Betreff
JHA-Auftrag zu mittelfristigen Kostenreduzierungen im Produkt 2101 – weitere Informationen, Thesen und erste Überlegungen zu Maßnahmen
Vorlage
097/23
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

1.Der Jugendhilfeausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Umsetzung des Beschlusses aus der JHA-Sitzung vom 17.11.2022 des Jugendamtes zur Kenntnis.

2. Die Verwaltung wird beauftragt, erste Maßnahmen zur Verbesserung der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität umzusetzen.

 

 


Begründung:

Der Jugendhilfeausschuss hat in seiner Sitzung am 17.11.2022 vor dem Hintergrund zweier gestellter Anträge der Fraktionen CDU und Bündnis 90/Die Grünen folgende Beschlüsse gefasst:

 

Der Jugendhilfeausschuss beauftragt die Verwaltung, bei dem Produkt 2101 für die Jahre 2023 und 2024 eine Kostenreduzierung von jeweils 500.000 Euro zu erzielen, ohne dabei die Qualität notwendiger erzieherischer Maßnahmen zu reduzieren.

Der Jugendhilfeausschuss beauftragt die Verwaltung für die mittelfristige Finanzplanung im Produkt 2101 ein abgestimmtes Konzept für eine Kostenreduzierung von 1,5 Mio. Euro ab dem Haushaltsjahr 2025 vorzulegen.

 

 

Der Auftrag könnte in Zeiten einer möglichen Energiemangellage auch bildlich gesprochen lauten „Heizungsenergie einsparen, ohne dass es kälter wird!“

Der Auftrag könnte somit durch die Verkoppelung von zwei Aussagen auf den ersten Blick einen klassischen nicht lösbaren Dilemmata-Auftrag darstellen.

Auf den zweiten Blick aber dürfte der Auftrag aber eher bedeuten, dass alle für den Produktbereich Verantwortung tragenden Beteiligten die im Einzelfall notwendige Qualität von Erziehungshilfeleistungen dauerhaft sicherstellen wollen, aber im Hinblick auf die Kriterien „Notwendigkeit“, „Intensität“, „Dauer“, „Prozessgestaltung von Hilfen“ und „Organisation“ etc.  vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Vergleichsdaten anderer Kommunen einen Entwicklungsbedarf annehmen, der genauer untersucht, dann ggfs. konzeptionell entwickelt und umgesetzt werden soll, und in der Folge mittel- und langfristig zu Einsparungen oder einer moderateren Kostenentwicklung im Produktbereich 2101 führen soll.

 

In der Diskussion in der Jugendhilfeausschusssitzung vom 17.11.2022 war bereits seitens der Verwaltung darauf hingewiesen worden, dass es sich bei dem Beschlussauftrag um einen nicht kurzfristigen Prozess handeln werde, und dieser der Aufgabenstellung folgend breit angelegt werden müsse.

 

Dem Jugendamt Rheine stehen neben dem in einer Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses vorgelegten Untersuchungsbericht der GPA (Gemeindeprüfungsanstalt) weitere z. T. fachlich differenziertere Vergleichsanalysen zur Verfügung.

 

 

IB-NRW

Das Jugendamt Rheine ist seit mehr als 10 Jahren Mitglied im interkommunalen Vergleichsring „IB-NRW“ des Instituts GEBIT (Gesellschaft für Beratung sozialer Innovation und Informationstechnologie) in Münster.  Weitere 10 Kommunen und Kreise aus NRW sind Mitglied in diesem Vergleichsring. Darüber hinaus unterhält das Institut weitere Vergleichsringe in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und einigen neuen Bundesländern.

 

Der Vergleichsring setzt sich zusammen aus Jugendamtsdaten der jeweils abgelaufenen Haushaltsjahre. Die Datengrundlage ist in den Anfangsjahren aufwändig und nachvollziehbar definiert worden, um überhaupt eindeutige und sichere Daten generieren und vergleichen zu können.

 

Die Daten aus dem IB-NRW-Vergleichsring werden in folgenden Bereichen erhoben:

  1. Kontextfaktoren zu den Rahmenbedingungen kommunaler Kinder- und Jugendhilfe

Hier werden Sozialstrukturdaten, Daten zur Wirtschaftskraft, zur Beschäftigungsstruktur, zur Bildung und Betreuung aus den Jahresberichten der Landesstatistik NRW vom Institut direkt recherchiert und zusammengestellt.

