Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der
Kulturausschuss nimmt die Ausführungen zum Konzeptentwurf „Singen in der
Grundschule“ zur Kenntnis.
Begründung:
1. Rheiner
Konzept „Singen in der Grundschule“
Die Bedeutung
von Musik ist in den letzten Jahren viel diskutiert worden. Die verschiedensten
Modelle, wie z.B. JeKi (Jedem Kind ein Instrument), JeKiSti (Jedem Kind seine
Stimme, Neuss) oder JEKISS (Jedem Kind seine Stimme, Münster) werden in den
unterschiedlichsten Formen umgesetzt.
Dabei lassen
sich zwei grundsätzliche konzeptionelle Unterschiede herausstellen:
Musik mit einem Instrument – Musik mit der Stimme
Egal, für
welches Konzept man sich entscheidet, Ziel ist immer, jedem Kind den Zugang zur Musik
zu ermöglichen, ob nun über den Umgang mit einem Instrument oder die eigene
Stimme. In Zeiten leerer Kassen muss nach einem Ansatz gesucht werden, der
bezahlbar ist und gleichzeitig Nachhaltigkeit gewährleistet.
Es gibt
verschiedene Gründe, die für einen musikalischen Beginn mit dem Schwerpunkt „Singen“
sprechen:
- Der Weg über die Stimme mindert die
Hemmschwelle, da Kinder gewohnt
sind, mit der Stimme zu
improvisieren.
- Das Umsetzen der Lieder in Bewegung
und Rhythmik kommt dem
Bewegungsdrang der Kinder entgegen.
- Die räumlichen Anforderungen sind
geringer und damit auch an weniger gut
ausgestatteten Schulen umsetzbar.
- Singen ist überall möglich: Ob auf
der grünen Wiese oder im Bus während der
Klassenfahrt. Somit sind auch
gemeinsame Veranstaltungen ohne großen
Aufwand umsetzbar.
- Ein gemeinsames Liedgut für alle Grundschulen bietet zusätzliche
Möglichkeiten des gemeinsamen
Singens bei Sportfesten, Wettbewerben,
Gottesdiensten usw.
- Singen
ist kostengünstig, da kein Instrument angeschafft und in Stand
gehalten werden muss.
- Mit Singen ist es leicht, die Musik
in die Familien zu tragen. Ob Mutter,
Großvater, Tante oder Bruder – alle
können einbezogen werden. Das führt zu
einer Musikalisierung der gesamten
Familie.
- Das große Problem des „Übens“ wird
ausgeklammert, da die Kinder allein
durch die Wiederholung in der
Musikklasse und auch im Schulalltag die Lieder
verinnerlichen.
- Durch Lehrerfortbildungen der
Grundschullehrkräfte wird die gesamte
Grundschule in das Projekt
einbezogen. Somit ist eine Nachhaltigkeit erreicht,
die über die Musikstunden weit
hinaus geht und Einzug in den Regelunterricht hält.
Singen als
natürliches Ausdrucksmittel des Kindes bietet die unmittelbarste Form der
Musikalisierung. Unabhängig von Bildung, Herkunft und sozialem Hintergrund
fördert es die Sprachkompetenz und damit die Integration und den kulturellen
Dialog.
Die
Musikschule Stadt Rheine hat unter Berücksichtigung der Erfahrungen, die in den
letzten Jahren in den unterschiedlichen Modellen gesammelt wurden, ein Konzept
entwickelt, das den Schwerpunkt auf das Singen legt.
Modellschule
Aufgrund der
angespannten Haushaltslage der Stadt Rheine kann derzeit über ein solches Konzept
nur nachgedacht werden, wenn es ohne die Einrichtung zusätzlicher Stellen
verwirklicht werden kann.
Der Beginn
mit einer „Modellschule“ wäre kurzfristig umsetzbar. Die Musikschule bietet
bereits an vielen Grundschulen Kurse mit dem Schwerpunkt „Stimme“ an. Die
hierfür verwendeten Stunden ließen sich gut in das unten vorgestellte Modell
umwandeln, so dass keine zusätzlichen Unterrichtsstunden anfielen.
Kriterien zur
Auswahl einer Modellschule:
- Bereitschaft des gesamten Kollegiums,
sich am Projekt zu beteiligen
- Passende Räumlichkeiten
- Gesicherte Finanzierung durch
Förderverein der Grundschule, Elternbeiträge, OGS oder Sponsoren, so dass keine
zusätzlichen Kosten für die Stadt Rheine entstünden
Da die
finanziellen Projektmöglichkeiten an den Grundschulen sehr verschieden sind
(Bestehen eines Fördervereins, feste Sponsoren, OGS), muss die genaue
Finanzierungsplanung mit der „Modellschule“ abgestimmt und erarbeitet werden.
Die
Musikschule übernimmt die Kosten für die Fortbildung der Grundschullehrkräfte
und die Weiterbildung der eigenen Lehrkräfte.
Konzeptentwurf des Rheiner Modells
„Singen in der Grundschule“
Klasse |
Unterrichtsart |
Schwerpunkte |
Zeitumfang |
Zusätzliches Angebot
(nicht bindend) |
1.
