Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Die Satzung über die Festsetzung der Steuersätze für die Grund- und Gewerbesteuer in der Stadt Rheine (Hebesatzsatzung) wird beschlossen.
Begründung:
Nach Art. 106 Abs. 6 des Grundgesetzes steht den Gemeinden das Aufkommen der Realsteuern zu. Den Gemeinden ist das Recht eingeräumt worden, die Höhe der Hebesätze der Realsteuern im Rahmen der Gesetze grundsätzlich in eigener Zuständigkeit festzulegen.
Das kommunale Hebesatzrecht als Ausdruck der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 GG) wird im Grundsteuergesetz (GrStG) sowie im Gewerbesteuergesetz (GewStG) konkretisiert.
Danach sind die Hebesätze für ein oder mehrere Kalenderjahre festzusetzen. Eine eigene Steuersatzung hat die Stadt Rheine bisher nicht erlassen, da die Hebesätze bisher im Rahmen der Verabschiedung der Haushaltssatzung festgelegt und beschlossen worden sind.
Der notwendige Ratsbeschluss zur Verabschiedung des Haushaltsplanes und der Haushaltssatzung und damit auch zur Anpassung der Hebesätze für 2011 soll voraussichtlich erst im März 2011 gefasst werden. Das würde dazu führen, dass nochmals 30.000 Änderungsbescheide für die Steuererhebung neu erstellt und versandt werden müssen. Um den damit verbundenen Arbeitsaufwand und die notwendigen finanziellen Belastungen zu vermeiden, sollte der Rat der Stadt eine Hebesatzsatzung am 14.12.2010 beschließen.
Der Landrat des Kreises Steinfurt hat mit Verfügung vom 26.10.2010 den Haushaltsplan 2010 mit Anlagen zur Kenntnis genommen und der in der Haushaltssatzung beschlossenen Verringerung der Rücklage die Genehmigung erteilt. In der Verfügung hat der Landrat zur Haushaltsplanung 2011 der Stadt Rheine folgendes ausgeführt:
„Auf
Basis der Haushaltsplandaten 2010 wird die gesetzliche Verpflichtung zum
Haushaltsausgleich nicht erfüllt. In ihrer mittelfristigen Ausrichtung werden
Ergebnisdefizite von rd. 51,8 Mio € und Liquiditätsverluste in Höhe von rd.
30 Mio € erwartet. Das bilanzielle städt.
Eigenkapital wird zum Ende des Planungs-zeitraums in nur acht Jahren um rd. 89
Mio € oder ein Viertel abgebaut sein.
Die städt. Finanzen müssen an die sich
veränderten Rahmenbedingungen angepasst und das langjährige strukturelle
Defizit deutlich zurückgeführt werden. Das städt. Konsolidierungskonzept ist de
facto der Konsolidierungsverpflichtung nach § 76 GO NRW
(Haushaltsicherungskonzept) gleichzusetzen. Maßgeblich sind die im RdErl. IM
NRW vom 6.3.2009 unter Ziffer 3.3 festgelegten
Prüfpunkte für ein Haushaltssicherungskonzept (HSK). Die Maßnahmen sind auf der
niedrigsten Ebene der produktorientierten Haushaltsgliederung darzustellen. Das
kommunale Hebesatzrecht für die Realsteuern ist vor dem Hintergrund der
Verpflichtung zum nachhaltigen Haushaltsausgleich durch höhere, im
Finanzausgleich anrechnungs-freie Steuererträge zu beurteilen.
…………………
Ich verkenne nicht, dass die unzureichende
Finanzausstattung der Stadt Rheine auch der Wirtschaftskrise geschuldet ist.
Örtliche Gewerbesteuern und Zuweisungen aus dem Steuerverbund des Landes sind
ursächlich für die Ertrags-rückgänge. Steigende Soziallasten –auch mittelbar
über Transferleistungen- erschweren eine ausgeglichene Ergebnisplanung.
…………………
Im Rahmen der Finanzhoheit der Gemeinden
bleibt es aber originäre Aufgabe und damit Selbstverpflichtung die Haushalts-
und Finanzwirtschaft an die gesetzlichen Anforderungen auszurichten.“
Ferner hat die Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen im Rahmen des Entwurfes des Abschlussberichtes der überörtlichen Prüfung der Stadt Rheine folgende Anmerkungen gemacht:
„Bereits
in der letzten Prüfung haben wir festgestellt, dass in der Stadt Rheine ein
deutliches Potenzial durch eine Anhebung des Hebesatzes generiert werden
könnte. Davon hat die Kommune bisher keinen Gebrauch gemacht.
……………………
Die Stadt Rheine schöpft ihr
Einnahmepotential nicht vollständig aus. Die letzte Anhebung der Hebesätze für
die Realsteuern erfolgte im Jahr 2003
Feststellung
Eine Anpassung der Hebesätze zur
Ausschöpfung der Erträge bei der Gewerbesteuer hat die Stadt Rheine bislang
nicht vorgenommen.