 

  1. Fachdaten kommunaler Kinder- und Jugendhilfe

Hier werden von den Jugendämtern nach eigenen Erhebungen aus deren Geschäftsstatistiken Daten zur Auftragserfüllung und Wirtschaftlichkeit, sowie zur Organisation und Qualitätsentwicklung zusammengetragen und in vom Institut entwickelte Erhebungsmasken übertragen.

 

  1. Jahresschwerpunkt und Jahreskennzahlen

Hier werden in den jeweiligen Landesvergleichsringen zu Beginn eines Jahres Schwerpunkt- und Untersuchungsthemen von den beteiligten Jugendämtern erörtert, festgelegt und dazu Daten gesondert erhoben und ausgewertet.

 

Das Ziel der integrierten Berichterstattung des IB-NRW-Vergleichsrings ist der Aufbau und die stetige Führung eines qualifizierten interkommunalen Vergleichs, um im Austausch mit den teilnehmende Kommunen und dem Institut Hinweis zu auffälligen Entwicklungen und Empfehlungen zu neuen fachlichen Herausforderungen zu erhalten. Zudem bietet IB-NRW auch eine regelmäßige Standortbestimmung, sowie Hinweise zu neuen Trends. Besonders wichtig in den Reflexionssitzungen zu den Berichten sind die jugendamtsbezogenen Fach- und Steuerungsfragen, die helfen mögliche Entwicklungsoptionen zu erkennen und in der Folge anzugehen.

 

Die o. g. Vergleichsbereiche bieten unterschiedliche Möglichkeiten zur realen Steuerung. Die Kontextfaktoren der Kinder- und Jugendhilfe können im Regelfall von der Jugendhilfe selbst nicht gesteuert oder verändert werden. Hier bestehen lediglich Steuerungsoptionen über eine konsequente Sozialpolitik. Die Kontextfaktoren bieten aber eine gute Grundlage für die Qualität von Vergleichsdaten. Kommunen mit komplett unterschiedlichen Kontextfaktoren bieten sich für Vergleiche weniger gut an. Daher werden vom Institut in Abständen Clustergruppen nach Kontextfaktoren errechnet, die sich besser für aussagekräftige Vergleiche anbieten.

 

IB-NRW bietet im Teil der Fachdaten kommunaler Kinder- und Jugendhilfe einen besonderen Teil für den Vergleich von Fachdaten, wirtschaftlichen Entwicklungen und den Zusammenhang zu organisatorischen und qualitativen Elementen der Jugendämter, die sich besonders in Strukturqualität, Prozessqualität und Ergebnisqualität darstellen und beeinflussen lassen. Gerade dieser Bereich der Fachdaten kommunaler Kinder- und Jugendhilfe gibt den Jugendämtern Hinweise zu Steuerungsmaßnahmen und Entwicklungsbedarfe. Im Austausch mit den Verantwortlichen anderer Jugendämter liegt die Chance über deren Erfahrungen und dazugehörigen Zielsetzungen konkrete Anregungen für die Weiterentwicklung der eigenen Praxis zu holen. Über die Moderation hinaus benennte das Institut in den Auswertungssitzungen und in den Berichten konkrete Steuerungsoptionen.

 

Einige ausgewählte Abbildungen aus dem aktuellen Bericht IB-NRW zum Jahr 2021 werden in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses vorgestellt und erläutert.

Kontextfaktoren:                                                                  Im IB-Vergleich

-          Anteil unter 18 Jahren                                   durchschnittlich

-          Anteil Haushalte mit Kindern                                   durchschnittlich

-          Anteil Leistungsberechtigte SGB II             durchschnittlich

-          Anteil Leistungsberechtigte SGB II < 15 J. durchschnittlich

-          Anteil Alleinerziehende LB nach SGB II     oberhalb des Durchschnitts

 

Fachdaten kommunaler Kinder- und Jugendhilfe:

-          Anteil festgestellter § 8a Gefährdungen       oberhalb

-          Anteil Inobhutnahmen nach § 42                  unterhalb

-          Anzahl u. Zuschussbedarf HzE <18 J.          Anzahl durchsch. u. Zuschussb. hoch

-          A. u. Z. in den stat. Hilfen                            Anzahl leicht erhöht u. Zuschussb. hoch

-          A. u. Z. in den amb. Hilfen                           Anzahl und Zuschussb. gering

