Betreff
Kommunalwahl 2025: Bildung eines Integrationsrates
Vorlage
028/25
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

1.      Der Integrationsrat

2.      der Sozialausschuss

3.      der Rat

nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis. Auf der Basis der gesetzlichen Vorgaben des § 27 Absatz 1 der Gemeindeordnung NW wird in Rheine ein Integrationsrat gebildet.


Begründung:

Gesetzliche Grundlage:

Gemäß § 27 Absatz 1 Gemeindeordnung NW ist in einer Gemeinde, in der mindestens 5.000 ausländische Einwohner ihre Hauptwohnung haben, ein Integrationsrat zu bilden. In der Stadt Rheine lebten zum Stichtag 31.12.2024 insgesamt 12.363 (Quelle: eigene Auswertung) ausländische Einwohner/innen.

In Rheine ist daher weiterhin gesetzlich ein Integrationsrat zu bilden. Ein gesonderter Beschluss ist nicht erforderlich. Die Wahlen finden zusammen mit den Kommunalwahlen am 14. September 2025 statt.

Blick in die Historie:

In Rheine wurde erstmals im Jahr 2004 – seinerzeit noch auf der Basis einer sog. Experimentierklausel- ein Integrationsrat gebildet. Parallel zur Wahlperiode des Stadtrates wurde seitdem ein Integrationsrat gebildet. 

Variante Integrationsausschuss auf der Basis eines Ratsbeschlusses:

Die Gemeindeordnung sieht zudem vor, einen Integrationsausschuss einzurichten. Dazu ist gemäß § 27 Absatz 12 der Gemeindeordnung ein Ratsbeschluss erforderlich. Wesentliches Merkmal des Integrationsausschusses ist, dass neben Ratsmitgliedern auch sachkundige Bürger/innen zu Mitgliedern bestellt werden können und der Integrationsausschuss verbindlich in die Beratungsfolge des Rates aufgenommen werden muss. Der Integrationsausschuss arbeitet quasi wie ein Fachausschuss Integration, dessen Zuständigkeiten müssen in der Zuständigkeitsordnung des Rates und seiner Ausschüsse verbindlich geregelt werden.

Im Überblick die wesentlichen Merkmale von Integrationsrat und Integrationsausschuss:

Integrationsrat

Integrationsausschusses

Gesetzliches Regelmodell

Errichtung durch Ratsbeschluss

Direktwahl der Migrantenvertreter

Direktwahl der Migrantenvertreter

Mehrheit der Migrantenvertreter

Mehrheit der Migrantenvertreter

aber Möglichkeit der Bestellung sachkundiger Bürger durch den Rat (anstelle von ausschließlich Ratsmitgliedern)

Wahl der/des Vorsitzenden aus seiner Mitte

Wahl der/des Vorsitzenden aus seiner Mitte

Eigenes Gremium

Beratender Ausschuss eigener Art

Antragsberechtigt an den Rat

Einbeziehung in die Beratungsfolge des Rates

Wie sieht es in NRW aus?

Bei den letzten Kommunalwahlen sind in NRW insgesamt 101 Integrationsräte gebildet worden. Sieben Kommunen (Bochum, Bornheim, Bottrop, Kerpen, Krefeld, Neuss und Wuppertal) haben von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, einen Integrationsausschuss zu bilden.

Ein von Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW im April 2022 vorgelegter Erfahrungsbericht sagt aus, dass das Modell „Integrationsausschuss“ zu einer höheren Wahrnehmung in der Öffentlichkeit geführt habe und eine höhere Akzeptanz erfahre. Auch die Einbeziehung Sachkundiger Bürger/innen wurde positiv bewertet. Der vorgelegte Bericht stand jedoch unter dem Einfluss des Pandemiegeschehens von 2020-2022, einen aktuelleren Bericht gibt es bis dato nicht.

Eigene Recherchen des Integrationsrates oder einzelner Ratsfraktionen spiegeln, dass der Erfolg des Integrationsausschusses im Wesentlichen auch vom Engagement der Mitglieder abhänge. Dies gilt für alle Bereiche des Ehrenamtes und ist keine neue Erkenntnis, die speziell für ein Integrationsgremium eine Besonderheit darstellt.

