wurde
sodann QUIGS („Qualität in Ganztagsgrundschulen) entwickelt. QUIGS
kombiniert in und
außerhalb der Schule erprobte Ansätze in einem Instrument und stärkt die
Eigenverantwortlichkeit
der Schulen und ihrer Partner. Es fördert die eigenverantwortliche
Qualitätsentwicklung
in den Schulen und beruht auf Erfahrungen der offenen Ganztagsschule
im Primarbereich.
In Rheine wurde
Qualitätssicherung bisher in Form eines intensiven Vergabeverfahrens für die
Betreuungen an den Grundschulen durchgeführt. Die Ausschreibungen werden
mithilfe einer umfangreichen Wertungsmatrix primär nach pädagogischen Kriterien
ausgewertet. Um den Erfahrungsaustausch zu Betreuungsangeboten zu fördern,
finden regelmäßig interkommunale Austauschgespräche zwischen den Schulträgern
und dem Kreis Steinfurt statt. Außerdem kooperieren die Schulen und die
Betreuungsträger in regelmäßigen Austauschrunden vor Ort miteinander, um
insbesondere die Verzahnung zwischen dem unterrichtlichen und dem
außerunterrichtlichen Bereich zu optimieren. Des Weiteren existiert bereits ein
Qualitätszirkel in Rheine, welcher durch den Jugend- und Familiendienst initiiert
worden ist. Dieser dient primär als Austauschplattform zwischen den Schul- und
Betreuungsleitungen.
Perspektivisch
wird die Nachfrage nach Betreuungsplätzen im Offenen Ganztag in den nächsten
Jahren kontinuierlich steigen und erfährt somit immer größerer Relevanz. Die
Regierung hat diesen Bedarf bereits registriert und reagiert darauf mit der
geplanten Einführung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für
Grundschulkinder. Ab August 2026 sollen zunächst alle Kinder der ersten
Klassenstufe einen Anspruch darauf haben, ganztägig gefördert zu werden. Der
Anspruch wird in den Folgejahren um je eine Klassenstufe ausgeweitet. Damit hat
ab August 2029 jedes Grundschulkind der Klassenstufen eins bis vier einen
Anspruch auf ganztägige Betreuung[2].
Nach Analyse der
gegenwärtigen Situation lässt sich feststellen, dass eine Qualitätskontrolle
der Schulbetreuung in der Stadt Rheine derzeit bereits auf verschiedenen Ebenen
stattfindet. Nicht zuletzt mit Blick auf die Herausforderungen des anstehenden
Rechtsanspruches besteht jedoch die Notwendigkeit, einen ganzheitlichen
Qualitätsdialog anzustoßen, der alle beteiligten Akteure zusammenbringt und
alle Kräfte auf ein gemeinsames Ziel ausrichtet.
Ziel des Qualitätsdialoges
Als
richtungsweisendes Ziel wird ein Fernziel gewählt, dass durch die
Formulierungen von Nahzielen konkretisiert wird. Für die Qualitätsentwicklung
der offenen Ganztagsschulen in Rheine lautet das Fernziel:
Die Qualität der
Betreuungsangebote aller Grundschulen in Rheine wird in den nächsten fünf
Jahren durch einen systematischen und kontinuierlichen Entwicklungsprozess
zwischen der Stadt Rheine, den Rheiner Grundschulen, den freien Trägern der
Jugendhilfe sowie den Caterern überprüft und weiterentwickelt.
Weitere Nahziele,
die sich daraus ergeben lauten:
·
An den
regelmäßig stattfindenden Treffen nehmen Schulleitungen, freie Träger der
Jugendhilfe, die Schulsprecherin der Grundschulen, die Stadtschulpflegschaft,
die Schulverwaltung und die Fachberatung der Stadt Rheine sowie anlassbezogen
Caterer teil.
·
Die
grundlegenden Qualitätskriterien werden entsprechend der örtlichen
Gegebenheiten weiterentwickelt, sodass die Struktur-, Prozess- und
Ergebnisqualität für ausgewählte Kriterien überprüft werden kann.
·
Der
Qualitätsentwicklungsprozess regt die beteiligten Akteure zur Reflexion ihrer
eigenen
Arbeit an.
·
Die
Qualitätskriterien sind in jedem Fall im Einklang mit den Rechten und dem
Schutz der Kinder zu fördern weiter zu entwickeln.
Damit der Prozess
systematisch erfolgen kann, werden alle weiteren Unterziele entsprechend der
SMART-Kriterien (spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch, terminiert)
festgelegt, um die Zielerreichung zu fördern sowie eine sich anschließende
Evaluation der Zielerreichung zu ermöglichen.