-          Anzahl § 35a 6 < 18 J.                                  durchschnittlich

-          Anzahl Schulbegleitung nach § 35 a             oberhalb

-          Anzahl Hilfen junger Vollj > 18 J.                Hilfen und Zuschussb. oberhalb

 

Organisation und Qualitätsentwicklung:

Strukturqualität:

-          Anzahl EW pro VZÄ Leitung in HP                        oberhalb

-          Fallbelastung pro VZÄ ASD                        durchschnittlich

-          Quote Krankenstand                                     oberhalb

[VZÄ = Vollzeitäquivalent]

 

Prozessqualität:

-          Anteil Selbstmelder amb. u. ION                 oberhalb

-          Steuerung im Hilfeverlauf                             unterhalb

[ION = Inobhutnahme]

 

Ergebnisqualität:

-          Abbruchquote stat. Hilfen                            durchschnittlich

-          Zielerreichung junge Volljährige                   Oberhalb

 

In dem schriftlichen Bericht zum IB-NRW-Vergleichsring führt das Institut unterschiedliche Wirkfaktoren in den erzieherischen Hilfen aus einer Publikation von Macsenaere und Esser „Wie wirkt Erziehungshilfe“ auf.

Einige Faktoren sind hier exemplarisch dargestellt:

-          Die Fähigkeit der Adressat/innen zur Bewältigung belastender Lebensereignisse und zum Aufbau von Perspektiven für das eigene Leben

-          Ein gelungenes „Passungsverhältnis“ zwischen Hilfe und Situation/Vorerfahrungen/Selbstkonzept der Adressat/innen

-          Die Erfahrung von Sicherheit und Obhut für junge Menschen

-          Die Erreichung von Hilfeplanzielen

 

Die deutlich differenzierten Daten aus dem IB-NRW-Vergleichsring belegen zunächst, dass die sozialstrukturellen Rahmenbedingungen für das Jugendamt Rheine zunächst im Wesentlichen den Rahmenbedingungen anderer Vergleichsjugendämtern entsprechen.

Mit den Ergebnissen aus den Fachdaten können die erhöhten Fallzahlen und Zuschussbedarfe, sowie die im Vergleich geringeren ambulanten Hilfen aus dem GPA-Bericht bestätigt werden.

Bei den Daten zur Strukturqualität wird deutlich, dass zwar die Kennzahl Fallbelastung pro Fachkraft-VZÄ im Verglich zu den anderen Kommunen durchschnittlich ist, die hohe Quote beim Krankenstand diesen Wert aber negativ beeinflusst.

Auffällig ist auch der Vergleichswert zum Verhältnis Leitung zum Einwohnerwert, der für das Jugendamt einen abweichenden Wert ausweist.

 

 

HzE-Berichtsdaten des Landesjugendamtes aus 2020

Über den IB-NRW hinaus stellt die Jugendhilfeplanung und Qualitätsentwicklung des Landesjugendamtes jährlich Vergleichsdaten zu ausgesuchten Informationen von Jugendämtern aus der offiziellen Landesstatistik NRW (IT-NRW) zur Verfügung. Diese Daten sind in einer speziellen Excel-Tabelle aufbereitet. Diese Tabelle bietet die Möglichkeit die eigenen Ergebnisse mit denen von anderen Jugendämtern zu vergleichen bzw. diese direkt nebeneinander darzustellen.

Aufgrund von Clusterberechnungen zu Strukturtypen, Belastungsklassen und Jugendamtstypen lassen sich die Werte der Kommunen vergleichen, die sich besonders für einen Vergleich anbieten.

 

In der Sitzung werden einige dieser Werte aus 2020 im Vergleich zu zwei Kommunen präsentiert.

 

Neben der Bestätigung bereits recherchierter Ergebnisse wird für die stationären Hilfen zusätzlich deutlich, dass deren Verweildauern im Jugendamt Rheine (durchschnittliche Dauer in Monaten) länger als in den Vergleichskommunen angegeben sind.

Während ein solcher Wert für die Vollzeitpflege einen positiven für die Pflegekinder stabilen Charakter vermittelt, stellt sich für die Heimerziehung zumindest die Frage nach möglichen fehlenden Rückkehroptionen und –strategien zu den Herkunftsfamilien.