Für NRW liegen weder über das zuständige Ministerium noch über die kommunalen Spitzenverbände oder den Landesintegrationsrat Informationen vor, ob die Tendenz eher in Richtung Integrationsausschuss oder Integrationsrat geht. Auf Nachfrage teilte der Städte- und Gemeindebund NRW mit, dass hierzu aus Kapazitätsgründen auch keine Abfrage bei den kreisangehörigen Kommunen geplant sei.

Wie sieht es im Kreis Steinfurt aus?

Rheine war bisher die einzige Stadt im Kreis Steinfurt, die pflichtig ein Integrationsgremium bilden musste. Zu den Kommunalwahlen 2025 leben in Ibbenbüren über 5.000 ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger, so dass auch dort ein Integrationsgremium zu bilden ist. Der Rat der Stadt Ibbenbüren hat sich für die Bildung eines Integrationsausschusses ausgesprochen. In der Beratungsvorlage der Stadt Ibbenbüren heißt es:

Auszug aus der Vorlage 180/2024 der Stadt Ibbenbüren:

„Für die kommende, in Ibbenbüren erstmals stattfindende Wahl zu einem Integrationsgremium erfolgt hiermit eine Festlegung auf einen Integrationsausschuss. In einem Integrationsrat können vom Rat ausschließlich Ratsmitglieder entsandt werden, während in einem Integrationsausschuss auch sachkundige Bürgerinnen und Bürger entsandt werden können. Durch einen Integrationsausschuss wird damit die Auswahl möglicher Mitglieder, die die Fraktionen entsenden können, erweitert.

Hinzu kommt, dass bei einem Integrationsausschuss, wie bei anderen Ratsausschüssen auch, die Möglichkeit besteht, beratende, nicht stimmberechtigte Mitglieder zu entsenden. Diese Möglichkeit gibt es bei einem Integrationsrat nicht. Die vom Rat zu entsendenden Mitglieder des Integrationsausschusses werden anhand des Hare-Niemeyer-Prinzips ermittelt (Verweis auf § 58 GO NRW in 27 GO NRW). Damit haben – wie bei den übrigen Ratsausschüssen – gegebenenfalls kleine Fraktionen keinen Sitz im Integrationsausschuss. Um kleineren Fraktionen jedoch dennoch eine Partizipation zu ermöglichen, ist die Entsendung beratender Mitglieder sinnvoll.

Ein Integrationsausschuss ist zudem wie alle anderen Ratsausschüsse in die Beratungsfolge des Rates einzubeziehen (siehe § 27 Abs. 12 S. 5 GO NRW), was eine höhere Verbindlichkeit schafft, so dass Sitzungen des Gremiums auch tatsächlich stattfinden.

Schließlich sind auf den Integrationsrat die örtlichen Regelungen der Ratsausschüsse automatisch anwendbar. Es bedarf hier somit keiner eigenen Geschäftsordnung oder weiterer Regelungen.

Aus den genannten Gründen ist es sinnvoll, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, anstelle eines Integrationsrates, einen Integrationsausschuss zu bilden.“

Aktivitäten des Landesintegrationsrates NRW

Der Landesintegrationsrat NRW setzt sich dafür ein, nur noch ein politisches Gremium für die politische Beteiligung von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in der Gemeindeordnung zu verankern. Nach Einschätzung des Städte- und Gemeindebundes NRW ist es unwahrscheinlich, dass noch in diesem Jahr eine Novellierung der Gemeindeordnung erfolgt und am 14.09.2025 andere gesetzliche Vorgaben für die Wahl des Integrationsgremiums gelten. Insofern macht abwarten mit Blick auf die notwendigen Vorbereitungen der Wahl eines Integrationsgremiums keinen Sinn.

Integrationsrat der Stadt Rheine:

Gemäß den Regelungen der Hauptsatzung der Stadt Rheine besteht der Integrationsrat aktuell aus insgesamt 18 Mitgliedern. Davon sind 12 direkt gewählte Mitglieder und 6 Ratsmitglieder. Darüber hinaus werden Vertreter/innen von Fraktionen, die nicht im Integrationsrat vertreten sind, zu jeder Sitzung als Gäste hinzugeladen und sind damit beratend tätig.

Zudem entsendet der Integrationsrat aus dem Kreis der gewählten Migrantenvertreter/innen Personen als sachkundige Einwohner/innen in die Fachausschüsse des Rates.

Der Integrationsrat arbeitet auf der Basis einer eigenen Geschäftsordnung.

