Betreff
Umsetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialge-setzbuch (SGB II) - Entwicklungen 2007 - Beteiligung der Kommunen an den Kosten des SGB II - Ausblick
Vorlage
218/08
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

Der Sozialausschuss nimmt die Ausführungen zum aktuellen Stand der Umsetzung des SGB II zur Kenntnis. Ein Beschluss ist nicht erforderlich.

 

 


Begründung:

 

Seit Einführung des SGB II Anfang 2005 hat die Verwaltung umfangreiche Berichte über den jeweiligen Stand der Umsetzung des SGB II in der Stadt Rheine gegeben.

 

In dieser Vorlage sollen die Entwicklungen in 2007 für Rheine zusammengefaßt werden. Desweiteren wird über den aktuellen Stand der Kostenbeteiligung der Stadt Rheine berichtet.

 

Die Situation auf Kreisebene ist der Sitzungsdrucksache B 186/2007 des Kreises Steinfurt zu entnehmen. Diese ist als Anlage beigefügt; sie bezieht sich abweichend vom Berichtszeitraum für die Stadt Rheine auf den Berichtszeitraum Oktober 2006 bis Oktober 2007 .

 

 

1. Entwicklungen 2007

 

 

Zahl der Bedarfsgemeinschaften und Hilfeempfänger

 

Das dritte Jahr der Umsetzung des SGB II war in Rheine geprägt durch geringe monatliche Veränderungen - auf Jahressicht hat sich die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften von Dezember 2006 bis Dezember 2007 um 1,8 % verringert (Kreisebene -2,7 %). Die Anzahl der Arbeitslosen hat sich um 17,6% verringert (Kreisebene -22 %).


Entwicklungen in 2007 für die Stadt Rheine in Zahlen lt. Arbeitsmarktreporte des Kreises Steinfurt:

 

 

Bedarfsgemeinschaften

2006

Bedarfsgemeinschaften

2007

Leitungsempfänger

davon

eHB*

davon Arbeitslose

Vermittlungen GAB
(insg. 748)

 

 

 

 

 

 

 

Januar

2803

2762

5721

3895

2104

25

Februar

2903

2777

5750

3932

2014

53

März

2958

2854

5970

4038

2059

97

April

2957

2841

5984

4052

2037

35

Mai

2945

2805

5870

3982

1967

68

Juni

2970

2760

5795

3928

1973

58

Juli

2669

2782

5834

3948

1972

37

August

2667

2769

5800

3891

2012

93

September

2647

2766

5809

3896

1948

74

Oktober

2702

2729

5657

3794

1940

39

November

2739

2713

5644

3815

1814

66

Dezember

2773

2724

5652

3838

1734

103

·   eHB = erwerbsfähige Hilfebedürftige

 

Entwicklungen der Zahl der Bedarfsgemeinschaften in 2007 im Kreis Steinfurt und in der Stadt Rheine

.

 

Entwicklungen der Zahl der Arbeitslosen in 2007 im Kreis Steinfurt und in der Stadt Rheine

 

Die Ursachen für die geringen Abnahmen gegenüber der Entwicklung auf Kreisebene könnten in der regionalen Arbeitsmarktlage liegen; in Rheine konnte die GAB (AöR) im Jahr 2007 insgesamt 748 Vermittlungen verzeichnen. Es ist erneut festzustellen, dass dieses Ergebnis im Vergleich zu anderen kreisangehörigen Kommunen in der Relation und ebenso zum Kreisdurchschnitt unterdurchschnittlich ist.

Die starke Abnahme der Zahl der Arbeitslosen auf Kreisebene (von 8211 auf 6400) kann hier nur in Ansätzen begründet werden. Ein Grund könnte die Aufstockung der Arbeitsgelegenheiten um kreisweit 200 Einsatzstellen sein, ein weiterer Grund könnte in der in 2007 kreisweit erfolgten Statistiknachpflege liegen.

 

Arbeitsgelegenheiten

 

Die Organisation der Arbeitsgelegenheiten (1-Eurojobs) liegt in der Zuständigkeit der Stadt Rheine. Im Jahr 2006 waren dort noch insgesamt 3,5 Stellen eingerichtet, die zu 1,65 Stellenanteil durch städtische Mitarbeiterinnen, zu 1,0 Stellenanteil durch den Caritasverband Rheine und zu 0,85 Stellenanteil durch den Jugend- und Familiendienst Rheine besetzt waren. Zum Jahresbeginn 2007 erfolgte im Rahmen des arbeitsmarktpolitischen Rahmenprogramms des Kreises Steinfurt die Aufstockung für Rheine um 1,0 Stelle. Diese Stelle wird seit dem 01.02.2007 jeweils zu 0,5 Stellenanteil durch den Caritasverband Rheine und durch den Jugend- und Familiendienst Rheine wahrgenommen.

