Betreff
Prüfung eines Alkoholverbotes auf öffentlichen Plätzen/Wegen in Rheine
Vorlage
381/09
Aktenzeichen
Fb 3- 32
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Haupt- und Finanzausschuss nimmt die Ausführungen zur Kenntnis.

 

 


Begründung:

 

 

Mit Schreiben vom 04.08.09 hat die CDU-Fraktion beantragt, im Rahmen einer öffentlichen Vorlage eine Information zu den Gestaltungsmöglichkeiten der Verwaltung zu möglichen Alkoholverboten auf öffentlichen Plätzen und Wegen in Rheine zu geben. Zur Begründung wird ausgeführt, dass es im Innenstadtbereich von Rheine Treffpunkte von Alkoholkonsumenten gäbe, die erheblichen Ärger verursachen und verschmutzte Umfeldbereiche hinterlassen würden. Beispielhaft seien die Nahbereiche von Stadthalle und Ems zu erwähnen. Der Antrag der CDU-Fraktion ist in der Anlage beigefügt.

 

Die Problematik der Alkoholverbote ist in den letzten Wochen insbesondere durch zwei Urteile des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in den Focus der Öffentlichkeit gelangt. Dieser hat am 28.07.09 entschieden, dass das von der Stadt Freiburg verhängte Alkoholverbot im Kneipenviertel der Stadt („Bermudadreieck“) nicht von der Generalermächtigung des baden-württembergischen Polizeigesetzes gedeckt ist und die Verordnung aufgehoben.

 

Der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen hat anlässlich dieser Urteile gegenüber der Presse darauf hingewiesen, dass das geltende Ordnungsrecht in NRW eine genügende Rechtsgrundlage für etwaige Alkoholverbote in der Öffentlichkeit biete und es den Kommunen überlassen, entsprechende Verordnungen zu erlassen, sofern die Voraussetzungen dafür vorliegen. In NRW gibt es derzeit schon Alkoholverbote  u.a. in Bonn (sog. „Bonner Loch“), Bielefeld, Soest, Velbert, Hückeswagen. In Düsseldorf und Aachen werden solche Verbote derzeit diskutiert.

 

Das Ordnungsbehördengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen enthält in den §§ 25- 38 OBG Regelungen für den Erlass ordnungsbehördlicher Verordnungen zur Abwehr von Gefahren. Eine solche Verordnung muss durch den Rat beschlossen werden. Eine Verordnung darf nicht erlassen werden, wenn der Regelungsinhalt bereits durch ein Gesetz normiert worden ist. Eine gesetzliche Regelung zum Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit existiert nicht. Lt. Medienberichten ist derzeit auch nicht beabsichtigt, ein solches Gesetz auf den parlamentarischen Weg zu bringen.

 

Durch ein Alkoholverbot auf bestimmten Straßen und Wegen würde das Konsumieren und Mitführen von Alkohol in diesen Bereichen untersagt. Bei Zuwiderhandlungen könnten Bußgelder verhängt werden. Desweiteren wäre im Falle von Verstößen die grundsätzliche Möglichkeit gegeben, gegen die Personen Platzverweise auszusprechen oder andere polizei- und ordnungsrechtliche Massnahmen zu ergreifen.

 

Ein Alkoholverbot darf jedoch nur verhängt werden, wenn durch das Mitführen und den Genuss von Alkohol in den Bereichen Gefahren entstehen. Dabei muss wahrscheinlich sein, dass von jedem Adressaten dieser Verordnung, also jeder Person, die dort Alkohol mitführt und/oder konsumiert, auch eine Gefahr ausgeht.

 

Es müssen somit hinreichende Anhaltspunkte vorliegen, dass von allen Personen, die in den betroffenen Straßen und Wegen Alkohol konsumieren und mitführen, regelmässig damit zu rechnen ist, dass sie Gewalt ausüben oder aber erhebliche Störungen verursachen.

 

Der VGH Baden-Württemberg weist in seinen og. Entscheidungen darauf hin, dass die enthemmende Wirkung von Alkohol zwar zu aggressivem Verhalten führen könne, aber eben nicht typischerweise bei jeder Person, die sich auf den Straßen aufhalte und dort Alkohol konsumiere. Dies entspreche auch der allgemeinen Lebenserfahrung. Im Übrigen würden auch die polizeilichen Erhebungen zur Entwicklung der Gewaltkriminalität im Freiburger Bermuda-Dreieck eine solche Aussage nicht zulassen.

 

In NRW existiert bisher keine verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zur Rechtmässigkeit solcher Alkoholverbote, so dass keine Erkenntnisse bestehen, ob diese Auffassung des VGH Baden-Württemberg auch von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung in NRW geteilt wird. Aus der Presse ist zu entnehmen, dass nach dem Urteil des VGH Baden-Württemberg Bonner Bürger angekündigt haben, gegen das dortige Verbot den Rechtsweg zu beschreiten, so dass hier möglicherweise bald mit Rechtsprechung zu rechnen ist.

