Betreff
"Singen an Schulen": Konzeptvorstellung der Musikschule (Antrag der CDU- und FDP-Fraktion vom 25.10.2010)
Vorlage
164/11
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Kulturausschuss nimmt die Ausführungen zum Konzeptentwurf „Singen in der Grundschule“ zur Kenntnis.

 


Begründung:

 

1.         Rheiner Konzept „Singen in der Grundschule“

 

Die Bedeutung von Musik ist in den letzten Jahren viel diskutiert worden. Die verschiedensten Modelle, wie z.B. JeKi (Jedem Kind ein Instrument), JeKiSti (Jedem Kind seine Stimme, Neuss) oder JEKISS (Jedem Kind seine Stimme, Münster) werden in den unterschiedlichsten  Formen umgesetzt.

 

Dabei lassen sich zwei grundsätzliche konzeptionelle Unterschiede herausstellen:

            Musik mit einem Instrument – Musik mit der Stimme

 

Egal, für welches Konzept man sich entscheidet, Ziel ist immer, jedem Kind den Zugang zur Musik zu ermöglichen, ob nun über den Umgang mit einem Instrument oder die eigene Stimme. In Zeiten leerer Kassen muss nach einem Ansatz gesucht werden, der bezahlbar ist und gleichzeitig Nachhaltigkeit gewährleistet.

 

Es gibt verschiedene Gründe, die für einen musikalischen Beginn mit dem Schwerpunkt „Singen“ sprechen:

-           Der Weg über die Stimme mindert die Hemmschwelle, da Kinder gewohnt

            sind, mit der Stimme zu improvisieren.

-           Das Umsetzen der Lieder in Bewegung und Rhythmik kommt dem

            Bewegungsdrang der Kinder entgegen.

-           Die räumlichen Anforderungen sind geringer und damit auch an weniger gut

            ausgestatteten Schulen umsetzbar.

-           Singen ist überall möglich: Ob auf der grünen Wiese oder im Bus während der

            Klassenfahrt. Somit sind auch gemeinsame Veranstaltungen ohne großen

            Aufwand umsetzbar.

-           Ein gemeinsames Liedgut für alle Grundschulen bietet zusätzliche

            Möglichkeiten des gemeinsamen Singens bei  Sportfesten, Wettbewerben,

            Gottesdiensten usw.

-           Singen ist kostengünstig, da kein Instrument angeschafft und in Stand

            gehalten werden muss.

-           Mit Singen ist es leicht, die Musik in die Familien zu tragen. Ob Mutter,

            Großvater, Tante oder Bruder – alle können einbezogen werden. Das führt zu

            einer Musikalisierung der gesamten Familie.

-           Das große Problem des „Übens“ wird ausgeklammert, da die Kinder allein

            durch die Wiederholung in der Musikklasse und auch im Schulalltag die Lieder

            verinnerlichen.

-           Durch Lehrerfortbildungen der Grundschullehrkräfte wird die gesamte

            Grundschule in das Projekt einbezogen. Somit ist eine Nachhaltigkeit erreicht,

            die über die Musikstunden weit hinaus geht und Einzug in den Regelunterricht hält.

 

Singen als natürliches Ausdrucksmittel des Kindes bietet die unmittelbarste Form der Musikalisierung. Unabhängig von Bildung, Herkunft und sozialem Hintergrund fördert es die Sprachkompetenz und damit die Integration und den kulturellen Dialog.

 

Die Musikschule Stadt Rheine hat unter Berücksichtigung der Erfahrungen, die in den letzten Jahren in den unterschiedlichen Modellen gesammelt wurden, ein Konzept entwickelt, das den Schwerpunkt auf das Singen legt. 

 

Modellschule

Aufgrund der angespannten Haushaltslage der Stadt Rheine kann derzeit über ein solches Konzept nur nachgedacht werden, wenn es ohne die Einrichtung zusätzlicher Stellen verwirklicht werden kann.

Der Beginn mit einer „Modellschule“ wäre kurzfristig umsetzbar. Die Musikschule bietet bereits an vielen Grundschulen Kurse mit dem Schwerpunkt „Stimme“ an. Die hierfür verwendeten Stunden ließen sich gut in das unten vorgestellte Modell umwandeln, so dass keine zusätzlichen Unterrichtsstunden anfielen.

 

Kriterien zur Auswahl einer Modellschule:

-       Bereitschaft des gesamten Kollegiums, sich am Projekt zu beteiligen

-       Passende Räumlichkeiten

-       Gesicherte Finanzierung durch Förderverein der Grundschule, Elternbeiträge, OGS oder Sponsoren, so dass keine zusätzlichen Kosten für die Stadt Rheine entstünden

 

Da die finanziellen Projektmöglichkeiten an den Grundschulen sehr verschieden sind (Bestehen eines Fördervereins, feste Sponsoren, OGS), muss die genaue Finanzierungsplanung mit der „Modellschule“ abgestimmt und erarbeitet werden.

 

Die Musikschule übernimmt die Kosten für die Fortbildung der Grundschullehrkräfte und die Weiterbildung der eigenen Lehrkräfte.

