Betreff
Informationsvorlage - Anfrage der SPD-Fraktion vom 19. Januar 2024 zur Hochwasserlage
Vorlage
116/24
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

Der Rat der Stadt Rheine nimmt die von der Verwaltung vorgenommene Beantwortung der Anfrage der SPD-Fraktion vom 19. Januar 2024 zur Hochwasserlage zur Kenntnis.

 


Begründung:

 

Die SPD-Stadtratsfraktion Rheine zeigte sich besorgt über die jüngsten Hochwasserereignisse in der Stadt während der Weihnachtszeit und des Jahreswechsels. Aus diesem Grund bat die Fraktion die Stadtverwaltung Rheine mit Schreiben vom 19. Januar 2024 um die Beantwortung folgender Fragen:

 

1)     Welche Schäden haben öffentliche Gebäude und Infrastruktur durch das Hochwasser erlitten?

 

Nach Mitteilung des FB 5 gibt es derzeit zwei bekannte Schäden:

 

-          Kloster Bentlage, Torhaus:

Wassereintritt im Keller (Heizungsanlage und Unterverteilung müssen getauscht werden, Trocknungs- und Malerarbeiten, Schadenssumme: ca. 12.000 €)

 

-          Mietshaus Schlossweg 26 (Bentlage, Nähe Kloster):

Wassereintritt im Keller und Erdgeschoss (Trocknungs-, Trockenbau- und Malerarbeiten, Kostenumfang der Schäden steht noch nicht fest)

 

 

2)   Wie viele Haushalte sind direkt vom Hochwasser der Gewässer betroffen, und wie viele leiden unter gestiegenem Grundwasser, das in die Häuser eingedrungen ist?

 

Es gibt keine Erkenntnisse darüber, wie viele Haushalte von dem gestiegenen Grundwasser betroffen sind. Es gab zwar Anfragen aus der Bürgerschaft, die aber nicht dokumentiert oder aufgelistet wurden, da die Stadt nicht für Schäden auf privatem Grund zuständig ist. Grundwasserangelegenheiten und zu treffende Schutzmaßnahmen obliegen den jeweiligen Grundstückseigentümern und müssen eigenverantwortlich behandelt werden.

 

3)   Welche Maßnahmen werden zur Verbesserung des Hochwasserschutzes in Erwägung gezogen?

 

Es konnte bei der Bezirksregierung Münster noch nicht in Erfahrung gebracht werden, ob von dortiger Seite aufgrund des Hochwassers zum Jahreswechsel 2023/2024 weitergehende Planungen und Maßnahmen zum Hochwasserschutz initiiert werden.

Durchgeführte Hochwasserschutzmaßnahmen der Vergangenheit, z. B. der Bau der Hochwassermauer rechts der Ems (Timmermanufer usw.) waren wichtig und richtig. Ohne die Mauer wäre die rechtsseitige Bebauung überflutet worden. Auch die der Stadt vorgelagerten großen Retentionsräume im Unterlauf der Ems schützen die Stadt: Das Emswasser hatte so Platz und konnte sich ausbreiten. Diese Räume gilt es künftig weiter zu schützen.

 

Im Zuge von Baumaßnahmen werden vermehrt zum Beispiel Entsiegelungs-maßnahmen durchgeführt. Vor allem Neugestaltungen öffentlicher Flächen (Beispiel: Umgestaltung Staelscher Hof) oder neue Erschließungsmaßnahmen (Beispiel: „Schwammstadt“ Europaviertel am Waldhügel) werden bereits heute klimagerecht geplant.

 

4)   Kann die Ursache des Durchsickerns an der Mühlenstraße ermittelt werden und wird eine Abdichtung in Erwägung gezogen?

Mit dem Eigentümer des Gebäudes „Alte Mühle“ ist am 26.02.2024 ein Ortstermin durchgeführt worden, um einen besseren Überblick über die Gegebenheiten zu bekommen.

 

Dabei berichtete er über Pläne zu baulichen Veränderungen am alten Mühlengebäude.

 

Das WSA Ems/Nordsee ist seit dem 01.01.2024 Eigentümer des Turbinengebäudes, das direkt an das alte Mühlengebäude grenzt. Bei dem Ortstermin wurde eine klare Ursache für das Durchsickern des Wassers und zwei weitere Schwachstellen am Gebäude festgestellt.

 

Seit Beginn des Hochwassers waren TBR-Mitarbeiter an Weihnachten 2023 nahezu durchgängig vor Ort. Die Überschwemmungsgefahr durch die Schwachstelle in der Mühlenstraße wurde gemeinsam mit dem THW und der Feuerwehr beseitigt. Ein weiterer Hochwasserschutzdamm wurde mit Sandsäcken gebaut. Zudem sind zwei vorhandene Kanalschächte des Verbindungskanals von der Ems zum Salinenkanal (siehe anliegenden Lageplan: Blau-gestrichelte Eintragung) mit Betonblöcken gegen Auftrieb gesichert worden.


Die eigentliche Ursache der Überschwemmung in der Mühlenstraße wurde jedoch erst nach Abklingen des Hochwassers gefunden.

Der obengenannte Verbindungskanal, über den der Salinenkanal mit Wasser gespeist wird, stand durch das Emshochwasser so stark unter Innendruck, dass die Abdeckungen der zwei genannten Schächte trotz ihrer Sicherungen aus den Verankerungen gerissen wurden. Austretendes Emswasser flutete den Tiefpunkt in der Mühlenstraße. Die Mühle selber war nicht die Hauptursache der Überschwemmung.