 

 

Interne und externe Beteiligungen an der JHA-Aufgabenstellung

Zur Erörterung und zur Analyse bisheriger Erfahrungen im Produktbereich 2101 wurden neben der Hinzuziehung zusätzliche Vergleichsdaten auch das Erfahrungswissen verschiedener Akteure und Beteiligten einbezogen.

 

In der letzten Sitzung der Arbeitsgemeinschaft (AG) nach § 78, Beratung und ambulante Hilfen zur Erziehung, wurde der Arbeitsauftrag aus der Haushaltsberatung im JHA vorgestellt, mögliche Thesen erörtert und Lösungsstrategien skizziert.

 

Thesen und Positionen aus der AG nach § 78 SGB VIII:

A.     Kennzahlen zu stationären und ambulanten Hilfen, sowie deren Zuschussbedarfe dürfen nicht ohne eine parallele Erhebung von Kennzahlen zum Kinderschutz bewertet werden.

B.      Schnelle Lösungen zur Verbesserung der Budgetlage mittels Limitierungen von Fachleistungsstunden und der Dauer von Hilfen verfehlen nachhaltige Erfolge in den Familienhilfen, da nur eine mit den Familien erarbeitete bedarfsgerechte Hilfe zielführend sein kann.

C.     Zu starken Einsparvorsatznahmen sollten sozialethische und sozialpolitische Positionierungen vorausgehen. Extrembeispiel: „Will die Stadt Rheine wohnsitzlose junge Menschen oder gar Straßenkinder in der Öffentlichkeit akzeptieren?“

D.     Die Folgen der Pandemie sind noch gar nicht voll durchgeschlagen und werden noch zu einem Anstieg der Bedarfszahlen führen.

E.      Polizeiliche Ermittlungserfolge in kinderpornografischen Delikten werden in der Folge zu einer weiteren Zunahme von Kinderschutzfällen und Beratungsbedarfen führen.

F.      Wenn in der Zukunft Effekte erwartet würden, müsse in Prävention und Qualität investieren um Einsparungen zu generieren.

G.     Eine weitere Zunahme von Flüchtlingen werde mit einiger Verzögerung automatisch zu Nachfragesteigerung in Hilfen führen.

a.      Kulturelle Unterschiede in der Erziehung

b.      Intergenerative Konflikte

c.      Häusliche Gewalt

H.     Der Fachkräftemangel wird noch negative Auswirkungen auf die Strukturqualität der öffentlichen und freien Jugendhilfe haben

 

Anregungen und Ideen aus der AG nach § 78

Ø  Entwicklung von Rückführungskonzepten aus der Heimerziehung oder Bereitschaftsfamilie in die Herkunftsfamilie

Ø  Fachkräfteoffensive im Bereich der Hilfen zur Erziehung

Ø  Qualifizierung der Steuerung der Erziehungshilfen (Bedarfsklärung, Notwendigkeitsprüfung, Entwicklung von Vorsatznahmen und Zielen, Definition von Erfolgsindikatoren…)

Ø  Verbesserung der Kooperation der Erziehungshilfe mit den Familien- und Jugendgerichten

 

 

Darüber hinaus wurde der Auftrag in einer der letzten Dienstbesprechungen im allgemeinen sozialen Dienst vorgestellt und diskutiert.

 

Thesen und Positionen aus dem Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) im Jugendamt

A.     Im stationären Bereich sei die Trägervielfalt gering ausgeprägt, die Angebote in Folge starker Nachfrage belegt und die Konkurrenz nur wenig vorhanden.

B.      Der sich immer weiter entwickelnde „Anbietermarkt“ mache es den Fachkräften schwer nur den individuellen Bedarf als Auftragsgrundlage zu vereinbaren ohne Aufnahmebedingungen zu akzeptieren.

C.     Es fehle Wohnraum für jungen Menschen im Rahmen der Verselbstständigung.

D.     Für Kinder stehen nicht mehr in ausreichender Anzahl Pflegefamilie zur Verfügung, die sich langfristig zutrauen ein Kind aufzunehmen. Um die Verweildauern in Klärungshilfen aus Kinderperspektive nicht zu lang werden zu lassen, werden stattdessen familienanaloge stationäre Hilfen belegt.

E.      Der zentrale Standort Rheine mit seiner vielseitigen Infrastruktur mit einem großen Bahnhof, einer ständig besetzten Polizeistation, der Klinik mit Entbindungsstation, einem stationären Mutter-Kind-Projekt und dem Frauenhaus bedinge in der Folge eine höhere Inobhutnahme und eine höhere Nachfrage nach Hilfen, da Eltern sich nach dem Aufenthalt oder der Beendigung häufiger in Rheine ansiedeln würden. Dadurch ergeben sich auch neue Kostenzuständigkeiten für bereits untergebrachte Kinder.