Struktur des Qualitätsdialoges
Die Struktur des
Qualitätsdialoges sollte so aufgebaut sein, dass einerseits alle betroffenen
Personengruppen repräsentiert sind und andererseits ein handlungsfähiges,
zielorientiertes Gremium geschaffen wird, welches innerhalb eines begrenzten
Zeitraums konkrete Lösungen erarbeiten kann.
Als Kernstück des
Qualitätsdialoges soll daher eine AG OGS eingerichtet werden, in welche
Vertreter/-innen der einzelnen Interessensgruppen entsandt werden. So soll hier jeweils eine Vertretung jedes
freien Trägers der Jugendhilfe, der Stadtschulpflegschaft, der Schulverwaltung
sowie der Fachberatung teilnehmen. Seitens der Grundschulen wird pro
Betreuungsträger eine Grundschulleitung in das Gremium entsandt. Für die mit
dem TV Mesum, dem TV Jahn sowie dem JFD kooperierenden Schulen werden daher
also insgesamt drei Schulleitungen entsandt. Hinzu kommt die Sprecherin der
Grundschulen.
Durch die
übersichtliche Anzahl der beteiligten Sachverständigen, wird eine effektive
Arbeitsweise der AG OGS sichergestellt.
Eine Vertretung
der StadtschülerInnenvertretung ist nicht als fester Bestandteil der
Arbeitsgruppe vorgesehen. Grund dafür ist die fehlende Repräsentation der
Grundschulkinder in diesem SchülerInnen-Gremium. Derzeit wird geprüft, wie
Schülerinnen und Schüler der Grundschulen zu einem späteren Zeitpunkt des
Qualitätsentwicklungsprozesses beteiligt werden können, beispielsweise in
Kooperation mit dem Kinderbeirat.
Die AG OGS wird
die im Rahmen des Qualitätsdialoges zu bearbeitenden Qualitätsfelder festlegen
und hier Entscheidungen vorbereiten. Der Prozess der Festlegung von
Qualitätsfeldern wird im nächsten Unterpunkt weiter ausgeführt.
Die von der AG OGS
vorbereiteten Prozesse sollen dann mit einem erweiterten Personenkreis in einer
Großgruppe abgestimmt werden. An dieser Großgruppe nehmen alle Träger der
freien Jugendhilfe, alle Grundschulleitungen sowie bei Bedarf auch die Caterer
teil. Weiterhin wurde bei der Besetzung darauf geachtet, dass hier die
Akteurinnen und Akteure, welche den Schulalltag vor Ort erleben, miteinbezogen
werden und ihre Perspektive in die Entscheidungsfindung miteinfließt. Daher
wird pro Träger der freien Jugendhilfe neben der Gesamtleitung auch eine
Standortleitung beteiligt. Ebenfalls wird neben den Schulleitungen auch jeweils
eine Lehrkraft pro Schule an den Sitzungen der Großgruppe teilnehmen.
Themenbezogen kann weiterhin eine Repräsentantin oder ein Repräsentant des
bereits bestehenden und in Rheine ansässigen, interkommunalen Qualitätszirkels
an den Sitzungen der Großgruppe teilnehmen, um sinnvolle Schnittstellen zu der
etablierten Struktur zu schaffen.
Umsetzung und Zeitplanung der Qualitätsentwicklung
Die folgenden
Konzepte zur Umsetzung und Zeitplanung sind als Empfehlungen anzusehen, die den
möglichen Verlauf skizzieren sollen. Sie sollten stetig weiterentwickelt und
intensiviert werden.
Zunächst ist
festzulegen, auf welcher Grundlage eine Definition von Qualitätsfeldern
erfolgen kann. Hierbei soll sich durch die AG OGS zunächst an der
Wertungsmatrix für die Vergabe von Schulbetreuungsleistungen orientiert werden.
In dieser Matrix erfolgt eine Gewichtung pädagogischer Kriterien, die vom
Schulausschuss beschlossen wurde. Folgende Oberpunkte werden dort als besonders
wichtig hervorgehoben:
·
Partizipation
und Beteiligung von Kindern und Eltern, Beschwerdemöglichkeiten
·
Pädagogische
Konzeption
·
Planung
/ Steuerung von Ressourcen
·
Gesundheitsförderung
·
Sprachbildung
und Sprachförderung
·
Schulinterne
Kooperation
·
Förderung
von Kommunikations- und Konfliktfähigkeit
·
Sozialraumorientierung
·
Elternarbeit
·
Inklusion
und Teilhabe
·
Interkulturalität
·
Kinderschutz
·
Qualitätsentwicklung
·
Mittagsverpflegung
Die
Oberpunkte der Wertungsmatrix werden jeweils mit Unterkriterien konkretisiert.