 

Die beiden Schachtdeckel wurden jüngst erneuert und zudem gegen Wasserinnendruck aus dem Kanal neu gesichert. Der Verbindungskanal wird künftig überplant. Eine Option ist dabei das Einziehen eines Inliners in den vorhandenen Kanal über seine ganze Länge. Die Schächte wären somit ohne Funktion und könnten dauerhaft vergossen werden. Künftige Maßnahmen am Verbindungskanal sind jedoch unter Umständen abhängig vom bevorstehenden Umbau des Emswehres durch die Bezirksregierung in Münster. Hier wird eine Abstimmung mit der BezReg Ms stattfinden.

 

Als weitere Schwachstellen am Turbinengebäude wurden zwei Fenster festgestellt. Hier stand das Wasser bis knapp unterhalb der Fensterscheiben, die den Wassermassen nicht standgehalten hätten.

 

Die Gegebenheiten sind dem WSA als neuem Eigentümer nun bekanntgeworden.

Planung und Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen obliegen dem WSA.

 

5)   Wo sind Verstärkungen im Hochwasserschutz außerhalb der Innenstadt notwendig? Gibt es Pläne zur Erweiterung der Auslaufflächen?

 

Die örtlichen Gegebenheiten im Zuständigkeitsbereich der Stadt Rheine weisen bereits ausgedehnte Überflutungsflächen vor und hinter dem Innenstadtbereich auf. Diese Flächen boten in der letzten Hochwassersituation noch genügend Reservekapazitäten.

 

Lediglich der Innenstadtbereich stellt hierbei eine Art Nadelöhr dar. Dies zeigen auch vergangene Hochwasserlagen aus den letzten Jahrhunderten. Einzig die linke Emsseite ist gegen ein Hochwasser, vergleichbar mit dem des Jahres 1946, geschützt. Die Hochwassermauer wurde seinerzeit auf dieses Ereignis ausgelegt. Nicht jedoch die rechte Emsseite: entsprechend dem Stand der Technik wurde lediglich der Schutz vor einem HQ100 Hochwasser gefördert und dementsprechend gebaut. Ein HQ100 Hochwasser tritt statistisch alle 100 Jahre auf und ist um einiges niedriger als das Hochwasser von 1946.

 

 

6)   Wie effektiv sind die mobilen Spundwände und gab es Fälle, in denen die Spundwände nicht ausreichend versiegelt haben?

 

Laut Mitteilung der TBR wurden die mobilen städtischen Schutzwände mit Unterstützung des THW vorausschauend schon vor Weihnachten links und rechts der Ems aufgebaut. Der Aufbau verlief problemlos, die Innenstadt war somit beidseitig geschützt. Durchsickerndes Emswasser trat lediglich bei den älteren Schutzelementen links der Ems in geringem Umfang am Mühlentörchen auf. Die ist jedoch auf die Bauweise der älteren mobilen Elemente zurückzuführen und ist damit planmäßig eingetreten. Die dabei anfallenden Wassermengen sind unkritisch und können über das hochwassergeschützte Kanalsystem problemlos abgeführt werden.

 

7)   Gab es positive Entwicklungen bei der Aufnahmekapazität des Kanalnetzes und durch Entsiegelung? Sind Auswirkungen auf laufende Planungen von Wohngebieten zu erwarten, insbesondere in Bezug auf baulichen Hochwasserschutz, Baugrenzen Kanalkapazitäten und Retentionsflächen?

 

Nach Mitteilung der TBR ist die Hochwassergefahr losgelöst vom Kanalnetz zu betrachten, da das öffentliche Regen- und Mischwassernetz für die geregelte Ableitung innerörtlichen Regenwassers von befestigten Flächen ausgelegt ist. Die Auslegung erfolgt nach einem Bemessungsregen, bezogen auf Rheine. Das heißt: Das öffentliche Netz ist weder für Starkregen und erst recht nicht für eine Überschwemmung, z. B. durch die Ems ausgelegt.

 

Der regelkonforme Ausbau des öffentlichen Kanalnetzes obliegt der TBR. Das Netz wird fortwährend aus baulichen und/oder hydraulischen Gründen erneuert. Für den hydraulischen Nachweis bestehen technische Regeln. Neue Anforderungen, zum Beispiel die Erschließung von Baugebieten nach dem „Schwammstadtprinzip“, halten das Wasser vor Ort im Boden, sodass eine zusätzliche Entlastung des Kanalnetzes stattfindet. Je mehr solche Ansätze umgesetzt werden, desto größer sind die positiven Effekte auf den überörtlichen Wasserkreislauf und somit auch auf etwaige Überschwemmungen.

 

Auswirkungen auf laufende Planungen von Wohngebieten sind nicht zu erwarten, da neue Baugebiete oder Einzelbebauungen in Überschwemmungsgebieten grundsätzlich zu berücksichtigen sind. Die Festlegung von Überschwemmungsgebieten erfolgt seitens der Bez.-Reg. Münster.

 


Anlagen:

 

Anlage 1: Anfrage der SPD-Fraktion vom 19.01.24

Anlage 2: Grafische Darstellung - Verbindungskanal Mühlentörchen