Betreff
Familienberichterstattung Konsequenzen, Maßnahmen, weitere Planungen
Vorlage
496/09
Aktenzeichen
FB2-lg
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

Der Jugendhilfeausschuss/Sozialauschuss nimmt die Ausführungen zum Familienbericht zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung, auf Grundlage der aufgezeigten Erkenntnisse eine konkrete Maßnahmenplanung zu entwickeln und den Ausschüssen zur Beratung, Priorisierung und Beschlussfassung vorzulegen.

 

 


Begründung:

 

Im April 2008 wurde der erste Familienbericht für die Stadt Rheine vorgelegt.

 

Er trifft eine Vielzahl von Aussagen zu der Situation von Familien mit Kindern in Rheine und zu deren Befindlichkeiten.

 

Der Familienbericht wurde an die politischen Mandatsträger, an die Stadtteilbeiräte, an den Integrationsrat, Familienbeirat, Seniorenbeirat und Behindertenbeirat, sowie an die Fachbereiche der Verwaltung verteilt.

 

Die Ergebnisse des Familienberichtes finden inzwischen Berücksichtigung in anderen Projekten, hier ist unter anderem zu nennen das LAG 21 Projekt Dorenkamp 2020.

Natürlich haben die Ergebnisse bei internen Planungen des Fachbereiches 2, wie der KITA-Bedarfsplanung, der Spielleitplanung, im kommunalen Kinder- und Jugendförderplan der Stadt Rheine sowie bei der Spielflächenplanung Eingang gefunden.

 

 

 

Die Ergebnisse werden in Folge stark komprimiert zusammengefasst:

 

Lebenssituationen von Familien und Kindern in einer umfassenden sozialräumlichen Perspektive

 

·         Die Bevölkerungsstrukturen in den einzelnen Rheinenser Stadtteilen sind unterschiedlich.

·         Es gibt „ältere“ Stadtteile wie Dutum/Dorenkamp und deutlich „jüngere“ Stadtteile wie Innenstadt.

·         Der Ausländeranteil reicht bei einem stadtweit niedrigen Niveau von 5,4 % von 1,7% in Mesum bis zu 13,3% in der Innenstadt.

·         Familien mit Migrationshintergrund leben insbesondere in den Stadtteilen Schotthock/Altenrheine, Dutum/Dorenkamp und Innenstadt.

·         Die höchsten Anteile kinderreicher Familien finden sich in Elte, Mesum und Eschendorf-Süd/Gellendorf

 

Lebensformen, Lebenslagen von Familien

 

·         In Rheine gibt es bezüglich der wirtschaftlichen Lebens und Einkommenssituation sowohl zwischen den Familien als auch zwischen den Stadtteilen deutliche Unterschiede.

·         Etwas mehr als ein Viertel der Familien verfügt über ein Einkommen von unter 2.000 € im Monat.
Zweifünftel verfügen über ein Einkommen zwischen 2.000 € und 3.000 €,
ein weiteres Fünftel hat zwischen 3.000 € und 4.000 €,
10% erfreuen sich eines Einkommens über 4.000 €.

·         Die Höhe der Einkommen stellt sich in den unterschiedlichen Stadtteilen unterschiedlich dar.

 

Familienarmut und Lebenslagen armer Familien in Rheine

 

  • Unter den Familien in der Stadt Rheine sind 71 % nicht arme Familien,
    14 % leben in armutsnahen Einkommensverhältnissen und
    15 % müssen als arm eingestuft werden.
  • Von Einkommensarmut betroffen sind insbesondere Alleinerziehende und kinderreiche Familien.
  • Das Armutsrisiko für Familien mit Migrationshintergrund ist deutlich höher als für Familien ohne Migrationsgeschichte.
  • Armut und Reichtum ist im hohen Maße bildungsabhängig.
  • Im Vergleich mit dem Landesdurchschnitt sind Familien in Rheine unterdurchschnittlich von Einkommensarmut betroffen.

