Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Die Verwaltung
wird beauftragt, das Konzept mit der Installation eines Eisspeichers mit
Anschluss- und Benutzungszwang weiterzuverfolgen, sofern die EWR einen
wirtschaftlichen Betriebsstart bis Herbst 2025 sicherstellen kann.
Begründung:
Mit der Erklärung
des Erstzugriffsrechtes zum Erwerb der Damloup Kaserne im Jahr 2018 hat die
Stadt Rheine die erste Weiche für die Entwicklung der ehem. Damloup Kaserne im
künftigen Europa-Viertel am Waldhügel gestellt.
Es folgte im Jahr 2019,
parallel zur Erstellung erster Gutachten im Hinblick auf Böden, Schadstoffe,
Verkehr, usw. eine Bürgerwerkstatt und das nun in der Umsetzung befindliche
Städtebauliche Konzept hervorging.
Mit dem Erwerb der
Liegenschaft von der BImA im August 2022 und dem Start der Rückbaumaßnahmen im
November 2022 befindet sich das Projekt nun kurz vor dem Start der
Neuerschließung.
Von Beginn an
wurde für das Europa-Viertel am Waldhügel als zukunftsfähiges Quartier geplant.
Als Beispiele seien hier zu nennen: das Thema „Schwammstadt“ für die
Entwässerung sowie die „Mobilitätshubs“ für die neue Mobilität, welche eine
hohe Wohnqualität im Quartier sichern sollen – nun auch die Energiegewinnung.
Aufgrund der
Entscheidung keine Gasleitung in das Europa-Viertel zu legen wurde im Jahr 2020
von der EWR ein Energieversorgungskonzept beauftragt und noch im gleichen Jahr
vorgelegt.
Daraufhin wurde
mit drei Probebohrungen Anfang 2022 das geothermische Potenzial gutachterlich
ermittelt (siehe Anlage 1).
Im Ergebnis werden
sehr gute geothermische Bedingungen (vgl. Punkt 7 der Seite 14, Anlage 1)
prognostiziert. Aufgrund eines Rotpläners liegt die Tiefenbeschränkung jedoch
bei ca. 70 m. Eine zentrale Lösung mit einem Wärmenetz basierend auf
Bohrpfählen, ist damit für die EWR wirtschaftlich nicht mehr interessant.
Daraufhin
ermittelte die EWR in Abstimmung mit der Stadtverwaltung – gefördert mit dem
Programm „Wärmenetze 4.0“ – ein weiteres Gutachten, welches – aus Sicht der EWR
– eine Eisspeicherlösung favorisiert (siehe Anlage 2, Anlage 3). Die EWR machen
die Realisierung eines „Eisspeichers“ von einem Anschluss- und Benutzungszwang
und einer zusätzlichen Belastung im Grundbuch eines jeden angeschlossenen
Baugrundstückes abhängig. Durchgeführte Vergleichsrechnungen mit dezentralen
Wärmepumpensystemen zeigten, dass für die in dem Quartier geplanten
Reihenhäuser über das zentrale Energiekonzept kein für die Bauherren
wirtschaftlich interessantes Angebot platziert werden kann. Daher sind die
Planungen dahingehend überarbeitet worden, dass nur noch die Teile des
Quartieres über ein zentrales Energiekonzept versorgt werden sollen, in denen
eine drei- bis viergeschossige Mehrfamilienhausstruktur vorliegt und somit die
relativ hohen Grundkosten je Gebäude auf viele Wohnungen verteilt werden
können. Im Gegensatz zu der Übersichtskarte in Anlage 3 kann der Kindergarten
nicht in den Geltungsbereich aufgenommen werden, da dieser zeitlich vor
Inbetriebnahme des Wärmenetzes in Betrieb gehen soll.
In der beigefügten
Anlage sind zur Entscheidungsfindung die Lösungen Erdwärmesonden
(Sole-Wasser-Wärmepumpe), individuelle Lösungen (hier Luft-Wasser-Wärmepumpen)
und der Eisspeicher miteinander verglichen worden (siehe Anlage 2). Dabei
wurden sowohl die Investitionskosten, die Gesamtkosten über eine Laufzeit von
40 Jahre als auch die CO²-Kosten miteinander verglichen.
Bei den
individuellen Möglichkeiten kämen neben Luft-Wasser-Wärmepumpen auch andere
Möglichkeiten in Betracht, z. B. die Geothermische Tiefenbohrung: Das Gutachten
weißt sehr gute Bedingungen aus. Der Anlage 1 ist das Gutachten zu entnehmen,
bei dem im ersten Satz der Seite 15 ausdrücklich auf die guten Bedingungen der
Sondeninstallation verwiesen wird. Die Lösung müsste dann durch die Bauherren
im Einzelfall geprüft werden.
Die Vorteile des
Wärmenetzes mit dem Eisspeicher sind laut Berechnung der EWR die geringeren
Investitionskosten für Bauherren, kein Flächenbedarf und keine
Geräuschbelastung durch Luft-Wasser-Wärmepumpen, eine gesicherte Lösung für
Bauherren und die Möglichkeit zur Nutzung für Kühlung. Die Gesamtkosten sind laut Berechnung der EWR
konkurrenzfähig zu den derzeitigen Kosten für Luft-Wasser-Wärmepumpen.
