Betreff
Masterplan E-Mobilität für den Ausbau der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur
Vorlage
071/23
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Bau- und Mobilitätsausschuss fasst nachfolgende Beschlüsse:

 

1.         Der Bau- und Mobilitätsausschuss nimmt die Ausführungen für den Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge und die Integration von Elektromobilität in andere Mobilitätsangebote zur Kenntnis, stimmt dem vorgestellten Leitbild und den Leitzielen für den Ausbau der Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum in Rheine zu und beschließt das Konzept „Masterplan E-Mobilität für die Stadt Rheine“.

 

2.         Der Bau- und Mobilitätsausschuss stimmt der empfohlenen Vergabestrategie zu und beauftragt die Verwaltung, die Vergabe von Sondernutzungserlaubnissen auf Basis der vorgeprüften Standortbündel 1 bis 3 durchzuführen.

 


Begründung:

 

 

Die Stadt Rheine ist Klimaschutzkommune und hat sich 2013 mit dem Masterplan 100 % Klimaschutz zum Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen bis 2050 um 95 % und den Endenergieverbrauch um 50 % zu reduzieren. Um diese Ziele zu erreichen, müssen in allen Sektoren wesentliche Maßnahmen ergriffen werden.

 

Neben Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung und Verkehrsverlagerung vom motorisierten Individualverkehr (MIV) auf den Umweltverbund spielt der Ausbau der Elektromobilität dabei eine wesentliche Rolle zur Reduktion der Treibhausgase im Verkehrssektor.

 

Um diese Aufgabe zu konkretisieren und durch geeignete Maßnahmen angehen zu können, wurde vom Büro Mobilitätswerk GmbH ein Masterplan E-Mobilität für die Stadt Rheine erarbeitet. Er soll der Verwaltung in den kommenden Jahren als Leitfaden für den Ausbau der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur und die Integration von Elektromobilität in andere Mobilitätsangebote dienen.

 

Als grundlegende Entscheidungen für den Ausbau der Ladeinfrastruktur sind vom Bau- und Mobilitätsausschuss die oben genannten Beschlüsse zum Leitbild und den Leitzielen sowie zur Vergabestrategie und den vorgeprüften Standorten zu fassen.

 

Im weiteren Verlauf der Konzepterstellung und -umsetzung, sind noch weitere verwaltungstechnische Arbeitsschritte vorzunehmen: Festlegung von Inhalten für eine Richtlinie zur Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen und Änderung der Satzung für die Sondernutzung, Begehung, Aufbereitung und finale Festlegung der Standorte für die 1. Ausbaustufe. Darüber hinaus ist die Erstellung einer Gestaltungsrichtlinie, die Veröffentlichung von Standortbündeln, die Prüfung und Genehmigung von Betreiberanfragen und das Monitoring des Ladeinfrastrukturausbaus mit hoher Priorität umzusetzen.

 

 

 

 

1. Leitbild für den Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur


Der Ausbau der Ladeinfrastruktur ist eine wichtige Zukunftsaufgabe der Stadt Rheine, um die Mobilitätswende voranzutreiben.

 

Die Interessenslagen bei Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum unterscheiden sich jedoch zwischen den wichtigsten Interessengruppen:

 

  • Nutzer/innen
  • Ladeinfrastrukturbetreiber
  • Stadt

 

 

Abgebildete Tabellen [1]

 

Deshalb ist es Aufgabe der Stadt Rheine, zunächst ein Leitbild zu entwickeln, das wesentliche Leitziele für die Steuerung des Ladeinfrastrukturausbaus enthält.


In einem Arbeitskreis mit Vertretern der Stadtverwaltung sowie Vertretern der politischen Fraktionen wurden folgende Leitziele für den Ausbau der Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum in Rheine herausgearbeitet:

 

  1. Weitestgehend flächendeckende Grundversorgung mit Ladeinfrastruktur in allen Stadtteilen
  2. Bedarfsgerechter Ausbau der Ladeinfrastruktur
  3. Geringe Beanspruchung des öffentlichen Raumes
  4. Grundprinzip: Stehen = Laden
  5. Gezielte Angebote für Anwohner ohne eigenen Stellplatz

 

2.Vergabe

 

In Rheine erfolgt derzeit kein durch die Stadt gesteuerter Ladeinfrastrukturausbau. Bislang erfolgt der Ausbau von Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum ausschließlich durch die Stadtwerke Rheine. Diese schlagen Standorte vor, die von der Stadtverwaltung geprüft und schließlich über einen Gestattungsvertrag genehmigt werden. Die Stadtwerke Rheine entrichten dafür eine Verwaltungsgebühr.

