Betreff
Planung und Realisierung des "Paseo" zwischen der alten Schotthockstraße und der Lingener Straße im östlichen Innenstadtgebiet Sachstandsbericht
Vorlage
165/06
Aktenzeichen
FB 5-schr
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

 

Der Bau- und Betriebsausschuss nimmt den Sachstandsbericht zum Paseo zur Kenntnis.


Begründung:

 

Im Rahmen der Vorbereitung für den Prozess der Sanierung im westlichen Stadtgebiet gelangten auch die städtebaulichen Missstände im Bereich der Lingener Straße und Hansastraße in den Fokus der städteplanerischen Erneuerungsüberlegungen. Ansatzpunkte für konzeptionelle Ideen finden sich bereits in Beiträgen, die Prof. Robaschik in den Jahren 1973 für die Stadt Rheine bearbeitet hatte.

 

Das Sanierungsverdachtsgebiet zwischen der Lingener Straße und der alten Schotthockstraße enthielt demzufolge 1982 bereits die Freilegung dieser Fläche, um eine nachhaltige Verbesserung des Wohnumfeldes in diesem damals noch sehr von der Textilindustrie geprägten Stadtraum zu schaffen. In einer Bürgerversammlung zur Vorbereitung des Sanierungskonzeptes wurden die Grundzüge der ansatzweise städtebaulichen Konzeption begrüßt und die Durchführung einer Sanierung gefordert. Die Planungen für das Sanierungsverdachtsgebiet „Östliche Innenstadt“ wurden wegen des beträchtlichen Aufwandes, u. a. auch der Nutzung oder Beseitigung der vorhandenen Fabrikanlagen, nicht weiter verfolgt, währenddessen die notwendigen planerischen und formalen Schritte für eine großflächige Sanierung im westlichen Innenstadtgebiet vorangebracht worden sind.

 

Mit dem Abschluss des Planwerkes „Rahmenplanung östliche Innenstadt Rheine“ im Jahr 1986 war das Ausmaß der Erneuerungsbemühungen nicht nur für die östliche Innenstadt, sondern auch für die gesamte östliche Stadthälfte erkennbar. Der Bereich des Paseo gehörte zu den Schlüsselaufgaben des Ensembles „Auf dem Mühlenkamp“, das durch den so genannten Kuss-Möbelmarkt als vorstädtisches Shoppingcenter geprägt war. In Beschlüssen des Rates 1993 und nach Abschluss der Rahmenplanung wurde festgelegt, dass das entwickelte städtebauliche Leitbild auf alle zukünftigen Überlegungen für die Stadtentwicklung in diesem Raum einwirken solle. 10 Jahre später erfolgte mit der Masterplanung eine Aktualisierung und Vertiefung dieser Planungskonzepte, indem in der Veröffentlichung „100 Projekte für Rheine“ das Planwerk operationalisiert und für das Verwaltungshandeln vorbereitet wurde.

 

Nach mehreren Vorberatungen im Stadtentwicklungsausschuss „Planung und Umwelt“ beschloss der Rat am 13. September 1994 die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 220, Kennwort: „Emseinkaufszentrum“. Ziel des Aufstellungsbeschlusses war es, die vom Rat als städtebauliche Leitlinie für die Entwicklung der Innenstadt beschlossene Masterplanung städtebaulich umzusetzen, die Entwicklung des Emseinkaufszentrums innenstadtverträglich zu gestalten und entsprechendes Planungsrecht zu schaffen.

 

Im Jahr 2001 erhielt schließlich nach längerer Unterbrechung der Planungsaktivitäten das Büro Prof. Fritschi, Stahl und Baum einen Planungsauftrag für die Umwälzplanung zwischen Lingener Straße und Schotthockstraße. Die Bearbeitung des Planungsauftrages wurde unterbrochen, weil mit Hinblick auf die Projekte der REGIONALE eine zeitnahe Weiterführung nicht sinnvoll erschien. In verschiedenen Beratungsfolgen ist sodann im I. und II. Quartal 2005 der Planungsauftrag im Bau- und Betriebsausschuss am 19. Mai 2005 und im Stadtentwicklungsausschuss „Planung und Umwelt“ am 22. April 2005 zum Abschluss gebracht worden ist. Zu diesem Zeitpunkt war bereits die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 220, Kennwort: „Emseinkaufszentrum – Teil B“, rechtskräftig abgeschlossen worden. Damit waren die Voraussetzungen gegeben für den Beschluss im Bau- und Betriebsausschuss am 19. Mai 2005, einen Förderantrag zur Bewilligung von Städtebaumitteln bei der Landesregierung zu stellen. Die Kosten für den Ausbau des „Paseo“ wurden in die mittelfristige Finanzplanung aufgenommen. Die Kosten der Gesamtmaßnahme betrugen 981 T €, sodass bei einem Fördersatz von 70 % der städtische Eigenanteil mit 294  T € beziffert wurde. Die Kosten für den Ankauf der Grundstücke sind hierin nicht enthalten.