Im Jahresverlauf konnte die tatsächliche Besetzung von Arbeitsgelegenheiten von 262 (dezember 2006) auf 365 (Dezember 2007) erhöht werden.

 

Das arbeitsmarktpolitische Rahmenprogramm des Kreises Steinfurt für 2008 weist aus, dass die Anzahl der kreisweit eingerichteten Arbeitsgelegenheiten von 1800 auf 1600 Einsatzstellen verringert werden soll. Die hiermit einhergehende ursprünglich beabsichtigte Reduzierung der kreisweit eingesetzten Brückenjobkoordinatoren um 2,0 Stellen wurde inzwischen aufgehoben.

 

Die im Dezember 2007 besetzten Arbeitsgelegenheiten teilen sich auf in:

 

-      205 Brückenjobs (für Personen mit dem Ziel der Eingliederung in den 1. Arbeitsmarkt)

-      149 Integrationsjobs (für Personen mit dem Ziel der sozialintegrativen Eingliederung)

-        11 Integrationsjobs Ü 58 (für Personen über 58 Jahre)

 

Hier sei zur Erklärung aufgeführt, dass Personen in einer Arbeitsgelegenheit statistisch nicht als “arbeitslos” erfaßt werden.

 

Mit Stand 30. April 2008 waren in Rheine 375 (kreisweit 1711) Arbeitsgelegenheiten tatsächlich besetzt.

 

 

Aktivierungs- und Profilingcenter Kaserne Gellendorf

 

Zusätzlich zu den geschaffenen Arbeitsgelegenheiten (1-Eurojobs) hat der Jugend- und Familiendienst zum 01.Juli 2006 mit Unterstützung der SGB II – Abteilung eine Maßnahme “Aktivierungs- und Profilingcenter Kaserne Gellendorf” begonnen. Diese Maßnahme ist als Vorstufe zum 1 – Eurojob zu verstehen. Unter pädagoischer Begleitung und fachlicher Anleitung erfolgt hier für maximal 3 Monate ein vermittlungsorientiertes Profiling. Ziel der Maßnahme ist es, aussagekräftige Kenntnisse über berufliche Möglichkeiten zu erhalten. Die Maßnahme ist von STARK bewilligt und als innovatives Projekt im arbeitsmarktpoltischen Rahmenprogramm ausgewiesen. Der Stadt Rheine entstehen mit dieser Maßnahme keine Kosten.

Nach Ablauf des ersten Bewilligungszeitraumes von 1 Jahr wurde die Maßnahme für weitere 2 Jahre als arbeitsmarktpolitische Maßnahme im Kreis Steinfurt verlängert.

 

Das Konzept der Maßnahme “Aktivierungs- und Profilingcenter Kaserne Gellendorf” ist auf Personen ausgerichtet, die zwar grundsätzlich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, angebotene Hilfen aber ablehnen und durch Arbeitsverweigerung oder verloren gegangenes Selbstvertrauen und Motivation ihre Selbsthilfemöglichkeiten ignorieren. Neben der Vermittlung verloren gegangener Grundtugenden wird den Teilnehmern in unterschiedlichen handwerklichen Bereichen eine erste oder erneute Qualifizierung geboten. Das abschließende Profiling soll die berufliche Perspektive in Richtung Arbeitsvermittlung, Brückenjob oder weitere Qualifizierung/ Berufsfindung unterstützen.

 

Es stehen 30 Maßnahmeplätze zur Verfügung, die auf zwei Gruppen aufgeteilt sind. Die Betreuung der Teilnehmer erfolgt durch einen handwerklichen Anleiter und eine Sozialpädagogin. Im Berichtszeitraum haben 195 Personen am Projekt teilgenommen, bzw. sind aktuell dort beschäftigt. 55 Personen haben nach Aufforderung die Teilnahme am Projekt verweigert. In den meisten Fällen mußte dieses Verhalten mit Leistungskürzungen bis zur endgültigen Einstellung sanktioniert werden.