 

Alltagsprobleme und Unterstützungsbedarfe

Vereinbarkeit von Familie und Beruf und institutionelle Kinderbetreuung

 

  • In Rheine herrscht eine deutlich geschlechtsspezifisch und traditionell geprägte Arbeitsteilung im Haushalt zwischen Müttern und Vätern.
  • Dem bestehenden Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz für Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren kann mit dem bereitgestellten Angebot in den Rheinenser Tageseinrichtungen voll entsprochen werden.
  • Für Kinder unter drei Jahren und für Ganztagesbetreuungen bestehen noch weitere Bedarfe.

Verbesserung von Bildungschancen

  • die Bildungsbeteiligung der Kinder an weiterführenden Schulen hängt sehr stark vom Einkommen und der beruflichen Qualifikation der Familien ab.
  • Auch Schüler/innen aus Haushalten mit Migrationshintergrund sind seltener an Gymnasien und häufiger an Hauptschulen zu finden als Schüler/innen ohne Migrationshintergrund.
  • Diese Unterschiede sind jedoch geringer als in den anderen Projektkommunen.

 

Wohnsituation und Ausgestaltung des Wohnumfeldes

 

  • Die Wohnungszufriedenheit ist in Rheine – auch im Vergleich mit den anderen Projektkommunen – sehr hoch. Stadtweit sind lediglich drei Prozent der Familien mit ihrer Wohnung unzufrieden.
  • Mit ihrem Wohnumfeld sind 74% der Familien in Rheine zufrieden bzw. sehr zufrieden.
  • Die Zufriedenheit mit dem Wohnumfeld ist stark davon abhängig, in welchem Stadtteil die Familien leben.

Die meisten zufriedenen Familien leben in den Stadtteilen

  • Schleupe/Wadelheim
  • Wietesch/Bentlage
  • Hauenhorst/Catenhorn

Die meisten unzufriedenen Familien leben in den Stadtteilen

  • Innenstadt
  • Eschendorf Süd/Gellendorf
  • Eschendorf-Nord/Rodde
  • Schotthock/Altenrheine

Kindgerechte Ausgestaltung des Wohnumfeldes

 

In Bezug auf das Wohnumfeld ist für Familien mit Kindern vor allem eine kindgerechte Ausgestaltung wichtig. Dazu zählen beispielsweise:

                Grünflächen

                Spielplätze

                Ausreichend Freizeitangebote

                Treffpunkte für Kinder und vor allem für ältere Jugendliche

                Weniger Verkehr

 

Bekanntheitsgrad der Angebote für Familien, Koordination der Hilfen

 

  • Ein gutes Drittel aller Familien empfindet die Informationssituation über familienrelevante Angebote positiv, demgegenüber fühlt sich eine ebenso große Anzahl nicht ausreichend über die Angebote der Stadt informiert.
  • An mehreren Stellen im Bericht wird deutlich, dass es ein Informationsdefizit über vorhandene Dienste und Einrichtungen gibt.
  • Offensichtlich bestehen auch Schwierigkeiten darin, die vorhandenen Hilfen, gerade bei der Kindertagesbetreuung, zu koordinieren.

 

Auf Grund dieser Ergebnisse sind zukünftig folgende Themen anzugehen:

  • Bekämpfung von Familienarmut
  • Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf
  • Verbesserung der Bildungschancen für Kinder
  • Familienfreundliche Ausgestaltung des Wohnumfeldes
  • Niedrigschwellige Beratungsangebote für Familien (Familienbüro)

 

Bekämpfung von Familienarmut

 

Für die kommunale Familienpolitik sind die Möglichkeiten dem strukturellen Armutsrisiko, dem Familien in Deutschland unterliegen, entgegenzuwirken und Familienarmut zu vermeiden, eher begrenzt. Hier geht es besonders um die Bearbeitung von sozialen Folgen dieser Entwicklungen. Sehr häufig geht Armut mit einem niedrigen Bildungsstand einher und hier ergeben sich auch Handlungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene.