In welchem Bereich der Abbruch beginnen sollte, lag an der Zweckbindungsfrist für die Fördermittel des Ausländertreffs und letztlich an der kompletten Freilegung des Areals.

 

Die Stadt Rheine verfolgte schon seit der förmlichen Festlegung des Sanierungsverdachtsgebietes „Östliche Innenstadt“ zielstrebig den Erwerb von Grundstücken und Häusern zwischen der Schotthockstraße und der Lingener Straße. Der Erwerb aller Objekte wurde mit der städtebaulichen Zielsetzung der Freilegung dieser Flächen für eine öffentlich gestaltete Grün- und Parkfläche begründet.

Die kontinuierlichen Grunderwerbsbemühungen haben dazu geführt, dass bis auf drei Ausnahmen die benötigten Grundstücke/Gebäude seitens der Stadt Rheine aufgekauft worden sind.

Gegenwärtig sind die im Besitz der Stadt Rheine befindlichen Gebäude noch von ausländischen Flüchtlingen bewohnt. Die unbefriedigende Unterbringungssituation erfüllt nicht die durch das städtische Unterbringungskonzept vorgesehene Entzerrung von Massierungsgebieten. Bei den Flüchtlingen handelt es sich vornehmlich um Personen arabischer und mazedonischer Herkunft bzw. aus dem Kosovo, wobei Angehörige der Roma zahlenmäßig die größte Gruppe bilden. Diese Personen halten sich bereits seit über zehn Jahren in Rheine auf, besitzen aber keine generelle Aufenthaltserlaubnis, sodass jeweils kurzfristige Duldungen ausgesprochen werden. Die Stadt Rheine versucht, durch den Erwerb von geeigneten Häusern und Ausweichquartieren eine dezentrale Unterbringung zu gewährleisten. Die frei werdenden Gebäude sollen nach Möglichkeit nicht wieder belegt und aufgrund des miserablen Gebäudebestandes abgerissen werden. Dieser Prozess der Freilegung der Grundstücke soll zeitnah und im Blickfeld auf die Realisierung nach 2008 stetig fortgesetzt werden.

 

Zusammenfassende Darstellung der Planungskonzeption

 

Der neue grüne Stadtplatz "Paseo" ist Endpunkt der Platzfolgen im vorhandenen Netzwerk der Innenstadt. Gleichzeitig kommt ihm aufgrund seiner stadtgeografischen Lage eine Verbindungsfunktion zwischen Innenstadt und den Wohnquartieren an der Peripherie zu. Gemeint sind die dicht bebauten Wohnquartiere der Ostseite der Stadt und des nördlich gelegenen Stadtteils Schotthock. Auf diesem Platz treffen sich die wesentlichen Fuß- und Radwegverbindungen aus den genannten Stadtbereichen. Der Platz ist auch für die stadtgestalterische Einbindung des ehemaligen Fabrikkomplexes in das unmittelbare städtebauliche Umfeld bedeutsam. Der Platz soll nicht nur die Wohnumfeldqualität anheben, sondern letztlich zu einer intensiveren städtebaulichen Nutzung und Gestaltung der angrenzenden innerstädtischen Wohnquartiere führen.

 

Wesentliches Anliegen ist das Schaffen einer robusten Grundstruktur, die heterogenen Nutzungsansprüchen "Möglichkeiten" gegenwärtig und zukünftig anbietet. Markantes Merkmal ist zunächst ein den Platzraum erfassendes regelmäßiges Baumraster, das im südlichen Bereich in ein Platanenkarree münden kann. Die Baumreihen können geometrisch beschnitten werden, um Raumeindrücke zu verstärken. Die bereits angesprochene Gliederung sieht im südlichen Teil mit dem Platanenkarree eine Platzsituation vor, die offen ist für vielfältige Nutzungen.  Im Übergang zum Stadthallenplatz ist in lang gestreckter Form, ggf. mit einer temporären Überdachung versehen, die regelmäßige Abhaltung von Märkten denkbar. Die Etablierung eines Cafés im alten Bürogebäude der ehemaligen Fabrik lässt die Belebung des Baumkareeplatzes erwarten.