Als Maßnahmeergebnis der Personen, die bereits ausgeschieden sind, ergibt sich für den Berichtszeitraum 28. Juni 2006 (Start der Maßnahme) bis 31. Dezember 2007

folgende Übersicht:

 

Endegrund der Maßnahme

Anzahl der Personen

 

 

Einstellung der SGB II -Leistungen

41

reguläre Teilnehme mit Wechsel in eine Arbeitsgelegenheit (Brückenjob)

37

reguläre Teilnahme mit Wechsel in eine Qualifizierungsmaßnahme

10

Arbeitsaufnahme mit Leistungsbezug

16

Arbeitsaufnahme ohne Leistungsbezug

13

Wegzug aus Rheine

  4

Haftantritt o. Sozialstunden

  5

Maßnahmestörendes Fehlverhalten

12

Festgestellte Arbeitsunfähigkeit

22

vorzeitiger Wechsel in andere Maßnahme

  5

 

Insgesamt wurden Leistungen aufgrund von Sanktionen (Dauer jeweils in der Regel 3 Monate) in Höhe von ca. 155.000 Euro eingespart. Diese Summe umfasst sowohl gekürzte Regelsätze (überwiegend) als auch eingesparte Unterkunftskosten. Die Summe der Leistungskürzungen von Personen, die aufgrund ihrer Weigerung zur Teilnahme an dieser Maßnahme von Beginn an keine Leistungen erhielten, wurde hier nicht erfasst (s.o. Einstellung der SGB II-Leistungen). Ebenso wurde die Summe zukünftiger Einsparungen, z. B. aufgrund eines fehlenden Folgeantrages, nicht ermittelt. Faktisch wurden also höhere Beträge eingespart, als dokumentiert werden können.

 

Auch hier sei zur Erklärung aufgeführt, dass Personen in dieser Maßnahme statistisch nicht als “arbeitslos” erfaßt werden.

 

Strukturelle Anpassung des Fallmanagements

 

Zum 01.02.2007 erfolgte in Rheine in Abstimmung mit dem Kreis Steinfurt eine strukturelle Anpassung des Fallmanagements sowie eine Neudefinition der Fallverantwortlichkeit.

 

Die Fallmanager/-innen der Stadt Rheine arbeiten zum Abbau der Vermittlungshemmnisse mit  Wohlfahrtsverbänden, freien Trägern und Spezialdiensten zusammen, die geeignete Dienstleistungen erbringen bzw. vermitteln. Die Arbeit der Fallmanager/-innen ist zunächst auf einen Zeitraum bis zu 12 Monaten angelegt; kurzfristige Erfolge sind zunehmend die Ausnahme, da in der Regel multiple Vermittlungshemmnisse (Mehrfachhemmnisse) abgebaut werden müssen, um die Vermittlungsfähigkeit herbeizuführen. Das Fallmanagement ist dann erfolgreich beendet, wenn die Hemmnisse, die einer Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt entgegenstehen, beseitigt sind.

 

Seit dem 01.02.2007 wird Fallmanagement in 680 laufenden Leistungsfällen geleistet. Die Leistungssachbearbeitung für diese Leistungsfälle erfolgt ebenfalls durch den/ die Fallmanager/-in. In ca. 320 Leistungsfällen ist das Fallmanagement auf die Beseitigung der Vermittlungshemmnisse ausgerichtet. Die weiteren ca. 360 Leistungsfälle bedürfen nach abgestimmter Meinung mit der GAB einer engeren Begleitung durch das Fallmanagement. In diesen Fällen des “Akivierenden” Fallmanagement liegt die Fallverantwortung beim städtischen Fallmanager/-in. Eine spätere Hinzuziehung der GAB als Fachdienst für die Vermittlung ist vorgegebenes Ziel. Die Einschaltung erfolgt im Rahmen einer Fallkonferenz – ggfs. mit Beteiligung des Leistungsempfängers. Der weitere Vermittlungsprozess wird festgelegt und vom Fallmanagement eng begleitet.

 

In Rheine konnte im Jahr 2007 in 253 Leistungsfällen das Fallmanagement beendet werden. Das Ergebnis stellt sich für wie nachfolgend dar:

 

Arbeitsaufnahme mit Unterstützung des Fallmanagements

60

( 24,0 %)

 

Fallmanagement erfolglos – weiterhin nicht aussichtsreich

36

( 14,2 %)

 

Beseitigung der Vermittlungshemmnisse – nun zuständig GAB

33

( 13,0 %)

 

Wegzug

30

( 11,9 %)

 

Fehlender Folgeantrag (offensichtliche Selbsthilfe)

22

(   8,7 %)

 

Sanktionen

18

(   7,1 %)

 

Vorrangige Ansprüche, Selbsthilfe

16

(   6,3 %)

 

Sonstiges (Tod, Stationärer Aufenthalt……)

11

(   4,3 %)

 

Inhaftierung

  9

(   3,5 %)

 

Erhöhtes Einkommen in der BG

  9

(   3,5 %)

 

Übergang in das SGB XII (Erwerbsunfähigkeit)

  9

(   3,5 %)

 

 

Im Vergleich zum Jahr 2006 konnte die Anzahl der beendeten Leistungsfälle mit Unterstützung des Fallmanagements nahezu verdoppelt werden (139 in 2006) - die Erwartungen der Verwaltung wurden damit bestätigt.