Aus Sicht der
gesamten Projektentwicklung sind neben der Betrachtungs- und Interessenslage
der EWR auch folgende damit verbundene Bedingungen und Folgen abzuwägen:
Klimafreundlichkeit:
Zentrale Netze
führen i.d.R. zu einer Einsparung von CO², da sie effizienter sind als
Einzellösungen. So ist dies auch hier (s. Anlage 3), allerdings ist die
CO²-Bilanz der Herstellung des Wärmenetzes im Vergleich zu Einzellösungen nicht
mit einberechnet. Dabei schlägt in der Lösung des Eisspeichers der Beton zum
Bau des Eisspeichers (ohne: Stahlbewehrung, Transport, Leitungen, zusätzlich
Energiezentrale und zusätzliche Technik) mit ca. 150 Tonnen CO² zu Buche.
Bisherige
Zeitplanung:
a)
Start
techn. Erschließung: 11/2023
b)
Hochbaureife
ca. April 2024
c)
Start
Vermarktung: Winter 2023/2024
d)
Ohne
Aussage zu einer Förderung des Energiekonzepts mit einem Eisspeicher wird die
Realisierung durch die EWR nicht erfolgen. Damit kann die Neuerschließung nicht
erfolgen oder eine spätere Aufnahme der neuen Baustraße zur Verlegung des
Wärmenetzes muss erfolgen. Diese Kosten sind i.M. nicht berücksichtigt.
e)
Verschiebung
der Vermarktung und Erschließung würde zu Zinsverlusten bei der Stadt Rheine
aufgrund verspäteter Einnahmen führen
f)
Kein
Start mit dem ersten Mobilitätshub (MH): da gemeinsame Planung mit angebauter
Energiezentrale. Ohne MH kann die Vermarktung nicht erfolgen.
Das gesamte
Konzept „Eisspeicher“ ist von der Förderung abhängig. Die Förderzusage könnte
nach der Zeitplanung der EWR ca. im April 2024 erfolgen. Die Vermarktung soll
vorher starten, so dass hier die Voraussetzungen noch nicht klar benannt werden
können. Mit dem Ankauf der Damloup Kaserne von der BImA ist der Stadt ein
Nachlass von 1,5 Mio € für 60 geförderte Wohnungen gewährt worden. Diese sind
bis Ende 2025 bezugsfertig zu erstellen, andernfalls ist die Rückzahlung von
1,5 Mio € an die BImA zu tätigen und eine ggfls. von der Stadt Rheine gewollte
Förderung müsste durch eigene Mittel erfolgen. Der Bau des „Eisspeichers“ hängt
lt. EWR zwingend von einer Förderung ab. Eine Fertigstellung, inkl. Förderung
wird derzeit von der EWR zu Ende 2025 zugesagt.
Rückmeldung aus
der örtlichen Wohnungswirtschaft: Nach einem Gespräch mit mehreren Akteuren der örtlichen
Wohnungswirtschaft, wird der Anschluss- und Benutzungszwang (A+B Zwang)
kritisch gesehen. Aus der Erfahrung mit der Eschendorfer Aue bedeute das, je
nach Förderkulisse und Entwicklungen neuster Technologien, unter Umständen ein
Hemmnis. Eine zusätzliche Belastung wäre es allerdings in jedem Fall,
insbesondere in durch hohe Baupreise und Zinsen angespannten Zeiten und würde
ein Vermarktungshemmnis darstellen. „Wenn das System die beste Lösung ist, ist
kein Zwang nötig, dann wird sich jeder wirtschaftlich denkende Akteur
freiwillig anschließen“. Der A+B Zwang wird als Innovationsbremse gesehen.
Durch einen A+B Zwang würde jegliche Innovation (z.B. Energiepfähle,
Wasserstoff, …) verhindert. Die Eschendorfer Aue hätte gezeigt, dass die
Entwicklungen sehr schnell erfolgen können und ein starres System schnell zum
Hemmschuh werden kann. Bzgl. der Kosten bestehen Bedenken, da in der
Kalkulation „Eisspeicher“ die Wohnungswärmetauscher nicht enthalten sind und
diese nicht bei jeder dezentralen Lösung anfielen. Hinsichtlich der Möglichkeit
das System zur Kühlung zu nutzen, wäre dies im Wohnungsneubau von geringer bis
keiner Bedeutung.
Fazit:
Unter
Berücksichtigung der verschiedenen Vor- und Nachteile empfiehlt die Verwaltung
das Konzept eines Eisspeichers weiter zu verfolgen. Sollte sich bis zum
1.6.2024 herausstellen, dass die Wirtschaftlichkeit nicht gegeben ist, bzw. der
Zeitplan nicht gehalten werden kann, ist die Situation neu zu betrachten und ggf.
auf eine dezentrale Wärmeversorgung umzuschwenken.
Anlagen:
Anlage 1: Gutachten Potenzialanalyse Geothermie
Anlage 2: Erläuterung Eisspeicher
Anlage 3: EWR Präsentation