 

Am nördlichen Ende des Platzraumes befindet sich der alte jüdische Friedhof, der hoch ummauert für die Öffentlichkeit verschlossen ist. Notwendigerweise schließt sich unmittelbar angrenzend die hauptsächliche Verkehrserschließung des ems-einkauf-center an, sodass die Friedhofsanlage als ideeller und optischer Bezugspunkt der gesamten Platzanlage verstanden wird. Der nördliche Bereich ist deutlicher durch die verkehrlichen Funktionen geprägt. Die Situation mit einer hohen Fußgängerfrequenz provoziert die Möglichkeit, im nördlichen Abschnitt des Platzes ein ergänzendes Service- und Gastronomieangebot zu etablieren, z. B. ein kleines Eis-Café, einen Zeitungs-, Buch- und Tabakwarenkiosk, einen Fast-Food-Kiosk mit einer kleinen Außenbewirtschaftung sowie ggf. eine ansprechende öffentliche Toilette.

 

Die soeben geschilderten Nutzungselemente südlich und nördlich sollen in einem klar strukturierten grafischen Teppich der Bodengestaltung eingebunden werden. Die dazwischen liegende Bewegungsfläche ist das dritte Gliederungselement, das in seiner einfachen und klaren Gestaltung das höchste Maß an Verhaltensbeliebigkeit und individueller Aneignung ermöglichen soll. Zentrale Achse ist die Flaniermeile, deren Erscheinungsbild von den alleeartig angeordneten Bäumen geprägt wird. Der breite mittlere Weg wird begleitet von Sitzbänken und sonstigen gliedernden Strukturen, wie z. B. ein(e) im Boden stilisierte(r) Wasserlauf/-rinne etc. Der schon zuvor angesprochene gestalterisch verbindende "grafische Gestaltungsteppich" soll durch Lichtbände und ein Lichtraster abends wirkungsvoll ergänzt werden.

 

Die Oberflächengestaltung der einzelnen Bereiche orientiert sich an ihrer Nutzung. Straßenflächen werden asphaltiert. Der Promenadenweg erhält eine Oberfläche aus sandsteinfarbenem Pflasterklinker (Waalformat 7/24), einem regionalen Material. Durch Verlegerichtung und –verband (Fischgrät längs) soll der Eindruck eines gewebten Teppichs entstehen.

 

Es ist beabsichtigt, die Randbereiche in Betonsteinplatten (30/30, Farbe grau, Läuferverband) auszuführen, um einen Übergang zu den Anschlussbereichen herzustellen.

 

Der ruhende Verkehr wird entlang der Schotthockstraße und Lingener Straße in Parkbuchten für Längsparker untergebracht. Auch diese Flächen sind mit Betonsteinplatten (30/30) im Läuferverband belegt.

 

Alle Bäume stehen in wassergebundener Decke. Neben Bänken in ausreichender Zahl sind eine Wasserrinne als Spielelement für Kinder sowie eine Boulefläche vorgesehen. Zusammen mit der den Paseo belebenden Außengastronomie sichern sie sich die Aufenthaltsqualität des Freiraums.

 

Die Lichtgestaltung berücksichtigt die verkehrsgerechte und sichere Ausleuchtung. Lichtpoller in Achse der Platanen betonen mit geometrisch ausgerichteter Effektbeleuchtung die gewollte Strenge der Planung. Schotthockstraße und Lingener Straße werden mit Mastleuchten bestückt, die zwischen den Säuleneichen aufgestellt, ebenfalls die Linearität des Konzeptes unterstreichen.

 

Der Paseo ist in Bauetappen realisierbar.

 

In den letzten Jahren konnten die meisten Grundstücke angekauft werden.

Derzeit befinden sich 3 Grundstücke noch nicht im städtischen Besitz. In den letzten Wochen sind 2 Häuser, die durch Leerzug zur Verfügung standen, abgebrochen worden. Weitere Abbruchmaßnahmen könnten in den nächsten Monaten durchgeführt werden, da sich Leerstände andeuten.

 

Die gesamte Paseo-Fläche ist zwischenzeitlich überplant worden. Der Bebauungsplan weist hier öffentliche Grünfläche aus. Das heißt, ein neuer Bauantrag würde hier nicht genehmigt werden. Die vorhandenen Gebäude genießen Bestandsschutz. Dies ist bei der Bewertung der Grundstücke auch zu berücksichtigen.


Anlagen:

 

Anlage 1:     Paseo – Stadtplätze der Innenstadt mit Bildportrait

Anlage 2:     Übersicht Lingener Straße/Schotthockstraße