Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Die aufgrund der amtlichen Bekanntmachung der Absicht der Stadt Rheine zur Einziehung eines Teilstückes der Gröning, Gemarkung Mesum, Flur 7, Flurstück 391 tlw., vorgebrachten Einwendungen werden zurückgewiesen.

 

Einziehungsbeschluss:

 

Das Teilstück der Gröningstraße, im anliegenden Lageplan näher dargestellt, Gemarkung Mesum, Flur 7, Flurstück 391, wird hiermit gemäß § 7 Straßen- und Wegegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (StrWG NW) eingezogen, weil überwiegende Gründe des öffentlichen Wohles für die Einziehung vorliegen.


Begründung:

 

Die Firma Kölling-Gröning ist im Teilabschnitt der Gröningstraße zwischen dem Hassenbrockweg und der Ringstraße beidseitig Anlieger. Da auf beiden Seiten der Straße Werksgebäude der Firma liegen, muss der Werksverkehr notwendigerweise als Querverkehr den Straßenraum in Anspruch nehmen. Es kommt hinzu, dass wegen der Lage der Baulichkeiten die Be- und Entladearbeiten zu einem großen Teil auf der Straße ablaufen. Zur Entschärfung dieser Verkehrssituation wurde seitens der Firma Kölling-Gröning wiederholt der Antrag gestellt, dieses Teilstück dem öffentlichen Verkehr zu entziehen und in das Betriebsgelände zu integrieren.

 

Die Gröningstraße ist in der Zusammenlegungssache von Mesum im Jahre 1919 entstanden. Im dazugehörigen Rezess wurde die Straße für den öffentlichen Straßenverkehr gewidmet. Die Integration dieses Teilstückes der Gröningstraße in das Betriebsgelände setzt jedoch ein förmliches Einziehungsverfahren nach dem Straßen- und Wegegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen voraus.

 

Eine Einziehung ist berechtigt, wenn entweder die Straße jegliche Verkehrsbedeutung verloren hat oder überwiegende Gründe des öffentlichen Wohles für die Beseitigung der Straße vorliegen. Die Einziehung des Teilstückes der Gröning­straße wird hier als gerechtfertigt angesehen, da überwiegende Gründe des öffentlichen Wohles für die Einziehung vorliegen. Die Würdigung des öffentlichen Wohles ist im Verfahren zur Einleitung der Einziehung, Ausschussvorlage Nr. 618/05, ausreichend dargelegt und wurde dort beschlossen. Die amtliche Bekanntmachung ist am 1. Februar 2006 erfolgt. Hierzu sind Einwendungen eines Anliegers erhoben worden. Dieser Einspruch ist als Anlage 1 beigefügt. Folgendes wird dem entgegengehalten:

 

1.    Überwiegende Gründe des öffentlichen Wohls

 

Es mag dahinstehen, ob das anhängige Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan Nr. 127, Kennwort: „Gröningstraße“, eine „isolierte Begründung“ der Gründe des öffentlichen Wohls erforderlich macht oder nicht. Überwiegende Gründe des öffentlichen Wohls liegen in jedem Falle vor.

 

Die Einziehung des hier in Rede stehenden mittleren Abschnittes der Gröningstraße ist erforderlich, um eine gefährliche Verkehrssituation auf dieser Straße zu beseitigen und einen störungs- und gefahrenfreien Betriebsablauf des Textil- und Kunststoffwerkes der Firma Gröning zu gewährleisten.

 

Infolge der betrieblichen Nutzung des mittleren Abschnitts der Straße (gesteigerter Gemeingebrauch) ist es immer wieder zu Beinahunfällen gekommen. Die verkehrliche Situation in diesem Abschnitt der Gröningstraße erfordert zur Gefahrenabwehr eine wirksame Sperrung für den durchfahrenden Verkehr. Die straßenverkehrsrechtliche Sperrung für den durchfahrenden Verkehr hat sich weitgehend als wirkungslos erwiesen.