 

Bezogen auf Integration in Arbeit (Arbeitsvermittlung)  muß allerdings festgestellt werden, dass sich die Anzahl auf 748 Personen verringert hat und liegt damit unterhalb der Anzahl aus 2006 mit 829 Personen.

Über die Definition “Vermittlungsquote” gibt es unterschiedliche Auffassungen; es ist jedoch festzustellen, dass Rheine im Verhältnis zu den beiden weiteren gößeren Kommunen Ibbenbüren und Steinfurt in der Relation eine prozentual geringere Anzahl der in Arbeit integrierten Personen verzeichnen muß:

 

 

Kommune

Anzahl BG

Dez. 2007

Anzahl der in Arbeit integrierten Personen

Anteil im

Kreis in %

Ibbenbüren

     1.198 

     455

  37,98

Steinfurt

     1.154 

     434

  37,61

Rheine

     2.724 

     748

  27,46

Kreis Steinfurt

   10.461 

  3.679

  35,17

 

Abgeschlossene bzw. beendete Leistungsfälle mit Fallmanagement werden fortlaufend ersetzt, sodass in 933 Leistungsfällen Instrumente des Fallmanagements zur Anwendung kamen.

 

 

2. Kostenbeteiligung der Stadt Rheine

 

 

Bereits in seinen Sitzungen am 25.01.2007 und 20.03.2007 wurde der Sozialauschuss ausführlich über die aktuelle Entwicklung hinsichtlich der Beteiligung der Stadt Rheine an den Kosten nach dem SGB II informiert.

 

Da eine vom Gesetz abweichende einvernehmliche Regelung im Kreis Steinfurt scheiterte, griff ab Juli 2006 automatisch die gesetzliche Regelung. Diese besagt, dass die Kommunen mit 50 % an den verbleibenden Kosten der Unterkunft zu beteiligen sind.

 

Mit dem ersten Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des zweiten Buches Sozialgesetzbuch für das Land NRW vom 19.06.2007 wurde im § 5 die bisherige “Einvernehmensregelung” durch eine “Benehmensregelung” ersetzt. Das heißt, dass zugelassene Kreise durch Satzung im Benehmen mir den kreisangehörigen Gemeinden eine andere quotale Verteilung der Aufwendungen bestimmen können, wenn die Beteiligung der kreisangehörigen Gemeinden 50% nicht überschreitet. Dieser Teil des Änderungsgesetzes trat zum 01.01.2008 in Kraft.

 

Der Kreis Steinfurt hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und die ursprünglich angedachte Stufenregelung angewendet. Die vom Kreistag am 16.11.2007 beschlossene Satzung zur abweichenden Kostenbeteiligung setzt die Beteiligung der Städte und Gemeinden wie folgt fest:

 

          ● im Jahr 2008 auf 33,33 %

          ● in den Jahren 2009 und 2010 auf 40 %

          ● ab 2011 auf 50 %

 

Zu dieser Stufenregelung hat sich die Stadt Rheine zuvor mit Schreiben vom 31.10.2007 dahingehend geäußert, dass ein entscheidender Beitrag zur Senkung der Kosten nur über die Arbeitsvermittlung und die Qualifizierung zu erreichen ist. Dieser Bereich liegt aber nicht in der Zuständigkeit der Stadt Rheine und deshalb wurde die Erwartung zum Ausdruck gebracht, die Beteiligungsquote von 33,33 % für den Optionszeitraum (bis 31.12.2010) durch Satzung festzuschreiben. Dem ist der Kreistag aber nicht gefolgt.

 

Im Jahr 2007 betrug die städtische Eigenbeteiligung unter Zugrundelegung der gesetzlichen Quote 3.095 T€. Da der Haushalts- und Finanzplan von vornherein auf die dann doch erst ab 2008 geltende Regelung abgestellt war, mussten überplanmäßige Mittel iHv. 810 T€ bereitgestellt werden.

 

Für 2008 hat der Kreis Steinfurt den städtischen Anteil neu kalkuliert und zunächst einen Abschlag in Höhe von 2.141 T€ festgesetzt. Aus heutiger Sicht sind die dafür vorhandenen Haushaltsmittel auskömmlich.

