Betreff
Leitlinien zur Förderung der Beteiligung
und des Engagements der Bürgerinnen und Bürger in Rheine
Vorlage
269/23
Aktenzeichen
BdB - BM - 0.20
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

1.      Der Rat beschließt die als Anlage beigefügten Leitlinien zur Förderung der Beteiligung und des Engagements der Bürgerinnen und Bürger in Rheine, verbunden mit einer einjährigen Pilotphase unter den in der Vorlage beschriebenen Rahmenbedingungen.

 

2.      Der Rat beauftragt die Verwaltung, bis zum Abschluss der Haushaltsplanberatungen einen Vorschlag zur Einrichtung einer Fachstelle Beteiligung und Bürgerengagement zu unterbreiten.

 


Begründung:

 

Vorbemerkung

In der Stadt Rheine sind Bürgerbeteiligung und Engagementförderung ein fester Bestandteil im Miteinander. Der von der Entwicklungsgruppe erarbeitete Leitlinienentwurf knüpft somit an das Bestehende an und soll

-          Verlässlichkeit für alle Akteure bieten, indem gemeinsame Regeln aufgestellt sowie Standards für Prozesse und Strukturen festgeschrieben werden,

-          für mehr Transparenz des Handelns von Politik und Verwaltung sorgen,

-          bei Entscheidungen idealerweise zu mehr gegenseitigem Verständnis und somit auch zu einer größeren Zufriedenheit im Miteinander beitragen und somit 

-          das Engagement der Einwohner(innen) stärken und die Demokratie fördern!

Neben diesen Chancen gilt es aber auch die Grenzen von Beteiligung zu bedenken und im Alltag zu berücksichtigen:  

-          Leitlinien sind als Teil der Gestaltung und der Kommunikation innerhalb der Stadtgesellschaft zu sehen – sie sind keine Selbstläufer.

-          Handlungs- und Gestaltungsspielräume sind endlich und müssen vor Beginn klar sein und offengelegt werden.

-          In der Umsetzung erfordern Prozesse Offenheit für unterschiedliche Perspektiven und die Bereitschaft Kompromisse einzugehen.

-          Die Entscheidungspflichten und -rechte der gewählten politischen Vertretungen können durch Bürgerbeteiligung (außer Bürgerentscheid) nicht ausgehebelt werden.

 

Chronologie des Erarbeitungsprozesses

   08.12.2020        Der Rat der Stadt Rheine beschließt, Leitlinien zur Bürgerbeteiligung unter Mitwirkung der Bürgerschaft sowie Rat und Verwaltung zu entwickeln.

   21.01.2021        Auftaktveranstaltung (Rat u. Verwaltung)

   29.10.2021        Vorbereitungsworkshop (Rat, Verwaltung, Stadtteilbeiräte)

       11/2021        Ausschreibung Prozessbegleitung

   07.12.2021        Der Rat der Stadt Rheine beschließt, das Handlungsfeld „Förderung des bürgerschaftlichen Engagements“ bei der Erarbeitung der Leitlinien mit einzubeziehen und setzt zur Erarbeitung eines Leitlinienentwurfs eine Entwicklungsgruppe ein.

  01-02/2022        Besetzung Entwicklungsgruppe

   14.03.2022        Auftaktsitzung Entwicklungsgruppe

   26.04.2022        2. Sitzung Entwicklungsgruppe

   01.06.2022        3. Sitzung Entwicklungsgruppe

   15.12.2022        4. Sitzung Entwicklungsgruppe

   23.02.2023        5. Sitzung Entwicklungsgruppe

  04-05/2023        Digitales Mitwirkungsangebot für die Bürgerschaft

   25.05.2023        Öffentliche Mitwirkungsveranstaltung in Präsens       

   16.08.2023        Abschlusssitzung Entwicklungsgruppe

 

Bürgerbeteiligung Bürgerengagement

Obwohl ein Unterschied zwischen den Handlungsfeldern Bürgerbeteiligung (Teilnahme an Prozessen der Stadtentwicklung) und Bürgerengagement (gemeinwohlorientierte, ehrenamtliche Tätigkeit) besteht, hat es einen Vorteil, sie verbindend in den Blick zu nehmen. Denn die gemeinsame Betrachtung ermöglicht einen ganzheitlichen Ansatz zur Lösung von Problemen der lokalen Gemeinschaft in Rheine, indem ein breites Wissen genutzt und gleichzeitig zum aktiven Mittun motiviert wird.

Wie im Leitlinienentwurf beschrieben, haben Bürgerbeteiligung und bürgerschaftliches Engagement gemeinsam, dass die Bevölkerung sich einbringen und die Gesellschaft mit Engagement mitgestalten kann. In beiden Handlungsfeldern sollen interessierte Menschen darin unterstützt werden, sich mit ihren Ideen und Potentialen im Sinne des Gemeinwohls für die Stadt einzusetzen.

