Betreff
Entwicklung der Grundwasserqualität in den Gewinnungsgebieten der Energie- und Wasserversorgung Rheine GmbH
Vorlage
111/24
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Rat der Stadt Rheine nimmt den Bericht zur Entwicklung der Grundwasserqualität in den Gewinnungsgebieten der Energie- und Wasserversorgung Rheine GmbH (EWR) zur Kenntnis.

 


Begründung:

Das Jahr 2023 war aus wasserwirtschaftlicher Sicht ein nasses Jahr. Der jährliche Niederschlag lag mit 1.068,6 mm (WG Haddorf) bis 1.197,6 mm (WW St. Arnold) doppelt so hoch wie im Vorjahr. In der Folge konnten sowohl der Frischhofsbach als auch der Hemelter Bach bis an die jeweiligen Grenzen des Entnahmerechts zur Grundwasseranreicherung für die Gewinnungsgebiete Neuenkirchen, St. Arnold und Hemelter Bach genutzt werden. Die Rohwasserförderung betrug in 2023 insgesamt rund 5,94 Mio. m³ und lag damit auf dem Niveau des Vorjahres und nur geringfügig unter dem bisherigen Höchstwert von 6,08 Mio. m³ im Jahr 2020.

 

Die Wassergewinnungsanlagen der EWR befinden sich in einem Raum, der sehr intensiv landwirtschaftlich genutzt wird. Vor allem im Bereich des Münsterländer Kiessandzuges, in dem sich die Wassergewinnungsgebiete Neuenkirchen, St. Arnold und Haddorf befinden, können bereits Düngegaben, die der guten landwirtschaftlichen Praxis entsprechen, auf Grund des geringen Schutz- und Rückhaltevermögens der hier vertretenen Böden zu einer Nitratbelastung führen, die bei nachlassender Nitratabbaufähigkeit des Grundwasserleiters zu einem Überschreiten des Grenzwertes der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) von 50 mg/l im geförderten Rohwasser führt.

 

In 2023 lag in allen Gewinnungsgebieten der EWR die Nitratkonzentration im Rohwasser der Förderbrunnen weiterhin unverändert unterhalb des Grenzwertes der Trinkwasserverordnung. In der folgenden Tabelle sind die Nitratwerte der einzelnen Gewinnungsgebiete als Spannbreite der Einzelbrunnen und im Rohmischwasser zusammenfassend zusammengestellt:

 

St. Arnold I

St. Arnold II

Neuen-
kirchen

Haddorf

Hemelter Bach I

Hemelter Bach II

Einzel-
Brunnen

< 10 mg/l

10-25 mg/l

10-30 mg/l

< 10 mg/l

10-25 mg/l

1-15 mg/l

Rohmisch-wasser

10 mg/l

15 mg/l

10-20 mg/l

< 10 mg/l

10-20mg/l

Vorfeld-messstellen

5-75 mg/l

5-110 mg/l

5-100 mg/l

5-200 mg/l

5-199 mg/l

Tabelle: Nitratwerte der Einzelbrunnen, des Rohmischwassers und der Vorfeldmessstellen 2023

Wie der vorstehenden Tabelle zu entnehmen ist, sind in den Wassereinzugsgebieten der EWR weiterhin Nitratbelastungsschwerpunkte vorhanden, in denen der Grenzwert der Trinkwasserverordnung für Nitrat in Höhe von 50 mg/l, gemessen in Grundwassermessstellen (Vorfeld-messstellen), teils deutlich überschritten wird.

 

In der Vergangenheit war vor allem im Wassergewinnungsgebiet (WGG) Neuenkirchen die Nitratsituation aufgrund hoher Nitrat-Einträge bei gleichzeitig stark herabgesetztem Denitrifikationsvermögen sehr angespannt. Durch seit einigen Jahren nun durchgeführten Extensivierungen konnte in den Nitratbelastungsschwerpunkten im WGG Neuenkirchen eine Entspannung der Nitratsituation erreicht werden. Bereits seit einigen Jahren zeigen die allermeisten Messstellen im ehemaligen Belastungsschwerpunkt nun Nitratkonzentrationen deutlich unter dem Nitratgrenzwert der Trinkwasserverordnung von 50 mg/l (vgl. Abbildung 1).  

Abbildung 1: Durchschnittliche Nitratkonzentrationen im WGG Neuenkirchen/St. Arnold 2023

Im Wassergewinnungsgebiet St. Arnold I ist die Nitratsituation weiterhin vergleichsweise entspannt. Aktuell zeigen die Messstellen aus den Belastungsschwerpunkten weiterhin unkritische Nitratwerte. Die Nitratwerte im Rohwasser der Brunnen sind mit zumeist unter 10 mg/l vergleichsweise gering. Die Sekundärparameter des Nitratabbaus zeigen hier noch ein leistungsfähiges Denitrifikationsvermögen des Grundwasserleiters.