F.      Die Verfahrensweise von Eltern und der Polizei bei häuslicher Gewalt, die von Jugendlichen ausgeht und in vermehrten Fällen mit einem Annäherungsverbot für die Jugendlichen geahndet würde, ziehe automatisiert einen Aufenthalt in der Jugendschutzstelle nach sich. Dadurch erstünden neue stationäre Bedarfe.

 

Anregungen und Ideen aus dem Allgemeinen Sozialen Dienst im Jugendamt

Ø  Weiterer Ausbau von niedrigschwelligen Hilfen in den Sozialräumen, sowie Erweiterung der semiprofessionellen Hilfen. (Frühe Hilfen)

Ø  Trennung der pädagogischen Unterstützungsleistungen in den SPFHs von den nichtpädagogischen (bspw. Begleitung zu Ärzten und Behörden, Hausaufgabenhilfe)

Ø  Weitere Entwicklung der Zusammenarbeit mit einer nach Möglichkeit flächendeckenden Schulsozialarbeit und der Kooperation mit den Schulen, bis hin zu speziellen Angeboten an Schulen.

Ø  Forcierung von Wohnraumprojekten für junge Menschen außerhalb der Erziehungshilfe, um eine Beendigung einer stationären Hilfe umsetzen zu können.

Ø  Offensive zur Anwerbung, Akquise, Schulung, Qualifizierung und Betreuung von Pflegefamilien.

Ø  Kooperationsvereinbarungen mit der Polizei für konkrete Aufgabenstellungen.

 

 

Weitere Thesen ergeben sich aus dem Studium von Fachliteratur und aus den Erörterungen auf der Leitungsebene des Jugendamtes. Diese sind in der Folge zusammengestellt aufgeführt.

Die ebenfalls zusammengetragenen ersten Ideen und Maßnahmen dienen als Grundlage weiterer Erörterungen und Untersuchungen, die in den nächsten Monaten getätigt werden sollen und schließlich konzeptionell entwickelt werden sollen.

 

Thesen

  1. Nicht immer alle Hilfen sind in der entsprechenden Intensität und Qualität zwingend in der Fortschreibung weiterhin notwendige Hilfen. (Stichwort: Verlustaversion)
  2. Träger von Hilfen haben unterschiedliche Fachleistungsstundensätze aufgrund von unterschiedlich erfahrenen und spezialisierten Fachkräften.  Ein vermehrter Einsatz von Trägern mit geringeren Sätzen führt nicht zu einer individuell passenden Qualität der Hilfe und damit mittelfristig nicht zu Kostenreduzierungen.
  3. Rückkehroptionen und –strategien von Kindern und Jugendlichen in stationären Erziehungshilfen werden nicht ausreichend in die Hilfeplanungen integriert.
  4. Personelle Engpässe (Krankheit, Personalwechsel) führen zu höheren Fallbelastungen und zu einer geringeren Qualität der Prozesssteuerung (Fallverstehen, Fallentscheidung; Beteiligung, Fallsteuerung, Fallende) in den Fällen.
  5. Durch den Verzicht auf ein „Frontend – Steuerungsunterstützung-Kundensteuerung“ finden im Beratungsalltag vielfältige telefonische und persönliche „kleine Störungen“ statt, die Zeit und Energie der Fachkräfte kosten, aber auch anderweitig im Sinne der Klienten gelöst werden könnten. (telefonische Auskünfte zu spezialisierten Beratungsangeboten, Terminorganisation, etc.)
  6. Eine nicht ausreichende Präsenz von Leitungskräften zieht insbesondere in Krisen und schwierigen Fällen eine Entscheidungsunsicherheit nach sich, die Zeit, die Beteiligung vieler anderer Fachkräfte kostet und zu Störungen oder Abweichungen im Entscheidungsprozess führen kann.
  7. Transparent objektive und akzeptierte Instrumente der Personalbemessung fehlen und können zu subjektiven Einschätzungen von Überlastungen führen.
  8. Fachkräfte im ASD sind nach dem Studium und der Tätigkeit in sachfremden Bereichen noch nicht ausreichend qualifiziert kurzfristig eine komplette Fallzuständigkeit zu übernehmen.
  9. Qualitative Veränderungen der strukturellen und prozessualen Rahmung im Jugendamt können mittelfristig zu Kostenreduzierungen führen.