 

Rolle der Stadtteilbeiräte

Bereits seit über 20 Jahren nehmen die ehrenamtlichen Mitglieder der Stadtteilbeiräte in Rheine in ihren Ortsteilen in einem besonderen Maße eine aktive Rolle zur Mitgestaltung ihres Wohn- und Lebensumfeldes wahr. Sie können als Drehscheibe für bürgerschaftliches Engagement im jeweiligen Stadtteil gesehen werden. Dies gilt es weiterhin zu fördern.

In Beteiligungsverfahren können die Stadtteilbeiräte als Sprachrohr für die Bewohner(innen) im Stadtteil auftreten. Aufgrund der fehlenden „gewählten“ Legitimation kann ihre Stimme aber nicht als Gesamtmeinung eines Stadtteils gewichtet werden.

Der jeweilige Stadtteilbeirat kann aber vor Ort insbesondere bei unentschiedenen oder umstrittenen Themen die Funktion eines Moderators einnehmen.

 

Breite der Beteiligung

Um bei Beteiligungsverfahren ein möglichst breites Meinungsbild zu erzielen, braucht es die Mitwirkung aller betroffenen Akteure. Werden die Beteiligungsangebote nur von wenigen bevorzugten Personen und Gruppierungen genutzt, sind die Anregungen und Lösungsvorschläge ggf. nur für sie passend. Keine Berücksichtigung finden dann die Interessen der nicht eingebundenen Menschen.

Da dies unter Umständen zur Folge haben kann, dass an Bedarfen vorbei gehandelt wird, gilt es, diesen Aspekt bei der Auswahl von Beteiligungsinstrumenten und -verfahren zu berücksichtigen.

 

Pilotphase als Umsetzungsstart

War der Prozess der Leitlinienentwicklung zur Festschreibung von Standards wichtig, so liegt der eigentliche Schlüssel in einer wirksamen Umsetzung. Die Entwicklungsgruppe hat dazu einen Empfehlungskatalog (siehe Anlage) erarbeitet, der eine konstruktive Dialogkultur unter den vielfältigen Akteurinnen und Akteuren festigen und fördern soll.

Für den Umsetzungsstart wird eine einjährige Pilotphase mit den folgenden Rahmbedingungen empfohlen:

-          In der Pilotphase soll insbesondere ausprobiert werden, wie praktikabel die Leitlinien sind (insbesondere im Handlungsfeld Bürgerbeteiligung). Gleichzeitig dient sie als Bewertungsphase, indem Anpassungen angeregt und ggf. auch bereits vorgenommen werden.

-          Die Pilotphase kann beginnen, wenn zur Unterstützung eine Fachstelle Bürgerbeteilgung installiert ist.

-          Die bisherige Entwicklungsgruppe fungiert in dieser Phase im Zusammenspiel mit der Fachstelle Bürgerbeteiligung als Entscheidungsgremium.

-          Als konkrete Maßnahmen sind in der Pilotphase vorrangig die Implementierung einer Vorhabenliste (zunächst ausgehend von Vorhaben, die über Vorlagen in den politischen Gremien beraten werden) sowie das öffentliche Bekanntmachen der Leitlinien (u. a. in den Stadtteilbeiräten) zu sehen. Darüber hinaus können erste Beteiligungsprojekte exemplarisch einem Praxistest unterzogen werden.    

-          Da alle Fraktionen sowie die Verwaltung im Entscheidungsgremium vertreten sind, ist der Informationsfluss untereinander stets gewährleistet. Sollte in der Pilotphase eine Entscheidung von besonderer Bedeutung zu treffen sein, ist dies dem Haupt-, Digital- und Finanzausschuss zur Beratung vorzulegen.

 

Ressourcen

Der im Leitlinienentwurf aufgeführte Aufgabenumfang einer zu schaffenden Fachstelle Bürgerbeteiligung kann grundsätzlich nur über einen hauptamtlichen Stellenanteil sichergestellt werden. Die Bezifferung eines konkreten Stellanteils ist allerdings erst nach den Erfahrungen der Pilotphase möglich.

Für die Pilotphase wäre zu prüfen, ob über eine temporäre Aufgabenverlagerung oder über eine punktuelle Aufstockung von Zeitanteilen die Aufgabenwahrnehmung ermöglicht werden kann.

Ein Finanzbudget für Projekte oder Maßnahmen steht in der Pilotphase nicht zur Verfügung. Sollten Finanzmittel erforderlich sein, ist dies über das Büro des Bürgermeisters zu kommunizieren. Je nach Art und Umfang erfolgt von dort in Abstimmung mit den beteiligten Fachabteilungen eine Entscheidung.

 


Anlagen:

Anlage 1: Leitlinien Bürgerbeteiligung und Bürgerengagement der Stadt Rheine

Anlage 2: Empfehlungskatalog der Entwicklungsgruppe Leitlinien