 

Die Einbeziehung des mittleren Abschnitts in das Werksgelände und die Absperrung durch zwei Toranlagen sind auch notwendig, um einen störungs- und gefahrenfreien Betriebsablauf des Werkes zu gewährleisten und das Risiko von Brandstiftungen und Sachbeschädigungen, wie sie in jüngster Vergangenheit mehrfach vorgekommen sind, erheblich zu senken. Der Versicherer des Betriebes fordert bereits seit langem die Einbeziehung des mittleren Abschnittes der Gröningstraße in das Werksgelände, um die mit der einfachen Zugänglichkeit dieses Geländes verbundenen Probleme endlich zu lösen. Für die beabsichtigte Übergabe des Betriebes an einen Nachfolger ist die Lösung dieser Problematik eine wichtige Vorbedingung. Insofern sichern die Einziehung der Straßenfläche und die Integration dieser Fläche in das Werksgelände auch die in dem Betrieb angebotenen Arbeitsplätze.

 

Das Interesse am Erhalt dieser Arbeitsplätze ist aber nicht nur ein privater wirtschaftlicher, sondern auch ein öffentlicher Belang von erheblichem Gewicht. Ohne Einbeziehung der Verkehrsfläche in das Werksgelände werden eine Übernahme des Betriebes und damit die Sicherung der Arbeitsplätze nicht möglich sein. Insgesamt stehen über 140 Arbeitsplätze, davon 80 % aus dem Südraum von Rheine, auf dem Spiel.

 

Diese öffentlichen Belange der Verkehrssicherheit und der Arbeitsplatzsicherung überwiegen die privaten Interessen der übrigen Anlieger der Gröningstraße bei weitem. Die nördlichen und südlichen Abschnitte der Gröningstraße behalten ihre Erschließungsfunktion für die dortigen Anlieger. Sie bleiben als öffentliche Straßenfläche erhalten. Für den aus dem südlichen Teilabschnitt der Gröningstraße abfließenden Verkehr wird ein entsprechender Wendehammer angelegt, der den Rückfluss des Anliegerverkehrs sicherstellt.

 

Damit auch große Lkw, für die der Wendehammer zu klein ist, diese Anlieger-Grundstücke an der Gröningstraße ungehindert anfahren können, ist in dem zwischen der Stadt und der Firma Gröning geschlossenen städtebaulichen Vertrag die Möglichkeit abgesichert, das Werksgelände der Firma zum Wenden zu nutzen. Die Firma hat sich verpflichtet, die Toranlage des Werksgeländes nach rechtzeitiger Anforderung während der Geschäftszeiten der Firma Gröning für diese Fahrzeuge zu öffnen, so dass die Fahrzeuge auf dem Werksgelände wenden können.

 

Die Firma wird außerdem dafür sorgen, dass die Lkw-Zufahrt zu ihrem Betrieb nur noch von der Ringstraße her und die Lkw-Abfahrt nur noch zum Hassenbrockweg hin erfolgen sollen. Durch diesen Ein-Richtungsverkehr wird die Verkehrssituation auf den verbleibenden Teilabschnitten der Gröningstraße auch zu Gunsten der Anlieger verbessert.

 

Im Interesse der Anlieger hat sich die Firma Gröning weiterhin verpflichtet, jederzeit sicherzustellen, dass Lkw mit dem Fahrziel des Betriebes, die wider Erwarten vom Hassenbrockweg anfahren, unverzüglich auf das Werksgelände fahren können.

 

Die einziehungsbedingten Umwege für die Anlieger der Gröningstraße sind geringfügig und als notwendiger Preis für die Verbesserung der Verkehrssituation auch zumutbar. Insgesamt ist festzuhalten, dass die öffentlichen Belange der Verkehrssicherheit und der Arbeitsplatzsicherung bei Weitem die privaten Interessen an der Beibehaltung des derzeitigen Zustandes überwiegen.

 

2.    Unbegründete Zweifel an den überwiegenden Gründen des öffentlichen Wohls

 

a)    Verbesserung der Verkehrssituation

Der Einrichtungsverkehr für Lkw verbessert sehr wohl die Verkehrssicherheit. Die Behauptung, dass hier eine neue Gefahrenquelle durch spielende Kinder im Bereich der wartenden Lkw geschaffen werde, ist nicht nachvollziehbar. Diese Gefahr für spielende Kinder ist heute viel größer, weil hier Lkw-Verkehr in beiden Richtungen stattfindet. Der Lkw-Verkehr durchfährt auch bereits heute die südliche Gröningstraße und den Hassenbrockweg. Wenn dieser Verkehr aber nur noch in einer Richtung von Nord nach Süd stattfindet, ist die Situation übersichtlicher als heute und daher unzweifelhaft eine Verbesserung gegenüber dem heutigen Zustand.