Anzustreben ist daher eine:

·          intensivierte Beratung von Familien in armutsnahen und bildungsfernen Milieus

·          Verbesserung des Bildungsniveaus und der Bildungszugänge

 

Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf

 

Diese Aufgabe ist bereits vor der Erstellung des Familienberichtes in Angriff genommen worden. Die Anzahl der Plätze in Kindertagesstätten für Kinder unter drei Jahren ist in den letzten Jahren ständig weiter ausgebaut worden. Auch für die Zukunft liegen bereits entsprechende Ausbauplanungen vor.

Neben dem rein quantitativen Ausbau der Plätze ist hinsichtlich der Forderung nach der Verbesserung der Bildungschancen vor allem auf die Qualität der Betreuungsangebote zu achten. Für die sogenannte „Randzeitenbetreuung“ sind neue Konzepte zu entwickeln.

Flächendeckend werden inzwischen Betreuungsangebote an den Grundschulen der Stadt Rheine angeboten, an den weiterführenden Schulen befinden sich die Betreuungsangebote im Aufbau.

Neben der Fortsetzung des Aufbaus der Betreuungsangebote an den Schulen sind, ebenso wie bei der Betreuung für Kinder im nichtschulpflichtigen Alter Konzepte zu entwickeln, wie die „Randzeitenbetreuung“ weiter auszubauen ist.

 

Verbesserung der Bildungschancen für Kinder

 

Wie bereits oben ausgeführt, ist Bildung der entscheidenste Faktor für die Bekämpfung von persönlicher Armut. Auch Integration ist im hohen Maße bildungsabhängig.

So wird zukünftig die gezielte Förderung des gleichberechtigten Zugangs zu höheren Schulabschlüssen von nichtdeutschen Kindern und Kindern aus sozial benachteiligten Haushalten eine hohe Bedeutung beizumessen sein.

 

Gefordert ist eine stärkere Förderung von Kindern aus benachteiligten Familien im vorschulischen und schulischen Bereich, die aber die Eltern und die spezifischen Lebenskontexte der Kinder mit einbeziehen muss.

Hierzu wird auf das Migrations- und Integrationskonzept[1] der Stadt Rheine verwiesen.

 

Ausgestaltung des Wohnumfeldes

 

Mit der aktiven Teilnahme und Einbeziehung des Fachbereiches 2 in das LAG 21 Projekt Dorenkamp 2020 ist ein wichtiger Schritt zur Umsetzung der sich aus dem Familienbericht ergebenen Ziele und Maßnahmen

  • Verbesserung der Aufenthaltsmöglichkeiten insbesondere für ältere Kinder und Jugendliche

und

  • Verbesserung der Freizeitangebote und Einrichtungen für Kinder und Jugendliche

getan.

Dieses Projekt ist als Pilotprojekt zur Prüfung der Umsetzung auf die Gesamtstadt anzusehen.

In dem für dieses Projekt durch die Verwaltung erarbeitete Ziel- und Maßnahmenprogramm[2], welches in nächster Zeit den Ratsgremien vorgelegt werden wird, sind unter anderem Ziele und Maßnahmen wie folgt benannt:

 

Qualifizierung des Wohnraumangebots:

Anpassung an sich ändernde Lebensumstände, Lebensphasen, Wohnkarrieren und Zielgruppen

Entwicklung eines demographischen Wohnangebots: Zielgruppenspezifische und Zielgruppengemischte Wohnraumangebote schaffen

alte Wohnungen (kompakt/mehrgeschossig) beibehalten für Zielgruppe "junge Familien

Generationsüberschreitende Wohnformen entwickeln (Mehrgenerationenhäuser, AltenWGs, günstiges Wohnen für Junge gegen Pflege /Unterstützung für Alte...)

soziale Integration durch Qualifizierung des Wohnumfelds

Vernetzung Sozialplanung - Bauleitplanung

 