 

In den im Antrag der CDU-Fraktion angesprochenen Bereichen hat es in den vergangen Jahren immer wieder Probleme mit Personen gegeben, die sich dort aufgehalten haben. Dabei könnte der Konsum von Alkohol in einigen Fällen auch zu diesen Problemen beigetragen haben. Gewaltdelikte haben nur eine untergeordnete Bedeutung gehabt. Zumeist kam es zu Ruhestörungen und Belästigungen Dritter, sowie in Einzelfällen zu Sachbeschädigungen.

 

Die polizeiliche Anzeigestatistik für den Zeitraum 01.08.2008 bis 31.07.2009 weist für die Bereiche Emsstr., Heilig-Geist-Platz, Kettelerufer, Mühlenstr., Timmermanufer und Humboldtplatz insgesamt 1.294 Straftaten aus. Bereinigt man diese Delikte um die Straftaten, die normalerweise nicht in einen Zusammenhang mit Alkoholkonsum gebracht werden können, wie z.B. Laden- und Taschendiebstähle, Fahrraddiebstähle und Diebstähle von und aus Kfz, so verbleiben für den gesamten Bereich 342 Straftaten, die für eine Betrachtung im Rahmen eines Alkoholverbotes zu berücksichtigen wären. Bei diesen Straftaten handelt es sich insbesondere um Körperverletzungsdelikte, Sachbeschädigungen, Raubdelikte, Bedrohungen und Betäubungsmitteldelikte.

 

Bei den insgesamt in dem Bereich zur Anzeige gebrachten Straftaten konnte nur in 22 Fällen festgestellt werden, dass der mutmaßliche Täter zuvor Alkohol konsumiert hatte.

 

Die Polizei hat sich in einer Stellungnahme zur Frage eines Alkoholverbotes in den og. Bereichen wie folgt geäußert:

 

„Insgesamt ist aus hiesiger Sicht festzustellen, dass ein generelles Alkoholverbot für bestimmte Bereiche nicht eine spürbare Verbesserung bringen wird, da

die tatsächlich belegbaren Sachverhalte wo Alkohol eine Rolle gespielt hat, gering sind. Auch die das subjektive Sicherheitsgefühl des Bürgers betreffenden

Straftaten sind nach Abzug der Fahrraddiebstähle auf ein Maß reduziert, welches sich in einer Größenordnung von ca. einem Delikt pro Tag im Vergleichszeitraum

darstellt. Hierbei sind auch Delikte eingerechnet, die nicht unter freiem Himmel stattgefunden haben.“

 

 

Die betroffenen Bereiche werden zu den kritischen Zeiten verstärkt durch die Polizei bestreift. Zudem werden Kontrollen durch die Ordnungsverwaltung auch in den Abend- und Nachtstunden durchgeführt. Hier erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit der Polizei, die in die Kontrollen eingebunden wird.

 

Tagsüber hat die Stadtwacht den Auftrag, in den Bereichen Präsenz zu zeigen und dort „für Ordnung zu sorgen“.

 

Diese Kontrolldichte hat zu dem Ergebnis geführt, dass die Vorfälle und Belästigungen in den angesprochenen Bereichen auf ein Maß zurückgeführt werden konnten, die eine Gesellschaft aushalten muss. Von einem Gefahrenbereich, wie er für den Erlass eines Alkoholverbotes notwendig ist, kann daher nicht gesprochen werden.

 

In diesem Zusammenhang soll auch darauf hingewiesen werden, dass ein Alkoholverbot ein örtliches Abgrenzungsproblem provozieren könnte. Auf der linken Emsseite wird in den Außenflächen des Hotels Lücke Außengastronomie betrieben. Auf der rechten Emsseite haben sowohl die Stadthalle als auch das CCH solche Außengastronomieflächen. Beide Bereiche grenzen bekanntlich unmittelbar an die oben erwähnten „Emsuferbereiche“ an. Auch könnte es zu Problemen bei der Durchführung von Veranstaltungen im Bereich des Emsufers kommen, bei denen Alkohol ausgeschenkt werden soll (z.B. Emsfestival).

 

Aus Sicht der Verwaltung liegen die Voraussetzungen für ein Alkoholverbot derzeit nicht vor.

 

Es wird empfohlen zu beobachten, ob die bisher schon ergriffenen präventiven Massnahmen auch weiterhin den gewünschten Erfolg zeigen. Darüber hinaus sollte die weitere Entwicklung der Rechtsprechung und der Gesetzgebung zu dieser Problematik beobachtet werden.


Anlagen:

 

Antrag der CDU Fraktion