 

Die Nitratsituation im WGG St. Arnold II ist wegen weit verbreiteter Waldflächen nicht so kritisch wie im WGG Neuenkirchen. In den identifizierten Belastungsschwerpunkten sind die Nitratwerte weiterhin hoch. Die Rohwässer der Brunnen weisen aber weiterhin akzeptable Nitratwerte von 10 mg/l bis 25 mg/l und das Rohmischwasser eine Nitratkonzentration von etwa 20 mg/l auf. Die Sekundärparameter des Nitratabbaus zeigen, dass im Einzugsgebiet der Brunnen des WGG St. Arnold II fast nur noch die kohlenstoffbasierte weniger effektive Denitrifikation wirksam ist.

 

Derzeit noch am kritischsten ist die Nitratsituation im WGG Haddorf, wenngleich sich hier durch die in den letzten Jahren erfolgten Extensivierungen allmählich eine Verbesserung abzeichnet. Von den identifizierten vier Eintragsschwerpunkten sind die im Norden, Westen und Süden weitgehend unproblematisch (vgl. Abbildung 2). Im Norden werden seit geraumer Zeit nur geringe Nitratwerte gemessen. Im Westen weisen die Messstellen zwischen Belastungsschwer-punkt und Brunnen geringe Nitratwerte auf. Im Süden erfolgen zwar weiterhin sehr hohe Nitrateinträge, die lange Wegstrecke von den Nitrateintragsschwerpunkten zu den Brunnen ist jedoch ausreichend für eine wirksame Nitratreduzierung. Zudem wurden zwischen den Eintragsschwerpunkten und den Brunnen in den letzten Jahren große Flächenareale extensiviert. Die Nitratwerte aller hier liegenden Messstellen sind mit Ausnahme einer Messstelle niedrig, so dass das hier neu gebildete Grundwasser zur Verdünnung der Nitratfrachten aus den Eintragsschwerpunkten beiträgt.

 

Im Wassergewinnungsgebiet Haddorf liegen die Nitratwerte aller Brunnen unter 15 mg/l, zumeist sogar unter 10 mg/l. Eine Ausnahme ist der Brunnen EB 03, dessen Nitratkonzentration im Rohwasser im Jahr 2023 bis auf 16 mg/l leicht angestiegen ist.

Abbildung 2: Durchschnittliche Nitratkonzentrationen im WGG Haddorf 2023

Anders verhält es sich im östlichen Anstrom auf die Brunnen, wo die „Nitratfront“ schon bis dicht an die Brunnen herangerückt ist. Mittlerweile zeigen sich jedoch auch hier Erfolge durch die seit 2019 erfolgten Extensivierungen. So liegen in diesem Jahr erstmalig wieder die Nitratwerte aller Messstellen zwischen Elsbach und den Brunnen unter dem Nitratgrenzwert der Trinkwasserverordnung. Unmittelbar an den Brunnen weisen einige Messstellen jedoch weiterhin erhöhte bzw. kritische Nitratwerte auf und zeigen bisher auch noch keinen fallenden Trend. Zudem sind die Nitratkonzentrationen im Rohwasser des benachbarten Brunnens EB 01 in 2023 leicht angestiegen. Der Nitrat-Belastungsschwerpunkt liegt nun wieder weiter östlich des Elsbachs. Zwischen dem Belastungsschwerpunkt und dem Elsbach wurden zwei ehemalige Ackerflächen im November 2019 bzw. Januar 2023 extensiviert. Im Abstrom der seit November 2019 extensivierten Fläche sind die Nitratwerte im Laufe des Jahres 2023 bereits unter den Nitratgrenzwert der Trinkwasserverordnung gefallen. Im Abstrom der erst im Januar 2023 extensivierten Fläche ist dies bisher noch nicht zu beobachten. Die Nitratwerte im Roh-wasser der Brunnen liegen alle unter 20 mg/l bzw. zumeist sogar unter 10 mg/l. Eine Ausnahme ist der Brunnen EB 03, dessen Nitratkonzentration im Rohwasser im Jahr 2023 bis auf 16 mg/l leicht angestiegen ist.

 

Im Gewinnungsgebiet Hemelter Bach wurden drei Nitrateintragsschwerpunkte identifiziert (vgl. Abbildung 3). Diese weisen unvermindert hohe bis sehr Nitratwerte auf. Wegen des hohen Anteils an Anreicherungswasser aus dem Hemelter Bach ist die Nitratsituation dennoch nicht kritisch.