Klasse |
Elementare
Grundausbildung |
Rhythmik
und Bewegung, Singen,
Sprecherziehung, Stimmbildung |
Einmal
wöchentlich 45 Minuten für alle Kinder |
Einmal
wöchentlich 45 Minuten Chor |
2.
Klasse |
Elementare
Grundausbildung |
Rhythmik
und Bewegung, Singen,
Sprecherziehung, Stimmbildung,
Instrumenteninformation |
Einmal
wöchentlich 45 Minuten für alle Kinder |
Einmal
wöchentlich 45 Minuten Chor |
3.
Klasse |
Instrumentalunterricht
(wahlweise) |
|
Einmal
wöchentlich 45 Minuten |
Einmal
wöchentlich 45 Minuten Chor |
4.
Klasse |
Instrumentalunterricht
(wahlweise) |
|
Einmal
wöchentlich 45 Minuten |
Einmal
wöchentlich 45 Minuten Chor |
Einbeziehung und Schulung der
Grundschullehrkräfte
Die
Chorlehrkraft, die den Kinderchor leitet, dient dem Kollegium der Grundschule
als Anlaufstelle und schult die Lehrkräfte im stimmbildnerischen Bereich (Atem-
und Stimmübungen, kindgerechte Tonhöhe, Tipps zu „guten“ Kinderliedern). Hinzu
kommen das Einstudieren des Liedgutes und Anleitungen zu Choreografien.
Die
Elementarlehrkräfte der Musikschule Stadt Rheine verfügen über entsprechende
Qualifikationen, um dieses Konzept verwirklichen zu können.
Ein fester
Lehrerstamm bietet zudem die Möglichkeit, Fortbildungsmaßnahmen kontinuierlich
durchzuführen. Hier fließen im Laufe der Zeit Erfahrungen ein und führen zu
einem ausgereiften, auf die Schulen gut abgestimmten Konzept.
Das Rheiner
Modell „Singen in der Grundschule“ legt sehr bewusst den Schwerpunkt der musikalischen
Bildung auf die Stimme.
- Singende Kinder entwickeln ein
Gefühl für Form und Rhythmus, sie lernen, sich auf der Bühne zu
präsentieren.
- Singen ist kreatives und
künstlerisches Ausdrucksmittel.
- Singen bietet den direkten Zugang
zur gesamten Musikkultur und bedeutet kulturelle Bildung.
- Singen bietet die problemlose Verknüpfung
mit anderen Schulfächern.
- Singen ist die praxisorientierte
Ergänzung zum allgemeinen Musikunterricht
- Singen fördert die soziale
Kompetenz.
Blick in die Zukunft
Durch die
Umsetzung des Rheiner Modells „Singen in
der Grundschule“ könnten alle Kinder der Stadt Rheine allein durch den
Einsatz der Stimme in ihrer musikalischen, emotionalen und sozialen Entwicklung
gefördert werden.
Es ist nicht
voraussehbar, wie sich die Bildungslandschaft im Laufe der nächsten Jahre verändern
wird. Längere Unterrichtstage aufgrund verkürzter Schulzeit und weniger Kinder
insgesamt könnten zu geringeren Schülerzahlen im Instrumentalbereich führen. Eine
Ausweitung des oben vorgestellten Konzepts würde dem in zweifacher Hinsicht
entgegenwirken. Zum einen erreichten wir alle Kinder innerhalb ihrer üblichen
Schulzeit, d.h. ohne zusätzliche Wege und Termine; zum anderen würden
eventuelle Freistunden im Deputat der Lehrkräfte aufgefangen.
In jedem Fall
ist die Ausweitung des Modells „Singen in der Grundschule“ auf alle
Grundschulen Rheines das angestrebte Ziel in ferner Zukunft. Nur so bieten wir jedem Kind die Chance zur
Musikalisierung.
Bei einer
Ausweitung des Modells auf alle Schulen ist ein wesentlicher Bestandteil das gemeinsame Liedgut für alle Kinder: In
Kooperation mit den Lehrkräften aller Grundschulen soll ein gemeinsamer Liederkatalog entworfen werden. Dieser beinhaltet pro Schuljahr
fünf bis zehn Lieder, die von allen Grundschulkindern erlernt werden, so dass
bei gemeinsamen Veranstaltungen auf ein gemeinsames Liederrepertoire
zurückgegriffen werden kann. Ergänzt wird dieser Liederkatalog durch ein
Kontingent an Liedern, die jede Schule mit Unterstützung der Musikschule frei
auswählt.
Die Stimme
ist der direkte Zugang zur Musik und unabhängig von Alter, Leistungsniveau und
körperlicher Konstitution für alle Kinder möglich.
Die
Kontinuität der professionellen Betreuung durch die Musikschule Stadt Rheine
gewährleistet eine dauerhafte Qualität und Nachhaltigkeit.
Nach vier
Jahren „Singen in der Grundschule“ nimmt jedes Kind ein vielfältiges und
umfangreiches Repertoire auswendig gelernter Lieder mit.