 

b)    Arbeitsplatzsicherung

Soweit es um den öffentlichen Belang der Arbeitsplatzsicherung geht, ist es in einer wettbewertsorientierten Marktwirtschaft schlechterdings überzogen und realitätsfern, für die Einziehung eine „Garantie“ zu fordern, dass der Betrieb nicht auch nach Einziehung der Straße geschlossen werden könnte.

Zudem ist der Belang der Arbeitsplatzsicherung sehr wohl mit den Belangen der anderen Anlieger abgewogen worden, denen nur ein geringer Umweg als notwendiger Preis für die Verbesserung der Vekehrssicherheit zugemutet wird.

 

c)    Situationsgerechte Interessenabwägung

Die Einziehung dient nicht allein dem Vorteil des Betriebes, sondern auf Grund der Erhöhung der Verkehrssicherheit auch den Interessen der Allgemeinheit und der Anlieger sowie den Interessen der in diesem Werk beschäftigten Arbeitnehmer.

Der Wohnbaulandwunsch der Einwender hat mit dem Ziel, das mit der Einziehung verfolgt wird, nichts zu tun. Der Wunsch nach Überplanung ihrer Flächen als Wohnbauland ist nicht einmal Bestandteil der bauleitplanerischen Abwägung, geschweige denn der Abwägung der hier speziell von der Einziehung betroffenen Interessen im Rahmen des Einziehungsverfahrens. Die erwartete Überplanung dieser Flächen als Wohnbauland kann nicht Gegenstand des Einziehungsverfahrens sein und somit auch in diesem Verfahren nicht geltend gemacht werden.

 

3.    Einziehung statt Teileinziehung

 

Der eingezogene Abschnitt wird sehr wohl vollständig dem öffentlichen Verkehr entzogen. Wenn hier ein städt. Müllfahrzeug das Werksgelände passiert und wenn in sehr seltenen Fällen einmal ein großer Lkw für die Privatanlieger des südlichen Teils der Gröningstraße auf dem Werksgelände wendet, wird aus dieser Werksstraße nicht gleich eine öffentliche Straße. Von daher kommt eine Teileinziehung nicht in Betracht.

 

4.    Keine Entschädigungspflicht

 

Es ist nicht ersichtlich, wofür eigentlich eine Entschädigung verlangt wird und auf welcher Anspruchsgrundlage diese beruhen soll. Den Einwendern wird hier nichts genommen; der geringe Umweg bei Fahrten von und zur Innenstadt ist angesichts der Verbesserung der Verkehrssituation durchaus zumutbar. Die Wohnbaulanderwartung ist keine gesicherte Rechtsposition und wird zudem durch die hier in Rede stehende Einziehung überhaupt nicht berührt.

 

5.    Unterhaltungspflicht

 

Der nördliche und südliche Teilabschnitt der Gröningstraße bleibt öffentliche Verkehrsfläche. Lediglich der mittlere Abschnitt wird eingezogen und gewissermaßen eine private „Werksstraße“. Diese Fläche wird der Firma Gröning übereignet, die dann auch für die Unterhaltung dieser privaten Verkehrsfläche sorgen wird.

 

6.    Verweis auf das Normenkontrollverfahren

 

In der Stellungnahme wird abschließend „auf die Begründung der Normenkontrollklage vom 1. Februar 2006 Bezug genommen“. Die dort geführte Argumentation treffe im Wesentlichen auch auf die jetzt anstehende Einziehung zu.

 

Welche Argumentationselemente damit im Einzelnen gemeint sind, wird nicht deutlich. Vorsorglich wird daher gewissermaßen spiegelbildlich auch auf die Argumentation der Stadt in ihrer Antragserwiderung zum Normenkontrollverfahren Bezug genommen. Beide Unterlagen sind als Anlagen 2 und 3 beigefügt.

 

Insgesamt muss der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen werden.


Anlagen:

 

Anlage 1:     Schreiben des Rechtsanwaltes Baumeister, Münster, vom 3. April 2006

Anlage 2:     Schreiben des Rechtsanwaltes Baumeister, Münster, vom

Anlage 3:     Schreiben an das Oberverwaltungsgericht NRW vom 6. April 2006

Anlage 4:     Bebauungsplan Nr. 127