Die Zuständigkeit des Integrationsrates ist gemäß der Gemeindeordnung wie folgt geregelt: „Inhaltlich sollen sich Rat und Integrationsrat sich über die Themen und Aufgaben der Integration in der Gemeinde abstimmen. Der Integrationsrat kann sich darüber hinaus mit allen Angelegenheiten der Gemeinde befassen. Auf Antrag des Integrationsrates ist eine Anregung oder Stellungnahme des Integrationsrates dem Rat, einer Bezirksvertretung oder einem Ausschuss vorzulegen. Der Vorsitzende des Integrationsrates oder ein anderes vom Integrationsrat benanntes Mitglied ist berechtigt, bei der Beratung dieser Angelegenheit an der Sitzung teilzunehmen; auf sein Verlangen ist ihm dazu das Wort zu erteilen. Der Integrationsrat soll zu Fragen, die ihm vom Rat, einem Ausschuss, einer Bezirksvertretung oder vom Bürgermeister vorgelegt werden, Stellung nehmen.“

Fazit:

Ein Integrationsrat kann sich mit allen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft beschäftigen. Durch die Möglichkeit der Antragstellung an den Rat bzw. die Ausschüsse sowie die Beteiligung der Mitglieder als sachkundige Einwohner/innen in den Ausschüssen ist eine Interessensvertretung sowie eine breite Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund gegeben. Beschwerden über eine mangelnde Beteiligung des Integrationsrates liegen nicht vor.

Das Argument der höheren Verbindlichkeit würde für die Einrichtung eines Integrationsausschusses sprechen. Eine große Herausforderung würde die Definition der Zuständigkeiten des Integrationsausschusses durch den Rat sein. Hier würde zwangsläufig eine Beschränkung der Themenbereiche erfolgen müssen, um handlungsfähig zu sein. Diese Beschränkung gibt es beim Integrationsrat nicht.

Herausforderung für die Besetzung beider Gremien wird die Gewinnung von Kandidatinnen und Kandidaten sein, die sich zur Wahl stellen. Nach der Wahl stellt die Verständigung der gewählten Mitglieder auf ein gemeinsames Ziel und die Kontinuität der Arbeit eine Herausforderung dar. Dies gilt ebenfalls für beide Gremienformen.

In den vergangenen Wahlperioden zeigte sich regelmäßig, dass gewählte Mitglieder aus verschiedenen persönlichen Gründen ausgeschieden sind oder sich nicht mehr gemeldet haben. Dieses Problem wird sich nicht vollständig auflösen.

Die Verwaltung und der amtierende Integrationsrat bereiten bereits verschiedene Maßnahmen zur Information und Gewinnung von Kandidaten/innen vor wie auch Aufrufe und Informationen, von dem persönlichen Wahlrecht Gebrauch zu machen.

Zudem sollte im Rahmen der Integrationsratswahl von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, für die Mitglieder nach Listen und die Einzelbewerber/innen, Stellvertreter/innen direkt zu wählen (§ 27 Abs. 2 Satz 2 GO NRW). Dadurch wird sich vermutlich die Attraktivität für eine Kandidatur erhöhen, da man „nicht alleine dasteht“ und die ehrenamtliche Arbeit aufgeteilt werden kann. Der Beirat für Menschen mit Behinderung und der Seniorenbeirat haben damit bereits gute Erfahrungen gesammelt.

Die in der Hauptsatzung definierte Mitgliederzahl von 18 (12 + 6) sollte bestehen bleiben, seitens der Verwaltung wird weder eine Erhöhung (Problem der Kandidatenfindung) noch eine Reduzierung (Repräsentanz der ausländischen Mitbürger/innen und voraussichtliche Größe des Stadtrates) für sinnvoll erachtet. Sollten dem im September neu zu wählenden Rat der Stadt Rheine mehr als 6 Fraktionen angehören, werden diese wie bisher als Gäste eingeladen.

Aufgrund der inhaltlichen Flexibilität und der Möglichkeit der Entsendung von sachkundigen Einwohner/-innen in Fachausschüsse empfiehlt die Verwaltung, für die kommende Wahlperiode keinen Beschluss zur Einrichtung eines Integrationsausschusses zu fassen. Es sollte bei der gesetzlichen Grundlage zur Bildung eines Integrationsrates bleiben. Perspektivisch bleibt die seitens des Landesintegrationsrates NRW angestrebte Novellierung der Gemeindeordnung abzuwarten.