2.1 Vergabemöglichkeiten


Damit die Stadt Rheine den Ladeinfrastrukturausbau im öffentlichen Raum stadtverträglich steuern kann, muss ein geeignetes Vergabeverfahren gewählt werden. Als Ergebnis können grundsätzlich sowohl nur ein Betreiber als auch mehrere Betreiber für die öffentlichen Ladesäulen stehen.
Wichtig ist jedoch, dass interessierte Ladeinfrastrukturbetreiber einen wettbewerblichen und diskriminierungsfreien Zugang zu geeigneten öffentlichen Flächen erhalten.
Für die Vergabe von öffentlicher Ladeinfrastruktur gibt es drei grundlegende Möglichkeiten:

 

 

2.1.1. Vergabe von Errichtung und Betrieb

 

 

2.1.2. Vergabe von Sondernutzungserlaubnissen

2.1.3. Dienstleistungskonzession

 

 

 

 

2.2 Vergabeziele


Die Vergabestrategie für die Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum basiert auf folgenden Zielen:


• Das aktuelle Defizit an Ladeinfrastruktur soll möglichst schnell behoben werden.
• Ausbauaktivitäten auf halböffentlichen Flächen werden berücksichtigt.
• Um auch Betreiber für weniger attraktive Standorte zu finden, sollen diese in Bündeln mit
  attraktiven Standorten vergeben werden.
• Eine finanzielle Beteiligung der Stadt soll möglichst entfallen.
• Die Stadt soll permanent einen großen Gestaltungsrahmen besitzen, um auf veränderte
  Nachfrage reagieren können.
• Der Aufwand für Verwaltung und potentielle Betreiber ist gering zu halten.

 

2.3 Vergabestrategie


Für die Stadt Rheine wird folgende Vergabestrategie empfohlen: Vergabe von Sondernutzungserlaubnissen auf Basis vorgeprüfter Standortbündel.

 
Das Vorgehen sollte dabei wie folgt aussehen:

 

• In Abständen von ca. 2 Jahren werden vorgeprüfte Standortbündel aus attraktiven und weniger attraktiven Standorten für einen jeweils begrenzten Zeitraum (ca. 8 Wochen) veröffentlicht. Die Standortbündel sollten mind. 8–10 Standorte umfassen, um auch für überregionale Betreiber interessant zu sein.

• Anträge durch Betreiber sind nur im angegebenen Zeitraum möglich und werden außerhalb dessen mit Verweis auf den nächsten Veröffentlichungszeitraum abgelehnt. Anträge für andere Standorte werden nicht bearbeitet.

• Bei Ausbleiben von Betreiberanfragen für die Standortbündel:

o Entkoppeln der Standortbündel

o Ggf. Ausschreibung des Betriebs einzelner nicht abgerufener Standorte (Ausschreibung via Zuschuss), wenn hohe Bedeutung der Standorte

• Die Betreiber müssen der Stadt halbjährlich Auslastungsdaten (Anzahl Ladevorgänge, abgegebene Strommenge, Belegungszeit, Anzahl und Dauer von Ausfällen/Defekten) zur Verfügung stellen.




Folgende Gründe liegen der Vergabeempfehlung zugrunde:

 
• Die Stadt behält in den nächsten Jahren Gestaltungsspielraum, falls sich Ladebedarf und -technologie im noch dynamischen Marktumfeld anders entwickeln als erwartet.
• Der voranschreitende Ausbau im halböffentlichen Raum (z. B. Supermärkte, Baumärkte) und somit dort bereits gedeckter Ladebedarf kann bei der Planung weiterer Ladeinfrastrukturstandorte berücksichtigt werden.
• Der Arbeitsaufwand für die Errichtung und technische Betreuung, das wirtschaftliche Risiko (ca. 38 weitere Ladestationen im öffentlichen Raum bis 2025, unter Berücksichtigung der 12 Ladestationen durch das Deutschlandnetz), aber auch die preisliche Ausgestaltung der Ladeinfrastruktur liegen nicht nur bei einem Betreiber, sondern es gibt ein Wettbewerbsumfeld mit mehreren Betreibern.
• Die Vergabe einer Dienstleistungskonzession wäre ein komplexes Verfahren, welches vergaberechtliche Begleitung benötigt. Die Umsetzung nach Fertigstellung des Masterplans E-Mobilität würde verzögert erfolgen.
• Die Vorprüfung konkreter Standorte erfolgt, um den Arbeitsaufwand seitens der Verwaltung und der Betreiber zu minimieren. Im Gegensatz zur Veröffentlichung von Bereichen kann die Stadt stärker steuernd einwirken.
• Es werden Standortbündel aus attraktiveren und weniger attraktiven Standorten bereitge-stellt, damit Ladeinfrastruktur nicht wie bisher nur an den für Betreiber besonders attraktiven Standorten entsteht, sondern auch z. B. in Gebieten mit Mehrfamilienhausbebauung, wo Anwohner/innen teilweise keine Möglichkeit zur Errichtung einer Wallbox auf einem privaten Stellplatz haben.
• Wenn seitens der Betreiber kein Interesse an den zusammengestellten Standortbündeln besteht, können die Zusammensetzung und ggf. auch die Kriterien für die Vergabe der Sondernutzungserlaubnis im Zuge weiterer Veröffentlichungsrunden weiter optimiert werden
• Standortwünsche aus der Politik und von Bürger/innen können für die weitere Standortplanung und Erstellung der Bündel aufgenommen werden.



[1] Vgl. Masterplan E-Mobilität für die Stadt Rheine, mobilitätswerk GmbH, 2023


 

 

 

Anlage:

Masterplan E-Mobilität für die Stadt Rheine