 

Abbildung 3: Durchschnittliche Nitratkonzentrationen im WGG Hemelter Bach 2023

Kann zukünftig durch das Wasser aus dem Dortmund-Ems-Kanal ganzjährig angereichert werden, wird die Nitratsituation in diesem Gewinnungsgebiet durch den Verdünnungseffekt weiter entschärft. Die Nitratwerte der Rohwässer der Brunnen auf dem alten Wasserwerksgelände (WG I) weisen Werte zwischen 10 mg/l und 25 mg/l auf und liegen damit auf dem niedrigen Niveau der Vorjahre. Im Bereich des Wasserwerkserweiterungsgeländes (WG II) liegen die Nitratwerte niedriger, sind aber in den letzten Jahren leicht angestiegen. Die Nitratwerte der Rohwässer der Brunnen im WG II liegen so aktuell zwischen 1 und 15 mg/l.

 

Ein ausreichendes Nitratabbaupotential (Denitrifikationspotential) ist derzeit in allen Gewinnungsgebieten der EWR noch vorhanden. Die Analyse der Sekundärparameter des Nitratabbaus zeigt jedoch, dass in einigen Gebieten der Nitratabbau durch im Boden gebundene Stoffe (Pyrit, FeS2) bereits herabgesetzt ist. Da diese Nitratabbauprozesse irreversibel im Boden ablaufen, ist nach dem Aufbrauchen dieser Stoffe im Boden von einem Anstieg der Nitratkonzentration im Grundwasser auszugehen. Nach dem Rückgang der Denitrifikation durch die Reaktion mit Pyrit ist in diesen Gewinnungsgebieten der Nitratabbau durch Reaktion mit organischem Kohlenstoff (chemo-organotrophe Denitrifikation) zunehmend bedeutsam. Dieser benötigt zum vollständigen Nitratabbau aber längere Verweilzeiten des Wassers bzw. es gelangt hier wegen nicht ausreichender Verweilzeiten mehr nitrathaltiges Wasser zu den Brunnen.

 

Zum Erhalt des Denitrifikationspotentials und zur Minimierung der Nitratauswaschung in den Grundwasserleiter müssen die bereits eingeleiteten Maßnahmen der Kooperation Landwirt-schaft/Wasserwirtschaft im Kreis Steinfurt somit fortgesetzt werden. Am wirkungsvollsten hat sich hierbei die Extensivierung von ackerbaulich genutzten Flächen in Nitratbelastungsschwerpunkten gezeigt.

 

Pflanzenschutzmittel (PSM) wurden im Rohwasser der Brunnen – mit Ausnahme der bereits seit Jahren bekannten Brunnen im Wassergewinnungsgebiet St. Arnold I, dessen Wasser separat mit Aktivkohle aufbereitet wird – nicht nachgewiesen. Im Rohwasser aller Gewinnungsgebiete wurden jedoch weiterhin nicht relevante Metabolite (nrM) nachgewiesen. Für diese Abbauprodukte von PSM existiert in der Trinkwasserverordnung kein eigener Grenzwert, daher wird hier derzeit der Gesundheitliche Orientierungswert (GOW) zur Beurteilung zugrunde gelegt. Dieser liegt je nach Stoff bei 1 bzw. 3 μg/l. Für zahlreiche nrM erfolgte kein einziger Nachweis oder sie lagen deutlich unter ihrem jeweiligen GOW. Da die Nachweisgrenze durch eine verbesserte Analytik in den letzten Jahren herabgesetzt wurde, werden gegenüber früheren Jahren jedoch mehr Metabolite nachgewiesen, deren Konzentrationen aber nur im Bereich der Bestimmungsgrenze liegen. Ausnahmen bilden die Metabolite des Wirkstoffes S-Metolachlor. Das Herbizid wird vorwiegend im Maisanbau angewendet. Insbesondere in den Wassergewinnungsgebieten St. Arnold II, Neuenkirchen und Hemelter Bach weisen diese Metabolite im Rohwasser vergleichsweise hohe Werte (40 % des GOW) auf. Insgesamt liegt die Konzentration des Metabolits jedoch unterhalb des Wertes aus 2022. Die Entwicklung wird weiter beobachtet und im Rahmen der Kooperation Landwirtschaft/Wasserwirtschaft wird verstärkt auf einen möglichst geringen Einsatz von PSM hingewirkt.

 

Als Anlage ist ein ausführlicher Bericht über die Entwicklung der Grundwasserqualität in den einzelnen Gewinnungsgebieten der EWR beigefügt.

 


Anlage : Hydrochemische Auswertung – Entwicklung und Istzustand 2023 der Grundwasserbeschaffenheit in den Gewinnungsgebieten der Energie- und Wasserversorgung Rheine GmbH (Aquanta Hydrogeologie GmbH & Co. KG)