Integration, soziale Interaktionen, generationsübergreifende Kommunikation und Stadtteilkultur fördern

multifunktionale Nutzung, Erweiterung und Vernetzung vorhandener Flächen, Einrichtungen und Netzwerke

Schaffung neuer multifunktionaler Angebote und Einbindung in das vorhandene Angebot im Stadtteil

Förderung kultureller und demographischer Toleranz und Abbau von Ängsten

 

Qualifizierung der öffentlichen Räume im Dorenkamp: Grün- und Freiflächen, Spielflächen kontra Verkehrsflächen und ruhender Verkehr?

Erstellung eines Spielleitplanes (Maßnahmenplan) zu den Handlungsfeldern Freiräume, Spielräume und Sport- und Bewegungsflächen

Schaffung neuer Spiel-, Erlebnis- und Aufenthaltsbereiche im Stadtteil
Schaffung informeller Sportangebote für Jugendliche
Strategien zur Zwischennutzung für Spiel, Sport und Bewegung
Schaffung naturnaher Angebote

Integration der Ergebnisse in die Rahmenplanung
Dorenkamp als Grundlage für das Entwicklungskonzept Spiel-, Freiräume und Grünvernetzungen

Entwicklung und Sicherung von Frei- und Begegnungsflächen

Qualifizierung des Wohnumfeldes

Grün- und Freiflächen werden zu Begegnungsräumen entwickelt, auf denen sportliche, soziale und kulturelle Nutzungen vereint werden

Einrichtung eines neuen Stadtteilparks

Ausrichtung der Angebote im Wohnumfeld auf verschiedene Zielgruppen

Umgestaltung der Straßenräume zur Schaffung von mehr Aufenthaltsqualität

Schaffung von Räumen für Bewegung

Qualifizierung der ökologischen Funktion bestehender und neuer Freiflächen

Grünflächen zwischen Dorenkamp und Waldhügel vernetzen

 

 

Nachhaltige Verkehrsentwicklung: Anpassung der Verkehrsstrukturen an die Anforderungen des Wohnstandorts Dorenkamp

Weiterentwicklung des Verkehrskonzeptes für den Dorenkamp

Überprüfung des Verkehrssystems für die Einrichtung
einer Spielstraße
Überprüfung des Verkehrssystems für die Einrichtung von Sackgassenlösungen
Konzept zur Schulwegesicherung

 

 

Niedrigschwellige Beratungsangebote für Familien (Familienbüro)

 

  • Verbesserung der Beratung über bestehende Betreuungs- und Hilfsangebote.
  • Koordination der Hilfen.
  • Bildungsberatung in und für sozial benachteiligten Haushalte unter besonderer Berücksichtigung deren Lebenskontexte.

 

Aus den Ergebnissen des Familienberichtes lassen sich folgende Handlungserfordernisse bzw. Maßnahmen ableiten:

 

  • Weiterer Ausbau von Plätzen in Kindertagesstätten für unter dreijährige Kinder.
  • Anpassung des Raumprogrammes in Kindertagesstätten.
  • Förderangebote in den Familienzentren installieren

-           Elternschule

-           Sprachförderungen

-           Integrationsmaßnahmen

  • Weiterer Ausbau der Tagespflege.
  • Erstellung einer Konzeption für die „Randzeitenbetreuung“ sowohl für nicht schulpflichtige Kinder als auch für schulpflichtige. Flexible Öffnungszeiten der Einrichtungen.
  • Weitere Ausbau der offenen Jugendarbeit.
  • Weiterer Ausbau von Angeboten für Jugendliche.
  • Einrichtung eines „Familienbüros“

-           Niedrigschwellige Beratung für Familien

-           Koordination von Tagesbetreuungsangeboten

 



[2] Weitere Informationen und Unterlagen unter www.rheine.de; Bauen, Wohnen und Umwelt   Stadtentwicklung; Rahmen und Strukturplanung