 

 

Konzeptentwurf des Rheiner Modells „Singen in der Grundschule“

Klasse

Unterrichtsart

Schwerpunkte

Zeitumfang

Zusätzliches Angebot (nicht bindend)

1. Klasse

Elementare Grundausbildung

Rhythmik und Bewegung,

Singen, Sprecherziehung,

Stimmbildung

Einmal wöchentlich 45 Minuten für alle Kinder

Einmal wöchentlich 45 Minuten Chor

2. Klasse

Elementare Grundausbildung

Rhythmik und Bewegung,

Singen, Sprecherziehung,

Stimmbildung, Instrumenteninformation

Einmal wöchentlich 45 Minuten für alle Kinder

Einmal wöchentlich 45 Minuten Chor

3. Klasse

Instrumentalunterricht (wahlweise)

 

Einmal wöchentlich 45 Minuten

Einmal wöchentlich 45 Minuten Chor

4. Klasse

Instrumentalunterricht (wahlweise)

 

Einmal wöchentlich 45 Minuten

Einmal wöchentlich 45 Minuten Chor

 

 

Einbeziehung und Schulung der Grundschullehrkräfte

Die Chorlehrkraft, die den Kinderchor leitet, dient dem Kollegium der Grundschule als Anlaufstelle und schult die Lehrkräfte im stimmbildnerischen Bereich (Atem- und Stimmübungen, kindgerechte Tonhöhe, Tipps zu „guten“ Kinderliedern). Hinzu kommen das Einstudieren des Liedgutes und Anleitungen zu Choreografien.

 

Die Elementarlehrkräfte der Musikschule Stadt Rheine verfügen über entsprechende Qualifikationen, um dieses Konzept verwirklichen zu können.

Ein fester Lehrerstamm bietet zudem die Möglichkeit, Fortbildungsmaßnahmen kontinuierlich durchzuführen. Hier fließen im Laufe der Zeit Erfahrungen ein und führen zu einem ausgereiften, auf die Schulen gut abgestimmten Konzept.

 

Das Rheiner Modell „Singen in der Grundschule“ legt sehr bewusst den Schwerpunkt der musikalischen Bildung auf die Stimme.

  • Singende Kinder entwickeln ein Gefühl für Form und Rhythmus, sie lernen, sich auf der Bühne zu präsentieren.
  • Singen ist kreatives und künstlerisches Ausdrucksmittel.
  • Singen bietet den direkten Zugang zur gesamten Musikkultur und bedeutet kulturelle Bildung.
  • Singen bietet die problemlose Verknüpfung mit anderen Schulfächern.
  • Singen ist die praxisorientierte Ergänzung zum allgemeinen Musikunterricht
  • Singen fördert die soziale Kompetenz.

 

Blick in die Zukunft

Durch die Umsetzung des Rheiner Modells „Singen in der Grundschule“ könnten alle Kinder der Stadt Rheine allein durch den Einsatz der Stimme in ihrer musikalischen, emotionalen und sozialen Entwicklung gefördert werden.

Es ist nicht voraussehbar, wie sich die Bildungslandschaft im Laufe der nächsten Jahre verändern wird. Längere Unterrichtstage aufgrund verkürzter Schulzeit und weniger Kinder insgesamt könnten zu geringeren Schülerzahlen im Instrumentalbereich führen. Eine Ausweitung des oben vorgestellten Konzepts würde dem in zweifacher Hinsicht entgegenwirken. Zum einen erreichten wir alle Kinder innerhalb ihrer üblichen Schulzeit, d.h. ohne zusätzliche Wege und Termine; zum anderen würden eventuelle Freistunden im Deputat der Lehrkräfte aufgefangen.

In jedem Fall ist die Ausweitung des Modells „Singen in der Grundschule“ auf alle Grundschulen Rheines das angestrebte Ziel in ferner Zukunft. Nur so bieten wir jedem Kind die Chance zur Musikalisierung.

 

Bei einer Ausweitung des Modells auf alle Schulen ist ein wesentlicher Bestandteil das gemeinsame Liedgut für alle Kinder: In Kooperation mit den Lehrkräften aller Grundschulen soll ein gemeinsamer Liederkatalog entworfen werden. Dieser beinhaltet pro Schuljahr fünf bis zehn Lieder, die von allen Grundschulkindern erlernt werden, so dass bei gemeinsamen Veranstaltungen auf ein gemeinsames Liederrepertoire zurückgegriffen werden kann. Ergänzt wird dieser Liederkatalog durch ein Kontingent an Liedern, die jede Schule mit Unterstützung der Musikschule frei auswählt.

 

Die Stimme ist der direkte Zugang zur Musik und unabhängig von Alter, Leistungsniveau und körperlicher Konstitution für alle Kinder möglich.

Die Kontinuität der professionellen Betreuung durch die Musikschule Stadt Rheine gewährleistet eine dauerhafte Qualität und Nachhaltigkeit.

Nach vier Jahren „Singen in der Grundschule“ nimmt jedes Kind ein vielfältiges und umfangreiches Repertoire auswendig gelernter Lieder mit.