 

Erste Ideen zu Maßnahmen zur Sicherung der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität der Erziehungshilfe im Jugendamtsbezirk Rheine

  1. Frontend konzeptionieren und mit einem ausreichenden, funktionalen Stellenumfang (ständige Präsenz) aufbauen - Strukturqualität
  2. Aufbauorganisation mit stetiger Präsenz von mindestens 3 Leitungsfachkräften in den Sozialen Diensten (Allg. SD; Spezialdienste; Eingliederungshilfen). - Strukturqualität
  3. Vereinbarung zu internen oder externer Aktenanalysen mit dem Ziel die Thesen zur Fallsteuerung zu untersuchen (Notwendigkeit von Hilfen, Fallsteuerung; Rückkehroptionen, Beendigungsprozesse) – Modifizierung der Dienstanweisungen. - Prozessqualität
  4. Ein Einarbeitungskonzept wird entwickelt und verabschiedet, sowie das Angebot für Dualstudenten der Sozialen Arbeit fortgesetzt.- Prozessqualität
  5. Personalbemessungskonzept auf der Basis der neu eingeführten Prozesssteuerung erstellen, erproben und vereinbaren. - Strukturqualität
  6. Prozess zu Haltungsfragestellungen im gesamten ASD bzw. JA/Dezernat zu Grundsatzfragen von Notwendigkeit und Geeignetheit – Ergebnisqualität
  7. Einsatz von Klientenfragebögen zur Erhebung von Zufriedenheit und Wirksamkeit – Ergebnisqualität

 

Dabei wird die Einführung eines zusätzlichen Auswertungstools in der elektronischen Fallakte wichtige Grundlagen zur Verfügung stellen können.

 

 

Informationen zum aktuellen Stand an Einrichtungen und Diensten der ambulanten, teilstationären und stationären in der Stadt Rheine

In gegenwärtigen Diskussionen im politischen Raum und auch in einzelnen Thesen wurde die Problematik der fehlenden „Trägervielfalt“ in den Einrichtungen und Diensten angesprochen.

Als ergänzende Information wird an dieser Stelle auf die derzeit grundsätzlich, unabhängig von kurzfristigen zur Verfügung stehenden Kapazitäten, auf dem Gebiet der Stadt Rheine tätigen Träger von Angeboten und Maßnahmen hingewiesen.

 

Träger von ambulanten Hilfen (bspw. im Rahmen einer SPFH oder einer Erziehungsbeistandschaft):

-      Cameta

-      Caritas Kinderheim

-      Caritasverband Rheine

-      Evangelische Jugendhilfe

-      Pädagogische Praxis Greiwe

-      Praxis Impulse (Pflegekinderwesen)

-      Praxis Zweers

-      Sterntaler

-      VSE

-      Wellenbrecher

 

In der Eingliederungshilfe nach § 35a sind im ambulanten Bereich darüber hinaus weitere Träger in und um Rheine tätig, wie der DRK mit den Autismusambulanzen und unterschiedliche lerntherapeutische Institutionen oder Praxen.

 

Träger von teilstationären Angeboten:

-      Caritas Kinderheim

 

Träger von stationären Angeboten (bspw. im Rahmen der Heimerziehung oder mit Pflegestellenkonzepten):

-      Caritas Kinderheim

-      Eulenspiegel Wohn- und Werkhaus

-      Sterntaler Jugendhilfe

-      Evangelische Jugendhilfe (WPF, Betreuung bei Inobhutnahme, Krisendienst

-      SKF (WPF – westfälische Pflegestellen)

-      VSE  (WPF – westfälische Pflegestellen)

-      Westfälisches Jugendheim Tecklenburg (WPF – westfälische Pflegestellen)

 

Über diese in Rheine tätigen Träger stehen für stationäre Bedarfe weitere Träger im Kreis Steinfurt oder auch in anderen Kreisen heimatnah (Umkreis 30 – 50 km) zur Belegung zur Verfügung.

 

 

In der Sitzung werden einzelne Untersuchungsergebnisse aus dem Vergleichsring IB-NRW und den HzE-Daten des Landesjugendamtes mittels einer Präsentation näher ausgeführt.