 

 

3. Neuordnung der SGB II-Aufgabenträgerschaft

 

 

3.1 Verfassungswidrigkeit der SGB II-Arbeitsgemeinschaften

 

Mit Urteil vom 20.12.2007 hat der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts über die Kommunalverfassungsbeschwerden mehrerer Kreise gegen finanzielle und organisatorische Regelungen des Sozialgesetzbuch (SGB ) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende entschieden und den Verfassungsbeschwerden teilweise stattgegegeben. Die Finanzierungsregegelungen des SGB II blieben unbeanstandet, die Regelungen des § 44 b SGB II zu den Arbeitsgemeinschaften wurde jedoch als verfassungswidrig erklärt und bleibt längstens bis zum 31.12.2010 anwendbar. Die Regelungen verstoßen gegen Art. 28 Abs. 1 Grundgesetz in Verbindung mit Art. 83 Grundgesetz, weil sie dem Grundsatz eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung widersprechen, der den zuständigen Verwaltunsträger verpflichtet, seine Aufgaben grundsätzlich durch eigene Verwaltungseinrichtungen, also mit eigenem Personal, eigenen Sachmittlen und eigener Organisation wahrzunehmen.

 

 

3.2 Diskussionen zur möglichen Aufgabenträgerschaft

 

Anläßlich dieses Urteils haben die sich Diskussionen um eine zukünftige Aufgabenträgerschaft gemehrt. Interessant sind natürlich die gegenwärtig teils sehr gegensätzlichen Positionen der Bundesagentur für Arbeit, des Bundesarbeitsministers und der kommunalen Spitzenverbände wie z. B. dem Städte- und Gemeindebund NRW und dem Deutschen Landkreistag.

Aus der Richtung der Bundesagentur für Arbeit und dem Bundesarbeitsminister sind deutliche Tendenzen für eine Leistungserbringung unter einem Dach (kooperatives Jobcenter) erkennbar; erste Eckpunktepapiere zu einer möglichen Organisation wurden bereits veröffentlicht. Diese Aufgabenträgerschaft wird allerdings von den kommunalen Spitzenverbänden nicht mitgetragen; stichpunktartig sind die Contrapositionen wie nachfolgend:

 

- es kommt faktisch (wieder) zu einer Bundesträgerschaft

- Rückschritt bzgl. der SGB II-Reform und der Leistungserbringung “aus einer Hand”

- getrennte Aufgabenwahrnehmung (Zuständigkeit) erfordert 2 Ansprechpartner

- Kommunen leisten nur noch Unterkunftkosten und flankierende Leistungen

- Gesetzliche Änderungen sind in größerem Umfang erforderlich

- Kommunales Personal muss versorgt werden (Übernahme durch BA?)

 

Das Präsidium des Städte- und Gemeindebundes NRW hat in seiner Sitzung am 16. April 2008 beschlossen, an Bund und Länder zu appellieren, baldmöglichst eine den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entsprechende und dem Hartz IV-Ziel “der Leistungen aus einer Hand” gerecht werdende Lösung zur künftigen SGB II-Aufgabenträgerschaft und SGB II-Finanzierung zu schaffen. Auch sollte nach Ansicht des Präsidiums eine dauerhafte Verlängerung und ggfs. Ausweitung der bislang befristeten Optionslösung mit Blick auf die damit verbundenen kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten nicht ausgeschlossen werden. Die Optionslösung als parallel laufendes Aufgabenträgermodell bedarf allerdings sowohl unter dem Aspekt der Aufgabenzuweisung durch den Bund als auch einer klaren Finanzierungsregelung einer Absicherung im Wege der Verfassungsergänzung.

 

 

Der Kreis Steinfurt informierte die kreisangehörigen Kommunen am 09.Mai 2008 über ein Schreiben des Bundesarbeitsministers Scholz an den Landrat Kubendorff (vgl. Anlage 2), in dem Herr Scholz ankündigt, dass die zugelassenen kommunalen Träger über das Jahr 2010 hinaus bestehen bleiben sollen. Damit wäre Planungssicherheit zumindest bis 2013 gegeben. Strategie des Deutschen Landkreistages ist es derzeit, eine endgültige Entfristung und Öffnung der Option für weitere Optionswillige zu erreichen.

 


Anlagen:

 

Anlage 1 ( Vorlage Kreissozialausschuss B 186/2007 )

Anlage 2 (Schreiben des Bundesarbeitsministers Scholz an den Landrat Kubendorff)