Diese Kriterien könnten als Ausgangspunkte für eine Definition von
Qualitätsfeldern für den Qualitätsdialog dienen. Hier sind beispielsweise mit einer Gewichtung
von 3 Punkten die Bereiche „gesonderte Sprachförderangebote“,
„individuelles
Förderkonzept für das Kind in Zusammenarbeit mit der Schule“, „Angebote des
sozialen
Lernens und zur Konfliktbewältigung“ sowie eine „konzeptionelle Grundlage für
Migration und
Integration“ abgebildet. Auf diese Bereiche wird innerhalb der
Qualitätsentwicklung und –sicherung besonders geschaut. Grundlegend soll jedoch
eine Überprüfung und
Weiterentwicklung
aller Qualitätsfelder angestrebt werden, um Qualitätsunterschiede
unterhalb der
Betreuungsangebote auszugleichen und allen Kindern der Kommune gleiche
Bildungschancen
zu ermöglichen sowie soziale Unterschiede und damit Bildungsbenachteiligungen
auszugleichen.
Nachdem durch
die AG OGS entsprechende Qualitätsfelder definiert wurden, soll jeweils eines
dieser Qualitätsfelder im Laufe eines Jahres ganzheitlich durch die AG OGS
sowie die Großgruppe bearbeitet werden.
Im
Kernprozess der Qualitätsentwicklung sollen Kriterien zur Struktur-, Prozess-
und Ergebnisqualität aufgestellt werden, um den angestrebten Soll-Zustand
hinsichtlich des zu bearbeitenden Oberthemas abzubilden. Daran anschließend
würden die Indikatoren erarbeitet werden, die diese Kriterien messbar machen.
Darüber hinaus sind Instrumente zu entwickeln, mit denen die Erfüllung der
Kriterien überprüft werden können. Im Anschluss an die Durchführung wird dann
die Ergebnisauswertung erfolgen. Abschließend werden die
Veränderungsmöglichkeiten bzw. Handlungsstrategien besprochen, sodass sie
praxistauglich angewendet werden können.
Um den
gesamten Prozess der Qualitätsentwicklung anschaulicher darzustellen wurde ein
Ablauf erarbeitet, der zum einen als Zeitplan dient und zum anderen den
organisatorischen Rahmen und die Kernprozesse in Schlagwörtern zusammenfasst:
Termin |
Gremium |
Inhalt |
Juni 2022 |
Schulausschuss |
·
Grundsatzbeschluss
Qualitätsdialog |
Herbst 2022 |
AG OGS |
·
Festlegung von zu bearbeitenden
Qualitätsfeldern |
Jahresende 2022 |
Großgruppe |
·
Auftaktveranstaltung ·
Vorstellung der Struktur des
Qualitätsdialoges ·
Transparenzschaffung ·
Skizzierung des weiteren
Vorgehens |
1. Quartal 2023 |
2. Treffen AG OGS |
·
Zum jeweiligen Qualitätsbereich
die aktuellen konkreten Themen sammeln ·
Themen inhaltlich vorbereiten ·
Maßnahmen und Handlungen planen |
2. Quartal 2023 |
Großgruppe |
·
Diskussion, wie die Umsetzung der Themen in der Praxis
aussehen kann ·
Anregungen sammeln |
Sommer 2023 |
2. Treffen der AG OGS |
·
Einarbeitung der Rückmeldungen (aus dem Dialogforum) ·
Erarbeitung der konkreten Maßnahmen, Vereinbarungen etc. |
Herbst 2023 |
Großgruppe |
·
Präsentation der Ergebnisse ·
Transparenz des Prozesses herstellen |
Jahresende 2023 |
Schulausschuss |
·
Bericht der Verwaltung über Abschluss und Ergebnisse des
ersten Qualitätszirkels |
Evaluation
Die Überprüfung
der eingangs gesetzten Ziele ist zwingend erforderlich, um den Prozess und das
eigene Handeln ergebnisorientiert auszuwerten. In diesem Kontext sollten die
Zwischenberichte sowie der Endbericht an den Schulausschuss zur
Ergebnissicherung beitragen.
Die Verwaltung empfiehlt anhand dieser Konzeption die Qualitätsentwicklung in der Schulbetreuung in Rheine in den nächsten fünf Jahren durchzuführen.