Empfehlung
Die Stadt Rheine sollte die Hebesätze erneut
prüfen und eine Anpassung vornehmen.“
Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Verwaltung die Anhebung der Hebesätze für die Realsteuern wie folgt:
· Grundsteuer A 210 v.H. (bislang 192 v.H.)
· Grundsteuer B 420 v.H. (bislang 401 v.H.)
· Gewerbesteuer 430 v.H. (bislang 403 v.H.)
Die neuen Hebesätze für die Grundsteuer B und die Gewerbesteuer entsprechen damit der Empfehlung der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) NRW. Die Verwaltung schlägt darüber hinaus eine moderate Anpassung bei der Grundsteuer A vor.
Die Anhebung der Hebesätze dient der Umsetzung der vom Rat am 05.10.2010 beschlossenen Konsolidierungsziele. Auch im Fazit des Vorberichtes zum Haushaltsplan 2010 ist der Hinweis zu finden, dass zwar für 2010 im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation der Unternehmen und der Bürgerinnen und Bürger der Stadt auf eine Erhöhung der Hebesätze für die Realsteuern verzichtet wurde. Es ist aber gleichzeitig ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass eine solche Steuererhöhung für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden kann.
Die Festlegung der Hebesatzhöhe liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Rates der Stadt. Die Ermessensgrenze wird erst dann überschritten, wenn die Stadt bei der Festsetzung des Hebesatzes willkürlich und unsachlich verfährt. Die durchschnittlichen Hebesätze vergleichbarer Städte und Gemeinden in NRW kann dabei als geeignete Richtgröße herangezogen werden.
Die nun vorgeschlagenen Hebesätze liegen immer noch um einige Prozentpunkte unter den bisherigen Hebesätzen vergleichbar großer Städte in Nordrhein-Westfalen (vgl. HFA-Vorlage Nr. 488/10 – Steuerkraftstatistik 2009).
Die Auswirkungen der vorgesehenen Hebesatzanpassungen auf die Steuerpflichtigen lassen sich an folgenden Beispielen verdeutlichen. Ein mittlerer landwirtschaftlicher Betrieb, der bisher 350 € Grundsteuer A zu entrichten hat, muss zukünftig knapp 33 € mehr zahlen. Bei einem typischen Einfamilienhaus ist mit einer Mehrbelastung von 15 – 20 € im Jahr für die Grundsteuer B zu rechnen. Die Erhöhung bei einem Mehrfamilienhaus mit 8 Wohnungen und bisher 750 € Grundsteuer B beträgt je Wohnung 4,45 € im Jahr bzw. 37 ct. pro Monat. Ein kleinerer Handwerksbetrieb mit bislang 2.000 € Gewerbesteuer hat zukünftig 134 € mehr zu zahlen.
Die neuen Hebesätze erhöhen 2011 die Erträge aus der Grundsteuer A um 13 T€ auf 150 T€, die Erträge aus der Grundsteuer B um 499 T€ auf 11.024 T€ und die Erträge aus der Gewerbesteuer um 1.447 T€ auf 28.447 T€.
Hinzukommen auch noch Auswirkungen, die die Hebesatzerhöhungen auf den Finanzausgleich haben, insbesondere aufgrund der Abweichung zwischen fiktivem und tatsächlichem Hebesatz. Hieraus ergeben sich weitere Mehrerträge:
2011 |
2012 |
2013 |
2014 |
60 T€ |
1.165 T€ |
346 T€ |
352 T€ |
Die Anhebung der Hebesätze ermöglicht der Stadt eine deutliche Ergebnis- und Liquiditätsverbesserung, die durch eine hiermit mögliche Senkung der Zinszahlungen für Kassenkredite weiter verstärkt wird. Auch dem Gedanken der intergenerativen Gerech-tigkeit wird damit Rechnung getragen.
Die Gemeindeordnung NW sieht im § 76 die verpflichtende
Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes u.a. dann vor, wenn in zwei
aufeineranderfolgenden Haushaltsjahren geplant ist, den in der Schlussbilanz
des Vorjahres auszuweisenden Ansatz der allgemeinen Rücklage jeweils um mehr
als ein Zwanzigstel zu verringern. Für die Stadt Rheine liegt dieser
Schwellenwert 2011 bei knapp 15 Mio. € und 2014 unter Berücksichtigung der
derzeitigen Planungen im Ergebnisplan nur noch bei 13 Mio. €. Ohne die
vorgeschlagenen Hebesatzanpassungen werden nach den augenblicklichen
Planungsannahmen diese Schwellenwerte in den Jahren 2012 und 2013 überschritten
Nur zusammen mit einer Anhebung der Hebesätze kann das Konsolidierungsziel, langfristig den strukturellen Haushaltsausgleich herzustellen, erreicht werden.
Anlagen:
Hebesatzsatzung
vom 14.12.2010